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2. Epigenetik


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Epigenetik? Was ist das?

Mit dem Begriff Genetik können wir schon eher etwas anfangen. Genetik ist die Wissenschaft von der Vererbung. Alles begann mit dem Mönch Gregor Mendel im 19. Jahrhundert. Durch Kreuzungsversuche an Erbsen konnte er zeigen, dass bestimmte Merkmale an die Nachkommen weitergeben werden.

Die genetische Information ist in der DNA gespeichert. DNA ist die Abkürzung von Desoxyribonukleinsäure. Das A steht für „Acid“, dem englischen Wort für Säure.

Die DNA wurde ebenfalls bereits im 19.Jahrhundert entdeckt. Es war der Schweizer Arzt Johann Miescher, der durch Untersuchungen des Zellkerns die DNA entdeckte. Wie sie aber genau aussah, konnte erst 1953 durch Watson und Crick herausgefunden werden.

Die DNA ist eine Aneinanderreihung von ausschließlich 4 verschiedenen basischen Molekülen. Sie heißen Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Thymin (T). Dabei gibt es zwei komplementäre Stränge. Diese Stränge sind schraubenförmig gewunden. Immer stehen sich die gleichen Basen gegenüber. A und T, sowie C und G. Wenn die Abfolge der Basen in einem Strang bekannt ist, dann kann die des anderen Stranges vorhergesagt werden. So ist es möglich, die DNA schnell zu vervielfältigen. Auch ein fehlerhafter Strang kann auf diese Weise problemlos repariert werden.

Das Cytosin hat eine besondere Funktion: Es kann nämlich methyliert werden. Darüber wird später noch ausführlicher gesprochen. Sind bestimmte DNA-Sequenzen eines Gens methyliert, dann ist dieses Gen inaktiv, denn es kann jetzt nicht mehr abgelesen werden.

An der Base gibt es auch noch ein Zuckermolekül. Es ist Desoxyribose. Daran hängt noch das Phosphat.

Die beiden DNA-Stränge werden über Wasserstoffbrücken zusammengehalten, die jeweils von den beiden Basen gebildet werden, die sich gegenüberstehen. Da es sich immer um die gleichen Basen handelt, ergibt sich so eine komplementäre Sequenz des Gegenstranges.

Der genetische Kode wird also durch die Abfolge der vier Basen gebildet, aus denen die DNA aufgebaut ist. Dieser Kode enthält dabei Abschnitte, die wir Gene nennen. Von diesen Genen werden Informationen zur Bildung bestimmter Proteine (Eiweiße) gewonnen.

Die DNA besteht aber nicht nur aus aneinandergereihten Gensequenzen. Zwischen den Genen gibt es auch Abschnitte, die für die Proteinbildung nicht genutzt werden. Sie sind also abgeschaltet.

Jetzt kommt die Epigenetik ins Spiel.

Die Epigenetik ist ein jüngerer Bereich innerhalb der Genetik. Die Epigenetik untersucht, wie die Aktivität unserer Gene gesteuert wird. Die Veränderung der Aktivität eines Genes beruht dabei nicht auf einer Veränderung in der DNA-Sequenz, sondern auf Mechanismen an den Genen selbst, die auf sie einwirken. Diese Mechanismen steuern, wie die DNA-Sequenz abgelesen und in die entsprechenden Proteine umgesetzt werden. Es gibt also noch zusätzliche Informationen neben der DNA-Sequenz. Diese Informationen spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Zellen. Aber auch der individuelle Lebensstil und Umweltfaktoren können über epigenetische Mechanismen Einfluss auf die Ausprägung der Erbinformationen nehmen. Die im Verlauf des Lebens erworbenen epigenetischen Informationen können später dann an die Nachkommen weitergegeben werden.

Mutationen sind Fehler in der DNA-Sequenz. Das kann passieren, wenn bei der Verdopplung der DNA eine falsche Base eingebaut wird. Das geschieht durchschnittlich nach 100.000 Basen, die kopiert werden. Das macht bei 6 Milliarden Basen im menschlichen Genom etwa 120.000 Fehler pro Zellteilung aus. Deshalb gibt es auch einen Kontrollmechanismus. Dabei werden etwa 99% der Fehler dann wieder korrigiert.

Mutationen können jedoch nicht nur während der Zellteilung entstehen, auch Chemikalien und Strahlung können die Basen der DNA verändern.

