Читать книгу Homilien über den Brief an die Hebräer - Johannes Chrysostomos - Страница 10

Vierte Homilie.

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I.

**5. 6. 7. Denn nicht Engeln hat Gott die zukünftige Welt unterworfen, von der wir predigen. - Bezeugt hat aber irgendwo Einer und gesagt: Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst, oder der Menschensohn, daß du nach ihm siehst? - Du hast ihn ein wenig unter die Engel verringert.

Ich möchte bestimmt wissen, ob Einige mit dem gebührenden Eifer, was gesagt wird, anhören, so daß wir den Samen nicht auf den Weg streuen; denn alsdann würden wir noch freudiger das Lehramt ausüben. Zwar werden wir sprechen, wenn auch Niemand aufmerkt, weil die Furcht vor dem Erlöser uns drängt. Denn gib Zeugniß, sagt er, diesem Volke, und wenn sie nicht auf dich hören, wirst du keine Rechenschaft geben. Wenn ich aber von euerem Eifer überzeugt wäre, würde ich nicht allein wegen der Furcht sprechen, sondern auch mit Freude Das thun. Denn wenn jetzt Niemand aufmerkt, so kann, obgleich mir keine Gefahr droht, da ich meine Pflicht erfülle, die Arbeit doch nicht mit Vergnügen vollbracht werden. Denn was nützt es, wenn zwar ich ohne Schuld bin, Niemand aber einen Vortheil hat? Wenn nun Einige aufmerken wollten, so würde mir daraus, daß ich ungestraft bleibe, kein so großer Vortheil erwachsen wie aus eueren Fortschritten. Wie soll ich nun aber Das wissen? Wenn ich unter euch Solche bemerkt haben werde, die nicht recht aufmerksam sind, werde ich sie gelegenheitlich unter vier Augen befragen, und wenn ich finde, daß sie Einiges von dem Vorgetragenen wissen, nehme ich nicht Alles vor; denn Das möchte für euch nicht so leicht sein, sondern wenn sie aus dem Vielen auch nur Einiges wissen, bin ich offenbar auch in Betreff des Vielen nicht weiter im Zweifel. Es wäre zwar nicht nöthig gewesen, euch vorher davon in Kenntniß zu setzen; wir hätten euch einer unerwarteten Prüfung unterwerfen können; jedoch kann es uns lieb sein, auch so zum erwünschten Ziele zu gelangen, um so mehr, da ich auch auf diese Weise euch immer noch zu überraschen vermag. Denn daß ich euch fragen werde, habe ich vorher gesagt; wann ich aber diese Prüfung vornehmen werde, bestimm’ ich noch nicht: vielleicht heute, vielleicht morgen, vielleicht nach zwanzig oder auch nach dreissig Tagen; sie kann auch früher oder später stattfinden. So hat uns auch Gott in Betreff unseres Todestages in Ungewißheit gelassen, und weder ob heute, noch ob morgen, noch ob nach Verlauf eines vollen Jahres, noch ob nach mehreren Jahren der Herr kommen wird, hat er uns geoffenbart, damit wir durch die ungewisse Erwartung standhaft in der Tugend ausharren, und nur daß wir einmal von hier abscheiden werden, hat er gesagt, über das Wann aber Nichts. So habe auch ich ausgesprochen, daß ich euch fragen werde, wann aber, hab’ ich nicht beigefügt, weil ich euch in steter Sorge erhalten will. Da soll auch Keiner sagen: Ich habe Dieses vor vier oder fünf oder mehreren Wochen gehört und kann es nicht behalten. Denn ich will, daß der Zuhörer, was er vernommen, mit unvergeßlichem und treuem Gedächtnisse festhalte und das Gesagte nicht schnöde von sich weise. Denn ich verlange, daß ihr es behalten sollet, nicht um mir zu antworten, sondern um daraus Nutzen zu ziehen, und Das ist meine wichtigste Sorge. Nachdem euch nun das zum sichern Behalten Erforderliche mitgetheilt worden, müssen wir weiter mit Dem beginnen, was der Ordnung nach folgt. Was liegt uns nun heute als Redestoff vor? „Denn nicht Engeln,“ sagt er, „hat Gott die zukünftige Welt unterworfen, von der wir predigen.“ Spricht er da von irgend einer anderen Welt? Nein, sondern von dieser; denn darum setzt er hinzu: „von der wir predigen,“ damit er den Geist nicht veranlasse, sich verirrend nach einer andern zu suchen. Wie aber nennt er sie eine zukünftige? Wie er auch anderwärts spricht: „Der ein Vorbild des Zukünftigen ist,“66 da er im Briefe an die Römer von Adam und von Christus redet, und in Bezug auf die Zeiten Adams Christum nach dem Fleische zukünftig heißt, wie er es ja war; so auch jetzt, da er sagt: „Und wenn er den Erstgebornen abermal in die Welt einführt,“ damit du dich überzeugest, er meine keine andere Welt, was aus vielen anderen Zeugnissen klar ist, und weil er sie zukünftig nennt; denn diese Welt war zukünftig, der Sohn Gottes aber war immer da. Diese zukünftige Welt nun hat er nicht Engeln unterworfen, sondern Christus. Daß aber zum Sohne die Worten gesprochen seien, ist offenbar, und es wird Niemand die Behauptung aufstellen, sie seien zu Engeln geredet. Dann führt er ein anderes Zeugniß an mit den Worten: „Bezeugt hat aber irgendwo Einer und gesagt.“ Warum aber nennt er den Namen des Propheten nicht, sondern verschweigt ihn? Dasselbe thut er auch bei anderen Zeugnissen, da er z. B. sagt: „Und wenn er den Eingebornen abermal in die Welt einführt, spricht er: Es sollen ihn anbeten alle Engel Gottes;“ und wieder: „Ich werde ihm Vater sein. Und in Bezug auf die Engel sagt er zwar: Er macht seine Engel zu Winden; zum Sohne aber: Du hast im Anfang, oHerr, die Erde gegründet!“ So sagt er auch hier: „Bezeugt hat aber irgendwo Einer und gesagt.“ Aber eben Dieses, daß er so stillschweigend den Namen Desjenigen wegläßt, von dem das Zeugniß herrührt, und daß er dasselbe als allgemein verbreitet und bekannt einführt, ist meines Erachtens ein Beweis von ihm dafür, daß sie sehr schriftkundig waren. „Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst, oder der Menschensohn, daß du nach ihm siehst? Du hast ihn ein wenig unter die Engel verringert;“

