Читать книгу A Hund bist fei scho - Johann Rottmeir - Страница 12
’S Saufà und d’ Häpfà
ОглавлениеDas Trinken und der Rausch: Ein bedeutsamer, weithin bekannter Wesenszug der Bayern ist ihre Fähigkeit, gutes Bier zu brauen – und es aus „Halbekriàgln“ (kleine Krüge mit ½ Liter Fassungsvermögen) oder Masskrügen (1 Liter) in manchmal erstaunlichen Mengen zu sich zu nehmen. Dabei wird nicht nur darauf abgezielt, den Flüssigkeitsbedarf des Körpers zu decken oder den Geschmack zu genießen, auch die Wirkung des im Bier enthaltenen Alkohols wird meist als äußerst angenehm empfunden. Ein bairisch „Häpfà“ genannter Rausch leitet sich von der Hefe im Bier ab – als pars pro toto. Gerade in früheren Zeiten, aber auch heute noch werden die Gefahren des übermäßigen Alkoholkonsum gern unterschätzt.
Interessante Ausführungen zum Thema „die Bayern und ihr Bier“ finden sich auch in Ludwig Thomas „Agricola“: „Für Strapazen und Mühseligkeiten haben die Bajuvaren große Ausdauer, nur Durst können sie nicht ertragen ... Das Hausgerät ist einfach. Besonders an den Gefäßen schätzen sie den Umfang höher als die kunstfertige Arbeit … Wenn sie nicht in den Krieg ziehen, kommen sie zu geselligen Trinkgelagen zusammen. Auch hier pflegen sie des Gesanges, der sich aber von dem Schlachtgeschrei wenig unterscheidet. Tag und Nacht durchzuzechen, gilt keinem als Schande. Versöhnung von Feinden, Abschluss von Eheverbindungen, der beliebte Tauschhandel mit Vieh und sogar die Wahl der Häuptlinge wird meist beim Becher beraten … Das Getränk der Bajuvaren ist ein brauner Saft aus Gerste und Hopfen. Häufig beklagen sie den schlechten Geschmack, niemals enthalten sie sich des Genusses.“
In den hierzu gesammelten Sprüchen kommen die angenehmen Seiten des Alkoholgenusses, aber auch dessen Tücken zum Ausdruck.
Des Bissl, wås i iß, des konn e à saufà. / Die geringe Menge, die ich esse, kann ich auch trinken.
Spruch von Leuten, die überwiegend „nåß fiàdern“ (nass füttern), ihre Ernährung also hauptsächlich in flüssiger Form bestreiten und dabei übermäßig viel Alkohol trinken, vor allem Bier. Früher hatten insbesondere die Maurer diesen Ruf.
Zwoà Hoiwe sàn à-r-à Wurschtsèmmè. / Zwei Halbe sind auch eine Wurstsemmel.
Bayerische Kalorienrechnung: Wenn man zwei Halbe Bier trinkt, entspricht das dem Nährwert der Semmel.
Prost, dass Gurgl net verrost! / Prost, auf dass die Gurgel nicht verroste!
Trinkspruch, der scherzhaft zum Ausdruck bringt, dass man die Speiseröhre regelmäßig mit einem Gleitfilm aus Alkohol überziehen sollte, um dem Rost vorzubeugen.
Ja sche langsam, Ja sche langsam, Bring má wieder unsàn Dampf zam. / Ja schön langsam, Ja schön langsam, Bringen wir wieder unseren Dampf zusammen.
Dieses Lied wurde oft während und nach dem Genuss einer gewissen Menge alkoholischer Getränke gesungen. Der „Dampf“ steht für den Rausch.
Des Bier håt àn wunderschèn Foàm, Drum geh mà, drum geh mà net hoam. / Das Bier hat einen wunderschönen Schaum, Drum gehen wir, drum gehen wir nicht heim.
Noch ein Trinklied, das bei feuchtfröhlichen Runden gern angebracht wurde. Gesungen wurde es nach der Melodie von „Des Dirndl mi’m routn Miàdà, des is mà de Oiàliàwà“ (Das Mädchen mit dem roten Mieder, das ist mir die Allerliebste).
Då is dà Seng Gottes drin. / Da ist der Segen Gottes drinnen,
sagte man, wenn das Bier beim Einschenken überschäumte.
À Mei voi. / Ein Mund voll.
Ein Schluck. Bezeichnung für eine kleine Menge eines Getränks, die aber auch im übertragenen Sinn angewandt werden kann. So ist z.B. ein Preis von 9,95 Euro „à kleànàs Mei voi“ (ein kleinerer Mund voll), also ein Betrag, der kleiner wirkt und sich geringer anfühlt als glatte 10 Euro.
