Читать книгу Das St. Galler Management-Modell - Johannes Rüegg-Stürm - Страница 23
3.5 Umwelt, Organisation und Management aus einer systemorientierten Sicht 3.5.1 Was ist ein System?
ОглавлениеAus einer systemorientierten Sichtweise wird eine Organisation als komplexes System verstanden (Ulrich, 1968; Ulrich & Probst, 1988; Gomez, 1981; Gomez & Probst, 1999), das mit Bezug auf eine spezifische Umwelt eine spezifische Wertschöpfung erbringt.
Ein System ist dabei eine eigenständige Einheit, die sich von einer Umwelt abgrenzt und die aus verschiedenen Elementen besteht (Erk, 2016). Die Elemente eines Systems können – je nach Beobachtungsperspektive und Erkenntnisinteresse – sehr unterschiedlich beschaffen sein.
• Wenn man aus einer materiell-technischen Perspektive auf eine Organisation blickt und eine Organisation als technisches System interpretiert, dann betrachtet man z.B. Gebäude, Standorte, Infrastrukturen, Technologien und Artefakte aller Art als Systemelemente. [45]
• Wenn man aus einer kommunikativen Perspektive auf eine Organisation blickt und eine Organisation als soziales System interpretiert, dann betrachtet man z.B. Handlungen, Kommunikationen, Entscheidungen und Beziehungen als wesentliche Systemelemente.
• Wenn man aus einer ökonomischen Perspektive auf eine Organisation blickt und eine Organisation als ökonomisches System interpretiert, dann betrachtet man z.B. Anreize, Verrechnungspreise, finanzielle Ressourcen und ihre Allokation als Systemelemente.
• Wenn man aus einer rechtlichen Perspektive auf eine Organisation blickt und eine Organisation als rechtliches System (als «juristische Person») interpretiert, dann betrachtet man z.B. Festlegungen wie Statuten, Kompetenzordnung, Reglemente mit Rechten und Pflichten sowie Verträge als Systemelemente.
• Wenn man aus einer menschenzentrierten Perspektive auf eine Organisation blickt und diese als humanes System interpretiert, dann betrachtet man z.B. Individuen, Emotionen, Haltungen, Fertigkeiten und Wissen als Systemelemente.
Kennzeichnend für ein System ist, dass zwischen seinen Elementen vielfältige Interaktionen und wechselseitige Bezugnahmen stattfinden. Diese laufen nicht völlig zufällig, sondern geordnet im Sinne eines Interaktionsmusters ab. Diese Muster geben einem System ein charakteristisches Gepräge. Darin kommt die grundlegende Struktur eines Systems zum Ausdruck. Wenn sich diese Struktur weiterentwickelt, sprechen wir von einem dynamischen System.
Ein System ist komplex, wenn das jeweilige Systemverhalten weder vollständig durchschaut noch eindeutig vorhergesagt werden kann. So betrachtet kann beispielsweise ein Fussballspiel als System interpretiert werden. Es grenzt sich als Spiel ab vom normalen Alltagsgeschehen, es bildet eine dynamische Einheit, die typischerweise 90 Minuten dauert. Dieses System konstituiert sich aus Interaktionen (Spielzüge als Systemelemente), auf die durch die Fussballspieler fortlaufend Bezug genommen wird und aus denen fortlaufend neue Spielzüge generiert werden. Das Spielgeschehen läuft aber nicht beliebig ab. Die Spielregeln (und der Schiedsrichter, der diese durchsetzt) strukturieren dieses System. Diese Regeln determinieren das Spielgeschehen nicht, sie schaffen nur den Rahmen, in dem sich die spielerische Kreativität und Selbstorganisationskraft der Teams entfalten kann. Im Verlaufe des Spiels kristallisieren sich bestimmte Spielmuster heraus, die sich laufend verändern und weiterentwickeln können. Dies ist [46]Ausdruck der dynamischen Struktur eines Fussballspiels. Ein Fussballspiel ist komplex, weil das jeweilige Geschehen und dessen Entwicklung weder vollständig durchschaut noch eindeutig vorhergesagt werden können.