7. 8. mit Ruhm und Ehre ihn gekrönt und ihn gesetzt über die Werke deiner Hände: Alles hast du seinen Füßen unterworfen.


II.

Obgleich diese Worte in Bezug auf die gesammte Menschheit gesprochen sind, so passen sie doch vorzugsweise auf Christus dem Fleische nach; denn die Worte: „Alles hast du seinen Füßen unterworfen“ finden viel eher hinsichtlich seiner als unser ihre rechte Bedeutung. Denn der Sohn Gottes hat uns, die wir Nichts waren, angesehen, und da er unsere Natur angenommen und sich mit uns vereiniget hat, ist er über Alles erhaben. „Denn da er ihm Alles unterworfen hat, hat er Nichts gelassen, was ihm nicht unterworfen wäre. Jetzt wohl sehen wir noch nicht, daß ihm Alles unterworfen ist.“ Diese Worte haben folgenden Sinn: Da er gesagt hatte: „Bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße gelegt habe,“ waren sie begreiflicher Weise noch traurig. Nachdem er nun etliche Worte zwischeneingeschoben, bekräftigt er jenes Zeugniß, indem er Dieses (V. 8) noch beifügt. Damit sie nämlich nicht sagen könnten: Wie hat er denn die Feinde unter seine Füße gelegt, da doch wir so viele Leiden erdulden? hatte er schon im Vorhergehenden die hinlängliche Andeutung gegeben. Denn durch jenes „bis“ wollte er anzeigen, daß Dieß nicht gleich, sondern in der Zeit geschehen werde; hier verfolgt er die Sache nun weiter. Glaube ja nicht, will er sagen, daß sie, da sie noch nicht unterworfen sind, auch nicht unterworfen werden; denn daß sie unterworfen werden müssen, ist klar; darum ist ja die Weissagung ausgesprochen worden. „Denn da er ihm Alles unterworfen hat,“ heißt es, „hat er Nichts belassen, was ihm nicht unterworfen wäre.“ Wie ist ihm nun nicht Alles unterworfen? Weil es ihm erst in der Zukunft unterworfen wird. Da ihm also Alles unterworfen werden muß, aber noch nicht unterworfen ist, betrübe dich nicht und lasse dich nicht beunruhigen. Denn wenn du, falls das Ende gekommen und Alles unterworfen sein würde, diese Leiden zu erdulden hättest, dann könntest du mit Recht schmerzlich berührt sein; nun aber sehen wir noch nicht, daß ihm Alles unterworfen ist: noch ist der König nicht im Vollbesitze der Herrschaft; warum bist du bestürzt, wenn du zu leiden hast? Noch hat das Evangelium nicht Alle überwunden, noch ist die Zeit der gänzlichen Unterwerfung nicht da. - Sodann folgt wieder ein anderer Trostgrund: sogar Derjenige, dem Alle unterworfen sein werden, ist selbst nach unsäglichen Leiden gestorben.

