Читать книгу Der falsche Joker - Joann M. - Страница 10

7.

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Wieder mal, grauste es Jana davor mit ihrer Mutter telefonieren zu müssen, als sie ihre Nummer sah.

„Hallo Liebes, was machst du morgen?“

„Lernen, sonst nichts.“

„Ich dachte mir, wir kommen morgen zu dir. Ich habe dir neue Schreibtischlampe besorgt und neue Vorhänge.“

„Ja, kommt.“, sagte Jana mit wenig Freude, was Claudia nicht entging.

„Wir bleiben nicht lange. Stunde oder zwei, länger nicht. Und wenn dieser Edward da ist macht es mir nichts aus.“

„Er ist nicht da Mami und ich freue mich auf euch.“, sagte Jana mit ein wenig mehr Euphorie in der Stimme, wie sie in Wirklichkeit empfand.

Es war schon fast Mitternacht, als sie Edwards SMS las.

„Ich vermisse dich.“, schrieb er, worauf sie nicht geantwortet hat.

Schon in aller Früh ging sie ins Krankenhaus.

„Klasse Buch. Ich bin fast fertig und morgen früh werde ich verlegt.“, meinte Oscar, der nicht mehr so blass wirkte.

„Ich hoffe dein Vater kommt noch rechtzeitig.“

„Wenn nicht, dann soll es einfach nicht sein. Er hat mich gestern angerufen. Er ist mir so fremd und ich ihm genauso, glaube ich.“

„Na ja, er hätte es jetzt ändern können.“ Gleichzeitig bereute sie was sie gesagt hat und lenkte mit dem Satz ab: „Deine Mum freut sich sicher schon auf dich.“.

„Ja. Ich habe ihr versprechen müssen nie wieder auf ein Motorrad zu steigen.“

„Und? Wirst du es halten?“

„Ich glaube schon. Ja, doch. Ganz sicher. Ich könnte es nicht mal mehr. Es wird mich für immer an den Unfall erinnern. Lukas liebte Motorräder und das schnelle Fahren. Er ist vor zwei Jahren schon einmal mit einem blauen Auge davongekommen.“

Oscar wirkte nachdenklich. „Er war mein bester Freud. Mein Vertrauter. Am Mittwoch ist Beerdigung. Ich hoffe ich kann hingehen.“

„Auch wenn nicht, der gute Wille zählt.“

Die dunklen Augen des jungen Mannes füllten sich mit Tränen. „Ich habe meinen besten Freund verloren. Oh Gott, ich kann es nicht glauben, dass er nicht mehr da ist.“

Jana setzte sich am Rande seines Bettes hin und nahm Oscars Hand in ihre, ohne etwas zu sagen. Es gab nichts was ihn trösten konnte. Sie stellte sich vor wie es ihr ergehen würde, wenn Lydia oder Markus was schlimmes zustoßen würde.

„Es tut mir so leid für dich.“, sagte sie nach Minuten Stille.

„Das Leben ist gerade nicht nett zu mir.“ Oscar wischte seine Tränen ab.

Danach sprachen sie über das Buch, das Oscar gelesen hat.

„Scheiße, wie schnell ist die Zeit vergangen?“, sagte Jana, als Oscar das Mittagessen gebracht wurde. „Meine Eltern kommen zur Besuch, ich muss gehen.“

„Schade.“

„Wann wirst du morgen geholt?“

„In aller Früh, denke ich.“

„Grüß deine Mutter von mir.“

„Mache ich. Vielleicht kannst du uns mal besuchen.“

„Edward würde sich sicher freuen, wenn ich seine Exfrau besuche.“, lachte Jana.

Die Beiden tauschten Handy Nummern aus und versprachen einander im Kontakt zu bleiben.

Zum eigenem Erstaunen, genoss Jana den Nachmittag mit ihren Eltern. Claudia hat selbstgemachten Kartoffelsalat und Schnitzel mitgebracht, wovon jede Menge übrig blieb zur Freude von Jonas und Dominik.

„Deine Mum kann öfters vorbeikommen. Die kann echt gut kochen.“

„Ich weiß.“, sagte Jana stolz.

Nachdem sich Janas Eltern verabschiedet haben, nahm sie ihre Farben raus und fing an zu malen.

Sie ignorierte wieder Edwards SMS- en und überlegte sogar die Beziehung zu beenden.

Es ging ihr durch den Kopf, dass sie in diesen zwei Tagen mehr aus Oscars Vergangenheit erfuhr, wie aus Edwards Leben in fast neun Monaten. Sie rechnete nicht mal mehr damit, dass Edward am kommenden Tag wie versprochen kommen würde.

Doch dieser schaffte es gerade noch, seinen Sohn zu sehen. Bevor der Krankenwagen losfuhr, wechselten Vater und Sohn paar Worte miteinander.

