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Prolog 2 Vor einem Jahr – Ashers Verlobungsfeier

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„Und deswegen spreche ich hier auf der Verlobungsfeier einen Toast aus. Auf das glückliche Paar!“, brüllt Gunnar der versammelten Menge zu, die an der Bar steht. Ich stehe den Arm um meine Verlobte Jenna gelegt da und lächle. Mein Lächeln ist nicht aufgesetzt, aber angestrengt. Es ist immer ein bisschen komisch, derjenige zu sein, auf den getrunken wird. „Auf das ihr zwei ein langes und glückliches Leben führen werdet.“

Alle sagen „hört, hört!“ oder „Cheers!“ und heben ihre Gläser. Ich hebe mein Champagnerglas und stelle Augenkontakt mit Jameson her, der in der Ecke schmollt. Er sieht in seinen dunklen Jeans und Lederjacke groß und düster aus, was irgendwie sein Ding ist.

Cece, Jamesons schäbige Surferflamme der Woche, leert ihr gesamtes Champagnerglas in einem Zug. Ich persönlich kann dem Typ Wasserstoffblondine, muss-ich-hier-Schuhe-anziehen nichts abgewinnen, aber jedem das Seine, schätze ich.

Er neigt den Kopf in meine Richtung und nippt an seinem Glas. Jameson hat sich wegen meiner Verlobung mit Jenna wie ein richtiger Scheißkerl aufgeführt. Daher ist die Tatsache, dass er heute Abend überhaupt eingeladen wurde, ein Geschenk von mir an ihn.

Ich nippe an meinem Champagner und wende mich von ihm ab. Mir ist unwohl dabei, diese Gefühle bezüglich Jameson zu hegen, der seit unserer Kindheit mein bester Freund ist.

„Schatz“, sagt Jenna, die mir ihr Champagnerglas reicht. Sie zupft einen kleinen unsichtbaren Fussel von meinem weißen Hemd und lächelt. „Kannst du mir noch ein Glas holen?“

„Klar. Ich könnte sowieso etwas Stärkeres vertragen.“

„Achte nur darauf, dass du dich nicht betrinkst.“ Sie streicht ihr schwarzes Minikleid glatt und wirft ihre blonden Haare nach hinten. „Ich möchte schließlich nicht, dass die Leute einen falschen Eindruck von dir bekommen.“

„Gott bewahre“, sage ich und verdrehe die Augen.

„Ich meine es ernst! Es sind heute Abend eine Menge Leute hier, nicht nur deine schmuddeligen Freunde.“

Ich fühle mich leicht angegriffen, aber nach einem Blick zu Jameson und seiner Freundin kann ich schwer etwas Gegenteiliges sagen. Sie machen jetzt miteinander rum, wobei Cece ihre Faust in seine Lederjacke gekrallt hat und ihn zu sich nach unten zieht. Schon bald werden sie eine Weile von der Party verschwinden, wahrscheinlich um in irgendeinem Wandschrank eine Nummer zu schieben.

Ich blicke zu Jenna, die sich abgewandt hat. Diesbezüglich bin ich beinahe neidisch auf Jameson. Jenna ist an ihren besten Tagen eine Eisprinzessin. Aber sie stammt zufälligerweise auch aus einer Familie, die noch wohlhabender ist als meine, und meine Familie hat Geld.

Die Tatsache, dass ich Jenna erbeutet habe, und das ohne ihre Hilfe, lässt meine Mutter und Vater nachts vermutlich keinen Schlaf finden. Das allein ist, meiner Meinung nach, schon zehn Ceces wert.

Ich drehe mich um und gehe zur Bar. Der Barkeeper geht, um meine Drinks zu holen, und ich bin beeindruckt davon, wie effizient er sich bewegt. Natürlich tut er das, denke ich. Jameson hat diesen Laden ausgesucht. Abgesehen vom Surfen ist die Arbeit als Barkeeper wahrscheinlich die einzige Leidenschaft, die Jameson hat.

Nun, das und schäbige ehemalige Stripperinnen.