9. Den aber, welcher ein wenig (βραχύ τι - auf ein Kurzes) unter die Engel erniedrigt ward, Jesum, sehen wir wegen Erleidung des Todes -

Sodann fügt er wieder das Gute hinzu: „mit Ruhm und Ehre gekrönt.“ Siehst du, wie Paulus ihm Alles anpaßt? Denn auch das „ein wenig“ paßt eher auf ihn, der nur drei Tage zur Hölle hinabstieg, nicht aber auf uns, die wir so lange Zeit leiden. Ebenso können die Worte: „mit Ruhm und Ehre“ viel mehr in Bezug auf Jenen als auf uns gebraucht werden. Er erinnert sie wieder an das Kreuz und strebt damit ein Zweifaches an, erstens, um (uns) seine große Sorgfalt zu zeigen, dann sie zu ermuntern, im Hinblicke auf den Meister Alles standhaft zu dulden. Denn wenn Derjenige, welcher von den Engeln angebetet wird, will er sagen, es ertrug, deinetwegen ein wenig unter die Engel verringert zu sein, wirst um so mehr du, der du geringer als die Engel bist, seinetwegen Alles ertragen müssen. Sodann zeigt er, daß das Kreuz ein Ruhm und eine Ehre ist, wie der Herr auch selbst das Kreuz als einen Ruhm mit den Worten bezeichnet: „Es kommt die Stunde, daß der Menschensohn verherrlicht werde.“67 Da nun Jener Das, was er um der Knechte willen gelitten, einen Ruhm nennt, wirst du um so mehr Das so nennen müssen, was du um des Herrn willen erträgst. Siehst du, wie groß die Frucht des Kreuzes ist? Fürchte die Sache nicht; dir scheint sie zwar traurig zu sein, sie ist aber die Quelle unzähliger Freuden. Dadurch macht er den Nutzen der Versuchungen klar. Dann sagt er: „Damit er nach Gottes Gnade für Alle den Tod verkoste.“ „Damit nach Gottes Gnade,“ heißt es; denn Jener hat um der Liebe willen, die Gott zu uns hat, Dieses gelitten: „Er, der selbst seines eingeborenen Sohnes nicht geschont, sondern ihn für uns alle dahin gegeben hat.“68 Warum? Er war uns Dieses nicht schuldig, sondern that es aus Gnade. Und wieder sagt er im Briefe an die Römer: „So ist um so mehr die Gnade Gottes und die Gabe durch die Gnade eines einzigen Menschen Jesus Christus (den) Mehreren im Überflüsse zu Theil geworden.“69

„Damit er nach Gottes Gnade für Alle den Tod verkoste,“ nicht für die Gläubigen allein, sondern für den ganzen Erdkreis; denn er ist für Alle gestorben. Wie verhält es sich aber, wenn nicht Alle glauben? Er hat Alles, was an ihm lag, erfüllt. Sehr treffend heißt es: „Damit er für Alle den Tod verkoste.“ Es heißt nicht: Damit er sterbe; denn er hat in Wahrheit den Tod nur verkostet; so kurz war die Zeit von seinem Tode bis zu seiner Auferstehung. Durch die Ausdrucksweise: „wegen Erleidung des Todes“ hat er den wirklichen Tod angezeigt, durch die Worte aber: „besser als die Engel“ die Auferstehung kund gethan. Denn gleichwie ein Arzt nicht verpachtet ist, die für den Kranken bereiteten Speisen zu versuchen, aber aus Sorge für ihn selber verkostet, damit er dem Kranken Muth mache, zu essen: so hat auch Christus selbst, da die Menschen vor dem Tode sich scheuten, um ihnen die Todesfurcht zu benehmen, den Tod, ohne zu müssen, verkostet. „Denn es kommt,“ sagt er, „der Fürst dieser Welt, aber er hat Nichts an mir.“70 In gleichem Sinne sind hier die Worte: „nach Gottes Gnade“ und: „Damit er für Alle den Tod verkoste“ gebraucht.

10. Denn es ziemte sich, daß Der, um dessen willen alle Dinge und durch welchen alle Dinge sind, da er viele Kinder zur Herrlichkeit führen wollte, den Urheber ihres Heiles durch Leiden zur Vollendung brächte.


III.

Hier spricht er vom Vater. Siehst du, wie er wieder die Worte: „durch welchen“ auf ihn anwendet? Das würde er nicht gethan haben, wenn sie die Bezeichnung von „geringer“ in sich tragen und nur auf den Sohn angewendet werden sollten. Der Sinn der Worte ist dieser: Er hat, will er sagen, seiner Menschenfreundlichkeit würdig gehandelt, da er den Eingebornen vor Allen auszeichnete und ihn als wackeren Kämpfer, der die Anderen übertrifft, den Übrigen als Muster hinstellte. „Den Urheber ihres Heiles“ heißt soviel als: die Ursache ihres Heiles. Siehst du, welch ein Abstand? Jener ist Sohn, auch wir sind Söhne; er aber schaffet das Heil, wir empfangen es. Siehst du, wie er uns zusammenstellt und dann wieder trennt? „Da er viele Kinder,“ sagt er, „zur Herrlichkeit führen wollte;“ hier stellt er den Urheber ihres Heiles (mit ihnen) zusammen und unterscheidet ihn wieder (von ihnen). „Daß er durch Leiden zur Vollendung brächte.“ Die Leiden sind also die Vollendung und die Ursache des Heiles. Siehst du, wie die Leiden durchaus nicht beweisen, daß man verlassen sei? Wenn aber Gott den Sohn zuerst dadurch geehrt hat, daß er ihn durch Leiden hindurchführte, so erscheint dieser durch seine Menschwerdung und seine Leiden viel größer als durch die Erschaffung der Welt, die er aus Nichts in’s Dasein berufen. Dieses ist zwar ein Werk seiner Menschenfreundlichkeit, Jenes aber noch viel mehr. Eben Dieses zeigt er auch selbst mit den Worten: „Um in den folgenden Zeiten den überschwenglichen Reichthum seiner Gnade zu zeigen, hat er uns mitauferweckt und mitversetzt in den Himmel in Christus Jesus.“71 „Denn es ziemte sich, daß Der, um dessen willen alle Dinge und durch welchen alle Dinge sind, da er viele Kinder zur Herrlichkeit führen wollte, den Urheber ihres Heiles durch Leiden zur Vollendung brächte.“ Denn es ziemte sich, will er sagen, für ihn, der da für Alles besorgt ist und Alles in’s Dasein gerufen hat, daß er den Sohn hingebe für das Heil der Übrigen, den Einen für Viele. Aber so sagt er nicht, sondern: „daß er ihn durch Leiden zur Vollendung brächte,“ wodurch er anzeigt, daß Derjenige, welcher für Jemanden leidet, nicht Diesem allein Nutzen verschafft, sondern auch selbst glänzender und herrlicher wird. Und diese Worte sind zu Gläubigen gesprochen, um sie im Glauben zu stärken; denn Christus war zur Zeit, als er litt, schon mit Ehre gekrönt. Wenn ich aber sage, daß er mit Ehre gekrönt war, so geschieht Dieß, damit du nicht wähnest, er habe noch einen Zuwachs von Ehre empfangen; denn jene seiner Natur entsprechende Ehre hat er ja immer, ohne sie zu vermehren.