Wie zwei Fremde sahen sie sich an, ohne zu wissen, was sie miteinander reden sollten.

„Also, alles Gute Oscar und grüß deine Mutter von mir.“, sagte Edward, der fast erleichtert wirkte als der Krankenwagen davonfuhr. Eine Art Ohnmacht machte sich in ihm breit, die er sich selber nicht erklären konnte. Ob es Schuldgefühle waren oder die Erkenntnis, dass ihm sein Sohn wie ein Fremder vorkam, wusste er nicht.

Er ging in sein Büro und wollte eigentlich seine Ruhe haben, als Alicia an die Tür klopfe.

„Hallo Edi, es tut mir so leid was deinem Sohn passiert ist. Ich wusste gar nicht, dass du einen hast.“

„Er ist ja schon erwachsen und führt sein eigenes Leben.“, sagte Edward trocken.

„Ja sicher und es wird ja wieder alles gut bei ihm. Ich habe mir seine Akten angesehen.“

„Ja, ja. Er wird wieder.“ Edward runzelte seine Stirn.

„Na gut, ich wollte dir nur sagen, wie leid es mit tut, aber jetzt störe ich dich nicht weiter.“

„Ach, nicht doch, ich bin einfach schlecht gelaunt. Nimm es nicht persönlich.“

„Ist doch klar. Wie war´s in Zürich?“

Edward erzählte ihr von seinen Erfolgen und sie ging mit einem guten Gefühl aus seinem Büro raus.

„Warst du bei Oscar?“, waren Janas ersten Worte, als sie Edward vor der Uni stehen sah.

„Ja natürlich. Ich bin sehr früh geflogen.“

„Gut.“, sagte sie trocken.

Edward zog Jana zu sich und küsste sie leidenschaftlich. Alleine schon sein Geruch ließ sie alles vergessen. Wie in Trance stieg sie in sein Auto um in seine Wohnung zu fahren, wo sie sich geliebt haben. Danach gab Edward ihr eine Schatulle in der eine Kette wie Ohrringe waren.

„Danke, dass du für Oscar da warst.“, sagte er.

In den nächsten Wochen hatte sie wenig Zeit für Edward, was er eines Tages damit kommentierte:

„Du bestrafst mich immer noch wegen Oscar, oder?“.

„Wie meinst du das?“

„Du warst jetzt zwei Wochenenden hintereinander nicht bei mir.“

„Ich habe meine Semesterarbeit fertig stellen müssen. Das hat nichts mit Oscar zu tun. Das ist deine Sache. Und gestern habe ich endlich abgegeben.“, freute sie sich.

Sie hatte ein gutes Gefühl, wieder zu den Besten zu gehören. „Und jetzt freue ich mich auf unseren Urlaub.“

„Ich freue mich auch.“, sagte Edward zufrieden. „Na dann stoßen wir auf deinen Erfolg an.“

„Noch nicht, erst wenn die Ergebnisse da sind.“

„Ach komm, du weißt genau dass du gut warst.“, sagte er und holte eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank. „Ich weiß zwar immer noch nicht für was du dich abmühst, aber gut...“

Jana sah ihn mit bösem Blick an, worauf er meinte: „Schon gut, schon gut.... Du machst es ja für dich....“.

„Gib mir die Adresse des Hotels. Meine Mutter will es unbedingt haben, falls was passiert.“

„Was soll den passieren. Meine Güte, deine Mutter wird mir immer unheimlicher.“

„Vielleicht wäre sie nicht so, wenn sie dich mal kennenlernen durfte.“

„Oder es wäre noch schlimmer.“, sagte Edward, der immer noch nicht das Bedürfnis hatte Janas Eltern kennen zu lernen.

Die ersten zehn Tage in Mexiko waren sowohl für Jana wie auch für Edward die schönste Zeit ihres bisherigen Lebens. Sie genossen die Vorzüge des luxuriösen Hotels, lagen am Strand, besichtigten die Sehenswürdigkeiten rund um Cancun und hatten jede Menge Sex.

Am Abend des Tages an dem sie El Rey, die alte Ruinenstätte der Maya besichtigt haben, kippte die Stimmung. Während der Begehung erlitt ein älterer Mann, der ebenfalls Hotelgast des noblen „Papas“ war, einen Zusammenbruch.

Sowohl der Reiseführer wie auch andere Menschen standen wie angewurzelt da, während Edward wie auf Kommando zu dem Mann lief. Jana hat noch nie jemanden so schnell laufen sehen. Er gab sich als Arzt zu erkennen, beruhigte die schockierte Ehefrau und hielt die Beine des käsebleichen Mannes in die Höhe.

Als der Mann zu sich kam meinte Edward, dass es sicher nur ein Kreislaufkollaps sei.

