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„Gott sei Dank haben wir uns mit unserer Stadt beschäftigt.“ Manfred lernt seinen Stadtteil neu kennen
ОглавлениеManfred, ein älterer Ältester einer bayerischen Freien Großstadtgemeinde, konnte sich kaum beruhigen. Zusammen mit den Studenten unserer Hochschule nahm er an der Sozialraumuntersuchung seiner Stadt teil. Das Ziel der Untersuchung war, herauszufinden, wie das Leben in dem Stadtteil, in dem die Gemeinde gebaut wird, pulsiert, was die Bedürfnisse der Menschen sind und welche Stärken Menschen mitbringen. So erhofften wir uns, Chancen formulieren zu können, die den Gemeindebau qualitativ verbessern würden.
Manfred hatte sich zunächst dagegen gesperrt, einer solchen Untersuchung zuzustimmen. „Was soll die ganze Rennerei und Fragerei. Ich lebe hier seit Jahrzehnten. Wenn jemand den Ort kennt, dann bin ich es. Und außerdem ist unsere Gemeinde ja seit Jahren mit der besten Kinderarbeit im Land unterwegs. Ein weiteres Programm verkraftet unsere Gemeinde sowieso nicht.“ Aber dann stimmte er doch zu, und anschließend, als die Untersuchung gelaufen war und er die Ergebnisse vor seinen Augen hielt, blieben ihm die Worte weg. Gerade sein so gelobtes Kinderprogramm erwies sich als völlig belanglos für den Ort. Weniger als 2 % der Bevölkerung des Stadtteils, für den die Gemeinde seit Jahrzehnten betete und von denen sie hoffte, sie eines Tages für Jesus zu gewinnen, bestand aus Familien. Schlicht und einfach gesagt – es gab im Stadtteil keine Kinder, über die man die Bevölkerung hätte gewinnen können. „Jetzt verstehe ich auch, warum die meisten Kinder in unseren Programmen aus den umliegenden Dörfern Woche für Woche in die Stadt gefahren werden müssen“, sagte der völlig verdutzte Älteste. „Wie wollen wir über dieses Programm Menschen für Jesus gewinnen, wenn alle Grundlagen, ein solches Programm erfolgreich aufzustellen, fehlen?“
Die Ortsanalyse hatte natürlich nicht nur diese Tatsache ans Tageslicht gebracht. Auch in anderer Hinsicht entsprach das Bevölkerungsprofil wenig dem Angebot der Gemeinde. Diese schien seit Jahren an den Menschen vorbei Gemeinde zu bauen. Die Annahme, dass das, was man anbot, auch bei den Einwohnern ankommen müsse, erwies sich als falsch und erklärte, warum die Gemeinde sich so erfolgslos um die Menschen vor Ort bemühte. Manfred, ein leidenschaftlicher Angler, brachte es auf den Punkt: „Wir haben den Köder auf den Haken gehängt, der uns schmeckt. Aber so wird man keinen Fisch aus dem Wasser ziehen. Keinem Fisch der Welt schmeckt, was einem Angler schmeckt. Gott sei Dank haben wir uns mit unserer Stadt beschäftigt. Es ist zwar viel Arbeit, und manches muss neu gedacht und organisiert werden, aber dafür haben wir gelernt, wo wir ansetzen müssen, um die Menschen in unserer Stadt zu erreichen.“