Dennoch, als ich die ordentlich aufgereihten Alkoholflaschen betrachte und die Barkeeper, die ihrem Job geflissentlich nachgehen, stelle ich fest, dass ich neidisch bin. Wenn ich irgendetwas über Alkohol wüsste, würde ich in Nullkommanichts eine Bar eröffnen.

Ich habe sogar einen Treuhandfonds, den meine Großeltern für mich eingerichtet haben. Ich habe ihn nie angerührt, hatte Angst, auch nur einen Cent dieses Geldes auszugeben.

Ich seufze und schaue nach rechts. Meine kleine Schwester Emma sitzt auf einem Barhocker am Ende der Bar und starrt ins Leere. Ich schaue in die ungefähre Richtung, in die sie starrt, aber ich sehe nur Jameson und Cece, die miteinander rummachen.

Meine Augen bleiben länger auf Jameson liegen und ich erinnere mich an meinen sehnsuchtsvollen Moment. Ich habe eine Art Geistesblitz, mehr oder weniger. Ein Energiestrahl fegt durch mich hindurch und setzt meine Gedanken in Flammen.

Ich könnte eine Bar wie diese haben. Zum Teufel, mit Jamesons Wissen und meinem Geschäftssinn habe ich das Gefühl, dass wir wirklich etwas Großartiges aufziehen könnten.

Ich zögere, weil Jameson wegen Jenna in letzter Zeit wirklich nervtötend war. Er war schlechtgelaunt und geradezu feindselig ihr gegenüber, was zu eisiger Stille und Schmollen ihrerseits führte.

Aber die Idee, eine Bar mit Jameson zu führen, ist so fantastisch; er zapft meisterlich das perfekte Bier, ich kümmere mich um die alltäglichen Sorgen und das Geld.

Die Idee ist einfach zu verlockend, um sie zu verwerfen. Ich muss ihm zumindest davon erzählen.

Ich bewege mich schnell, denn ich habe meine Entscheidung getroffen. Natürlich werde ich von ein paar von Jennas Freunden aufgehalten, ehe ich mit ihm reden kann. Aber irgendwann erwische ich ihn, bevor er mit Cece einen Abgang machen kann.

„Hey. Hast du eine Minute?“, frage ich.

Er lässt den Whisky in seinem Glas kreisen und schaut mich amüsiert an. „Diese ganze Party ist für dich. Natürlich habe ich eine Minute.“

„Möchtest du rausgehen?“, erkundige ich mich.

Jameson nickt und sagt Cece, dass er gleich zurückkommt. Ich führe den Weg zur Tür an und stoße sie auf. Ich trete aus der klimatisierten Luft und tausche sie gegen die frühabendliche Brise ein, die vom Meer hereinweht. Wir befinden uns nur wenige Blöcke vom Ozean entfernt, wovon der Salzgeruch in der Luft zeugt.

Ich lehne mich an die raue Holzwand der Bar und Jameson tut es mir gleich. Wir blicken beide hinaus auf die Straße, während ich meine Gedanken sammle.

Zu meiner Überraschung erhebt Jameson zuerst das Wort.

„Geht es hier um Jenna?“, will er wissen.

Ich schaue zu ihm. Er zeigt keinerlei Emotionen, aber innerlich muss er bis zum Zerreißen gespannt sein, wenn er denkt, dass ich ihn wegen eines Showdowns hierhergebeten habe.

„Nein.“ Ich spreche das Wort schnell und vehement aus, damit er weiß, dass ich es ernst meine. „Ich meine, halt dich bei Jenna einfach zurück. Aber nein, das ist etwas anderes.“

Seine Brauen ziehen sich zusammen, während er versucht, dahinterzukommen, was ich meine. Er sagt allerdings nichts, weshalb ich weiterspreche.

„Ich denke, wir sollten eine Bar eröffnen.“

Sein verwirrter Gesichtsausdruck ist zum Schießen. „Du… was?“

„Eine Bar. Du stellst eine Karte zusammen, ich kümmere mich um das Geld. Wir haben beide ein Stimmrecht in Bezug auf die Atmosphäre. Zum Teufel, ich denke, deine Brüder können sogar dabei helfen, den Laden zu führen.“

„Wovon zum Henker redest du?“ Er dreht sich zu mir, nach wie vor an die Wand gelehnt.

