Читать книгу A Hund bist fei scho - Johann Rottmeir - Страница 8
Pfui Deife!
ОглавлениеDer Teufel ist der Fürst der Hölle, dem feurigen Ort ewiger Qualen, wo Menschen mit besonders vielen und schweren Sünden nach ihrem Tod in unendlicher Verdammung schmoren – jedenfalls haben die geistlichen Herren der katholischen Kirche das über viele Jahrhunderte hinweg so gelehrt. Trotz ausgeprägter Religiosität hat sich allerdings die Angst der Bayern vor Hölle und Teufel stets in Grenzen gehalten. Zum einen ist sich der Bayer sicher, dass er dem Teufel aufgrund seiner Bauernschläue und Schlitzohrigkeit jederzeit ein Schnippchen schlagen würde, wenn es der Beelzebub denn auf ihn abgesehen hätte. Zum anderen gibt ja die katholische Kirche ihren Schäfchen die Möglichkeit, sich ihrer Sünden regelmäßig vom Beichtvater lossprechen zu lassen. Wer so die Absolution erhalten hat und von seinen Sünden befreit wurde, muss keine Angst mehr vor der ewigen Verdammnis haben.
Andererseits bietet die lange Zeit für gesichert angenommene Existenz des Teufels durchaus auch Vorteile. So steht das Wort „Deife“ (Teufel) als Synonym für alles Böse und Schlechte und erweitert damit die Ausdrucksmöglichkeiten im bairischen Dialekt. Auch konnte man den Kindern wunderbar mit dem Höllenfürst Angst einjagen, ihn also quasi als „pädagogische Maßnahme“ einsetzen. Ferner eröffnet der Teufel die Möglichkeit, bösen Wünschen gegenüber missliebigen Mitmenschen oder Charakterisierungen derselben mit einem Bezug auf ihn besonders drastisch Ausdruck zu verleihen.
Pfui Deife! / Pfui Teufel!
Ein Ausdruck der Entrüstung und des Abscheus im weitesten Sinne. Hat z.B. jemand etwas Verwerfliches getan, dann schimpft man ihn: „Ja pfui Deife, schàmst de du denn går net?“ (Ja pfui Teufel, schämst du dich denn gar nicht?). War die Tat besonders schlimm, untermauert man diesen Spruch noch damit, dass man vor dem Übeltäter auf den Boden spuckt. Beißt man in einen verfaulten Apfel, spuckt man den Bissen wieder aus und sagt: „Pfui Deife, der is ja scho dàfeit“ (Pfui Teufel, der ist ja schon verfault). Auch wenn man jemandem gegenüber seine allgemeine Missachtung ausdrücken will, kann man das mit einem „Pfui Deife“ tun oder ihn mit „Du greisliger Pfui Deife“ (Du hässlicher Pfui Teufel) titulieren.
Den soi dà Deife hoin! / Den soll der Teufel holen!
Dem wünsche ich alles Schlechte, sogar dass ihn der Teufel holt und er in der Hölle schmoren muss. Ein böser Wunsch an jemanden, den man ganz und gar nicht leiden kann.
Den dàt e zon Deife haun. / Den würde ich zum Teufel hauen (jagen).
Empfehlung an jemanden, der einen Ehepartner, Freund oder auch Mitarbeiter hat, der faul ist oder andere schlechte Eigenschaften aufweist, die man auf Dauer nicht akzeptieren kann. Um zu bekräftigen, dass man auch selbst so handeln würden, kann man dazu auch formulieren: „Den häd e scho lang zon Deife ghaut.“ (Den hätte ich schon lange zum Teufel gejagt.)
De håt àn Deife. / Die hat einen Teufel.
Das ist eine ausgesprochen böse Person, sie verhält sich wie vom Teufel besessen. Außer einer Person kann auch eine Sache oder eine Situation „àn Deife håm“ (einen Teufel haben). Dann sagt man auch:
Des håt àn Deife gseng. / Das hat den Teufel gesehen.
Das bedeutet, dass eine vertrackte, verflixte Sache oder Situation für Schwierigkeiten sorgt, dass in ihr der Teufel steckt, der an den Problemen schuld ist. Z.B.: „Meine foischn Zähn, de ham àn Ofang àn Deife ghåbt.“ (Meine falschen Zähne – meine Zahnprothese – haben mir am Anfang große Schwierigkeiten gemacht.)
Då is dà Deife los. / Da ist der Teufel los.
Dort, wo der Teufel losgelassen ist, also keinerlei Beschränkung unterliegt, dort ist jegliche Ordnung dahin, da geht’s drunter und drüber. Abgesehen von wilden Festen, auf denen die Anwesenden außer Rand und Band feiern, findet der Ausdruck auch in anderen Situationen Anwendung: Erfuhr z.B. der Vater, dass sein Sprössling etwas Schlimmes angestellt hat, dann war „dà Deife los“, sobald er nach Hause kam, d.h. dass die Zeit für eine handfeste Strafe angebrochen war.
Der zreißt koàn Deife net. / Der zerreißt keinen Teufel.