11. Denn Der heiliget und Die geheiliget werden, sind alle von Einem. Aus diesem Grunde schämt er sich nicht, sie Brüder zu nennen.

Siehe, wie er sie wieder zusammenstellt, wie er sie ehret und tröstet, indem er sie zu Christi Brüdern macht, da sie ja von Einem seien. Dann fügt er, um seiner Rede Gewißheit zu geben und zu zeigen, daß er über ihn dem Fleische nach rede, die Worte hinzu: „Denn Der heiliget und Die geheiliget werden.“ Siehst du, wie groß der Unterschied ist? Er heiliget, wir aber werden geheiliget. Oben nannte er ihn den Urheber ihres Heiles; denn es ist nur ein Gott, von dem Alles ist. „Aus diesem Grunde schämt er sich nicht, sie Brüder zu nennen.“ Siehst du, wie er nochmals seine Erhabenheit klar macht? Denn durch die Worte: „Er schämt sich nicht“ zeigt er an, daß das Ganze nicht in der Natur der Sache liege, sondern dem Wohlwollen und der großen Demuth Dessen entstamme, der sich nicht schämt. Denn wenn auch Alle von Einem sind, so ist er der Heiligende, wir aber empfangen die Heiligung. Das ist ein großer Unterschied. Er stammt aus dem Vater als gezeugter, d. h. wesensgleicher Sohn; wir aber sind von demselben aus Nichts erschaffen worden. Also ein großer Unterschied! Daher sagt er: „Er schämt sich nicht, sie Brüder zu nennen, indem er spricht:“

12. Ich will deinen Namen den Brüdern verkünden.

Denn da er Fleisch annahm, wurde er auch unser Bruder, und mit seiner Menschwerdung trat er seine Bruderschaft an. Und diese Worte gebraucht er mit Recht. Was soll aber Das heissen:

13. Ich will auf ihn vertrauen?

Denn auch das Folgende sagt er ganz angemessen: „Siehe, ich und meine Kinder, die mir Gott gegeben hat.“ Wie er sich nämlich dort als Vater zeigt, so hier als Bruder. Denn „ich will,“ sagt er, „deinen Namen meinen Brüdern verkünden.“ Und wieder hebt er seine Erhabenheit und große Verschiedenheit durch die folgenden Worte hervor:

14. Da nun die Kinder des Fleisches und Blutes theilhaftig geworden sind.


IV.

Siehst du, sagt er, inwieferne Ähnlichkeit ist? Nach dem Fleische. „So hat er auch gleichfalls sich derselben theilhaftig gemacht.“ Erröthen sollen alle die Häretiker und sich gar nicht mehr sehen lassen, die da sagen, er sei nur scheinbar in die Welt gekommen, nicht aber wirklich. Denn er sagt nicht einfach, daß er an diesen72 Theil nahm, und schweigt (obwohl auch dieser Ausdruck hingereicht hätte), sondern läßt noch etwas Anderes, Wichtigeres aufleuchten (ἐνέϕηνε), indem er das Wort „gleichfalls“ beifügt; - nicht unter dem Scheine noch unter dem Bilde, sagt er, sondern in Wahrheit; denn sonst wäre der Ausdruck „gleichfalls“ wohl nicht am Platze.

Nachdem er nun die Bruderschaft nachgewiesen, zeigt er auch die Ursache der Menschwerdung an. „Damit er durch den Tod Dem die Macht nähme, der des Todes Gewalt hatte, das ist dem Teufel.“ Hier zeigt er das Wunderbare, daß der Teufel durch Das überwunden worden, wodurch er geherrscht, und daß Christus durch den Tod, der in jenes Hand eine so gewaltige Waffe gegen die Welt war, ihn selbst schlug, was die große Macht des Siegers anzeigt. Siehst du, welch herrliches Gut der Tod bewirkt hat?

