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TRAININGSINTENSITÄT

WIE SIE IN KAPITEL 3 gelesen haben, gibt es nur drei Variablen Ihrer Trainingseinheiten, die Sie variieren können, um Fitness zu erzeugen: Häufigkeit, Dauer und Intensität. Bei einem fortgeschrittenen Fahrer, der seit drei Jahren oder mehr dabei ist, sollten die ersten beiden Komponenten als gegeben vorausgesetzt werden können. Falls der zentrale Fokus Ihres Trainings ist, wie oft Sie fahren und wie lang Ihre Ausfahrten sind – Ihr Umfang –, haben Sie noch nicht den Status eines fortgeschrittenen Fahrers erreicht, selbst wenn Sie schon seit Jahren trainieren. Häufigkeit und Dauer sollten jeweils zentrale Trainingsaspekte von Fahrern sein, die noch relativ neu im Straßenradsport sind. Für fortgeschrittene Fahrer aber ist für Topleistungen im Wettkampf die Intensität maßgeblich und nicht der Umfang.

Dementsprechend widmen wir uns in diesem Kapitel einigen der entscheidenden Aspekte der Trainingsintensität. Ich verrate Ihnen, wie Sie als Radsportler versierter, fitter und schneller werden, indem wir uns gemeinsam einige Möglichkeiten ansehen, die Intensität zu messen und im Training gezielt einzusetzen.

TRAINING NACH RPE, HERZFREQUENZ UND WATT

Beachten Sie, dass es in der Überschrift nicht »Training nach RPE oder Herzfrequenz oder Watt« heißt. Wenn Sie als Radsportler Höchstleistungen erreichen wollen, ist es sinnvoll, jede dieser drei gängigen Methoden zur Messung der Intensität zu nutzen statt nur eine. Falls Sie ein fortgeschrittener Fahrer sind, kann ich Ihnen sogar mit einiger Überzeugung versichern, dass Sie viel besser für Ihre Wettkämpfe gerüstet sein werden, wenn Sie sich mit allen drei Methoden auskennen.

Wenngleich dies die gängigsten Methoden zur Intensitätsmessung im Radsport sind, sind sie freilich nicht die einzigen, um zu bestimmen, wie hart Sie trainieren. Das ultimative Maß des Geleisteten ist die Geschwindigkeit. Ich habe noch kein Rennen erlebt, bei dem der Erste, der über die Ziellinie fuhr, nicht der Sieger war. Der schnellste Fahrer gewinnt immer, und schnell zu sein, ist nie verkehrt. Das Problem mit der Geschwindigkeit als Messgröße der Intensität beim Radfahren ist aber, dass äußere Faktoren wie Wind und Höhenmeter erheblichen Einfluss auf sie haben. Wenn Sie gegen den Wind fahren, nimmt sich Ihre Geschwindigkeit gemessen an dem Einsatz, den Sie bringen, recht kläglich aus. Umgekehrt sollten Sie nicht übermütig werden, wenn Sie auf einer Trainingsfahrt mit Rückenwind nur so dahinsausen. Selbst eine leichte Brise oder ein unscheinbarer Hügel können großen Einfluss darauf haben, wie schnell Sie fahren. Im Endeffekt bedeutet dies, dass die Geschwindigkeit ein recht ungenaues Maß dessen ist, was Sie auf dem Rad tatsächlich leisten.

Dies bringt uns zum Thema Anstrengung, d.h. zur Frage, wie hart es sich anfühlt, wenn Sie trainieren. Die Methode, das Maß der empfundenen Anstrengung zu beziffern, nennt sich Rating of Perceived Exertion (RPE). Dazu bewerten Sie die subjektive Belastung – wie hart Sie zu trainieren meinen – auf einer Skala von 0 bis 10. Tabelle 4.1 zeigt, wie’s funktioniert.

Eine Bewertung der empfundenen Anstrengung ist die wohl einfachste Methode, die Intensität darzustellen, die Sie während einer Trainingsfahrt erleben. Doch bei aller Einfachheit ist sie von großem Nutzen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich in der laufenden Beobachtung Ihrer RPE zu üben, denn sie stellt eine Verbindung zu Ihrem gesamten Körper her. Wenn Sie die RPE nutzen, richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nicht ausschließlich auf externe Daten. Radsport erfordert ein gutes Gefühl dafür, wie hart Sie aus rein subjektiver Sicht arbeiten. In einem Straßenrennen sind Sie selten in der Lage, Entscheidungen aufgrund von Wattzahlen oder Herzfrequenz zu treffen. Sollten Sie die Schlagzahl erhöhen oder nicht? Die Antwort hängt weitgehend davon ab, wie Sie sich zu diesem Zeitpunkt fühlen. Mit der RPE vertraut zu sein, verschafft Ihnen eine gute Antenne dafür, was im Rennen gerade passiert und wie Sie sich verhalten sollten.

In den Zeiten, bevor es Pulsuhren und Powermeter gab, war die RPE die Methode, mit der alle Fahrer die Intensität eines Wettkampfs oder Trainings bewerteten. Zugegebenermaßen nutzten sie dabei selten diese Skala, sondern verlegten sich stattdessen darauf, deskriptive Worte zu verwenden, wie sie in der rechten Spalte der Abbildung 4.1 zu sehen sind (manchmal mit farbigeren Begriffen, die noch heute in Gebrauch sind). Die numerische Bewertungsskala war etwas, das sich Sportwissenschaftler hinterher ausdachten, um dieser Methode einen etwas präziseren Anstrich zu geben. Sie können es so oder so handhaben, und ich nehme an, dass Sie sich an die deskriptive Variante halten, wenn Sie z.B. Kollegen von einer absolvierten Trainingsfahrt berichten. Das ist durchaus üblich. Aber die numerische Skala ist etwas exakter und gerade auch in Verbindung mit Ihrem Trainingsplan nützlicher, wie Sie später sehen werden.

TABELLE 4.1 10-Punkte-Skala der empfundenen Anstrengung gemäß Borg

WERTEMPFUNDENE ANSTRENGUNG
1keine Anstrengung
1sehr locker
2locker
3moderat
4ein wenig hart
5–6hart
7–8sehr hart
9sehr, sehr hart (fast maximal)
10maximal

Die sachgemäße Verwendung der RPE ist eine Kunst, die man erlernt, indem man sie häufig praktiziert. Machen Sie sich während der Fahrt Gedanken darüber, wie hart sich die Intensität im Moment anfühlt, und nutzen Sie die Skala, um dieser Belastung einen Zahlenwert zuzuordnen. Machen Sie dies regelmäßig während Ihrer Einheiten, v.a. in solchen mit variierender Intensität, wie z.B. bei Intervallen oder Gruppenausfahrten. Sofern Sie dies auf jeder Fahrt machen, werden Sie die RPE irgendwann gut beherrschen. Das hilft Ihnen, im Rennen blitzschnell Entscheidungen zu treffen.

Sie werden wahrscheinlich feststellen, dass Sie im Verbund mit anderen – sei es auf einer Gruppenausfahrt, im Rennen oder beim Training mit einem Kumpel – Ihre Anstrengung geringer bewerten, als würden Sie mit gleicher Wattleistung oder Herzfrequenz allein fahren. Athleten neigen generell dazu, die Intensität geringer einzuschätzen, wenn sie in einer Gruppe unterwegs sind. Mit anderen Worten: Wir scheinen in der Lage zu sein, mit einem geringeren Maß an empfundener Anstrengung härter zu arbeiten, wenn wir nicht allein sind. Ohne Zweifel hat das mit Motivation zu sein. Mit diesem Phänomen befassen wir uns später, wenn wir über die Vorbereitung auf Straßenrennen sprechen.

