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Anleitung für einen guten Umgang mit dem SGMM

Das SGMM als Reflexionshilfe

Das St. Galler Management-Modell (SGMM) ist eine Reflexionshilfe für unternehmerische Herausforderungen und Problemstellungen, wie sie in heutigen Organisationen jederzeit auftreten können. Typisch an diesen Herausforderungen und Problemstellungen ist, dass sie oft unklar, unübersichtlich, vieldeutig und schwer darstellbar sind und dass sie von verschiedenen Management-Verantwortlichen oft ganz unterschiedlich wahrgenommen und eingeschätzt werden. Dies erschwert eine klare, kohärente und verbindliche Handlungsorientierung.

Genau hier kommt das SGMM ins Spiel: Management-Verantwortliche bei komplexen Herausforderungen zu unterstützen, rasch eine tragfähige gemeinsame Orientierungsgrundlage für ihr Handeln und Entscheiden zu entwickeln.

Deshalb ist das SGMM nicht einfach eine Sammlung von unverbundenen konzeptionellen Modellschemen, sondern ein Text, in dem zwei komplementäre integrative Perspektiven zum Zusammenspiel von Umwelt, Organisation und Management in Form eines integrierten Modells zur Darstellung gebracht werden. Beide Perspektiven, die Aufgabenperspektive und die Praxisperspektive, bilden in ihrem Zusammenwirken das SGMM.

• Die Aufgabenperspektive rückt eine betriebswirtschaftlich orientierte, auf Sachaspekte fokussierende Analyse und Gestaltung von organisationaler Wertschöpfung als zentrale Managementaufgabe ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

• Die Praxisperspektive beleuchtet die grundlegenden kulturellen und kommunikativen Voraussetzungen der Wirksamkeit von Management. Damit versuchen wir, die Lesenden schrittweise mit neuen Sichtweisen auf Umwelt, Organisation und Management vertraut zu machen.

Um innovative Zukunftsbilder und Handlungsmöglichkeiten erschliessen zu können und um unhinterfragte Selbstverständlichkeiten einer öffnenden Reflexion zugänglich zu machen, ist es unumgänglich, immer auch neuartige und damit ungewohnte Sprach- und Denkformen zu entwickeln.

In diesem Sinne wünschen wir uns, dass sich interessierte Leserinnen und Leser unvoreingenommen auf diesen Text einlassen. Die Beschäftigung mit dem SGMM soll dazu dienen, neuartige und hilfreiche Sichtweisen auf die Management-Praxis zu generieren und diese mit Kolleginnen und Kollegen [13] gemeinsam zu reflektieren und zu vertiefen. Dies kann in Verbindung mit einer Aus- oder Weiterbildung in Management erfolgen. Genauso können aber auch die konkrete Management-Praxis einer spezifischen Organisation und damit zusammenhängende Herausforderungen Gegenstand dieser Reflexion bilden.

Arbeitsweisen mit dem SGMM

In der Management-Praxis haben sich erfahrungsgemäss folgende zwei Arbeitsweisen mit dem SGMM bewährt:

•Fokus «Gesamtorganisation»: Bei dieser Arbeitsweise bildet die gesamte Organisation mit ihrer Wertschöpfung für eine komplexe Umwelt den Ausgangspunkt der Arbeit und die relevante Reflexionseinheit.

Die Management-Verantwortlichen erarbeiten sich anhand der Modellkategorien Schritt für Schritt, was die eigene (verantwortete) Organisation kennzeichnet. Dabei werden nicht alle Modellkategorien gleich wichtig sein. Die Management-Verantwortlichen identifizieren bei ihrer Arbeit, worin Unklarheiten, Ungereimtheiten und Widersprüche bestehen, wo mögliche unternehmerische Herausforderungen, aber auch unausgeschöpfte Potentiale, Opportunitäten und Entwicklungsmöglichkeiten liegen.

Die Zielsetzung dieser Arbeitsweise mit dem SGMM liegt erstens im Erarbeiten eines vergemeinschafteten Organisationsverständnisses, in dessen Zentrum die organisationale Wertschöpfung mit Bezug auf die relevante Umwelt steht. Zweitens sollen dabei – im Sinne eines prophylaktischen «Health Check» – unternehmerische Herausforderungen identifiziert werden, die es wert sind, vertieft analysiert zu werden (siehe Abbildung 1). [14]


Abbildung 1: Arbeitsweise mit einem Fokus «Gesamtorganisation»

• Fokus «Unternehmerische Herausforderung»: Bei dieser Arbeitsweise mit dem SGMM bildet eine konkrete, akute Problemstellung («Issue») oder eine überraschende Entwicklungschance den Ausgangspunkt der Arbeit. Dabei kann es sich z.B. um ein im positiven oder negativen Sinne kritisches Ereignis handeln oder um eine schleichende Entwicklung, die ungute Gefühle hervorruft.

