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Sieg der Dummheit

Im Sommer 1914 trafen sich die Schiffe und Matrosen aus ganz Europa zur berühmten Regatta in der Kieler Bucht. Die Royal Navy schickte sogar ihr neuestes Schlachtschiff mit acht Kanonen des Kalibers 38 Zentimeter und 16 weiteren Kanonen vom Kaliber 15 Zentimeter, die allein an die hundert Granaten in der Minute gegen angreifende Torpedoboote schleudern konnten. Da gingen sogar dem deutschen Kaiser die Augen über. Es wurde ohne Vorbehalte gefeiert und getrunken, bis die Nachricht vom Attentat auf den österreichischen Thronfolger eintraf. Mit einem Mal war es mit dem allgemeinen Jubel vorbei. Kaiser Wilhelm II. versicherte Wien seine Loyalität ohne jede Einschränkung oder Bedingung. Dann fuhr er mit seiner Jacht in den Urlaub nach Norwegen wie in den Jahren davor. Seine Sorglosigkeit sollte sich bitter rächen.

Die Attentäter stammten aus Serbien, das ohnehin ein gespanntes Verhältnis zur Donaumonarchie hatte. Wien forderte von Belgrad ultimativ die Erfüllung von zehn Bedingungen, die allgemein als übertrieben empfunden wurden. Das empörte den Zaren in Petersburg, der vom Besitz der Meerengen der Dardanellen und dem Bosporus träumte. Er erklärte sich mit den Serben solidarisch und bot dem bedrängten Land seinen Schutz an. Nun reichte ein Funke, um das Pulverfass Europa zur Explosion zu bringen aufgrund der diversen Bündnisse zwischen den Großstaaten auf dem Kontinent. Wie würde sich die serbische Regierung verhalten?

Das beschäftigte auch die Regierung in London. Es gab zwar keine schriftlichen Verpflichtungen, in einen möglichen Krieg einzugreifen, aber doch mündliche Absprachen mit Frankreich durch hochrangige Politiker wie Außenminister Grey. Die Mehrheit im Kabinett Asquith war gegen einen Kriegseintritt. Nur Winston Churchill fiel mit seinen militaristischen Reden aus der Rolle und brachte den Außenminister in Verlegenheit. Der hatte heimlich mit dem französischen und belgischen Kollegen Absprachen für den Kriegsfall getroffen, von denen Regierung und Parlament nichts wussten. Um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, schlug er eine diplomatische Initiative vor. Die Vertreter Englands, Frankreichs, Deutschlands, Österreichs, Russlands, Italiens und Serbiens sollten in einer Konferenz nach einer Lösung des Problems Ausschau halten. Sie kam nicht zustande, weil die Regierung in Berlin in Abwesenheit des Kaisers diesen gut gemeinten Vorschlag ablehnte. Auch der Kaiserhof in Wien wollte sich nicht dreinreden lassen. Das Verhängnis eines großen Krieges war kaum noch zu stoppen.

Hoffnung keimte auf, als sich Serbien bereit erklärte, neun der zehn Bedingungen zu erfüllen, was viele Zeitgenossen überraschte. Die Forderung, österreichische Ermittler sollten nach den Hintermännern in Serbien forschen und diese vor ein Gericht in Wien stellen dürfen, lehnte Belgrad ab und machte den Vorschlag, der Internationale Gerichtshof sollte diese Aufgabe übernehmen. Die Scharfmacher in Wien überredeten Kaiser Franz Josef II., ein Tattergreis von mehr als 80 Jahren, hart zu bleiben. Schließlich brachte der Außenminister den zögernden Regenten mit fragwürdigen Aussagen dazu, Serbien den Kriegs zu erklären, und so das Karussell des Verderbens in Gang zu setzen. Russland reagierte auf Drängen Frankreichs mit der Mobilmachung. Inzwischen war Kaiser Wilhelm II. aus dem Urlaub nach Berlin zurückgekehrt. Entsetzt erkannte er die aussichtslose Situation. Er forderte den Zaren und die britische Regierung zu Verhandlungen auf. Doch dafür war es schon zu spät. In England war innerhalb weniger Tage die öffentliche Meinung umgeschlagen. Regierungschef Asquith konnte nur mit Mühe sein Kabinett zusammenhalten. Die Frage der Neutralität Belgiens beschäftigte immer mehr Regierung und Volk. Sie sollte schließlich für den Kriegseintritt Englands entscheidend sein.

Da seine Verhandlungsvorschläge auf taube Ohren stießen, forderte Kaiser Wilhelm II. den Zaren auf, die Mobilmachung zu stoppen, andernfalls werde er Russland den Krieg erklären. Dieser konnte sich gegen den Generalstab nicht durchsetzen.

Als das Ultimatum ablief, folgte die Kriegserklärung. Auch in Frankreich wurde mobilgemacht. Der deutsche Kaiser erklärte diesem Gegner zwei Tage später ebenfalls den Krieg. Er erlebte schnell die erste Enttäuschung. Italien verhielt sich neutral trotz des Bündnisvertrages mit Deutschland und Österreich-Ungarn. Die preußischen Truppen drangen in Belgien ein. Ein zeitlich sehr knapp bemessenes Ultimatum der britischen Regierung verstrich ohne den geforderten Rückzug aus dem überfallenen Land. Es folgte die Kriegserklärung an Deutschland nur wenige Tage nach Beginn der Kampfhandlungen auf dem Kontinent.

Der Weg zum Gigantismus

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