„Sie sollten aber lieber zurück ins Hotel fahren, sich hinlegen und viel trinken. Ich schaue dann nach ihnen, sobald wir zurück sind.“, sagte Edward, was er auch später in die Tat umsetzte.

„Dürfen wir sie wenigstens auf ein Glas guten Wein einladen?“, meinte der in Berlin lebende Engländer, als er seinem Helfer beim Abendessen begegnet war. Eine Bezahlung seiner Dienste lehnte Edward rigoros ab.

„Da sagen wir nicht nein, oder?“, sah Edward Jana an.

Es stellte sich raus, dass Herr Broschke ein pensionierter Richter war und sehr viel Sinn für Humor hatte.

„Mir reicht auch Balkonien, aber meine Tochter wollte unbedingt Mexiko erobern.“, lachte der Mann. Kurze Zeit später durften Jana wie Edward Stella und ihren Freund kennenlernen.

„Und? Wie war El Rey?“ Die rothaarige Frau in Begleitung eines genauso bunt wie sie selber gekleideten Mannes setzte sich dazu.

„Kurz.“, lächelte die Frau des Richters und erzählte ihrer Tochter was passiert war.

„Oh mein Gott! Ich habe dir gesagt, dass es heute zu heiß wird.“, sagte Stella zu ihrem Vater.

„Ich hätte nur mehr trinken müssen, sagt der junge Mann.“, erwiderte Herr Broschke.

„Übrigens, danke.“ Stella sah Edward und dann fragte sie Jana: „ Bist du auch Ärztin?“.

„Nein, ich studiere Kunstwissenschaften.“

„Das gibt’s nicht. Ich habe Kunstgeschichte studiert.“

Herr Broschke lachte laut, worauf Stella sagte: „Papa hielt es für einen brotlosen Zweig, nicht wahr?“ Sie zog ihren Vater sanft am Ohr.

„Das sagt mein Vater auch immer.“

„Sagen sie ihm, dass ich schon des Besseren belehrt wurde.“, sagte Herr Broschke. „Anscheinend kann man heutzutage mit dem ganzen Denkmalzeug richtig Geld verdienen.“

„Was machst du jetzt?“, fragte Jana Stella, die darauf hin von ihrer Arbeit erzählte.

Es entstand ein angenehmes Gespräch an dem alle außer Edward teilnahmen.

„Danke noch mal mein Junge.“ Der inzwischen müde wirkender Herr Broschke klopfte auf Edwards Schulter und meinte es wäre Zeit ins Bett zu gehen für alte Menschen.

„Man ist so alt, wie alt man sich fühlt Papa.“, umarmte Stella ihren Vater.

„So, jetzt gönnen wir uns was Gutes. Wollt ihr auch einen Mojito? Mein Papa zahlt.“, fragte Stella, nachdem sich ihre Eltern weit genug entfernt haben.

„Nein danke.Wir gehen dann auch.“, erhob sich Edward vom Sessel.

„Du willst doch nicht jetzt schon gehen?“, sagte Stellas Freund zur Edward. Er schätzte ihn auf Anfang dreißig und sah nichts verwerfliches dabei ihn zu duzen.

„Wir wollen morgen nach Cancun. Schon in aller Früh.“, log Edward.

„Ich glaube du wirst auch schon alt.“, lachte Jana. „Doch nicht morgen.“

Edward sah Jana zornig an, was sie ein wenig irritiert hat, doch im gleichen Augenblick lenkte sie Stella ab, die bereits in Cancun gewesen war und darüber erzählte.

Als Stellas Freund wieder mal eine Runde Mojito bestellen wollte sagte Edward: „Ich gehe.“

„Na gut. Ich gehe dann auch. Genug Mojito.“, lachte Jana, obwohl ihr nicht nach lachen war.

Es war ihr peinlich, dass Edward sich nicht mal verabschiedet hat und schon fast davon lief.

„Sehen wir uns morgen? Wir sind die einzigen jungen Menschen in dem Hotel. Wir könnten zusammen eine Runde Billard spielen.“, meinte Stella.

„Klar.“, sagte Jana und lief Edward nach.

„Was ist los mit dir?“, fragte sie ihn im Zimmer.

„Das fragst du noch?“, sagte er wütend.

„Ja. Ich wüsste nicht was ich falsch gemacht habe.“

„Alles. Einfach alles. Ich studiere Kunstwissenschaften und tue auf Hippie, wie diese verzogene Göre. Hast du es echt nötig mit solchen Menschen zu verkehren?“

„Wie bitte?“

„Du hast schon richtig verstanden. Wie kannst du mich so demütigen!!“

„Was? Dich demütigen. Was hätte ich tun sollen deiner Meinung nach. Lügen? Sagen, dass ich auch Ärztin bin und mich mit Studenten nicht abgeben will?“

„Sich wie eine erwachsene Frau benehmen, das hättest du tun sollen!!“

„Ich bin erwachsen. Ich bin nur kein Spießer!! Selbst der alte Mann versteht mehr Spaß wie du!“

Edward verschlug es die Sprache. Er verschwand im Bad und als er raus kam, war Jana nicht da.