Die RPE ist komplett subjektiv. Kein Wunder, denn letztlich ist es ja genau das – Ihre Meinung darüber, wie Sie sich während des Sports fühlen. Um die Intensität präziser zu bestimmen, müssen Sie auch Messinstrumente heranziehen, die objektive Ergebnisse liefern. Im Radsport sind dazu derzeit Herzfrequenzmonitore und Powermeter am gebräuchlichsten. Eine präzise Intensitätsmessung ist dermaßen wichtig, dass ich die von mir trainierten Athleten verpflichte, diese Instrumente zu nutzen. Später in diesem Kapitel gebe ich Ihnen eine kurze Einführung, wie Sie für jedes von ihnen entsprechende Trainingszonen bestimmen. Jedes der Geräte erfasst die Intensität in eigener Weise und stellt so Informationen bereit, die mittels der beiden anderen Methoden nicht verfügbar sind.

Herzfrequenzmonitore waren das erste Hilfsmittel zur präzisen Bestimmung der Intensität. Erfunden wurden sie in den 1970er Jahren in Finnland für Skilangläufer. Die Pulsmessung wurde in den Achtzigern allmählich populärer, doch dauerte es bis Anfang der 1990er Jahre, bis sich die Methode auf breiter Front im Ausdauersport durchsetzte. Inzwischen scheint jeder Athlet so ein Ding zu tragen, vom Anfänger bis hin zum Tour-de-France-Teilnehmer.

Die Herzfrequenz verrät Ihnen, wie intensiv Sie sich anstrengen, aber sie sagt nichts über Ihre Leistungen. Der Letzte in einem Rennen kann den gleichen Durchschnittspuls haben wie der Sieger. Es winkt kein Podiumsplatz für hohe Herzfrequenzen. Ihre Pulswerte sagen nichts darüber aus, wie schnell Sie sind; alles, was sie verraten, ist, wie viel Einsatz in eine Einheit investiert wird. In dieser Hinsicht ähnelt die Herzfrequenz sehr der RPE, nur ist sie objektiver. Wenn es darum geht, die Anstrengung präzise zu erfassen, ist sie sogar das beste Instrument, das wir haben.

Zehn Jahre nach der Pulsuhr wurde vom deutschen Ingenieur und früheren Radsportler Uli Schoberer das mobile Leistungsmessgerät erfunden. Es dient dazu, präzise die Intensität zu erfassen. Es dauerte etwa 20 Jahre, bis solche Powermeter sich im Radsport endgültig durchsetzten. Seither haben sie den Radsport transformiert und er hat sich von einer der am wenigsten technologischen zu einer der am meisten von Technologie bestimmten Ausdauersportarten entwickelt. Bevor Leistungsmesser aufkamen, schauten Radsportler im Training v.a. auf den Umfang. Das machte den Radsport ziemlich rückständig und man hielt an überholten Vorstellungen fest, wie das Training auszusehen hatte. Die Wattmessung hat das alles verändert und das Training revolutioniert.

Ein Powermeter am Rad misst zwei Dinge: die Kraft, die auf das Pedal angewendet wird, und die Geschwindigkeit, mit der die Pedale gedreht werden. Die Pedalkraft wird als Drehmoment bezeichnet, die Pedalgeschwindigkeit als Kadenz. Die Kombination der beiden wird in Watt ausgedrückt. Vorerst genügt der Hinweis, dass Sie im Training und Wettkampf erheblich davon profitieren, wenn Sie lernen, wie man ein Powermeter einsetzt. (Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, in die Details der Wattmessung einzugehen. Ausführliche Informationen finden Sie z.B. in meinem Praxishandbuch Wattmessung.)

REFERENZPUNKTE DER INTENSITÄT

Lassen Sie uns einen kurzen und etwas vereinfachten Blick aus quasi-wissenschaftlicher Perspektive auf die Intensität werfen. Ohne Zweifel würde das, was ich hier ausführen werde, eine hitzige Debatte anstoßen, wenn ich es einer Gruppe von Sportwissenschaftlern unterbreiten würde. Man würde meine Ausführungen als übermäßig vereinfacht und daher ungenau zurückweisen. Mir geht es in diesem Buch aber nicht darum, streng wissenschaftlich vorzugehen, vielmehr möchte ich Ihnen Sichtweisen auf die Welt des Trainings vermitteln, die Ihnen helfen, im richtigen Leben schneller Rennen zu fahren. Manchmal bedeutet das, dass ich darauf verzichte, Ihnen die Einzelheiten einer wissenschaftlichen Methode bis ins letzte, haarfeine Detail darzulegen. Behalten Sie dies im Hinterkopf, wenn ich mich nun daranmache, Ihnen das Training anhand messbarer Intensitäten in Bezug auf die reale Welt des Radsports zu erläutern.

Sportwissenschaftler benutzen häufig die RPE, um die Intensität einer Aktivität zu messen, weil sie ihnen sagt, was ein Athlet erlebt. Sie nutzen aber gern auch physiologische Kennzeichen der Intensität, die als feste Referenzpunkte für die Anstrengung eines Sportlers dienen. Zwei solcher Marker, die am häufigsten verwendet werden, sind die aerobe Schwelle (Aerobic Threshold, AeT) und die anaerobe Schwelle (Anaerobic Threshold, AnT). In den folgenden Kapiteln werde ich auf beide häufig verweisen, und auch mit den in Anhang B vorgestellten Trainingseinheiten haben beide eine Menge zu tun. Zunächst gilt es aber, eine allgemeine Vorstellung davon zu bekommen, was sie bedeuten. Später werden wir mehr ins Detail gehen.


ABBILDUNG 4.1 Intensitäts-Referenzpunkte in Relation zur empfundenen Anstrengung

Abbildung 4.1 setzt die beiden Referenzpunkte in Relation zur RPE, um Ihnen eine Ahnung von der jeweiligen Intensität zu vermitteln. Mittels dieser Abbildung sollten Sie erkennen, wie diese beiden Referenzpunkt der Intensität genutzt werden können, um die Intensität einer Trainingsausfahrt zu kategorisieren. Beachten Sie, dass es drei grobe Kategorien der Intensität gibt, wenn man sie aus diesem Blickwinkel betrachtet: unterhalb der AeT, oberhalb der AnT und zwischen diesen beiden Schwellen.

Aerobe Schwelle (AeT)

Sportwissenschaftler haben im Labor verschiedene Möglichkeiten, um die Intensität zu messen. Ein gängiges Verfahren ist, dem Athleten einen Tropfen Blut aus dem Finger oder Ohrläppchen zu entnehmen und diesen in einer speziellen Apparatur zu analysieren. Das Blut enthält nämlich etwas, von dem Sie ganz bestimmt schon mal gehört haben: Laktat. An und für sich ist Laktat nicht das »Problemkind«, als das es oft dargestellt wird. Es hat nichts mit Erschöpfung oder Muskelkater zu tun. Es ist jedoch ein guter Indikator, wie intensiv ein Sportler augenblicklich trainiert. Je mehr Laktat im Blut, desto größer die Anstrengung. Wissenschaftler messen Laktat in Millimol pro Liter (mmol/l). Im Ruhezustand (RPE = 0) beträgt der Laktatgehalt etwa 1 mmol/l. Dies ist eine sehr kleine Menge. Wenn die Trainingsintensität auf eine RPE von etwa 3 oder 4 und der Laktatgehalt des Blutes auf 2 mmol/l ansteigt, wird häufig davon ausgegangen, dass der Athlet die aerobe Schwelle erreicht hat.