15. Und Diejenigen erlöste, welche in der Furcht des Todes durch das ganze Leben der Knechtschaft unterwarfen waren.

Warum, sagt er, bebt ihr? Was fürchtet ihr den (Tod), der sein Ende gefunden? Denn er ist nicht mehr furchtbar, sondern niedergetreten und verachtet, geringfügig und ohne alle Bedeutung. Was heißt aber Das: „Welche in der Furcht des Todes durch das ganze Leben der Knechtschaft unterworfen waren“? Was will er damit sagen? Entweder daß Derjenige, der den Tod fürchtet, ein Sklave ist und Alles ertragen möchte, um nur nicht zu sterben; oder daß Alle Sklaven des Todes waren und, weil derselbe noch nicht vernichtet gewesen, von ihm beherrscht wurden; oder daß die Menschen in unaufhörlicher Furcht lebten; oder daß Denjenigen, welche immer in ängstlicher Erwartung des kommenden Todes waren und Angst vor ihm hatten, jeglicher Freudengenuß unmöglich gemacht war, da sie die Todesfurcht nicht verließ. Denn Das deutet er an mit den Worten: „durch das ganze Leben“. Er zeigt hier, daß Diejenigen, welche in Trübsal schmachten, vertrieben oder verfolgt ihres Vaterlandes und ihrer sämmtlichen Habe beraubt werden, vergnügter und freier leben als Jene, die von jeher im Überfluß prassen, die von solchen Leiden Nichts verkostet, derben Glück in schönster Blüthe prangt. Denn da Diese durch das ganze Leben von dieser Furcht verzehrt werden und Sklaven sind, verbleiben Jene von solcher frei und können über Das lachen, wovor die Andern erbeben. Mit dem Tode hatte es ehemals ein ähnliches Verhältniß, wie wenn Jemand einen Gefangenen, der zum Tode geführt werden soll und stets mit Entsetzen darauf hinschaut, in üppiger Nahrungsfülle schwelgen ließe. Jetzt aber hat sich die Sache also gestellt, wie wenn Jemand, jene Furcht verbannend, mit dem sinnlichen Wohlleben zu streiten ermunterte und mit der Aufforderung zum Kampfe ankünden würde, daß dieser nicht zum Tode, sondern zur Herrschaft führen werde. Zu welchen wirst du nun gehören wollen? Zu Denen, welche im Kerker in fettem Überfluß leben, aber jeden Tag der Todesankündigung entgegensehen müssen, oder zu Denen, welche in vielen Kämpfen und in freudiger Anstrengung ausdauern, um sich das Diadem der Herrschaft auf’s Haupt zu setzen? Siehst du, wie er ihren Muth hebt, und wie er sie in Spannung versetzt? Er zeigt aber, daß nicht nur der Tod aufgehört habe, sondern durch diesen auch Jener, welcher gegen uns stets einen unversöhnlichen Krieg unternommen hat und fortführt, nämlich der Teufel, der niedergeschlagen sei; denn wer den Tod nicht fürchtet, ist frei von der Tyrannei des Teufels. Denn wenn „Haut um Haut, und der Mensch Alles, was er hat, um sein Leben gibt,“73 und wenn sich Jemand entschlösse, selbst dieses gering zu achten: wessen Sklave wär’ er dann noch? Keinen fürchtet er, vor Niemandem erschreckt er, er ist über Alle erhaben und freier als Alle. Denn wer sein eigenes Leben verachtet, wird Dies noch viel mehr in Bezug auf alles Andere thun. Findet aber der Teufel eine solche Seele, dann wird er für seine Zwecke Nichts auszurichten vermögen. Was denn? sag’ an! Droht er mit Geldverlust oder Beschimpfung oder mit Verbannung aus dem Vaterlande? Das ist aber eine Kleinigkeit für Den, welcher nicht einmal das Leben hoch anschlägt, wie der heilige Paulus spricht.74 Siehst du, wie er die Gewalt des Teufels gebrochen, nachdem er die Tyrannei des Todes zertrümmert hatte! Denn wer in Betreff der Auferstehung eine so unerschöpfliche Weisheit besitzt, wie soll Der noch Todesfurcht haben? Was Anderes soll ihn erschrecken? Wollet darum nicht ärgerlich werden und sagen: Warum haben wir Dieses oder Jenes zu leiden? So ist der Sieg um so glänzender; er wäre aber nicht so glänzend, wenn er nicht den Tod durch den Tod vernichtet hatte. Wunderbar aber ist Das, daß er dadurch ihn überwand, wodurch derselbe seine Gewalt hatte, was seine allseitige Überlegenheit und Gewandtheit bekundet. Geben wir also das uns verliehene Geschenk nicht preis, „denn wir haben nicht den Geist der Furcht, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Nüchternheit empfangen.“75 Lasset uns also entschlossen dastehen und den Tod verlachen!


