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Welche Nation? Die Resignation!

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Also dem deutschen Volk soll sich Österreich nicht anschließen. Welcher Nation wird es dann angehören? – Der Resignation! Dieser Spruch aus den 1920er-Jahren sagt sehr viel aus über den weitverbreiteten Pessimismus unter den Menschen. Der Anschlussgedanke hatte Hochkonjunktur, während die Christlich-Sozialen die Sozialdemokraten in der Wählergunst überholten und beide Großparteien paramilitärische Verbände gründeten: die Heimwehr auf der einen, den Republikanischen Schutzbund auf der anderen Seite. Zur politischen Radikalisierung trug die katastrophale wirtschaftliche Lage mit hoher Arbeitslosigkeit und Inflation bei.

Die neue Verfassung von Prof. Hans Kelsen konstituierte Österreich als einen aus neun Bundesländern bestehenden Bundesstaat. Die schwarzen Länder standen geschlossen gegen das rote Wien, wo beispielhafte Reformen – vom Wohnbau über die Gesundheitsversorgung bis zum Schul- und Bildungswesen – umgesetzt wurden. Für die mehrheitlich sozialdemokratischen Wiener galt die konservativ wählende Provinz als Hort einer christlich-deutschnationalen Reaktion oder, wie es Gottfried Heindl nannte, des »arisch-alpinen Sumpertums«. Für die mehrheitlich schwarz wählenden Bewohner der Bundesländer wiederum war die Metropole ein Sumpf aus Radikalen, Freimaurern, Bolschewiken und Juden. Es klaffte also ein Gegensatz zwischen Wien und der Provinz. Für das so klein gewordene Österreich schien die Hauptstadt nun viel zu groß. Der Begriff vom »Wasserkopf Wien« entstand. Immerhin neideten die kriegsgeschädigten Wiener der Landbevölkerung, dass diese sich aufgrund der Agrarwirtschaft besser versorgen und ernähren konnte.

Sprüche wie der folgende zeugen von der weitverbreiteten Zukunftsangst dieser Jahre: Das ist bei Neuösterreich das Fatale – man fragt sich: Ist’s Ouvertüre oder schon Finale? Viele Menschen glaubten einfach nicht an dieses Rumpfösterreich. 1925 löste der Schilling die Krone als Zahlungsmittel ab. Zwar konnte die Inflation gestoppt werden, doch mit dem Rückgang der Wirtschaftsleistung und dem Ansteigen der allgemeinen Not stieg insbesondere in Wien die Selbstmordrate an.

Man blickte nach Osten in Richtung des versunkenen Zarenreiches und fragte sich: Welcher Unterschied besteht zwischen Russland und Österreich? – In Russland herrscht der Bolschewismus, in Österreich der Vollbeschissmus. Und traurige Witze wie dieser über den Ausspruch eines Vaters kursierten: »Für meine Buben steht der Beruf schon fest: Den einen lass ich Arbeitslosen werden, den anderen Mindestbemittelten.« Von der Untätigkeit zur Untat ist es bloß ein Schritt und so nahm auch die Kleinkriminalität zu.


Das Verhältnis der Österreicher zur Demokratie und auch das Demokratieverständnis der politischen Parteien sind in den 1920er-Jahren zwiespältig, wovon dieser Reim Zeugnis gibt:

Im Wachen und Schlummer

Der Mensch sei, wer er sei,

Wird er zur nackten Nummer

Im Rahmen der Partei.

Und kommt es zu den Wahlen.

Dann klingt die Litanei,

Man lässt sich überstrahlen

Vom Glanze der Partei.

Und wagt ein Schaf zu blöken,

Erhebt sich ein Geschrei.

Es frevelt an den Zwecken

Der heiligen Partei.

Die Viecher müssen schweigen

Und zahlen nebenbei.

Kuscht Euch! Ihr sollt Euch neigen

Der Knute der Partei.

So macht Euch doch den Rücken

Ein wenig grad und frei!

Wer darf uns unterdrücken?

Zum Teufel die Partei!

100 Jahre Österreich

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