Читать книгу Feinde des Lebens - Johannes Anders - Страница 8
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In Oreos Gedanken formte sich das Bild einer Felsspalte, die sich vor ihm auftat und sich so schnell vergrößerte, dass er nicht mehr hinüberspringen konnte. Er beschleunigte seine Schritte und überquerte den Ort, noch ehe die Spalte sich auftat. Dann sah er sich um und hielt sich an einem Baumstamm fest. Schon bebte der Boden und der Fels tat sich wie erwartet auf. Eine Qualmwolke kündigte einen Lavastrom an. Es würde nur ein kleiner Strom sein. Oreo wartete ihn nicht ab, sondern machte sich auf den Weg, um noch ein paar Köstlichkeiten einzusammeln.
Während er weitere Pflanzen pflückte und in seine Gürteltasche steckte, erreichte ihn ein Bild von Narala: Ein kleines Pelzwesen, bei dem es sich um seine Tochter Newira handelte, passte nicht auf und wurde von einem umstürzenden Felsblock erschlagen. Er sah, wie der Felsblock auf seiner Tochter lag und nur noch ein Arm herausschaute. Blut quoll hervor. Aber Oreo fühlte, dass es keine Ahnung Naralas war, sondern eine Befürchtung. Er schickte ihr ein Bild, auf dem er sie in den Armen hielt und tröstete. Narala machte sich ständig Sorgen um ihr Kind, weil ihrer Tochter vorhergesagt war, dass sie im Gegensatz zu allen anderen den letzten Tag nicht erleben würde.
Ein neues Bild erreichte Oreo, kurz nachdem seine Frau sich beruhigt hatte. Er sah, dass die Ältesten aus der Beratungshöhle hervorgekrochen waren. Das bedeutete, dass er heimkehren musste, um sich anzuhören, was sie zu verkünden hatten. Er pflückte noch eine Aurelis und machte sich auf den Weg.
Vor der Beratungshöhle hatten sich bereits viele Voltze gesammelt. Die Ältesten saßen auf bequemen Sesseln und hatten noch nicht begonnen, Bilder zu senden. Stattdessen genehmigten sie sich kaltes, klares Wasser, um sich von den anstrengenden Beratungen zu erholen. Oreo sah Narala im Publikum stehen und gesellte sich zu ihr. Kurz danach traf auch Newira mit ihrem Freund ein. Oreo sandte ein Bild an seine Frau, das sie alle in einer Umarmung vereint zeigte. Sie erwiderte es verhalten. Ein großer Schatten lag auf ihr, und nicht nur auf ihr.
Die Ältesten begannen nun, Bilder zu senden: Generationen von Voltzen und ein Abgrund. Schon lange war es vielen Neugeborenen bestimmt, den Abgrund zu sehen, also den letzten Tag zu erleben. Immer weniger Kinder wurden deshalb geboren. Mittlerweile war jedes neue Kind für den letzten Tag bestimmt. Jedem wurde dieses Schicksal vorhergesagt, bis auf zweien: Newira und ihrem Freund.
Sie würden schon vor dem letzten Tag sterben.
Und der letzte Tag war schon fast gekommen.
Newira erstarrte plötzlich. Sie schien eine große Ahnung zu haben. Oreo hielt erstaunt inne, denn eigentlich war sie noch zu jung dafür. Die Jungen ahnten Gefahren, sodass sie Wetterumschwüngen und ausbrechenden Vulkanen ausweichen konnten. Aber nur den Alten war es gegeben, das Schicksal des Volkes vorherzusehen. Und nur die ganz Alten kratzten an der Bestimmung des Universums.
Newira gab jetzt ihre Ahnung an alle weiter: Vier silbrige Wesen rasten mit unglaublicher Geschwindigkeit durch die Luft, nur wenige Meter über dem Boden. Plötzlich rumpelte es und der Boden hob sich unter ihnen empor. Konnten diese Wesen das nicht ahnen? Immerhin hielten sie gleichen Abstand zum sich auftürmenden Boden und wurden so über die Baumwipfel gestoßen. Kurz danach tauchten sie wieder in die Vegetation ein und setzten ihren mysteriösen Flug fort.
Die anwesenden Voltze wunderten sich. Was sollte das bedeuten? Wie standen die Bilder von den silbrigen Fremden in Verbindung mit dem letzten Tag? Waren die Fremden Newiras Bestimmung oder beeinflussten sie das Schicksal aller Voltze?