Der bringt nichts oder kaum etwas zustande. Einen Teufel zu zerreissen, ist eine schwierige Angelegenheit und setzt Kraft und Schläue voraus, was aber beides bei dieser Person nicht vorhanden ist. Auffällig ist die im Bairischen übliche doppelte Verneinung, die hier die Unfähigkeit des Beschriebenen noch untermauert.
Wià dà Deife. / Wie der Teufel.
Dieser Vergleich ersetzt im Bairischen gern einen Superlativ oder bringt eine extreme Situation zum Ausdruck, z.B.:
Der fahrt wià dà Deife. / Der fährt wie der Teufel.
Der fährt sehr schnell, der rast.
De is naus wià dà Deife. / Die ist hinaus(gerannt) wie der Teufel.
Die hat das Haus im Laufschritt verlassen.
’S Wasser is dàherkemà wià dà Deife. / Das Wasser ist dahergekommen wie der Teufel.
Bei der Überschwemmung kam das Wasser in einer extrem großen Menge bzw. sehr schnell daher.
Gschaugt håt s’ wià dà Deife. / Geschaut hat sie wie der Teufel.
Ihr Gesichtsausdruck war so grimmig wie der des Teufels.
Wià’s dà Deife håm wui. / Wie es der Teufel haben will.
Der Teufel ist bekanntermaßen für alles Böse in der Welt verantwortlich. Naturgemäß gilt er also auch als Verursacher, wenn ein Ereignis zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt eintritt. Waren z.B. die Buben in Pfarrers Garten beim Stehlen der Äpfel zugange und kam ausgerechnet in diesem Moment der Apfelbaumbesitzer vorbei, so sagte man: „Wià’s dà Deife håm wui, kimmt då der Pfarrer daher.“ (Wie es der Teufel haben will, kommt da der Pfarrer daher).
À, woàß dà Deife. / Ach, weiß der Teufel.
Oder anders gesagt: Ich weiß es doch auch nicht, kann es nicht wissen, das weiß höchstens der Teufel.
Dá ganze Profit is beim Deife. / Der gesamte Profit ist beim Teufel.
Läuft ein Geschäft nicht wie erwartet, entstehen zusätzliche Ausgaben und vermindert sich der Ertrag, sodass schließlich überhaupt kein Gewinn mehr übrig bleibt, dann ist der Teufel nicht weit.
Des konn koàn Deife kostn. / Das kann keinen Teufel kosten.
Das kann nicht viel kosten, das kann man schon riskieren. Selbst wenn es nicht klappt, hält sich der Verlust in engen Grenzen.
Dà Deife huift seine Leid, aber hoin duàt er s’ à. / Der Teufel hilft seinen Leuten, aber holen tut er sie auch.
Damit kommentiert man den – meist wirtschaftlichen – Erfolg mancher Leute und tröstet sich damit, dass diese zwar jetzt mithilfe des Teufels erfolgreich sind, am Ende aber dennoch in der Hölle schmoren werden.
Der is aufs Göid aus wià dà Deife auf die arme Söi. / Der ist aufs Geld aus wie der Teufel auf die arme Seele.
Einen besonders geldgierigen Menschen, der ohne Rücksicht auf seine Mitmenschen alle Möglichkeiten nutzt, um sein Vermögen zu vermehren – genauso rücksichtslos wie der Teufel auf seiner ständigen Suche nach frischen Seelen –, umschreibt man mit diesem Spruch.
Dà Deife scheißt öiwà auf den gleichen Hauffà. / Der Teufel scheißt immer auf denselben Haufen.
Damit kommentiert man einen erneuten Vermögenszuwachs bei ohnehin schon reichen Leuten, z.B. wenn ein reicher Bauer eine große Erbschaft macht. Der Spruch stellt auch klar, dass eine derart ungerechte Vermögensverteilung nicht vom gerechten Gott verursacht sein kann, dahinter muss der Teufel stecken.
De scheicht er wià dà Deife ’s Weihwasser. / Die scheut er wie der Teufel das Weihwasser.
Vor dieser Person hat er besonders große Angst. Er macht um sie einen ebenso großen Bogen wie der Teufel um alles, was heilig ist, z.B. ums Weihwasser.
Wemmà àn Deife nennt, kimmt à grennt. / Wenn man den Teufel nennt, kommt er gerannt.
Wenn man vom Teufel spricht, dann erscheint er tatsächlich. Hat man gerade über jemanden gesprochen, der im selben Moment zur Tür hereinkommt, ist diese Redewendung angebracht. Scherzhaft gemeint ist der Spruch in der Regel, wenn man ihn direkt an den Betroffenen richtet – sagt man es nur zu anderen, so kommt darin eine gewisse Abneigung dem eben Eingetroffenen gegenüber zum Ausdruck.
„Weichs – scheich’s“, håt dà Deife gsagt und is über Aschbo hoàm. / „Weichs – scheue es“, hat der Teufel gesagt und ist über Asbach nach Hause.
