Читать книгу Das Gesetz des Blutes - Johann Chapoutot - Страница 20

Recht als Folklore

Оглавление

Das ursprüngliche Recht der nordischen Rasse ist, woran Heinrich Himmler erinnert, ein ungeschriebenes Recht. Wir müssen wieder lernen, es zu beachten, und zwar vor allem anderen:

Ich bin der Meinung, daß wir in der Schutzstaffel auch auf diesem Gebiet zu den Ansichten unserer Vorfahren zurückkehren müssen und nicht nur so leben, dass wir gegen kein geschriebenes Gesetz verstoßen, sondern jederzeit so handeln, daß auch niemals leichtfertig die strengsten ungeschriebenen Gesetze unseres Volkes verletzt werden.241

Das deutsche Recht kommt vom Instinkt her, es ist spontan, gerecht und freier Ausdruck der Unmittelbarkeit der Rasse. Es ist kein geschriebenes, sondern ungeschriebenes Recht, seinen Prinzipien nach ein Gewohnheitsrecht und seinen Verfahren nach mündliches Recht, denn es galt „das Ehrenwort als stärker als Brief und Siegel“242, und es ist festzuhalten: „Nirgends ist es zu lesen. Jeder kennt es“,243 denn: „Es wurde aus dem Volk geschöpft.“244 Um das richtige, authentische Recht wiederzufinden, muss man sich ans Volk wenden und an seine sprichwörtliche Weisheit, man muss sich weniger auf die Juristen und mehr auf die Laien verlassen: „Weniger Jurisprudenz und mehr Recht: darin liegt die Zukunft beschlossen“,245 denn hier hat man es mit der Authentizität der Rasse zu tun.

Bei der Vorlage der ersten Ergebnisse der Arbeiten an einem „Volksgesetzbuch“, dessen Titel programmatischen Charakter aufweist, spricht der Rechtswissenschaftler Prof. Justus Wilhelm Hedemann stolz von einem Areopag, der „mitten im Strom des Lebens stehen“ soll. Seine „professoralen Mitglieder sind keine Nur-Gelehrten, die in der Stube hocken bleiben und das Leben nur durch gedämpfte Fensterscheiben sehen“. Sie befinden sich vielmehr „mitten im Leben der deutschen Menschen“246 und haben dessen Notwendigkeiten begriffen. Für ihn und Freisler ist alles ganz einfach: das Recht ist „einfach Lebenswirklichkeit“247. Subjekt des deutschen Rechts ist das deutsche Volk, „ein wirkliches […] ewiges Lebewesen, dessen Lebenseinheit auf seiner Blutsgemeinschaft beruht“248.

Das Recht ist das Leben des Volkes. Um Normen zu bilden, ist es vielleicht besser, auf Volkes Stimme zu hören, denn „Volksüberzeugung ist die wahre Quelle des Rechts“249, des Strafrechts und auch aller anderen Zweige des Rechts sowie der Moral. „Wir verstehen unter Unrecht jeden Verstoß gegen die Gebote der völkischen Sittenordnung“ und jeglichen „Widerspruch zum Willen der Volksgemeinschaft“250: Das Strafrecht „ist ein integrierender Teil des Volkslebens. Nicht der Gesetzgeber schafft es. Er schöpft es aus seinem Quell, der Stimme des Volksgewissens. Dort wächst es, ständig und organisch.“251