„Ich hatte nur diesen Moment, diesen irgendwie inspirierenden Augenblick. Ich nippte drinnen an einem Drink und ich dachte… wir könnten das besser. Ich dachte ‚Jameson und ich könnten es wirklich krachen lassen, wenn wir eine Bar hätten‘.“

Jameson sieht mich an, als hätte ich eine Kopfverletzung erlitten.

„Du willst also sagen… du standst an der Bar, hast, wie ich annehme, einen weniger als erstklassigen Drink getrunken… und das hat dich auf den Gedanken gebracht, dass wir unseren eigenen Laden schmeißen sollten?“ Er sieht völlig baff aus.

„Ja, Mann. Ich habe das Geld. Du hast die Fähigkeiten…“

Er reibt sich mit einer Hand über sein Gesicht. „Ich habe endlich einen Job, in dem ich länger als ein Jahr arbeite.“

„Du arbeitest dort schon seit vier Jahren.“

„Yeah, und ich kann mich nur an zwei davon erinnern. Die ersten zwei waren ein einziger Rausch aus Whisky und Kokain. Selbst jetzt kann ich den Wunsch, jedes heiße Mädel zu ficken, das durch die Tür läuft, nicht unterdrücken.“

Ich grinse. „Ja, ja. Überzeug mich nur, dass du nicht der perfekte Kerl bist, um eine Bar zu eröffnen. Und was ist mit Cece?“

Er runzelt die Stirn. „Was ist mit ihr?“

„Ich dachte, sie sei… nett. Und dass ihr zwei eine Verbindung hättet oder was auch immer.“ Meine fehlende Aufrichtigkeit ist offensichtlich und er verdreht die Augen.

„Was ist mit dir?“, fragt Jameson. „Du hast noch nie irgendetwas Komplizierteres als einen Rum-Cola gemacht. Du hast noch nie in der Gastronomie gearbeitet. Du hast noch nie jemanden gemanagt…“

„Das stimmt nicht!“, protestiere ich. „Was ist mit –“

„Wenn du mir jetzt mit dem Sommer vor der achten Klasse kommst, ich schwöre, dann gehe ich“, droht er. Er kennt mich zu gut.

„Überleg doch nur, wie unsere Bar sein würde“, sage ich, um das Thema zu wechseln. „Wir würden einen Laden am Strand suchen. Du könntest das Zeug in den schicken Gläsern servieren, über die du immer redest –“

„Nicht alles, muss in einem Tumbler serviert werden“, murrt er.

„Du könntest gute Musik auflegen, die Lichter dimmen und dich mit nur einem Satz in das Herz jeden Mädchens dort schleichen.“ Ich wackle mit den Augenbrauen als witzigen Effekt. „Du musst lediglich sagen, dass du der Eigentümer bist.“

Das lässt ihn scheinbar innehalten. Er reibt sich über den Nacken, aber blickt weiterhin finster drein. Ich bin jedoch an diese Miene gewöhnt.

„Ich weiß nicht“, sagt er schließlich. „Es scheint eine wirklich schlechte Idee zu sein.“

„Aber…?“

„Das ist es.“

„Weißt du, ich werde es einfach wagen. Ich glaube, du bist begeisterter von der ganzen Sache, als du zugeben willst.“

Er blickt mich stumm aus zusammengekniffen Augen an. Ich strecke die Hand aus und klopfe ihm auf die Schulter.

„Warte du nur“, verspreche ich. „Es wird genial werden.“

Jameson schüttelt nur den Kopf. „Kann ich dir wenigstens einen Drink kaufen?“

„Das kannst du tun, Mann. Das kannst du tun.“

Dem schwülen Abend den Rücken zukehrend gehe ich wieder nach drinnen.

Liebe mich nicht-Hasse mich nicht Duett

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