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1.3. Wo der Glaube stirbt
ОглавлениеStädte versprechen ihren Ankömmlingen, den Glauben an sich selbst zu stärken. Hier kann jeder etwas werden. Und wer es in der Stadt schafft, schafft es auch überall sonst. Die Erfolgreichen sind die Reklametafeln der Stadt. Sie feuern Sehnsüchte an. Wer sich in der Stadt ausprobiert, wer einmal Selbstverwirklichung in der Stadt getankt hat, der wird immer mehr auf Distanz zu dem gehen, der alles Leben geschaffen hat – Gott. So geschah es im biblischen Babylon. So ist es auch heute noch.
Heute gilt die Stadt als der eigentliche Säkularisierungsmotor der Gesellschaft. Wo immer in der Welt Städte wachsen, verlieren ihre Einwohner zunehmend den Bezug zu Gott. Das ist nicht nur in der sogenannten nachchristlichen Welt der Fall. Ähnlichen Verfall religiöser Bindungen kann man auch in islamischen, hinduistischen und buddhistischen Gesellschaften beobachten.
Die Erfolgreichen verlieren den Gauben an Gott, weil sie der Vorstellung erliegen, nun alles aus eigener Kraft tun zu können. Schließlich gibt ihnen ihr Erfolg täglich recht. Genauso gefährdet sind aber auch die Massen derer, die in der Stadt versagen, denen Glück und Erfolg versagt bleiben. Wie Süchtige versuchen sie immer wieder aus ihrer verzweifelten Lage herauszukommen und scheitern doch an all dem, was sie krankmacht, bis ihnen nur noch der stumme Schrei bleibt: „Allein, ich bin allein. Ich habe keinen Menschen. Niemand kann mir mehr helfen.“
In der Stadt stirbt der Glaube an Gott, an sich selbst und an die Mitmenschlichkeit. Man taucht in die Anonymität ab, verliert sich selbst und seine besten Freunde. Gefragt, ob sie ihre Nachbarn im Hochhaus kennen, antworten die meisten Städter meist mit einem Kopfschütteln. Man kennt sich in der Stadt nicht, und wenn, dann eben nur beiläufig. In der Stadt sterben die Beziehungen innerhalb der sozialen Räume ab, und das trotz der Tatsache, dass man nirgendwo sonst so viel in Kultur und Gemeinschaft investiert. Allerdings ist beides, die Kultur und das soziale Miteinander, schnelllebig und nicht selten merkantilisiert. Angebot und Nachfrage und nicht die Menschen selbst bestimmen hier. Und so werden die einen reich und die anderen verarmen. Die einen sind erfolgreich, weil die anderen am eigenen Misserfolg verzweifeln.
Und trotzdem strömen die Menschen in die Stadt. Und trotzdem glauben sie, gerade hier den Glauben an sich selbst wiederzufinden. Denn hier pulsiert das Leben. Hier entstehen permanent „neue Jobs, neue Lebensformen, neue Landkarten“17. Hier entsteht Gesellschaft. Wenn es überhaupt in der Welt einen Ort mit Zukunft gibt, dann ist das die Stadt.