Die AeT kann auch auf andere Weise bestimmt werden. Ein weiteres im Labor häufig verwendetes Verfahren besteht darin, die Menge an Sauerstoff und Kohlendioxid zu messen, die ein Athlet während der Belastung ein- und ausatmet. Eine solche Atemgasanalyse lässt Rückschlüsse auf Veränderungen des Laktatniveaus zu. Diese Methode ist nichtinvasiv – es wird kein Blut abgezapft –, sie erfordert jedoch ebenfalls einen kostspieligen Test.

Sie können Ihre AeT aber auch bestimmen, ohne all dies wirklich im Detail verstehen oder einen Labortest unternehmen zu müssen. Eine viel einfachere und günstigere Methode, die Sie verwenden können, erfordert lediglich eine Pulsuhr, die Sie wahrscheinlich bereits besitzen. Die AeT tritt nämlich üblicherweise bei etwa 65 Prozent der maximalen Herzfrequenz auf. Bei einer anderen Methode wird Ihre AeT im Bereich von 20 bis 40 Schlägen pro Minute (BPM) unter Ihrer anaeroben Schwelle verortet. Auf diesen zweiten Referenzpunkt kommen wir direkt im Anschluss zu sprechen. Anstatt sich also einem teuren Labortest zu unterziehen, können Sie auch einfach während des Sports Ihre Herzfrequenz verfolgen und davon ausgehen, dass Sie sich bei 30 BPM unter der anaeroben Schwelle in der Nähe Ihrer AeT bewegen. Für durchschnittlich fitte Radsportler funktioniert diese simple Methode oft sehr gut.

Später werde ich Ihnen beibringen, wie Sie das wichtige Intensitätsniveau der AeT im Training nutzen, um Ihr aerobes System vollständig zu entwickeln. Daraus ergibt sich, wie Sie noch sehen werden, eine hervorragende Trainingseinheit, die Sie häufig unternehmen sollten.

Anaerobe Schwelle (AnT)

Wie in Abbildung 4.1 zu sehen, ist die anaerobe Schwelle der höhere der beiden Intensitätsreferenzpunkte. Hier treten Sie während der sportlichen Betätigung in den »roten Bereich« ein. Die Anstrengung entspricht einer RPE von ungefähr 7. Wenn Sie dieses Niveau der Anstrengung im Training oder Rennen erreichen, arbeiten Sie schwer und merken, dass Sie nicht in der Lage wären, es für sehr lange beizubehalten. Die Intensität, bei der Sie die AnT erreichen, wird oft auch als »Laktatschwelle« bezeichnet. Aus Sicht der Sportwissenschaft sind die Laktat- und die anaerobe Schwelle nicht genau identisch, weil man die eine durch eine Atemgasanalyse bestimmt (AnT), die andere mittels Messung des Laktatgehalts in einem Blutstropfen (Laktatschwelle). Aber für unsere Zwecke können wir die beiden Begriffe mit quasi deckungsgleicher Bedeutung verwenden: eine RPE von 7. Oben haben Sie gelesen, dass Sie sich etwa an Ihrer AeT befinden, wenn der Laktatgehalt im Blut bei 2 mmol/l liegt. Erreicht er 4 mmol/l, sind Sie an Ihrer AnT. An der AeT baut der Körper die mit dem Laktat verbundene Säure, die in die Muskeln strömt, ebenso schnell ab, wie diese produziert wird. Bei 4 mmol/l und mehr beginnt die Säure jedoch, sich in Form von Wasserstoffionen (und eventuell anderen Substanzen wie anorganischem Phosphat) anzureichern und so die Muskelkontraktion zu behindern. Das ist der Grund, warum Sie anfangen zu leiden und dieses Intensitätsniveau nur begrenzte Zeit beibehalten können. Ein Athlet in außergewöhnlich guter körperlicher Verfassung kann die AnT-Intensität für etwa eine Stunde aushalten, während sich die AeT-Intensität mehrere Stunden durchhalten lässt.

Mit der richtigen Art von Training lässt sich Ihre AnT anheben, so dass Sie ein höheres Tempo gehen können, bevor dieses kritische Intensitätsniveau erreicht ist. Beachten Sie aber, dass Ihre Herzfrequenz an der AnT trotz gesteigerter Fitness in etwa gleichbleibt. Das ist eine wichtige Lektion, die wir in diesem Kapitel genauer untersuchen werden. Es hat mit dem zu tun, was wir »Fitness« nennen.

Straßenradsportler bestreiten einen Großteil des Rennens zwischen AeT und AnT. Aber der Ausgang eines Rennens entscheidet sich fast immer durch das, was an und oberhalb der AnT passiert. Deswegen müssen fortgeschrittene Fahrer den Schwerpunkt des Trainings auf hohe Intensitäten legen. Oft sind es über das ganze Rennen verteilte, sehr kurze Episoden von einigen Sekunden bis wenigen Minuten Dauer, die über Platzierungen und Resultate entscheiden. Das umfasst vielfältige taktische Methoden, um im Wettkampf die entscheidende Selektion herbeizuführen bzw. darauf zu reagieren, z.B. indem die beteiligten Fahrer sprinten, am Berg attackieren, Ausreißergruppen formieren, Löcher zufahren oder Kontrahenten isolieren. Auf diese Weise wird ein Straßenrennen mit seinen ständigen Tempowechseln zu einer ganz anderen Art von Wettkampf als ein Zeitfahren, bei dem das Tempo eher gleichbleibend ist. Zeitfahren werden meistens dadurch entschieden, wer an der AnT die höchste Geschwindigkeit und Wattleistung erreicht. In diesem Fall ist es in aller Regel keine gute Idee, ständig für ein paar Sekunden oder Minuten das Tempo anzuziehen. Wir kommen darauf in Kapitel 6 zurück, wenn es um das Training für verschiedene Arten von Rennen geht.

INTENSITÄTSVERTEILUNG

Wenn sich Ihre Rennen dadurch entscheiden, wie gut Sie Intensitäten oberhalb der AnT bewältigen, müsste es doch auf der Hand liegen, weit mehr als die Hälfte Ihrer Trainingszeit bei dieser Intensität zu verbringen. Dies jedoch würde zu einem offensichtlichen Problem hinsichtlich der Trainingsdichte führen. Wenn Sie tagein, tagaus, vier- oder fünfmal in der Woche anaerobe Einheiten absolvieren, wären Sie wahrscheinlich ständig erschöpft und liefen Gefahr, ins Übertraining zu geraten. Selbst wenn Sie körperlich nicht völlig ausgelaugt wären, wäre die Erschöpfung groß genug, um die Qualität dieser harten Einheiten zu beeinträchtigen. Sie wären schlichtweg nicht in der Lage, jeden Tag ein solches Training durchzuziehen. Sobald die hochintensiven Belastungen Ihren Tribut fordern, würden Ihre Herzfrequenz und Leistung trotz einer hohen RPE wahrscheinlich gering ausfallen. Das ist ein ernsthaftes Problem, das mit ziemlicher Sicherheit lustloses Training, schlechte Fitness und durchwachsene Wettkampfresultate nach sich ziehen würde.