Die Zielsetzung dieser Arbeitsweise mit dem SGMM liegt darin, erstens gemeinsam zu klären, wie sich die fragliche Problemstellung in der aktuellen (oder auch zukünftigen) Wertschöpfung konkret manifestiert, d.h. durch welche aktuellen und potentiellen Wirkungszusammenhänge sich diese Problemstellung mit Bezug auf die organisationale Wertschöpfung auszeichnet. Diese Klärung soll zweitens dazu dienen, systematisch in gemeinschaftlicher Zusammenarbeit neuartige Handlungsoptionen zu entwickeln und zu bewerten. Bei dieser Arbeitsweise ist es zentral, gezielt solche Modellkategorien auszuwählen, die hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Problemstellung wichtig und wesentlich sind (siehe Abbildung 2). [15]


Abbildung 2: Arbeitsweise mit einem Fokus «Unternehmerische Herausforderung»

Mit beiden Arbeitsweisen (Fokus «Gesamtorganisation» und Fokus «Unternehmerische Herausforderung») werden drei gemeinsame Ziele verfolgt:

• Erstens soll beim Arbeiten mit dem SGMM eine gemeinsame Sprache entwickelt werden. Was soll abstrakt und verallgemeinernd beispielsweise unter «Wertschöpfung», unter «Strategie» oder unter «Entscheidungspraxis» grundsätzlich verstanden werden? Welche Aspekte sollen mit diesen Begriffen adressiert und worauf soll die gemeinsame Aufmerksamkeit gelenkt werden, wenn sie im Sprechen und Denken «verwendet» werden?

• Zweitens soll beim Arbeiten mit dem SGMM ein organisationsspezifisches Verständnis dieser Begriffe erarbeitet werden. Und aus der Klärung des Zusammenspiels dieser Begriffe soll ein gemeinschaftlicher Orientierungsrahmen entwickelt werden. Worin konkret und spezifisch besteht die «Wertschöpfung» von Organisation X? Was konkret und spezifisch macht die «Strategie» von Organisation Y aus? Was charakterisiert konkret und spezifisch die «Entscheidungspraxis» von Organisation Z, und was daran könnte mit Blick auf erforderliche Änderungen der Wertschöpfung funktional oder eher dysfunktional sein? [16]

• Drittens dient beides, die Entwicklung einer gemeinsamen Sprache und die Entwicklung eines vergemeinschafteten Orientierungsrahmens der Stärkung der gemeinschaftlichen Arbeits- und Entscheidungsfähigkeit der Management-Verantwortlichen einer Organisation.

Lesehilfen

Einige wichtige Lesehilfen sollen den Umgang mit dem SGMM-Text unterstützen. Das SGMM ist nach einer Reihe grundlegender Prinzipien strukturiert. Diese zu kennen, erleichtert die Lektüre des Buchs und die Arbeit mit dem Modell:

• Wichtige Definitionen und Begriffe sind im Text kursiv gesetzt und werden so speziell hervorgehoben. Über das Sachwortregister am Ende des Buchs lassen sie sich leicht auffinden.

• Wir unterscheiden im SGMM-Text drei wichtige Begriffskategorien:

– Unter den «Schlüsselgrafiken» verstehen wir die zusammenfassenden Darstellungen der Aufgabenperspektive und Praxisperspektive, wie sie z.B. im hinteren Buchrücken enthalten sind.

– Mit «Schlüsselkategorien» sind die grundlegenden Oberkategorien gemeint, die zum einen die Aufgabenperspektive (Umweltsphären, Stakeholder, Interaktionsthemen, Prozesse, Ordnungsmomente, Entwicklungsmodi) und zum anderen die Praxisperspektive (Wertschöpfung, Orientierungsrahmen, Umwelt, Management-Praxis) auszeichnen.

– Mit «Modellkategorien» sind alle weiteren modellspezifischen Begriffskategorien (z.B. Strategie, Entscheidungspraxis) gemeint, die in den Schlüsselgrafiken aufgeführt sind.

• Die Schlüsselkategorien des SGMM werden jeweils in den Einführungen in die Aufgabenperspektive bzw. in die Praxisperspektive vorgestellt und erläutert.