V.

Allein es befällt mich das Gefühl eines bitteren Schmerzes; denn auf welche Höhe hat uns Christus hinaufgeführt! Wie tief sind wir selber in den Abgrund gerathen! Denn wenn ich die Klaggeberden76 auf dem Markte wahrnehme und das Weheklagen, die der Verstorbenen wegen stattfinden, das Jammergeschrei und die anderen Häßlichkeiten, so schäme ich mich, glaubet es mir, vor den Heiden, vor den Juden und vor den Häretikern, die Solches sehen, und vor Allen, die uns darum wahrhaft verlachen müssen. Und was ich etwa noch weiter rede, wird, da ich von der Auferstehung handle, wohl vergebens gesprochen sein. Warum? Weil die Heiden nicht auf Das Acht haben, was ich sage, sondern auf Das, was ihr thut; denn alsbald werden sie mit der Einrede da sein: Wann wird wohl Einer von Diesen den Tod verachten können, da er nicht einmal einen Andern als Leiche zu sehen vermag? Schön sind die Worte des heiligen Paulus, ja, schön und würdig des Himmels und der Menschenfreundlichkeit Gottes. Was sagt er? „Und er wird Diejenigen erlösen, welche in der Furcht des Todes durch das ganze Leben der Knechtschaft unterworfen waren.“ Aber daß ihr Dieses glaubet, lasset ihr selber nicht zu, indem ihr durch euere Werke euch selbst widerstreitet, wiewohl Gott gar manche Schutzwehr verlieh, damit diese schlimme Gewohnheit beseitiget werde. Denn sage mir, was bedeuten denn die strahlenden Lampen? Geleiten wir Jene (die Gläubigen) nicht als Kämpfer (zur ewigen Ruhe)? Was bedeuten die Hymnen? Preisen wir nicht Gott und sagen ihm Dank, daß er den Hingeschiedenen gekrönt und ihn von seinen Beschwerden erlöst, daß er ihn, der Furcht nun entrissen, bei sich hat? Sind nicht darum die Hymnen? nicht darum die Psalmengesänge? Das alles ist ein Ausdruck der Freude; „,denn ist Jemand guten Muthes,“ heißt es, „so singe er Loblieder!“77 Aber darauf achten die Heiden wohl nicht. Denn, heißt es, nenne mir Einen, nicht einen Weisen, der frei ist von Leiden (denn Das ist nichts Großes und Bewunderungswürdiges), sondern zeige mir Einen, der im Leiden Weisheit übt, und ich will an die Auferstehung glauben. Wenn Weiber, die des Lebens Mühen tragen, Solches thun, darf man sich darüber nicht wundern, wiewohl auch Das gegen die Ordnung verstößt; denn auch von diesen wird die gleiche Lebensweisheit gefordert; darum spricht auch Paulus: „Wir wollen euch aber, Brüder, nicht in Unwissenheit lassen über die Entschlafenen, daß ihr nicht betrübt seid wie die Übrigen, die keine Hoffnung haben.“78 Dieses schrieb Paulus nicht bloß für Solche, die in der Einsamkeit leben, noch auch für Solche, die immer Jungfrauen bleiben, sondern ebenso für Verehelichte und überhaupt Weltleute. Jedoch ist Das noch nicht so arg. Wenn aber Jemand, sei es nun Weib oder Mann, von sich aussagt, der Welt gekreuzigt zu sein, und dieser sich die Haare zerrauft, jene aber laut aufheult, was ist dann schmählicher als Dieß? Wollte man hier Gerechtigkeit üben, so müßte man Solche lange Zeit von der Schwelle der Kirche abhalten. Wahrhaft zu bedauern sind Jene, welche den Tod fürchten und vor ihm erbeben, welche an keine Auferstehung glauben. Aber, sagt man, ich läugne die Auferstehung nicht, sondern ich halte mich an die Gewohnheit. Sag’ an, warum thust du nicht Dasselbe, wann du eine Reise und zwar eine lange Reise unternimmst? Aber ich weine auch dann, sagst du, und vergieße Thränen aus Gewohnheit. Jene Thränen fließen wirklich aus Gewohnheit, diese, weil man an der Rückkehr verzweifelt. Aber bedenke, was du zu jener Zeit singest: „Kehre zurück, meine Seele, in deine Ruhe, denn der Herr hat dir wohlgethan.