Tatsächlich würde ich Ihnen raten, es hinsichtlich der Verteilung der Trainingsintensität genau andersherum zu halten: Ein Großteil Ihrer Trainingszeit – um die 70 bis 80 Prozent – sollte auf sehr geringe Intensitäten an oder unterhalb der AeT entfallen. Die übrigen 20 bis 30 Prozent sind für hohe Intensitäten oberhalb der AeT vorgesehen, ein nennenswerter Teil davon wiederum oberhalb der AnT. Ein solches Training sorgt dafür, dass Sie frisch genug in Ihre hochintensiven Einheiten gehen, um zu gewährleisten, dass diese produktiv sind und genau die Fitness erzeugen, die Sie für diese kurzen Episoden im Rennen brauchen. Mit anderen Worten: Sie werden in der Lage sein, hohe Intensitäten zu bewältigen, weil Sie physisch bereit sind für eine harte Einheit.

Der entscheidende Punkt ist: Je einfacher Ihre lockeren Einheiten sind, desto anspruchsvoller können Ihre harten Einheiten werden. In der irrigen Annahme, dadurch die durchschnittliche Intensität ihres Trainings und damit ihr Leistungsvermögen zu steigern, machen allzu viele Radsportler den Fehler, es mit den mittleren Intensitäten im Bereich zwischen AeT und AnT zu übertreiben. Das hat aber genau den gegenteiligen Effekt, denn die hochintensiven Einheiten – diejenigen, die tatsächlich über den Rennausgang entscheiden – werden durch die Erschöpfung in Mitleidenschaft gezogen. Die betreffenden Fahrer sind dann schlichtweg nicht bereit für eine Einheit oberhalb der AnT. Die anaerobe Fitness wird nicht so gut entwickelt, wenn der Fokus auf der Intensität zwischen den Schwellen liegt. Der größte Fehler, den man im Training machen kann, ist, lockere Einheiten stattdessen mit moderater Intensität (zwischen AeT und AnT) zu absolvieren und damit die Regeneration zu beeinträchtigen. Sie benötigen sehr, sehr viele lockere Einheiten, um Leistungen auf hohem Niveau zu bringen. Ich weiß, das klingt widersprüchlich, aber genau so funktioniert es.


ABBILDUNG 4.2 Empfohlene Verteilung der Trainingsintensität im Saisonverlauf im Rahmen eines polarisierten Trainingsprogramms

Abbildung 4.2 veranschaulicht diese vorgeschlagene Intensitätsverteilung, die häufig als »polarisiertes Training« bezeichnet wird. Dieses Konzept einer polarisierten Intensitätsverteilung bringt uns zum Thema Saisonplanung. Die meisten fortgeschrittenen Fahrer sind gut beraten, im Saisonverlauf das Verhältnis von Einheiten mit geringer und hoher Intensität zu variieren. Damit verringern Sie das Risiko von Burnout und Übertraining und außerdem die Gefahr, auf einem Fitnessplateau zu verharren. Die Verteilung der Trainingsintensitäten periodisch zu verändern, kann sich als sehr vorteilhaft erweisen. Wenn Sie sich die Verteilung über Ihre gesamte Saison anschauen, sollte sie polarisiert sein, so wie in Abbildung 4.2 zu sehen. Mit der Frage der Saisonplanung, insbesondere mit Blick auf die Verteilung der Intensitäten, beschäftigen wir uns in Teil IV.

FUNKTIONALE SCHWELLE

Im Training laufend zu berücksichtigen, wie intensiv Ihre Einheiten in Relation zu den beiden Schwellen – AeT und AnT – sind, ist ein wichtiger Aspekt der Wettkampfvorbereitung. Wenn es um spezifische Vorbereitung auf Rennen geht, geben die Einheiten, die oberhalb der anaeroben Schwelle absolviert werden, den Ausschlag über die zu erwartenden Resultate. Das heißt nicht, dass Training an der aeroben Schwelle nicht zur Wettkampfleistung beiträgt. Das tut es, aber in anderer Weise. Sie können sich die AeT-Fitness als das vorstellen, was Sie überhaupt erst an den Punkt im Rennen bringt, an dem es dann auf die Fitness oberhalb der AnT ankommt: am Berg, während einer Attacke oder im Sprint. Beide spielen eine wichtige Rolle. Einstweilen wollen wir uns aber auf die AnT konzentrieren und auf die Frage, woher Sie wissen, wann Sie an oder über diesem Punkt sind, da dieser letztendlich über den Rennausgang entscheidet.

In der obigen Beschreibung der AnT sagte ich, dass sie mittels eines Labortests ermittelt werden könne, in dem bei schrittweiser Steigerung der Intensität entweder der Laktatgehalt des Bluts gemessen oder die Luft, die Sie ein- und ausatmen, analysiert wird. Der Techniker, der den Test durchführt, kann Ihre Laktat- und Ihre anaerobe Schwelle in Form von Herzfrequenz und Wattleistung bestimmen. Das sind wertvolle Informationen: Zu wissen, wann Sie an oder über der AnT arbeiten, ist sehr bedeutsam für die Wettkampfleistung. Und auch erfolgreiches Training setzt voraus, dass Sie wissen, wo Ihre AnT liegt. Ein Labortest ist dafür eine ziemlich präzise Methode, doch die Sache hat einen Haken: Sie müssten solche Tests häufig absolvieren, v.a. wenn Sie ein Powermeter verwenden, denn mit der Fitness verändert sich auch Ihre Leistung an der AnT. Die Herzfrequenz hingegen bleibt auch bei veränderter Fitness weitgehend konstant. Wir kommen auf dieses Phänomen später in diesem Kapitel noch einmal zurück.

Häufige Tests sind nicht nur umständlich, sondern auch teuer. Zum Glück gibt es eine alternative Methode zur Bestimmung der AnT, die günstig und problemlos durchzuführen ist. Anfang dieses Jahrtausends hatte der Sportwissenschaftler Dr. Andrew Coggan die Idee zu einem Test zur Bestimmung der AnT, den jedermann zu jeder Zeit durchführen kann. Er ist einfach und kostet nichts. Aber er ist nicht leicht.

Coggans Feldtest geht von dem Gedanken aus, dass ein fitter Athlet seine AnT-Intensität etwa eine Stunde beibehalten kann. Demzufolge können Sie, statt Ihre AnT im Labor zu ermitteln, stattdessen einfach eine einstündige Fahrt bei maximaler Anstrengung unternehmen und dann davon ausgehen, dass die durchschnittliche Herzfrequenz und Wattleistung in dieser Stunde Ihre AnT repräsentieren. Genial! Das Problem dabei ist, dass es so hart ist, eine Stunde auf sich allein gestellt am Anschlag zu fahren, dass in der Praxis vermutlich Herzfrequenz- und Leistungswerte merklich unter Ihrer eigentlichen AnT herauskommen würden. Wenn die einstündige Prüfung hingegen in einem Wettkampf wie einem 40-km-Zeitfahren oder einem einstündigen Kriterium erfolgen würde, wäre die Motivation wahrscheinlich hoch und das Ergebnis käme Ihrer eigentlichen AnT näher. Das Problem ist, dass nicht immer genau dann Rennen anstehen, wenn Sie die AnT testen müssen, um die Entwicklung Ihrer Fitness zu prüfen.