• Dabei werden diese beiden Perspektiven des SGMM und deren Zusammenspiel in dem Masse besser verständlich, in dem die Vertrautheit mit dem gesamten Modell zunimmt. Umgekehrt fördert eine solide Kenntnis der einzelnen Modellkategorien das Gesamtverständnis des Modells. Den Leserinnen und Lesern sei deshalb empfohlen, die Kapitel des Buchs nicht nur einmal zu lesen, sondern speziell interessierende Textteile vertiefter zu bearbeiten. [17]

• Das Verständnis des Modells hängt von der eigenen Auseinandersetzung mit dem Modell ab und damit von der Bereitschaft, spezifische Themenstellungen aus dem eigenen Arbeitskontext konstruktiv-kritisch zu beleuchten. Wie dies geleistet werden kann, ist vorgängig anhand der beiden Arbeitsweisen Fokus «Gesamtorganisation» und Fokus «Unternehmerische Herausforderung» illustriert worden.

• Dabei können Management-Verantwortliche das SGMM dazu verwenden, grundlegende Klärungs- und Reflexionsprozesse einerseits in allgemeiner begrifflicher und andererseits in konkreter gestalterischer Hinsicht herbeizuführen. Dies kann am Beispiel «Strategie» besonders gut illustriert werden:

– Der Begriff «Strategie», der in der Aufgabenperspektive des SGMM als Modellkategorie eingeführt wird, weist in Wissenschaft und Praxis vielfältige Bedeutungen auf. In einer Organisation ist durch die Management-Verantwortlichen zu klären, für welche Aspekte, Phänomene und Sachverhalte organisationaler Wirklichkeit der Begriff «Strategie» steht und im Alltag gebraucht werden soll. Es geht also darum, auf einer grundsätzlichen Ebene die Bedeutungsinhalte von Strategie zu klären und zu definieren, was unter Strategie verstanden werden soll. Dies dient dazu, unter den Management-Verantwortlichen ein gemeinsames Verständnis von Strategie als allgemeinem Konzept zu entwickeln.

– Auf dieser Grundlage ist gleichzeitig zu klären, worin «die» Strategie der entsprechenden Organisation konkret besteht, was diese im Kern ausmacht, wie sie sichtbar wird und was sie bewirken soll. In der Praxisperspektive des SGMM finden sich verschiedene Überlegungen und Beschreibungsformen, die es erleichtern, eine etablierte Strategie in ihrer Vielschichtigkeit präzise zu beschreiben und deren Verständnis durch die Management-Verantwortlichen zu «vergemeinschaften». Dies wiederum bildet eine wichtige Voraussetzung, gemeinschaftlich zielgerichtet an der Weiterentwicklung einer Strategie arbeiten zu können. [18]

• Um die Entwicklung eines guten Gesamtverständnisses des SGMM zu unterstützen, finden sich im Text immer wieder Querverweise auf wichtige Themen, Begriffe und Abbildungen in anderen Kapiteln dieses Buchs. Die Hauptteile werden dabei wie folgt abgekürzt:

– Einführung: EF

– Aufgabenperspektive: AP

– Überleitung zur Praxisperspektive: ÜP

– Praxisperspektive: PP

Hinter der Kapitelabkürzung findet sich dann jeweils der entsprechende dezimale Kapitelverweis. Wenn also beispielsweise auf das Kapitel 5.4.1 «Kulturverständnisse» in der Aufgabenperspektive verwiesen wird, findet sich folgender Querverweis im Text: (→ AP, 5.4.1), oder auf das Kapitel 1.4.4 «Entscheidungsfähigkeit» in der Praxisperspektive: (→ PP, 1.4.4).

Zusammenfassend versteht sich das SGMM als Einladung an Management-Verantwortliche, mit ihren Teams gemeinsam Themen und Herausforderungen in einer Weise zu bearbeiten, die zusätzliche und neuartige Handlungsspielräume für die Weiterentwicklung der verantworteten organisationalen Wertschöpfung erkennbar macht.

Das SGMM ist zugleich eine Einladung an Lehrende und Lernende, sich in Aus- und Weiterbildung in einem gemeinschaftlichen Effort auf eine Entdeckungsreise zu begeben, die es erlaubt, das Zusammenspiel von Umwelt, Organisation und Management bereits vertrauter Organisationen auf neuartige Weise zu sehen und anhand ausgewählter Themenstellungen kritisch zu reflektieren. Weiterführende Hinweise und Lehrmaterialien finden sich unter www.sgmm.ch. [19]

Das St. Galler Management-Modell

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