“79 Und wieder: „Ich will nichts Übles fürchten, weil du bei mir bist.“80 Ferner: „Du bist meine Zuflucht vor der Trübsal, die mich umrungen hat.“81 Erwäge, was diese Psalmen besagen wollen! Allein du achtest nicht darauf, sondern bist trunken von Trauer. Gib aufmerksam auf die Leichenbegängnisse Anderer Acht, damit du für das deinige ein Heilmittel gewinnest! „Kehre zurück, meine Seele, in deine Ruhe, denn der Herr hat dir wohlgethan,“ - so sagst du, und dabei weinst du? Ist das nicht Schauspielerei? nicht Heuchelei? Denn glaubst du in Wahrheit deinen eigenen Worten, so ist deine Trauer überflüssig; wenn du aber Scherz treibest und heuchelst und Dieses als Märchen betrachtest, warum singst du denn Psalmen? Warum duldest du die Anwesenden? Warum jagst du Jene, die psalliren, nicht fort? Dann müßte man, sagst du, ein Rasender sein. Nun, Jenes ist noch viel mehr das Werk eines Solchen. - Nun, bisher warnte ich; in der Folge aber werde ich die Sache ernster nehmen; denn ich fürchte sehr, daß auf diese Weise eine schwere Krankheit in der Kirche Platz greifen gönnte. In Betreff dieses Trauerwesens werde ich später Ordnung schaffen; für jetzt mache ich nur die Ankündigung und beschwöre Reiche und Arme, Frauen und Männer. Möchtet ihr nur alle ohne Trauer dieses Leben verlassen, und nach dem Gesetze der Ordnung die Väter von den Söhnen das Geleite empfangen, hochbetagt, und die Mütter von den Töchtern, den Enkeln und Urenkeln in schönem Greisenalter, und möchte nirgendswo ein vorzeitiger Tod sich ereignen! Das ist also mein Wunsch und mein Gebet, und die Vorsteher und euch alle ermuntere ich, in gemeinsamer Bitte zu Gott zu flehen. Wenn aber, wovor wir bewahrt bleiben mögen, ein herber Todesfall (einen solchen nenne ich, der sich nicht nach dem natürlichen Laufe der Dinge ereignet; denn im Übrigen ist der Tod nicht bitter und nicht verschieden vom Schlafe und ich nenn’ ihn nur bitter nach unserer Stimmung) sich ereignen sollte und man diese Klageweiber dingen würde, - glaubt meinen Worten, denn ich rede, wie ich denke, und wer darob zürnen will, mag es thun, - Den werde ich als einen Götzendiener auf längere Zeit von der Kirchengemeinschaft ausschließen. Denn wenn Paulus82 den Geizigen einen Götzendiener nennt, dann ist es noch viel mehr Derjenige, welcher die Gebräuche der Götzendiener für einen Gläubigen in Anwendung bringt. Oder sage mir, warum rufst du die Priester, warum die Psalmensänger? Nicht zu deinem Troste und zur Ehre des Todten? Warum beschimpfst du ihn denn? Warum machst du ihn lächerlich? Warum geberdest du dich wie ein Schauspieler auf der Bühne? Wir kommen und unterweisen über die Auferstehung und belehren Alle, auch die noch von keinem harten Schlage getroffen sind, daß sie, sollte sich ein solcher ereignen, wegen der Jenem zu Theil werdenden Ehre standhaften Muth beweisen sollen: du aber führst Leute herbei, welche, soviel an ihnen liegt, unser Wirken vernichten.