Dr. Coggan hatte eine einfache Lösung: Statt sich eine Stunde lang zu quälen, schlug er vor, den Test auf 20 Minuten zu verkürzen und 5 Prozent vom Ergebnis zu subtrahieren. Das Resultat wäre eine Schätzung der AnT. Da es keine tatsächliche Messung der Laktat- oder anaeroben Schwelle ist und da es als Feldtest absolviert wird, nannte Coggan den sich ergebenden Wert die »funktionale Schwelle« (Functional Threshold, FT). Die anderen wichtigen Größen, die sich aus dem 20-Minuten-Test ergeben, sind der funktionale Herzfrequenzschwellenwert (Functional Threshold Heart Rate, FTHR) und die funktionale Schwellenleistung (Functional Threshold Power, FTP).

Neben einem einstündigen Rennen oder einem 20-Minuten-Test gibt es noch andere Möglichkeiten, Ihre funktionale Schwelle zu ermitteln. Ich habe Fahrer z.B. einen 30-Minuten-Test absolvieren lassen, denn bei dieser Dauer neigen wir dazu, auf einer Solofahrt gerade genug nachzulassen, als würden wir ein einstündiges Rennen bestreiten. Ich habe festgestellt, dass die durchschnittlichen Werte über 30 Minuten in etwa mit den FTHR- und FTP-Ergebnissen des 20-Minuten-Tests minus 5 Prozent übereinstimmen. Eine andere Option, eine Schätzung der FT zu erhalten, besteht darin, 8 Minuten mit maximalem Einsatz zu fahren und dann 10 Prozent von der durchschnittlichen Leistung zu subtrahieren. Ich habe sogar 5-Minuten-Tests probiert, mit 15 Prozent Abzug. (Beachten Sie, dass Tests, die kürzer als 20 Minuten sind, keine präzise Prognose der FTHR zulassen.) Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, doch der entscheidende Punkt ist, dass Sie anhand von Rennresultaten und Tests von 30, 20, 8 und 5 Minuten Dauer recht einfach in der Lage sein werden, Ihre FTP selbst zu bestimmen.

Zwar sind alle diese Verfahren nützlich, sie werden vermutlich aber nicht die genau gleiche FTP hervorbringen. Ausdauerstarke Fahrer erhalten tendenziell bessere Ergebnisse mit den längeren Tests, während andere Radsportler, die eine hohe anaerobe Fitness mitbringen, v.a. in kurzen Tests beeindruckende Werte erzielen. Aber ungeachtet einer gewissen Varianz der Ergebnisse sollten die in solchen Feldtests ermittelten Werte eine gute Annäherung sein, etwa im Bereich von 5 Prozent über oder unter der tatsächlichen Schwelle, die im Labortest gemessen wurde.

Natürlich schwankt Ihre funktionale Schwelle ein wenig von Tag zu Tag aufgrund von Erschöpfung und anderen Ihrem Lebenswandel geschuldeten Faktoren. Die FTP schwankt sogar, wiederum aufgrund von Ermüdung, innerhalb einer einzelnen Fahrt. Unterm Strich lässt sich festhalten, dass die Werte für Herzfrequenz und Leistung, die Sie erhalten, nie auf ein BPM oder Watt gleich sein werden. Aber das ist in Ordnung. Sie benötigen nur einen Näherungswert. Je häufiger Sie testen, v.a. die FTP, desto wahrscheinlicher erhalten Sie präzise Werte. Ich empfehle Ihnen, die ganze Saison über etwa alle 3 bis 4 Wochen einen der oben beschriebenen Tests zu unternehmen. So ist gewährleistet, dass Ihr oberer Intensitätsreferenzpunkt exakt ist. Und dies wiederum bedeutet, dass Ihre Trainingszonen korrekt festgelegt sind.

TRAININGSZONEN FESTLEGEN

Sobald Sie Ihre FTHR und FTP ermittelt haben, können Sie Ihre Trainingszonen einrichten. Diese Zonen sind enorm wichtig für Ihr Training, weil sie dazu dienen, die Intensität Ihrer Einheiten zu bestimmen. Daher rate ich Ihnen, alle 3 bis 4 Wochen einen Test zu unternehmen. Schauen wir uns mal genauer an, wie das funktioniert.

Herzfrequenz-Zonen

Um die Herzfrequenz-Zonen zu bestimmen, greifen wir auf Dr. Coggans 20-Minuten-Test zurück. Bevor ich die Details erläutere, möchte ich noch anmerken, dass Sie keine Formeln zur Bestimmung der Trainingszonen nutzen sollten. Im Internet finden Sie etliche solcher Formeln, die Ihre persönlichen Daten wie Alter, Geschlecht und andere Variablen heranziehen, um Ihre maximale Herzfrequenz zu bestimmen. Sobald Sie auf diese Weise einen Wert berechnet haben, werden Sie dann oft gebeten, einfach einen bestimmten Prozentsatz davon zu nehmen und diesen als Ihre AnT zu bezeichnen. Die häufigste dieser Formeln zur Bestimmung der maximalen Herzfrequenz lautet: 220 minus Lebensalter. Doch keine von ihnen funktioniert generell für alle Sportler, weil wir nun mal alle einzigartige Individuen sind. (Erinnern Sie sich an das Prinzip der Individualität aus Kapitel 2?) Eine solche Formel mag auf einige Athleten zutreffen, aber nicht auf die meisten. Würde man für einen größeren Personenkreis, also z.B. alle Leser dieses Buches, die tatsächlichen maximalen Herzfrequenzen in einem Diagramm darstellen, ergäbe sich eine glockenförmige Kurve. Für die Athleten in der Mitte der Kurve mag eine Formel wie 220 minus Alter recht genaue Werte liefern, aber für alle, die links oder rechts der Kurvenmitte liegen, kommen zunehmend ungenaue Ergebnisse heraus. Und weil Sie nicht wissen, wo Sie selbst auf der Kurve zu verorten sind, erhalten Sie mittels solcher Formeln Zonen-Empfehlungen, die wahrscheinlich um einiges verschoben sind – womöglich um bis zu 20 BPM in die eine oder die andere Richtung. Das bedeutet eine Unsicherheit von immerhin 40 BPM! Sie könnten Ihre maximale Herzfrequenz auch genauso gut schätzen. Die Quintessenz also lautet: Verwenden Sie keine Formeln. Machen Sie einen Feldtest, um Ihre FTHR zu ermitteln.

Wie bestimmen Sie präzise Ihre FTHR? Ich werde Sie hier durch Dr. Coggans 20-Minuten-Test führen. Das Verfahren für die anderen beschriebenen Testdauern, ob 30 oder 5 Minuten, ist genau dasselbe. Beachten Sie aber, dass der 8- bzw. 5-Minuten-Test zwar nützlich sein kann für die Bestimmung der FTP, jedoch bezogen auf die Herzfrequenz zu ungenau ist. Zu diesem Zweck rate ich Ihnen dringend zu einem 20- oder 30-Minuten-Test. Während ich in den folgenden Erörterungen also auch die kürzeren Tests berücksichtige, behalten Sie im Hinterkopf, dass diese nur für die Wattmessung gedacht sind.

Der Ort, den Sie für den Test wählen, ist entscheidend für die Qualität der Daten. Eine geeignete Strecke zu finden, kann recht knifflig sein. Es sollte ein Kurs sein, den Sie auch bei zukünftigen Tests jederzeit wieder nutzen können. Suchen Sie nach einer stoppschildfreien Strecke mit breiter Radspur und nur wenigen Kreuzungen und Kurven, die insgesamt flach ist oder leicht bergauf führt (weniger als 3 Prozent Steigung). Sie benötigen vermutlich eine Distanz von 8 bis 16 Kilometern, je nachdem wie schnell Sie sind.