Durch falsch eingebaute Basen entstehen dann auch Verformungen des DNA-Stranges. Bestimmte Enzyme sind aber in der Lage diese zu erkennen und wieder zu reparieren. Es kann aber auch passieren, dass eine Reparatur ausbleibt und dann an die nächste Generation weitergegeben wird. Ob dadurch dann ein „Schaden“ oder ein „Vorteil“ eintritt, kann zunächst nicht eingeschätzt werden.

Es gibt aber auch noch andere Veränderungen. Es können zusätzliche Basen eingebaut werden oder Basen können ganz verlorengehen.

Noch vor 20 Jahren hatte man angenommen, dass viele Krankheiten erklärt werden könnten, wenn die Sequenz der Basen vollständig bekannt wäre. Damals wurde vermutet, dass Krankheiten allein durch Mutationen der DNA entstehen würden. Die Folge war das Humangenomprojekt (1990) mit dem Ziel, das komplette menschliche Genom zu entschlüsseln. Das gelang dann auch bis 2003.

Das Ergebnis war aber trotzdem enttäuschend, denn es gab nämlich weiterhin viele Rätsel. Überraschend war, dass überhaupt nur 3% des Genoms in Proteine übersetzt werden und 97% zunächst nutzlos erschienen. Auch war die Anzahl der Gene eines Menschen erstaunlich gering, nämlich nur 25.000. Es gibt sehr viel einfachere Lebewesen als der Mensch, die mehr Gene als der Mensch haben.

Die Komplexität eines Organismus hängt also nicht von der Anzahl seiner Gene ab, sondern davon, wie diese Gene gesteuert werden. Die Hardware braucht also eine gute Software. Aber das wussten wir ja eigentlich schon immer!

Hier kommt ein weiterer Begriff: „Genexpression“. Damit wird beschrieben, wie aktiv ein Gen ist. Das Ergebnis ist die Bildung von Proteinen (Eiweiße), denn sie beeinflussen dann alle Prozesse im Organismus. Proteine gibt es mehr als Gene.

Jetzt kommt die Epigenetik ins Spiel, denn sie ist entscheidend für eine Reihe von Prozessen. Eine der häufigsten epigenetischen Veränderungen an der DNA sind sogenannte Methylgruppen. Sie binden an einer bestimmten Base, nämlich am Cytosin. Dieser Vorgang soll später noch ausführlicher erörtert werden, denn er ist die Grundlage für ein neues Therapiekonzept.

Es ist doch erstaunlich. Durch solche kleinen chemischen Veränderungen kann unser Organismus sich an eine veränderte Umwelt oder neue Lebensbedingungen anpassen. Und wir können sie später dann an unsere Nachkommen weitergeben. Es gibt aber auch Risiken. Umweltgifte, aber auch psychische Belastungen und Stress sind ebenso wirksam.

Im Prinzip ist alles reversibel. Je nachdem welchen Lebensstil der Einzelne einschlägt. Wo er lebt. Wie er sich ernährt. Ob er Sport treibt oder viel Stress hat. Alles verändert unser Genom.

Die Epigenetik hat ihren eigentlichen Ursprung in der Theorie des französischen Biologen Jean-Baptiste de Lamarck, der im 18. Jahrhundert die Theorie aufgestellt hatte, dass Organismen in der Lage sind, bestimmte Eigenschaften, die sie während ihres Lebens erworben haben, an ihre Nachkommen weitervererben können. Dadurch passen sie sich noch besser an ihre Umwelt an und beeinflussen damit auch die Evolution.

Lamarck war ein Vorgänger von Charles Darwin. Er ging allerdings noch davon aus, dass zufällige Veränderungen im Erbgut die Evolution vorantreiben. Damit schien damals de Lamarck widerlegt. Aber seit der Entdeckung der Epigenetik wird die Theorie von de Lamarck wieder aktuell. Nach heutigem Kenntnisstand scheint es so, als würde Lamarcks Theorie die von Darwin ergänzen.

Wichtiges für die hausärztliche Praxis

Epigenetik zeigt uns, dass Gene an- und abgeschaltet werden können. Dadurch gelingt es dem Organismus, sich an bestimmte Lebensbedingungen besser anzupassen. Das hat viele Vorteile. Epigenetischen Veränderungen können auch auf die nächsten Generationen übertragen werden.

Epigenetik in der hausärztlichen Praxis

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