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2.5 Organisationstypen

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Nicht alle Organisationen sind gleich. Eine Organisation definiert sich wesentlich darüber, worin ihre Primärwertschöpfung besteht und an welcher spezifischen Umwelt sich diese Wertschöpfung orientiert. Unter der Primärumwelt versteht das SGMM diejenige Umweltsphäre, an der sich die Primärwertschöpfung einer Organisation orientiert.

Primärwertschöpfung und Primärumwelt prägen die Identität und das Selbstverständnis einer Organisation, einschliesslich der Art und Weise, wie mit Anliegen, Interessen, Ansprüchen und Irritationen umgegangen wird, mit denen sich eine Organisation konfrontiert sieht. Mit den Begriffen Primärwertschöpfung und Primärumwelt wird zudem verdeutlicht, dass Organisationen mehrere Zwecke oder Funktionen haben, d.h. Multizweckoder Multifunktionssysteme sein können, die mit einer Vielfalt heterogener Erwartungen zurechtkommen müssen.

Insgesamt lassen sich Organisationen anhand von drei wesentlichen Unterscheidungen typisieren: Es gibt Organisationen, die ihre Primärwertschöpfung an Märkten (Umweltsphäre Wirtschaft) ausrichten, und solche, die eine andere Art der Primärwertschöpfung erbringen. Es gibt Organisationen, die mit ihrer Wertschöpfung eine finanziell realisierbare Wertsteigerung für ihre Eigentümer erzielen wollen, und solche, die das gerade nicht anstreben und andere Wertvorstellungen ins Zentrum ihrer Tätigkeit stellen. Schliesslich gibt es Organisationen, die sich in privatem Besitz, und solche, die sich in öffentlichem Besitz befinden. [35]

Auf diese Weise lassen sich sechs Organisationstypen unterscheiden:

• Erstens sind Organisationen Unternehmungen, wenn sie ihre Wertschöpfung an Märkten und damit an der Umweltsphäre Wirtschaft ausrichten. Sie erwirtschaften eine Wertsteigerung für ihre Eigentümer. Sie sind in privater Hand, und das Eigentum an Unternehmungen ist in Form von Aktien oder anderen Beteiligungsformen mehr oder weniger uneingeschränkt handelbar.

• Zweitens sind Organisationen öffentliche Unternehmungen, wenn der Staat Eigentümer oder zumindest Mehrheitseigner ist und sich diese öffentlichen Unternehmungen zugleich an den Umweltsphären Politik und Wirtschaft ausrichten müssen. Typischerweise gehören dazu die staatliche Post, die staatliche Eisenbahn, staatliche Anbieter von Kommunikationsdienstleistungen oder die öffentliche Wasserversorgung und Abfallentsorgung. Ihre Wertschöpfung wird (zumindest teilweise) staatlich reguliert, wenn es z.B. um kritische Infrastrukturen oder politisch gewollte Dienstleistungen (Service Public) geht.

• Drittens sind Organisationen öffentliche Organisationen, wenn sie sich im Unterschied zu öffentlichen Unternehmungen nicht an der Umweltsphäre Wirtschaft ausrichten, sondern eine hoheitliche Wertschöpfung (z.B. öffentliche Sicherheit) erbringen. Diese beruht auf einem staatlichen Auftrag und orientiert sich an den Umweltsphären Politik und Recht. Öffentliche Organisationen sind beispielsweise die Armee, die Polizei oder die öffentliche Verwaltung mit Bauamt, Einwohneramt, Steueramt usw.

• Viertens sind Organisationen Non-Governmental Organizations (NGOs), wenn sie sich typischerweise an der Umweltsphäre Gesellschaft (mit einem Fokus auf Öffentlichkeit und Ethik) ausrichten, ihre Wertschöpfung aber – im Unterschied zu öffentlichen Organisationen – nicht durch einen staatlichen Auftrag legitimiert ist. NGOs orientieren sich an gesellschaftlichen Grundanliegen wie z.B. dem Schutz von Menschenrechten, dem Schutz der Natur oder dem Tierschutz.

• Fünftens sind Organisationen Non-Profit Organizations (NPOs), wenn ihre Gründung und ihr Fortbestehen nicht durch eine Wertsteigerung für ihre Eigentümer motiviert sind, sondern durch kollektive Selbsthilfe oder durch einen gesellschaftlichen, kulturellen, symbolischen oder intellektuellen Mehrwert. Dazu gehören typischerweise sogenannte gemeinnützige Organisationen, die sich für bestimmte Anliegen ihrer Mitglieder einsetzen, wie z.B. Kulturvereine, Sportvereine oder Vereine der Nachbar- und Altershilfe. [36]

• Sechstens sind Organisationen pluralistische Organisationen, wenn mehrere der oben genannten Organisationsmerkmale gleichzeitig auf sie zutreffen (z.B. bei öffentlichen Spitälern oder bei privaten Universitäten). Ihre Wertschöpfung ist typischerweise gekennzeichnet durch multiple Orientierungen an mehreren Umweltsphären, durch heterogene Erfolgsvorstellungen und oftmals auch durch hybride Eigentumsverhältnisse. Wirksames Management als reflexive Gestaltungspraxis ist in solchen Organisationen mit besonderen Herausforderungen verbunden.

Zusammenfassend charakterisieren sich unterschiedliche Organisationen durch unterschiedliche Umweltorientierungen. Diese Umweltorientierungen sind auch durch spezifische Bewertungs- und Erfolgsvorstellungen gekennzeichnet. Während in der Wirtschaft Effizienz- und Produktivitätsmassstäben eine grosse Bedeutung zukommt, spielen in der Politik die Kriterien Mehrheitsfähigkeit und Machtzuwachs eine zentrale Rolle oder im Bereich der öffentlichen Verwaltung, die sich an Politik und Recht orientiert, Prinzipien der Rechtssatzmässigkeit, Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit.

Daraus resultieren bei diesen Organisationen unterschiedliche Identitäten, Selbstverständnisse, Beurteilungsmassstäbe und Rationalitätskriterien, was die Einschätzung und Bewertung von angemessenem, sinnvollem, legitimem, vernünftigem und erstrebenswertem Handeln betrifft (Schedler & Rüegg-Stürm, 2013).

Das St. Galler Management-Modell

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