Großer Wert ist auf die Sicherheit der Strecke zu legen. Behalten Sie Ihren Kopf während des Tests oben, um Gefahren rechtzeitig zu erkennen, und achten Sie gut auf den Verkehr. Gehen Sie keine Risiken ein, um gute Daten zu erhalten. Sie sollten im Radtraining immer Vorsicht walten lassen, aber umso mehr, wenn ein Test wie dieser ansteht, wo Sie mit vollem Einsatz fahren.

Um sicherzustellen, dass Sie gute Daten erhalten, sollte der Test an einem Tag absolviert werden, an dem Sie gut ausgeruht sind. Gehen Sie es ähnlich wie ein Rennen an, indem Sie das Training in den zwei oder drei Tagen zuvor zurückfahren. Ein guter Zeitpunkt zum Testen ist das Ende einer Regenerationswoche. Mehr dazu in Kapitel 11.

Wärmen Sie sich vor jedem Test zunächst gut auf. Für die meisten Athleten umfasst das Warm-up gewöhnlich mindestens 20 Minuten steigender Intensität – von einer sehr niedrigen über eine mäßige RPE bis hin zu progressiv ausgedehnten Beschleunigungen, die mit zunehmendem Einsatz erfolgen und Sie jeweils für einige Sekunden über eine RPE von 7 bringen (Tabelle 4.1). Sie können mit 2 Minuten beginnen und die Beschleunigungen dann sukzessive auf 10 Sekunden verkürzen, wobei Sie sich nach jeder fast vollständig erholen. Nach einer letzten solchen Anstrengung sollten Sie sich ungefähr 5 Minuten bei niedriger RPE erholen, bevor Sie den 20-Minuten-Test beginnen.

Beginnen Sie mit einem hohen, aber noch konservativ gewählten Einsatz. Anders gesagt: Sie sollten das Gefühl haben, noch zulegen zu können. Der häufigste Fehler besteht darin, dass man zu schnell loslegt, weil es sich in den ersten paar Minuten so locker anfühlt. Je öfter Sie den Test machen, desto besser werden Sie das Pacing hinbekommen. Die ersten 5 Minuten sollten sich relativ leicht anfühlen (mit einer RPE von etwa 7). Nach jeweils 5 Minuten entscheiden Sie, ob Sie etwas Tempo herausnehmen oder zulegen sollten. Diese 5-minütigen Änderungen der RPE sollten jeweils klein ausfallen. Falls Sie einen kürzeren 8- oder 5-Minuten-Test absolvieren, fällt die Anfangsintensität natürlich deutlich größer aus, mit einer RPE von etwa 8 oder 9. Entscheiden Sie bei kürzeren Tests jede Minute, ob Sie das Tempo steigern oder verringern.

Am Ende des 20-Minuten-Tests absolvieren Sie ein leichtes Cool-down, so dass Ihre Herzfrequenz und die Atmung wieder auf Ruheniveau zurückkehren können. Nach der Erholung von der Anstrengung sind Sie dann bereit für den unterhaltsamen Teil der Übung: die Analyse der Daten.

Laden Sie Ihre Herzfrequenz-Daten in Ihre bevorzugte Software und ermitteln Sie die durchschnittliche Herzfrequenz für den 20-Minuten-Test. Subtrahieren Sie 5 Prozent von diesem Wert und Sie erhalten eine gute Schätzung Ihrer FTHR. Falls Sie einen 30-Minuten-Test unternommen haben, wird Ihre durchschnittliche Herzfrequenz über die gesamte Testdauer als Ihre FTHR betrachtet, es sind keine weiteren Berechnungen nötig. Sobald Sie Ihre FTHR ermittelt haben, legen Sie mittels Tabelle 4.2 Ihre Trainingszonen fest. Sie können die Tabelle sowohl für 20- als auch 30-minütige Feldtests anwenden.

Watt-Zonen

Wenn Sie ein Powermeter am Rad haben oder einen Indoortrainer mit Leistungsmesser verwenden, können Sie Ihre Watt-Trainingszonen durch einen FTP-Test bestimmen. Tatsächlich müssen Sie nur den oben beschriebenen 20- oder 30-Minuten-Test zur Bestimmung der Herzfrequenz-Zonen unternehmen, um in denselben Testdaten auch Ihre FTP zu finden. Es besteht keine Notwendigkeit, dafür einen separaten Test durchzuführen. Auch die 8- und 5-Minuten-Tests können für eine, wenn auch nicht ganz so präzise, Bestimmung der FTP herangezogen werden.

TABELLE 4.2 Bestimmung der Herzfrequenz-Trainingszonen

HERZFREQUENZ-ZONENMULTIPLIZIEREN SIE IHRE FTHR MITIHRE HERZFREQUENZ-TRAININGSZONEN
Zone 181%Weniger als _____________________
Zone 282%–89%_______________–_______________
Zone 390%–93%_______________–_______________
Zone 494% – 99%_______________–_______________
Zone 5a100% – 102%_______________–_______________
Zone 5b103% – 106%_______________–_______________
Zone 5c107%Mehr als ________________________

Um Ihre Herzfrequenz-Trainingszonen zu bestimmen, wenden Sie jeweils als Ober- und Untergrenzen die genannten Prozentsätze auf die in einem Feldtest ermittelte FTHR an.

TABELLE 4.3 Bestimmung der Watt-Trainingszonen

WATT-ZONENMULTIPLIZIEREN SIE IHRE FTP MITIHRE WATT-TRAININGSZONEN
Zone 155%Weniger als_____________________
Zone 255% – 74%_______________–_______________
Zone 375% – 89%_______________–_______________
Zone 490%–104%_______________–_______________
Zone 5105% – 120%_______________–_______________
Zone 6120%_______________–_______________
Zone 7150%Mehr als________________________

Um Ihre Watt-Trainingszonen zu bestimmen, wenden Sie jeweils als Ober- und Untergrenzen die genannten Prozentsätze auf die in einem Feldtest ermittelte FTP an.

Quelle: Allen und Coggan, Training and Racing with a Power Meter (Wattmessung im Radsport und Triathlon).

Falls Sie einen 20-Minuten-Test absolviert haben, ziehen Sie 5 Prozent von Ihrer durchschnittlichen Wattzahl (nicht von der »normalisierten« Leistung) während der 20 Minuten ab, um eine gute Schätzung Ihrer FTP zu erhalten. Bei einem 30-Minuten-Test dient Ihre durchschnittliche Leistung über die gesamte Testdauer als guter Näherungswert der FTP. Beim 8-Minuten-Test ziehen Sie 10 Prozent Ihrer durchschnittlichen Wattzahl ab, beim 5-Minuten-Test ziehen Sie 12 Prozent ab. Verwenden Sie dann Tabelle 4.3, um Ihre Trainingszonen festzulegen. Wie bei den FTHR-Tests gilt: Je öfter Sie diesen Test absolvieren, desto genauer werden die Ergebnisse, weil man erst lernen muss, wie man eine solche wettkampfähnliche Solo-Anstrengung richtig angeht.

Abstimmung der Zonen

Wenn Sie sowohl mit einem Herzfrequenzmonitor als auch mit einem Powermeter trainieren, werden Sie bald feststellen, dass die festgelegten Trainingszonen nicht immer übereinstimmen. So fahren Sie vielleicht in Herzfrequenz-Zone 2, bemerken aber, dass die getretene Leistung in Watt-Zone 3 zu verorten wäre. Viele Fahrer befürchten dann, dass etwas nicht stimmt mit den Zonen oder gar ihren Herzen. Machen Sie sich keine Sorgen. Dies ist durchaus üblich und zu erwarten. Tatsächlich ist es sogar ganz gut so.

