Читать книгу Kommissar Aschoka rächt seinen Tod - Joachim Kunst - Страница 8
Kapitel 6: Exhumierung der Leiche
ОглавлениеGrachus möchte innerhalb des Kollegenkreises keinen Staub aufwirbeln und umgeht daher zunächst ein weiteres Gespräch mit der Sekretärin, das wie ein Verhör aussehen könnte. Lieber ruft er zunächst nochmals Professor Wessels an, um noch etwas mehr über die Gemütsverfassung Aschokas vor dessen Tod zu erfahren.
„Ich kann verstehen, dass Sie Aschokas Tod aufklären müssen“, sagt der Professor, „aber einen Selbstmord kann ich mir nicht vorstellen. Noch vor drei Wochen haben wir Pläne für die Zeit nach unserer Pensionierung gemacht. Wissen Sie, Aschoka und ich sind gleich alt und gehen fast zur selben Zeit in Pension. Es war sogar eine gemeinsame Reise nach Indien im Gespräch. Auch ich spreche indisch, nicht so gut wie Aschoka, aber immerhin, ich kann mich verständlich machen. Mein Freund Aschoka hat mir ein Buch geschenkt, das die Zeit des großen indischen Kaisers Ashoka hervorragend beschreibt. Hier habe ich es vor mir liegen:
„Ashoka“ von Fritz Kern. Hervorragend sind die Beschreibungen der Gesetzgebung des Kaisers Ashoka, die auf Steintafeln überliefert sind. Dieses Buch hatte ich meinem Freund selbst empfohlen, da es Leben, Wirken und Religion des indischen Kaisers sehr gut darstellt. Außerdem hat ein älterer Kollege von mir Professor Kern, der geplant hatte, eine universelle Weltgeschichte zu schreiben, dann aber 1950 plötzlich gestorben ist, noch persönlich gekannt. Demnächst wollten Aschoka und ich über Einzelheiten unserer Reisepläne sprechen. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass er Selbstmordgedanken hegte. Es war nicht seine Art, jemandem etwas vorzuspielen.“
„Bitte, Kommissar Grachus, halten Sie mich auf dem Laufenden über Ihre Nachforschungen, soweit Ihnen das gestattet ist.“
Das Telefonat hat Grachus noch nachdenklicher gemacht als er ohnehin schon war. Nach erneuter Rücksprache mit seinem Chef, Kriminaldirektor Oktavian Neumann, entschließen sich die beiden, eine Exhumierung Aschokas zu erreichen, der vor zwei Tagen beerdigt worden war.
„Aber dafür ist die Staatsanwaltschaft zuständig. Wenden Sie sich doch an Frau LUKRETIA SIMONIS, tragen Sie ihr Ihre Bedenken und Zweifel vor und beantragen Sie offiziell eine Exhumierung der Leiche, weil Sie Zweifel haben am natürlichen Tod Ihres Kollegen. Sicher wird sie Ihrem Antrag stattgeben, wenn er begründet ist. Ich kenne Frau Simonis als sehr korrekte, aber auch als kooperative Kollegin.“
Das Gespräch mit der Staatsanwältin verläuft nicht ganz so glatt wie Grachus es sich vorgestellt hatte. Zwar akzeptiert sie die Zweifel, die Grachus ihr vorträgt, genehmigt auch die Exhumierung der Leiche, verbindet die Genehmigung aber mit Auflagen. „Lieber Kommissar“, beendet sie das Gespräch, „Ihre Zweifel am natürlichen Tod Ihres Kollegen erscheinen mir begründet. Meine Genehmigung haben Sie, aber Exhumierung und kriminal-medizinische Untersuchung müssen sofort erfolgen und in zwei Tagen abgeschlossen sein. Auf keinen Fall möchte ich, dass sich die Untersuchungen länger hinziehen mit offenen Ergebnissen. Sie wissen, dass der Fall die Öffentlichkeit interessiert und die Regenbogen-Presse nur darauf wartet, uns etwas anzuhängen.“ „Aber natürlich, Frau Staatsanwältin, ich werde schnell und diskret alles veranlassen. Das entspricht im übrigen auch dem Wunsch von Kriminaldirektor Neumann.“
Erleichtert verlässt Grachus das Büro der Staatsanwältin. Eins ist ihm klar: „Bei dieser Frau erreiche ich nur etwas, wenn ich es genau begründen kann. Sonst habe ich schlechte Karten.“