Читать книгу Immer ist alles schön - Júlia Wéber - Страница 12

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Ich stelle mir Frau Wendeburg vor, wie sie mit der schwarzen Schachtel in der Manteltasche aus dem Hof geht, die Straße hinunter, wie sie genau in der Mitte des Gehsteigs bleibt, wie es zu regnen beginnt. Wie sie sich in den Imbiss an der Ecke setzt, weil es regnet. Sie schaut in den Tag, aus dem Fenster, auf die nassen Regenschirme und Menschen, die Regentropfen auf den Schirmen, die nassen Hunde und Beine. Sie beobachtet Kinder im Regen und Frauen und Männer mit Einkaufstaschen. Sie schaut aus dem Fenster, in die Lichter der Innenstadt, in die Luft, die langsam blau wird. Sie sieht Stromleitungen und alte Zeitungen auf dem Boden liegen, Schuhe, die darübergehen.

Und sie denkt daran, wie sie damals an diesem Tisch gesessen hat, mit Theodor. Sie haben oft an diesem Tisch gesessen, und sie haben gemeinsam in den Regen, in die Dämmerung geschaut und geschwiegen.

Frau Wendeburg hat darauf gewartet, dass Theodor etwas sagte, aber er hat nichts gesagt, er hat mit einem Strohhalm gespielt. Er hat ihn um seinen Zeigefinger gewickelt, bis die Fingerbeere rot wurde, bis sie ihm den Strohhalm aus den Händen riss.

Das macht mich nervös, hat sie gesagt.

Würdest du mich endlich fragen, hat Frau Wendeburg gesagt.

Er sah sie an.

Ich möchte das.

Ich auch, hat er gesagt, ich auch.

Willst du mich heiraten?, hat er gefragt.

Ja, hat Frau Wendeburg gesagt, ja.

Dann hat sie ihn geküsst.

Frau Wendeburg verlässt den Imbiss, sie geht weiter mit ihren Gedanken an den Mann und mit der schwarzen Schachtel in der Hand.

Beim Öffnen der Tür klingeln kleine Glocken. Frau Wendeburg geht bis zum Ladentisch. Sie klappt die schwarze Schachtel auf und wieder zu und wieder auf und wieder zu.

Soll ich sie auffrischen?, fragt eine Dame, nimmt ihr die Ringe aus den Händen.

Frau Wendeburg setzt sich, entfernt ein letztes Katzenhaar von ihrem Strumpf und legt sich dann die Hände in den Schoß. Es sind ruhige Hände mit pfirsichfarbenen Flecken am Handrücken. Sie hört das Surren des Poliergeräts. Frau Wendeburg sieht ein Stück des weißen Hemdes der Verkäuferin, sitzt unter dem gelben Deckenlicht. Die Wände sind verspiegelt, der Schmuck in den verspiegelten Vitrinen glänzt, und der graue Teppich hätte ihre Geräusche geschluckt, aber ich stelle sie mir geräuschlos vor. Frau Wendeburg drückt ihre Fingerkuppen auf die Glastheke und die Fingerabdrücke lösen sich ganz langsam auf.

Schau, sagt sie.

Und ich stelle mir vor, dass sie Schau! gesagt hat zu ihm damals, als sie genau an dieser Theke saßen.

Schau!, hat sie gesagt und auf die von ihr gewählten Ringe gezeigt. Goldringe. Frau Wendeburg hat den einzugravierenden Text auf einen Zettel geschrieben. In Großbuchstaben, gut leserlich. Ruth und Theo. Der Mann hat still gesessen mit geradem Rücken, die schweren Hände auf seine Knie gelegt, das braune Hemd. Er hat genickt, und Frau Wendeburg hat lächelnd die schwarze Schachtel mit den Ringen entgegengenommen.

Gefallen sie dir?, hat sie gefragt und gewusst, dass sie ihm gefallen würden. Er hat die Schachtel aufgeklappt und wieder zu und wieder auf und wieder zu.

Nicht, hat Frau Wendeburg gesagt und ihm die Schachtel aus den Händen genommen.

Wieder hat er genickt.

Sie nimmt ein Taschentuch aus ihrem Leinenbeutel, wischt die Fingerabdrücke weg, bevor sie verschwinden können, bevor die Dame mit den Ringen zurückkommt.

Alles Gute wünsche ich Ihnen, sagt diese, ihre Hände sind gepflegt. Sie überreicht die Schachtel in einer kleinen, weißen Tüte, auf der zwei Tauben eine Schleife halten.

Immer ist alles schön

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