Bei fortgeschrittenen Athleten verändern sich die Herzfrequenz-Zonen, wenn überhaupt, im Laufe der ganzen Saison nur wenig, da die FTHR, ebenso wie die Anstrengung, recht konstant bleibt. Auf der anderen Seite ändern sich Watt-Zonen signifikant. Womöglich bemerken Sie mal kleine Veränderungen der FTHR – im Bereich von ein paar Schlägen pro Minute – von einem Test zum nächsten. Dies ist vermutlich eher der Ernährung, Stress, Erschöpfung oder der Aufregung geschuldet als Schwankungen der Fitness. Bei Anfängern hingegen sind solche Änderungen der Herzfrequenz-Zonen zu erwarten, während sie ihre Grundlagenfitness entwickeln.

Andererseits können sich die Watt-Zonen im Laufe einer Saison erheblich verändern. Ihre FTP steigt, je fitter Sie werden. Sie bringen mehr Watt auf die Pedale. Das bedeutet natürlich auch, dass sich Ihre Watt-Zonen nach oben verschieben, da diese ja auf der FTP basieren. Wenn die Fitness abnimmt, verschlechtert sich entsprechend Ihre FTP und die Zonen verschieben sich nach unten. Die Herzfrequenz-Zonen indes bleiben die ganze Zeit konstant. Die Herzfrequenz steht stellvertretend dafür, wie leicht oder schwer sich eine Fahrt anfühlt; die Wattzahl hingegen bezieht sich darauf, wie schnell Sie sind. So kann es im Laufe einer Saison mal große und mal kleine Überschneidungen geben – und manchmal gar keine.

Warum ist das so? Betrachten Sie es mal so: Wenn Ihre Watt-Zonen sich nicht veränderten, würden Sie bei gegebenen Herzfrequenzen niemals schneller werden können. Wie Sie später sehen werden, ist das Erreichen zunehmend höherer Wattzahlen bei gegebener Herzfrequenz der Schlüssel, um Verbesserungen der Fitness festzustellen. Um es mit Greg LeMond zu sagen: »Es wird nie einfacher, man wird nur schneller.«

TRAINING STRESS SCORE

Ich kann das zentrale Thema dieses Kapitels gar nicht genug betonen: Intensität ist für fortgeschrittene Fahrer der Schlüssel zum Erfolg. Ich reite darauf herum, weil viel zu viele Athleten glauben, dass der Umfang – wie viele Stunden oder Kilometer sie in der Woche im Sattel verbringen – der primäre Faktor wäre, wenn es darum geht, Fitness für den Wettkampftag zu erzeugen. Doch nur Fahrer, die erst wenige Jahre dabei sind, sollten den Schwerpunkt auf den Umfang legen. Diese Athleten werden sich in dieser Phase ihrer Karriere rasch entwickeln, nur indem sie den Wochenumfang steigern. Aber irgendwann ist damit das Ende der Fahnenstange erreicht und das Leistungsvermögen wird stagnieren. Forschungsstudien zu diversen Ausdauersportarten haben wiederholt gezeigt, dass für einen fortgeschrittenen Athleten – jemand, der schon seit einigen Jahren dabei ist – Höchstleistung daraus resultiert, wie hart er trainiert und nicht wie viel.

Wie kommt es, dass wir uns gern darauf versteifen, wie viel wir trainieren statt wie hart? Ich glaube, es hängt damit zusammen, dass es sehr schwierig ist, die Trainingsintensität im Laufe einer Woche zu bemessen und darzustellen. Es ist nicht so einfach zu beziffern, wie hart das Training in der Summe gewesen ist. Ein Leichtes ist es hingegen, die Stunden und Kilometer einer Woche zusammenzuzählen. In der Tat ist es so einfach, den Umfang zu bemessen, dass wir dazu neigen, ihn als die wichtigste Messgröße zu erachten. Die Grundlage für dieses Denken legen wir in der Frühphase unserer Karriere, wenn wir die Erfahrung machen, dass mehr Umfang auch bessere Leistungen bedeutet. Nach der Lektüre dieses Kapitels werden Sie hoffentlich verstanden haben, dass das »wie hart« immer wichtiger wird als das »wie viel«, je weiter Sie im Training vorankommen.

Zwar ist die Intensität des Trainings entscheidend für den fortgeschrittenen Fahrer, das heißt aber nicht, dass der Umfang unwichtig wäre. Es bedeutet nur, dass der Umfang mit zunehmender Fitness etwas weniger wichtig wird. Müsste ich das relative Verhältnis der beiden Größen in Zahlen ausdrücken, würde ich sagen, dass die Intensität 60 Prozent der Wettkampffitness ausmacht und der Umfang die restlichen 40 Prozent. Mit handfesten Zahlen oder Studien belegen kann ich diese These leider nicht. Dies ist lediglich meine Meinung, die ich mir in 30 Jahren Arbeit mit Athleten aller Leistungsklassen gebildet habe.

Dr. Andrew Coggan kam Anfang des Jahrtausends zum gleichen Schluss. Daraufhin entwickelte er eine einfache Methode, Umfang und Intensität zu einer einzigen Größe zu kombinieren, die, mit einer etwas höheren Gewichtung der Intensität, das Trainingspensum repräsentiert. Er nannte dieses System den Training Stress Score (TSS). In seiner ursprünglichen Form erforderte der TSS ein Powermeter, um die Intensität zu messen. Inzwischen kann der TSS auch mit einem Herzfrequenzmonitor bestimmt werden. Die Leistung ist aber die etwas präzisere Messgröße.

Dr. Coggans Formel zur Bestimmung des TSS einer bestimmten Trainingseinheit basiert auf der normalisierten Leistung, dem Intensitätsfaktor und der Dauer in Sekunden sowie der FTP des jeweiligen Fahrers. Der sich ergebende TSS-Wert beziffert das Belastungsniveau der Einheit, indem er sowohl deren Dauer als auch deren Intensität im Verhältnis dazu berücksichtigt, was der Fahrer zu leisten in der Lage ist. (Es ist nicht Zweck dieses Buches, diese Begriffe vertiefend zu erörtern. Falls Sie mehr darüber erfahren möchten, empfehle ich Ihnen Dr. Coggans Buch Wattmessung im Radsport und Triathlon oder auch mein Praxishandbuch Wattmessung, das eine einfache Einführung in den Gebrauch eines Powermeters liefert.)

Festzuhalten bleibt, dass sich Ihre Sicht auf das Radsporttraining vollkommen verändern wird, wenn Sie es mittels des TSS statt des Umfangs angehen. Wenn Ihr Trainingspensum auf TSS statt auf Umfang basiert, beginnen Sie den Fokus auf genau das zu legen, was Wettkampfbereitschaft erzeugt: die Kombination aus Umfang und Intensität, mit letzterer als primärem Faktor. Mit dieser Verlagerung in Ihrem Denken werden sich sowohl Ihr Training als auch Ihre Wettkämpfe zum Positiven verändern.

In Teil IV beschäftigen wir uns in konkreter Form mit dem TSS und ich zeige Ihnen, wie Sie damit Ihre Saison, Trainingswochen und Einheiten planen. Dann wird Ihnen deutlich klarer werden, wie ein solches persönliches, auf dem TSS basierendes Trainingssystem aussieht. In diesem Kapitel, in dem es noch etwas genereller um die Bedeutung der Intensität für das Training geht, habe ich mich darauf beschränkt, das Konzept kurz vorzustellen.