Schwoàmà’s nå! / Spülen wir es hinunter!
Heute heißt es meistens:
Schwoàmà’s åwe! / Spülen wir es hinunter!
Trinkspruch, wenn man in Gesellschaft seine Sorgen mit einem Schluck Alkohol, vorzugsweise Bier, hinunterspült.
I leg mà-r-à båår Mass über. / Ich lege mir ein paar Mass über.
Ich genehmige mir ein paar Mass Bier.
Der sauft oà Hoiwe auf oàn Sitz. / Der säuft eine Halbe auf einen Sitz.
Der trinkt eine Halbe Bier in einem Zug aus.
Der sauft wià-r-à Loch. / Der säuft wie ein Loch.
Der Beschriebene trinkt extrem viel, deshalb vergleicht man ihn mit einem Loch, in das man unglaublich viel Flüssigkeit hineinschütten kann, ohne dass es überläuft.
Etwas expliziter und gesteigerter:
Der sauft wià-r-à Versitzgruàm. / Der säuft wie eine Versitzgrube.
In den geht beim Trinken so viel hinein wie in eine Versitzgrube (Sickergrube), die ein nahezu unendliches Fassungsvermögen hat, weil die Flüssigkeit in ihr versickert.
Der sauft wià-r-à Stier. / Der säuft wie ein Stier.
Der Vergleich mit einem Stier beruht auf dem großen Flüssigkeitsbedarf dieses massigen Tieres – er hinkt allerdings, weil ein Stier nur trinkt, wenn er Durst hat, was auf den bayerischen Biertrinker eher nicht zutrifft.
Der sauft wià-r-à Bürschtnbinder. / Der säuft wie ein Bürstenbinder.
Die Bürstenbinder mussten beim Binden der Haarbüschel zu Bürsten immer wieder ihre Finger durch Ablecken befeuchten, was angeblich einen höheren Flüssigkeitsbedarf zur Folge hatte. Diese spezielle Berufsgruppe war deshalb für ihren großen Durst bekannt.
Der håt d’ Fotzn voier Rausch. / Der hat das Gesicht voller Rausch.
Der ist total betrunken.
Der håt se total zammgsuffà. / Der hat sich total zusammengesoffen.
Der hat über viele Jahre hinweg regelmäßig große Mengen Alkohol getrunken, was man ihm sowohl äußerlich als auch von seinem Verhalten her sofort ansieht (Alkoholiker im Endstadium).
Du saufst de à so no z’ dout. / Du säufst dich ohnehin noch zu Tode.
Drohung oder düstere Prophezeiung: Du wirst eines Tages noch an deinem übermäßigen Alkoholkonsum sterben.
Es redts bloß von Saufà, von Durscht sagts nix. / Ihr redet nur vom Trinken, aber über den Durst sagt ihr nichts.
Ihr kritisiert immer nur, dass ich zu viel trinke, aber dass ich einen großen Durst habe, das seht ihr nicht. Ich bin doch total ausgetrocknet.
Liàwà àn Bauch vom Saufà ois àn Buckl von dà Arwàt. / Lieber einen Bauch vom Saufen als einen Buckel vom Arbeiten.
Der Spruch bringt zum Ausdruck, dass man sich lieber dem Vergnügen als der Arbeit hingibt.
Der Boog håd ’n gstessn. / Der Bock hat ihn gestoßen.
Wird jemand von einem Ziegenbock gestoßen, so kann es passieren, dass er hinfällt. Das gleiche Ergebnis erreicht man auch durch den Genuss von zu viel Bockbier (Starkbier mit hoher Stammwürze): Man verliert das Gleichgewicht, stürzt und verletzt sich im schlimmsten Fall. Schadenfroh wird dieses Ereignis dann vom Umfeld des Betroffenen mit diesem Spruch kommentiert.
À bissl àn Suri håt er hoid ghabt. / Einen kleinen Schwipps hatte er halt.
Mit diesen Worten entschuldigt man das etwas ungewöhnliche, leicht enthemmte Verhalten, oft verbunden mit ungeschickten Äußerungen, einer vertrauten Person, das auf den Genuss einer gewissen Menge Alkohol zurückgeführt werden kann. Für einen richtigen Rausch hat es aber nicht gereicht.
A hoiwàdà Rausch is à nausgschmissns Göid. / Ein halber Rausch ist hinausgeworfenes Geld.
Ein halber Rausch macht keinen Sinn, der ist sein Geld nicht wert, führt doch eine nur unwesentlich höhere Investition zum vollen Rausch.