Das Volk ist der Nährboden der Normen. Es ist, wie mit einem immer wiederkehrenden Bild gesagt wird, deren Quelle. Wenn die Juristen bis heute von Rechtsquellen sprechen, handelt es sich um eine Metapher und um nichts mehr. Im NS-Diskurs heißt es aber einmal mehr, das Bild wörtlich zu nehmen: Die juristische Norm fließt wie das Blut, aus dem es hervorgegangen ist. Die deutschen Juristen müssen Jacob Grimm treu folgen. Er war ja zugleich Jurist und Volkskundler. So wie er dem Volksmund Erzählungen und Legenden deutscher Kultur ablauschte, so dachte er als Rechtsromantiker zugleich, dass die Norm von der Seele des Volkes, von dessen Sprichwörtern, Sitten und Gebräuchen abhänge. In seiner Rechtlichen Volkskunde geht auch der bekannte Rechtshistoriker Eberhard von Künßberg davon aus, dass Rechtswissenschaft und Volkskunde „teilweise den gleichen Stoff zu bearbeiten“252 haben: „Sitte und Recht, Volksbrauch und Rechtsbrauch lassen sich in der Vorzeit nicht trennen.“253 Es ist Aufgabe der Juristen, „in der Volkssitte wurzelndes Recht“254 und „lebende Rechtsgewohnheiten“255 zu ermitteln, „um das volksgemäße Recht zu kodifizieren“256. Dieses „Studium des lebendigen Rechts“257 macht es möglich, „daß Männer des Rechtslebens sich um die altererbten Rechtsanschauungen des Volkes kümmern, auch da, wo sie verschüttet oder entstellt sind; auch der rechtliche Aberglaube, das vermeintliche Aberrecht, sind [sic] beachtenswert“258, denn „Quelle des Gewohnheitsrechts ist das Rechtsgewissen des Volkes, der Volksgeist“259.

Falk Ruttke tritt wie Himmler für eine erneute Wertschätzung der Rechtssprichwörter, die trotz aller jüdisch-römischen Einflüsse überlebt haben, ein. Diese Sprichwörter werden als Ausdruck dichterischer Kreativität und eines ausgeprägten Sinns für Reim und Humor betrachtet. Sie erteilen beispielsweise den Ratschlag: „Heirate über den Mist, dann weißt du, wer sie ist.“260 Das sind in der Tat unvergängliche und auf Dauer unentbehrliche Quellen der Weisheit.

Zu einem Zeitpunkt, an dem Leni Riefenstahl in liebevoller Huldigung das mittelalterliche Erbe Nürnbergs in langen Kamerafahrten abtastet, sucht das allerneueste Recht seine Quellen in einer Hinterlassenschaft, wie man sie in ältesten Inschriften in Stein geritzt findet. So werden unterschiedliche Zeitebenen miteinander verkettet. Der Leiter des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP, der Mediziner Walter Groß, stellt zufrieden fest: „Wir werten heute anders, neu oder uralt, wie man will.“261 „Neu und zugleich uralt“262 – das ist, wie er feststellt, nur scheinbar ein Paradoxon. Die zeitgenössische Wissenschaft bestätigt ja die uralten Auffassungen der germanischen Rasse, und so stimmen die Spitze der Modernität und die Vorgeschichte der Rasse miteinander überein.

Die Erneuerung des Rechts ist also eine Re-volution, eine Rückkehr zum Ursprung. Die nationalsozialistische Erneuerung des Rechts „ächtet den Juristen des grünen Tisches“263, der das „arteigene Recht“ missachtet, und verspricht die Rückkehr zum Ursprung und zur Natur, denn: „Ein Volk, das sich nicht ständig auf sein arteigenes Recht besinnt, ist nicht ausgerichtet und daher dem Untergang geweiht.“264 „Aus dem Gewissen und der Rassenseele des Volkes schöpft der Rechtswahrer Recht“,265 anders als das die positivistischen Märchen und die aufeinanderfolgenden Entfremdungsschübe tun. Das behauptet zumindest bekennerhaft die im Jahr 1935 gegründete Zeitschrift Recht der Rasse in einem programmatischen Text. Für Freisler steht fest, dass das Recht „aus dem Born des gesunden Volksempfindens“266 schöpfen muss, um das rassenkonforme und volksverbundene Recht zu schaffen, das dem Sinn des deutschen Volks für die Gerechtigkeit entspricht. Das ist ein Kampf gegen das Artefakt, die Anti-Natur und die Entfremdung.

Das Gesetz des Blutes

Подняться наверх