FAZIT: TRAININGSINTENSITÄT

In diesem Kapitel drehte sich alles um die Bedeutung der Trainingsintensität für fortgeschrittene Fahrer. Zunächst haben wir uns dazu die gängigen Möglichkeiten angeschaut, während der Fahrt die Intensität einzuschätzen. Die gebräuchlichsten Methoden sind die subjektive Bewertung der empfundenen Anstrengung (RPE) auf einer Skala von 0 bis 10 sowie die Überwachung der Herzfrequenz oder Wattleistung. Jede dieser Methoden hat sich für ambitionierte Sportler als nützlich erwiesen, sei es im Training oder im Wettkampf. Die unmittelbare Intensität eines Straßenrennens lässt sich am besten mittels der empfundenen Anstrengung erfassen. Ob Sie eine Attacke fahren, müssen Sie danach entscheiden, wie Sie sich fühlen, nicht anhand Ihrer Leistung in Watt oder Ihrer Herzfrequenz. Aber wenn Sie sich auf ein Rennen vorbereiten, sind Herzfrequenz und Wattzahlen entscheidende Faktoren dafür, wie hart Sie arbeiten und was Sie resultierend daraus erreichen. Die Fähigkeit, jede dieser drei Methoden zu verstehen und anwenden zu können, ist immens wertvoll dafür, Wettkampffitness zu entwickeln.

Als Nächstes haben wir uns zwei ganz entscheidende Intensitätsniveaus angeschaut, die aerobe und die anaerobe Schwelle, und betrachtet, wie sie als Referenzpunkte im Training genutzt werden können. Die aerobe Schwelle ist die niedrigere der beiden und entspricht normalerweise einer RPE von 3 bis 4 auf der Skala der empfundenen Anstrengung von 0 bis 10. Die Laktatproduktion, eine gängige Methode zur Messung der Intensität im Labor, ist gering, wenn man an der aeroben Schwelle fährt (im Vergleich mit der anaeroben Schwelle). Ein Fahrer mit guter aerober Fitness sollte in der Lage sein, diese geringe Intensität über mehrere Stunden aufrechtzuerhalten. Bei dieser Intensität ist der Körper in der Lage, Laktat so schnell abzubauen, wie es produziert wird. Dies ist ein für das Training wertvolles Intensitätsniveau, da es die aerobe Ausdauerfitness verbessert.

An der anaeroben Schwelle kann ein Radsportler je nach Ausdauerfitness normalerweise 45 Minuten bis etwas über eine Stunde fahren. Die RPE liegt hier üblicherweise bei etwa 7, da Laktat schneller produziert wird, als es abgebaut werden kann. Das führt zu einer zunehmenden Übersäuerung der Muskulatur und erschwert es, die Anstrengung über eine längere Dauer aufrechtzuerhalten.

Diese beiden Referenzpunkte zu kennen, hilft Ihnen, die Trainingsintensitäten bezogen auf einzelne Einheiten und im Lauf der Saison optimal zu verteilen. Das Gros Ihres Trainings sollte an oder unterhalb der aeroben Schwelle absolviert werden. Studien haben gezeigt, dass es zu größerer Fitness und Wettkampfbereitschaft führt, wenn man 70 bis 80 Prozent des Trainings in diesem niedrigen Bereich verbringt, statt eine andere Verteilung zu wählen. Meiner Erfahrung nach unternehmen in Eigenregie trainierende Fahrer üblicherweise etwa die Hälfte ihres Trainings oberhalb der aeroben Schwelle, das meiste davon im Bereich zwischen den Schwellen. Viele glauben, so die durchschnittliche Intensität ihres Trainings zu steigern. Das mag sogar stimmen, es bedeutet aber auch, dass die betreffenden Fahrer, wenn die Einheiten anstehen, die über die Aussichten im Wettkampf entscheiden – nämlich diejenigen über der anaeroben Schwelle –, etwas zu erschöpft sind, um die erforderliche Leistung zu bringen. Kurzum: Die Qualität und der Wert der wettkampfkritischen Einheiten leidet.

Als einfache und günstige Möglichkeit, den wichtigen oberen Referenzpunkt zu ermitteln – die anaerobe Schwelle – erfand Dr. Andrew Coggan das Konzept der funktionalen Schwelle, die auf einem Feldtest basiert. Dafür absolvieren Sie einfach einen 20-Minuten-Test bei maximaler Anstrengung auf einem flachen bis leicht ansteigenden Kurs und ziehen 5 Prozent von der sich daraus ergebenden durchschnittlichen Wattleistung oder Herzfrequenz ab. Sobald Sie Ihre funktionale Schwelle bestimmt haben, können Sie Ihre Trainingszonen für sowohl Herzfrequenz als auch Wattleistung festlegen.

Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass Watt- und Herzfrequenz-Zonen nicht immer Hand in Hand gehen, sobald sie festgelegt sind. Und das ist auch gut so. Bei einem fortgeschrittenen Fahrer bleiben die Herzfrequenz-Zonen im Laufe einer Saison weitgehend konstant. Die Watt-Zonen hingegen ändern sich je nach Stand der Fitness beträchtlich. Das bedeutet, dass sich Ihre Watt- und Herzfrequenz-Zonen zu Beginn der Saison während des Trainings vielleicht noch erheblich überschneiden, mit Fortschreiten der Saison und verbesserter Fitness aber getrennte Wege gehen. Ein Beispiel: Wenn Sie zu Beginn des Jahres in Herzfrequenz-Zone 2 fahren, wird auch Ihre Leistung sich vermutlich in Watt-Zone 2 bewegen. Aber später in der Saison wird eine Herzfrequenz in Zone 2 vielleicht eher mit einer Wattleistung in Zone 3 korrespondieren. Mit anderen Worten: Sie fahren bei gleicher Anstrengung schneller.

Eine weitere Absicht dieses Kapitels war es, fortgeschrittenen Fahrern deutlich zu machen, dass der Schlüssel zu einer produktiven Wettkampfvorbereitung die Intensität ist, nicht Dauer oder Umfang. Beides ist wichtig, aber die Intensität ist entscheidender. Um die Dauer der Einheiten in Verbindung mit der Intensität darstellen zu können, erfand Dr. Andrew Coggan das Konzept des Training Stress Score. Wenn Sie nach dem Training die Daten Ihrer Pulsuhr oder Ihres Powermeters bei TrainingPeaks.com hochladen, berechnet die Software Ihren TSS. Dieser Wert gibt wieder, wie anstrengend die Einheit mit Blick auf Intensität und Dauer war. Indem Sie die TSS-Werte aller Einheiten in einem bestimmten Zeitraum wie z.B. einer Woche addieren, erhalten Sie eine Zahl, die Ihr Trainingspensum repräsentiert. In Teil IV, wenn wir uns der Frage widmen, wie Sie Ihr Training planen, gebe ich Ihnen einige konkrete Zahlen für den TSS an die Hand, die Ihnen helfen, ein besseres Verständnis dieses Konzepts zu entwickeln.

Nach der Lektüre der letzten beiden Kapitel sollten Sie nun ein solides Verständnis der Grundlagen des Trainings besitzen. Als Nächstes machen wir uns nun daran, das Gelernte konkret anzuwenden, so dass Sie zielgerichtet trainieren können.

Die Trainingsbibel für Radsportler

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