VI.

Was ist erbärmlicher als diese Lächerlichkeit und dieser Spott? Gibt es eine größere Unordnung? Erröthet und schämt euch! Wenn ihr aber auch nicht wollt, - wir lassen solche verderbliche Gewohnheiten in der Kirche nicht aufkommen; denn es heißt: „Die Fehlenden weise vor Allen zurecht!“83 Jenen elenden und unseligen Weibern aber verbieten wir durch euch, sich je wieder bei den Begräbnissen der Gläubigen einzufinden, damit wir sie nicht zwingen müssen, ihr eigenes Unglück zu beweinen. sondern sie vielmehr dahin zu vermögen, nicht in fremden Angelegenheiten also zu handeln, sondern ihre eigenen Unfälle zu beklagen. Ist ja auch ein zärtlich liebender Vater, der einen ausschweifenden Sohn hat, darauf bedacht, nicht nur ihn vor der Gesellschaft der Bösen zu warnen, sondern auch diese ferne zu halten. Sehet also, so empfanget ihr und Jene durch euch die Warnung: ihr zwar, daß ihr solche Personen nicht mehr herbeiruft, und Diese, daß sie sich nicht mehr einfinden. Mög’ es geschehen, daß das Wort seine Wirkung nicht verfehle und die Drohung nicht umsonst sei; sollten wir aber wider Erwarten Verachtung finden, dann werden wir genöthiget sein, die Drohung zu verwirklichen und euch nach den Kirchengesetzen, Jene aber, wie es ihnen zukommt, zu strafen. Sollte aber Einer frech widerstreben, der vernehme das Wort Christi, welcher auch jetzt noch spricht: „Hat aber dein Bruder wider dich gesündigt, so gehe hin und verweise es ihm zwischen dir und ihm allein! Gibt er dir aber kein Gehör, so nimm noch Einen oder Zwei zu dir; hört er aber auch Diese nicht, so sage es der Kirche; wenn er aber auch die Kirche nicht hört, so sei er dir wie ein Heide und öffentlicher Sünder!“84 Wenn er nun Denjenigen, welcher durch Ungehorsam gegen mich sich verfehlt, so zu meiden befiehlt, dann möget ihr nun selber entscheiden, wie ich Den zu behandeln verpflichtet bin, welcher gegen sich selbst und gegen Gott sich verfehlt. Ihr aber verurtheilet mich, weil ich euch nicht mit schonender Milde behandle.85 Wenn aber Jemand die Bindegewalt, die wir besitzen, gering achten wollte, der lasse sich wieder von Christus belehren mit den Worten: „Was ihr binden werdet auf Erden, Das soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr lösen werdet auf Erden, Das soll auch im Himmel gelöset sein.“86 Denn sind auch wir elend und Nichts und der Geringschätzung werth, wie wir es wirklich nicht besser verdienen, so suchen wir doch keine Rache, geben dem Zorn nicht Raum, sondern eifern nur für das Heil euerer Seele. Ich bitte: erröthet und schämt euch! Denn wenn schon Jemand einen Freund, der über Gebühr Vorwürfe spendet, unter Berücksichtigung der guten Absicht, und weil er wohlgesinnt und ohne Anmaßung handelt, geduldig erträgt, so müßt ihr um so mehr einen Lehrer, der sich tadelnd ausspricht, und zwar einen Lehrer, der nicht mit Selbstgefühl, nicht wie ein gebietender Herr, sondern wie ein fürsorglicher Vater seine Worte vorbringt, in Liebe ertragen. Wir sagen Das nicht in der Absicht, unsere Macht zu zeigen; denn wir wollen ja gar nicht, daß ihr diese aus Erfahrung erprobet, sondern sagen es aus Schmerz und Betrübniß. Nun so habet denn Nachsicht und verachtet nicht die kirchliche Bindegewalt. Denn nicht ein Mensch ist es, der bindet, sondern Christus, welcher uns diese Macht verlieh und Menschen zu Inhabern einer so großen Ehre erhob. Wir wünschen, daß diese Macht für uns nur eine Lösegewalt sei, oder vielmehr unser Verlangen ist es, dieselbe nie gebrauchen zu müssen; denn wir wünschen, daß bei uns Niemand unter dem Banne lebe. Wenn wir auch gar Nichts sind, so elend und armselig sind wir denn doch nicht. Sollte man uns aber zu dieser Maßregel zwingen, so habet Nachsicht; denn wir binden nicht gerne und willig, sondern empfinden dabei einen größeren Schmerz als ihr, die Gebundenen selbst. Sollte aber Jemand diese Bande verachten, so wird der Tag des Gerichtes erscheinen, der ihn dann darüber belehrt. Das Übrige will ich nicht weiter besprechen, um euer Herz nicht zu verwunden. Zuerst beten wir, daß wir nicht genöthiget werden; sollte es aber nothwendig sein, dann erfüllen wir unsere Pflicht und sprechen den Bann aus. Bricht nun Jemand denselben, so habe ich das Meinige gethan und bin von der Rechenschaft frei; du aber hast es dann mit Dem zu thun, der mir den Befehl gab, zu binden. Denn wenn ein König zu Gericht sitzen und einem Soldaten der Leibwache den Befehl geben würde, irgend Einen aus der Cohorte zu binden und in Fessel zu legen, Dieser aber den Beauftragten nicht nur von sich schlüge, sondern auch die Fessel zerbräche: so wäre es nicht so sehr der dienstthuende Soldat, welcher den Übermuth erduldet, als vielmehr der König, welcher den Befehl ertheilt hat. Wenn Gott Das, was gegen die Gläubigen geschieht, so ausnimmt, als würde es ihm selber zugefügt, um wie viel mehr wird er, wolltet ihr die mit dem Lehramte Betrauten übermüthig verletzen, sich selbst auf solche Art verletzt halten? Möge doch Keiner von dieser Kirche in den Fall kommen, diese Bindegewalt an sich erfahren zu müssen! Denn wie es schön ist, nicht zu sündigen, so ist es ersprießlich, Tadel hinzunehmen. Ertragen wir also die Rüge und geben wir uns Mühe, keine Sünde zu begehen; haben wir aber gefehlt, dann wollen wir auch den Tadel hinnehmen. Denn wie es gut ist, nicht verwundet zu werden, wenn Dieß aber geschieht, ein auf die Wunde gelegtes Heilmittel zweckdienlich ist, so ist es auch hier. Aber möge es doch nie geschehen, daß solche Heilmittel gebraucht werden müssen. „Von euch aber versehen wir uns Besseres, und was auf das Heil abzielt, obgleich wir so reden.“87 Wir haben aber so entschieden gesprochen, damit ihr um so sicherer seid. Denn es ist besser, daß ich von euch als kühn, hart und anmaßend beargwohnt werde, als daß ihr thut, was Gott nicht gefällt. Wir vertrauen auf Gott, daß diese Strafrede für euch nicht ohne Nutzen sein werde, sondern daß ihr euch so umändern werdet, daß diese Worte als eine Lobrede für euch gelten können und zu euerer Ehre gereichen. Möchten wir doch nach Gottes Wohlgefallen unser Leben einrichten, damit wir alle gewürdiget werden, der Güter theilhaftig zu werden, die Gott Denen verheissen hat, die ihn lieben, in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.

Homilien über den Brief an die Hebräer

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