Weichs ist ein Ort in Oberbayern, der in der Umgebung wegen der Rauflust seiner Bewohner gefürchtet war. Man nahm deshalb an, dass sich nicht einmal der Teufel, der ja ansonsten vor nichts zurückschreckt, dorthin wagen und auf seinem Weg nach Hause in die Hölle lieber einen Umweg über den Nachbarort Asbach nehmen würde.
Wo ’s Göid is, då is der Deife, wo koàns is, då is à zwoàmoi. / Wo Geld ist, da ist der Teufel, wo keines ist, da ist er zweimal.
Reiche Menschen streiten sich oft ums Geld oder darum, wie man es vernünftig ausgibt. Bei armen Leuten ist der Streit ums Geld aber noch viel schlimmer, weil es hier meist darum geht, genügend Geld für das Lebensnotwendige zusammenzuhalten, sodass für Luxus kaum etwas übrig bleibt.
Oin Deife miàssn s’ ja reiziàng. / Allen Teufel müssen sie ja hereinziehen.
Der Teufel steht hier zusammenfassend für alles Schlechte, mit „sie“ sind etwas diffus diejenigen gemeint, die dafür verantwortlich sind, und „hereinziehen“ bedeutet „ins Land holen“. Der Spruch lautet daher anders ausgedrückt: „Alles Schlechte wird heutzutage ins Land geholt.“ Vor allem wird er bei Krankheiten angewandt, die aus dem Ausland eingeschleppt wurden, aber auch z.B. bei fremdländischen Tieren und Pflanzen, die hier gut gedeihen und dabei einheimische Arten verdrängen.
Àn Deife sei Schupftabak. / Dem Teufel sein Schupftabak.
Bayerischer Genitiv für: des Teufels Schnupftabak. So bezeichnet man eine nicht genießbare Pilzart, den Flaschenbovist, aus dem brauner, pulveriger Staub entweicht, wenn man auf ein Exemplar im ausgereiften Stadium tritt.
In der Nout frisst der Deife Fliàng. / In der Not frisst der Teufel Fliegen,
sagt man in einer Notlage oder ungünstigen Situation, in der man mit den geringen verfügbaren Mitteln zwangsläufig zufrieden sein muss. Wenn selbst der Teufel, der doch große Macht hat, in die Lage kommen kann, sich von Fliegen ernähren zu müssen, ist dies auch für einen in Not geratenen Menschen nichts Ungewöhnliches. Die zur Herkunft dieses Spruchs kursierende Erklärung, er gehe auf eine Geschichte im Alten Testament der Bibel zurück, ist relativ kompliziert. Sie beruht darauf, dass die Aramäer den Teufel als „ba’al-debaba“ bezeichneten – was „Herr der Fliegen“ bedeutet –, wovon sich das Wort „Beelzebub“ ableitet. Ethymologisch gebildete Wissenschaftler haben wohl krampfhaft einen Zusammenhang zwischen dem Herrn der Fliegen und unserem Spruch hergestellt. Für die Bayern ist allerdings der Beelzebub ebenso ein Fremdwort, wie ihnen wohl zu keiner Zeit die entsprechende Stelle im Alten Testament bekannt war.
De frisst à-r-àn Deife, wenn eàm Häl ååghaut sàn. / Die frisst auch den Teufel, wenn ihm die Hörner abgeschlagen sind.
Mit diesen Worten wurden Personen beschrieben, die beim Essen überhaupt nicht wählerisch waren, sondern einfach alles aufaßen, was auf den Tisch kam, inklusive kleiner Knochen, „Gruschbe“ (Knorpel) oder „Flàxen“ (Sehnen).
Pass no auf, då kimmt der Gànkàl. / Pass nur auf, da kommt der Teufel.
Mit diesem Spruch jagte man Kindern Angst ein. „Gànkàl“ klingt dabei bewusst etwas niedlicher als der hart gesprochene Teufel, sollte also bei aller erzieherischen Strenge etwas kindgerechter sein.
Geht’s hoàm, sunst kimmt ’s Nåchtgloà! / Geht nach Hause, sonst kommt der Teufel!
Das „Nåchtgloà“ ist eine Phantasiefigur, mit deren Erscheinen man den Kindern drohte, wenn sie abends nicht rechtzeitig heimgekommen sind. Das Wort „gloà“ kommt dabei nicht von „klein“, sondern von „Klaue“ – der „Gloàschneider“ ist also der „Klauenschneider“. Dem Teufel wird nachgesagt, anstelle von menschlichen Füßen tierische Hufe (Klauen) zu haben. Kommt das Nåchtgloà, dann ist in der Dunkelheit der Höllenfürst mit den Bocksbeinen nicht weit.
Luthrischer Zipfe, Steig auffè àn Gipfe, Foist åwe in d’ Hoi,
Bist àn Deife sei Gsoi. / Luthrischer Zipfe, Steig hinauf auf den Gipfel, Fällst hinunter in die Höll’, Bist dem Teufel sein Gesell’.
Diesen Reim über die evangelischen Buben brachten katholische Eltern ihren Kindern noch in den 1920er Jahren bei und förderten so deren Abneigung gegenüber den andersgläubigen Kindern.