Er nahm an, sie wäre zur Stella und ihrem Freund zurückgegangen um noch paar Mojitos zu trinken, während sie zum Strand lief und ihren Tränen freien Lauf ließ.

Als sie zurück kam schlief Edward schon. Im Zimmer roh es nach Rauch und der Aschenbecher war voller Zigaretten. Sie zündete sich auch eine an, worauf ihr schlecht wurde. Ewig konnte sie nicht einschlafen und fühlte sich in der Früh wie gerädert.

Edward war alleine Frühstücken gegangen und überlegte ob er nicht überreagiert hat. Er war es gewohnt, dass ihn Menschen mit Respekt begegneten. Etwas was gestern seit Jahren nicht passiert war. Er wurde von einem Studenten geduzt und sollte sich auf ein ihm unwürdiges Niveau herunterlassen. Er hätte sich viel lieber mit dem Richter unterhalten und ihn vielleicht sogar überzeugen können für seine Stiftung zu spenden, doch das war alles nicht möglich nach dem Jana sich mit seiner Tochter angefreundet hat.

Den ganzen Tag versuchte Jana Edward aus dem Weg zu gehen. Vor´m Abendessen jedoch begegneten sie sich im Zimmer.

„Entschuldige.“, sagte Edward und wollte Jana in den Arm nehmen.

„Lass mich in Ruhe.“, sagte sie, ging aber mit ihm ins Restaurant, wo sie schweigsam da saßen.

„Wo gehst du hin?“, fragte Edward, als er sah, dass Jana nicht mit ihm Richtung Zimmer ging.

„Ich gehe Billard spielen.“

„Ach so. Vergiss nur nicht, dass hier ein Mojito um die zwanzig Dollar kostet junge Dame.“

Jana schossen Tränen in die Augen, was Edward erweichen ließ.

„Jana bitte, ich will nicht mit dir streiten. Komm, wir gehen am Strand spazieren und vertragen uns wieder.“

„Nein, lass mich in Ruhe.“, sagte sie wieder, hatte aber keine Lust mehr auf Billard.

„Wollen wir uns in den nächsten Tage anschweigen? Ich habe einen Fehler gemacht und ich entschuldige mich dafür. Was soll ich noch tun?“

Am liebsten hätte sie geschrien, er solle sich einen neuen Charakter zulegen, sagte aber leise: „Was bist du für ein Mensch? Was ist aus dem Doktor Edward geworden denn ich kennengelernt habe?“

„Ich weiß, ich habe mich daneben benommen. Vielleicht hat es mit meiner Familie zu tun.“ Edward setzte sich auf die danebenstehende Bank und sank seinen Kopf.

„Du meinst Oscar?“

„Nein, meine Familie. Das ganze Vater Tochter Getue...“

„Was ist mit deiner Familie?“ Bis jetzt wollte Edward nie über seine Eltern reden, jedes mal wechselte er das Thema, wenn Jana was wissen wollte. Auch dieses mal erfuhr sie nichts.

„Ich werde einen Therapeuten aufsuchen.“, sagte er leise. „Das hätte ich schon längst tun sollen.“

„Aber wieso?“

„Ich will nicht darüber reden.“

Das Gespräch erweichte Janas Gemüt und sie versuchte Edward zu verzeihen, was ihr jedoch nicht wirklich gelingen konnte. Sie machte gute Miene zum bösen Spiel, konnte sich aber kein einziges mal dazu überwinden mit ihm zu schlafen.

„Ich bin schon so auf die Wohnung gespannt.“, sagte Edward, als sie in München gelandet waren.

„Ich will in die WG.“ Jana wusste nicht ob sie mit Edward noch zusammen sein wollte.

„Dann fahr, ich habe genug von deinem Verhalten. Herr Gott, wie lange willst du mich noch bestrafen?“

Jana stieg ohne ein Wort zu sagen in ein Taxi und ließ sich in die WG bringen.

„Scheiße.“, sagte Edward laut, als er in seiner neu eingerichteten Wohnung ankam. Alles das wollte er mit Jana teilen und jetzt hatte er das Gefühl sie verloren zu haben. Er liebte sie wie keine andere Frau zuvor und überlegte wieso er ihr es nie sagen konnte. Er goss sich einen ordentlichen Schluck Cognac ein und setzte sich auf das neue Sofa hin.

„Schön.“, sagte er wieder zu sich selber und fragte sich was Jana dazu sagen würde.

Der falsche Joker

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