Читать книгу Immer ist alles schön - Júlia Wéber - Страница 11

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Als ich Ballet tanzte, sagte Mutter, das sehe rührend aus.

Nenne es das Ungleichgewicht der Welt, sagte sie, und dann hatte sie Tränen in den Augen.

Das weiß ich noch, weil sie versuchte, die Tränen zurück in ihre Augen zu schieben, ich erinnere mich an das Drücken mit der Fingerkuppe in den Augenecken.

Als ich Ballett tanzte, sagte Mutter, wir sollen nicht trampeln und nicht schreien, wegen Frau Wendeburg.

Bruno schaute von seinem Buch auf.

Ich habe nicht geschrien, nicht einmal geredet. Ich bin generell ein sehr stilles Kind, sagte er. Du hast Glück, so ein stilles Kind zu haben, besonders da ich ein Junge bin. Und du hast auch Glück mit Anais, denn sie ist auch nicht viel lauter.

Mutter ging sofort rauchen, das weiß ich noch, weil sie nach dem Anzünden der Zigarette das Feuerzeug gegen die Scheibe warf. Ich erinnere mich an den Klang des Feuerzeugs an der Scheibe, dass die Scheibe heil blieb.

Und ich sehe Frau Wendeburg auf einer Bank neben dem Sandkasten sitzen, sie hat die eine Hand im Fell der Katze, die andere hat sie ungebraucht neben sich liegen. Sie weint, das kann ich vom Balkon aus erkennen, ich erkenne es daran, dass sie sich leicht über sich selbst beugt und wieder aufrichtet, wieder leicht nach vorne sinkt, sich wieder gerade macht. Dabei redet sie auf die Katze ein.

Neben ihr stehend, möchte ich etwas sagen. Ich möchte sagen, Frau Wendeburg, was ist es denn, was sie traurig macht? Oder ich möchte sagen, meine Mutter sagt immer, wenn man weinen kann, kann man sich glücklich schätzen, denn weinen können nicht alle. Ich möchte sagen, sie haben eine schöne Katze.

Ich setze mich neben sie, ihr Körper vibriert. Ein Kind geht leise und fremd über den Hof, im Baum bewegen sich wie gewohnt die Blätter. Sie machen ein Rauschen zu Frau Wendeburgs Vibration. An ihrem Finger ist ein goldener Ring, der im Sonnenlicht glänzt, und neben diesem Finger klebt ein Kaugummi rosarot. Neben dem Kaugummi sitzt ein Stinkkäfer. Ich nehme den Käfer auf meine Hand und lasse ihn auf Frau Wendeburgs gelben Wollärmel laufen. Die Häuser haben viele Augen. Wir sitzen hier, Frau Wendeburg und ich, ihre Traurigkeit und ihre Katze. Aus den vielen Augen schauen die Menschen vielleicht auf uns, und vielleicht denken sie etwas.

Frau Wendeburg, sage ich, Frau Wendeburg, was haben Sie denn?

Ach Kind, sagt sie.

Wir saßen im Imbiss, sagt sie, an der Ecke.

Ja, sage ich und frage, wer da saß.

Wir haben in die Dämmerung geschaut und haben geschwiegen, sagt sie. Wir saßen an diesem Tisch, er trug ein braunes Hemd, manchmal, Theodor zog seine Absätze über den Steinboden, weil er nervös war, als er mich endlich fragte.

Ach, was rede ich denn da? Geh doch spielen Kind, sagt Frau Wendeburg schnell und steht auf, bewegt die Hände, als wolle sie mich verscheuchen oder ihre Gedanken oder eine Wespe. Sie geht davon mit dem Käfer auf dem Wollärmel und der Katze im Arm. An einem der Fenster steht ein Mann. Er hat ein Hemd in allen Farben.

Immer ist alles schön

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