I håb scho Sprüng aufn Buckl. / Ich habe schon Sprünge (Risse, Furchen) auf dem Rücken,
sagt der langsam austrocknende Gast im Wirtshaus zur Bedienung, wenn diese längere Zeit nicht bemerkt hat, dass sein Krug leer ist. Stattdessen kann man auch folgenden Dialog benutzen:
Gast: „Håst du vielleicht àn feichtn Waschlappn für mi?“
(Hast du eventuell einen feuchten Waschlappen für mich?)
Bedienung: „Warum, wofür?“
Gast: „Weil e scho kurz vor’n Austrickèn bin.“ (Weil ich schon kurz vor dem Austrocknen bin.)
Des Bier vom Oberbräu is mir àn Årsch hint liàwà wià des vom Unter bräu. / Das Bier vom Oberbräu ist mir am Arsch hinten lieber als das Bier vom Unterbräu.
Ein derbes, aber wohlwollendes Lob: Das Bier vom Oberbräu schmeckt mir mit Abstand besser als das vom Unterbräu. Dieser Spruch ist breit einsetzbar, also nicht nur bei Getränken, sondern z.B. auch bei Personen: „D’ Anne is mà àn Årsch hint liàwà wià dà Done“ (Die Anni ist mir wesentlich lieber als der Toni).
Mit dein Blembbe konnst de schleichà! / Mit deinem minderwertigen Bier kannst du dich schleichen!
Bleib mir vom Hals mit deinem schlechten bzw. abgestandenen Bier! Alternativ kann man auch sagen: „Dein Blembbe konnst söiwà saufà.“ (Dein schlechtes Bier kannst du selber trinken.)
Des wàr ja à Sünd und à Schand. / Das wäre ja eine Sünde und eine Schande,
sagt man, wenn jemand etwas ganz Verwerfliches tun möchte, also z.B. ankündigt, das übrig gebliebene Bier wegzuschütten.
Begründungen dafür, ein Stàmperl Schnaps und mehr zu trinken:
Vor dem ersten Glas: Oànà geht öiwei. (Einer geht immer.)
Vor dem zweiten Glas: Auf oàn Fuàß steht mà net. (Auf einem Fuß steht man nicht.)
Vor dem dritten Glas: Aller guten Dinge sàn drei. (Aller guten Dinge sind drei.)
Bei weiteren Gläsern: Jetz is eh scho wurscht. (Jetzt ist es ohnehin schon egal.)
Auf diese Weise kommt man schnell und gut begründet zu einem veritablen Rausch, gegen den man kaum etwas einwenden kann.
I kriàgàd no à Stàmpàl. / Ich bekäme noch einen Schnaps.
Ich hätte noch gern einen Schnaps. Der bairische Konjunktiv soll die Höflichkeit der Bitte bzw. der Bestellung unterstreichen und will gleichzeitig so viel wie „wenn es keine Mühe macht“ ausdrücken.
Leidt’s no à Tàss? / Leidet es noch eine Tasse?
Ist noch eine Tasse drin, reicht es noch für eine Tasse für mich?
Då gibt’s à Kindsdàff. / Da gibt es eine Kindstaufe.
Stößt jemand versehentlich an ein Glas und verschüttet dessen Inhalt, dann ist dieser Spruch angebracht. Die Person, zu der die Flüssigkeit hinläuft, soll dann angeblich die nächste sein, die Vater- oder Mutterfreuden entgegensieht.
I bin oin dàläxn. / Ich bin total derlexen.
Ich bin total ausgetrocknet, ich habe großen Durst. Das Wort „oin“ steht grundsätzlich für „alle“ bzw. „allen“, wird hier aber im Sinn von „völlig“ bzw. „total“ gebraucht. Waren früher Holzfässer und andere hölzernen Gefäße derart eingetrocknet, dass die Fugen nicht mehr vollständig schlossen und Flüssigkeit zwischen den Dauben (Fassbrettern) austrat, so waren sie „derlexen“ (auch „dàläxnd“).
Wenn de dürscht, gehst naus zu der Langgrågàdn. / Wenn dich dürstet, dann gehst du hinaus zur Langkragigen.
Als „Langkragige“ wurde der Schöpfbrunnen bezeichnet, weil dessen Auslauf einen langen Hals, also einen langen Kragen bildet. Der Verweis auf die „Langgrågàde“ bedeutet also, dass man seinen Durst gefälligst antialkoholisch löschen soll und zwar am Schöpfbrunnen, um dort mit eigener Muskelkraft Wasser hochzupumpen.