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Die K-Frage: über diesen Titel

Der Titel meines Buchs ist mit Bedacht gewählt. Die K-Frage, dieser Ausdruck bezeichnet eigentlich die Frage danach, wer als Nächstes Kanzler oder Kanzlerin wird, und wir haben sie in Deutschland nicht zuletzt wegen Angela Merkel schon länger nicht mehr ernsthaft gestellt. Nun ist 2021 alles anders, die K-Frage stellt sich in einer Lage, die angesichts der Corona-Pandemie angespannter kaum sein könnte. Wer nun dieses Buch in die Finger bekommt und sich denkt: Da geht es ja gar nicht um Politik! Sondern um Frauenthemen!, der hat guten Grund, gerade dieses Buch zu lesen. Familienpolitik ist nicht, wie Gerhard Schröder einst sagte, »Gedöns«, und die K-Frage, die ich mir auf diesen Seiten stelle, also die Frage, ob ich Kinder will, ist nicht nur Ausdruck eines steten Unwillens, sich festzulegen, wie ihn meine Generation Y zugegeben sehr gern an den Tag legt.

»Ein richtiges Frauenbuch«, sagte ein Bekannter zu mir, als ich von diesem Projekt erzählte, und er meinte es gar nicht böse. Doch allein die Annahme, dass es sich bei der Frage danach, ob jemand Kinder möchte, um eine Frage handelt, die sich vor allem Frauen stellt, zeigt, dass unser Denken, was Familienpflichten und Elterngefühle anbelangt, oft noch von gestern ist.

Ich habe mit vielen Frauen und Männern darüber gesprochen, ob und warum sie Kinder haben oder eben nicht. Und ich habe mir gewissermaßen Rat geholt bei all jenen, die sich schon entschieden haben, für ein Leben mit Kindern oder für ein Leben ohne Kinder. Ich habe aber auch mit denjenigen gesprochen, die keine Kinder bekommen können, obwohl sie sich welche gewünscht hätten. Ich habe Mütter und Väter und Großmütter befragt, wie sich das Leben als Familie für sie gestaltet und ob es wirklich das ist, was man leben will. Und ich habe mich selbst gefragt, was ich eigentlich will oder was ich zumindest glaube zu wollen. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, warum in unserer Gesellschaft Frauen und Mütter noch immer benachteiligt sind und warum Männer genau diesen Befund negieren. Warum Vatersein bedeutet, eine Familie ernähren zu können oder auch zu müssen, und warum Muttersein als ein Makel und zugleich als weibliche Bestimmung gilt. Warum Familie zu haben in Deutschland zwar für viele Lebensglück bedeutet, zugleich aber dafür sorgt, dass zumindest Frauen beruflich weniger erfolgreich sind. Und ob man Familie nicht heute auch anders leben kann als in der klassischen Kernkonstellation, also Vater, Mutter, Kind.

Trotzdem bin ich mir des Privilegs bewusst, dass ich mir die K-Frage, die Kinder-Frage überhaupt stellen kann: Ich bin eine gesunde, weiße, gut ausgebildete Frau in einem der reichsten und sichersten Länder der Welt, die Zugang zu Verhütungsmitteln hat und frei über ihren Körper und ihre reproduktiven Organe entscheiden kann. Auch in Deutschland ist es nicht »normal«, dass ich meine Zukunft so frei gestalten darf, das habe ich meinem sozialen Status, meiner Bildung und meiner Herkunft zu verdanken. Vielen anderen Personen, die ich für dieses Buch interviewt habe, geht es ähnlich: Auch sie durften entscheiden, auch sie hatten die Möglichkeiten, die Privilegien und das Geld, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Das macht die Fragen für mich nicht weniger relevant oder drängend. Man muss sie sich aber überhaupt erst mal stellen können.

Die K-Frage

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