Читать книгу Briefe an Olympias und Papst Innocentius - Johannes Chrysostomos - Страница 6
ОглавлениеAn Innocentius von Rom
Einleitung
In dem ersten Briefe an Papst Innocentius, geschrieben im Jahre 404, berichtet der heilige Chrysostomus über seine Absetzung und Vertreibung in Konstantinopel.
Daß der große und heilige Bischof, der gewaltige Redner und Abgott des Volkes schon im sechsten Jahre seiner Amtsführung abgesetzt und verbannt wurde, dazu wirkten verschiedene Ursachen zusammen: die Ungnade des Hofes, die Feindschaft des alexandrinischen Bischofs Theophilus, die Erbitterung der von Chrysostomus bestraften oder strenge behandelten Mitglieder seines Klerus und endlich die Rachsucht einiger durch seine Dazwischenkunft abgesetzter Bischöfe.
Anfangs bei Hofe sehr gut angeschrieben, zog er sich allmählig durch seine strengen Predigten, in denen er auch die Laster der Vornehmen auf’s Schärfste rügte, die Feindschaft der Kaiserin zu. Insbesondere konnte sie ihm nicht verzeihen, daß er die Aufstellung ihrer Bildsäule ernstlich tadelte und sich ein anderes Mal (wie erzählt wird) Andeutungen gestattete, wodurch sie mit Herodias in Parallele gesetzt wurde. Es versteht sich, daß eine Menge vornehmer Damen, unter denen Marsa, Castricia und Eugraphia genannt werden, die Kaiserin in ihrer feindseligen Gesinnung bestärkte und Ränke schmieden half gegen den unbequem gewordenen Patriarchen.
Bald ergab sich eine schickliche Gelegenheit, an ihm Rache zu nehmen. Dazu bot nämlich Theophilus von Alexandrien, dem heiligen Chrysostomus schon seit Jahren nicht hold, mit Freuden die Hand. Theophilus sollte sich auf Geheiß des Kaisers in Konstantinopel wegen einiger schwerer Anklagen verantworten, welche von ägyptischen Mönchen, die er ungerechter Weise gebannt und vertrieben hatte, gegen ihn waren erhoben worden. Er kam erst nach Jahresfrist (403), und inzwischen hatte sich, wie er wohl wußte, Chrysostomus bei Hofe mehr und mehr mißliebig gemacht. Das wollte er benutzen.
Begleitet von einer Anzahl ägyptischer Bischöfe, die ihm ganz ergeben waren, zog er im Frühling des Jahres 403 in Konstantinopel ein.1 Durch Bestechungen und durch Intriguen aller Art wußte er sich hier bald eine bedeutende Partei zu schaffen. Nicht bloß am Hofe, sondern auch unter den Geistlichen fand er großen Anhang. Denn die Strenge, mit welcher Chrysostomus gegen ihre Nachläßigkeit im heiligen Dienste, gegen ihre Ueppigkeit und Genußsucht und besonders gegen das anstößige Zusammenleben mit gottgeweihten Jungfrauen eingeschritten war, hatte viele Geistliche gegen ihn erbittert. So kam es, daß zwei abgesetzte Diakonen sich sogar als Kläger gegen ihren Bischof gebrauchen ließen.
Einige Bischöfe aus Kleinasien waren im Jahre 402 auf einem Konzil zu Ephesus, wo Chrysostomus den Vorsitz geführt hatte, wegen Simonie ihres Amtes entsetzt worden. Auch sie halfen die Partei des Theophilus verstärken. Er hatte nun 36 Bischöfe auf seiner Seite, und diese versammelte er zu der berüchtigten Synode ad quercum, vor den Thoren von Chalcedon. Hier fühlte er sich sicherer als in Konstantinopel, wo das Volk dem heiligen Chrysostomus sehr zugethan war. Dieser hatte sich inzwischen mit 42 treugebliebenen Bischöfen ebenfalls zu einer Synode vereinigt. Ueber die von Seiten jenes Afterkonzils an ihn ergangene Vorladung, über seine Weigerung zu erscheinen, seine Absetzung, Vertreibung und schnelle Rückkehr verbreitet sich der erste der beiden mehrerwähnten Briefe. Theophilus machte sich bald heimlich aus dem Staube. Die Synode ad quercum setzte ihre Sitzungen fort; denn Chrysostomus mußte nun einmal unschädlich gemacht werden. Er blieb noch in der Stadt bis nach Pfingsten des folgenden Jahres. Der erste Brief an Innocenz muß bald nach den scandalösen Vorfällen des Ostersamstags geschrieben sein, von denen er eine ergreifende Schilderung gibt. Chrysostomus war inzwischen ein Gefangener in seinem eigenen Hause.
Etwa zwei Wochen nach Pfingsten (404) trat er seine zweite Verbannung an, aus welcher er nicht mehr heimkehrte. — Der zweite Brief stammt aus dem dritten Jahre seines Exils. Damals befand sich Chrysostomus wahrscheinlich in Kukusus, einem Städtchen Cappadociens. — Obgleich die Adresse beider Briefe auf den römischen Bischof Innocentius lautet, redet der Verfasser im Texte zur Mehrheit. Sie sollten jedenfalls auch andern Bischöfen Italiens zugestellt werden. Eine Note bei Palladius besagt: „Dieses Schreiben ist auch gerichtet an Venerius, Bischof von Mailand, und an Chromatius, Bischof von Aquileja.“