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„SCHÖNE ARBEIT“ KRAKAU

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Ja, in Krakau fühlen sich die deutschen Besatzer so richtig wohl, das ist eine Stadt nach ihrem Geschmack: „Auf Schritt und Tritt begegnen uns hier die steinernen Zeugen eines harten, entschlossenen Willens, nimmermüder Tatbereitschaft und unversiegbarer Schöpferkraft, daraus mitten im volksfremden Raume eine deutsche Stadt reiner und edler Prägung entstand“, schreibt Theodor Müller, einer der vielen kulturbeflissenen „Experten“, die sich nun in Krakau herumtreiben, in seiner Landeskunde des Generalgouvernements, verfasst im Auftrag der „Hauptabteilung Wissenschaft und Unterricht“ in der Regierung Hans Franks. Sie alle sind, glaubt man der NS-Propaganda, dem hehren „Ruf des Ostens“ gefolgt, um hier den „neuen deutschen Lebensraum“ aufzubauen; tatsächlich lockt der Reiz des Abenteuers, vor allem die gar nicht so utopische Aussicht, im Reich Hans Franks das schnelle Geld machen zu können. Da gibt es die Firmen und Vermögenswerte der jüdischen Polen, die man sich ganz ungeniert aneignen kann, da gibt es Kunstschätze und Möbel, Teppiche und Porzellan, Diamanten und Bargeld. Und da gibt es etwa die 2,5 Millionen jüdischen Polen, deren Ermordung man nun „zügig“ in Angriff nimmt.

Ein heftiger Kampf um Zuständigkeiten und Kompetenzen zwischen Himmler und Frank entbrennt, aus dem schließlich der Reichsführer-SS im November 1941 endgültig als Sieger hervorgeht. Was das Schicksal der jüdischen Polen angeht, so haben Himmler und seine Mordgehilfen ab diesem Zeitpunkt das Heft fest in der Hand: Die Entscheidungen über Tod und Leben der Juden fallen nun bei den SS-Dienststellen. An der Spitze der SS-Gewaltherrschaft im Distrikt Krakau steht, zumindest am Papier, General Friedrich Wilhelm Krüger, der Höhere SS- und Polizeiführer Ost (HSSPF Ost), ein ehrgeiziger, 48-jähriger, mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichneter Weltkriegsveteran aus Straßburg, ihm zur Seite als persönlicher Adjutant SS-Hauptsturmführer Emmanuel Graf von Korff, 36 Jahre alt. Krüger residiert wie sein Intimfeind Hans Frank auf dem Wawelschloss, ihm unterstehen alle SS- und Polizeidienststellen im Generalgouvernement: die Befehlshaber der Sicherheitspolizei (SIPO) und des Sicherheitsdienstes (SD) ebenso wie die Chefs der Kriminal- und der Ordnungspolizei; für alle „Aktionen“ gegen die Juden trägt er zwar nominell die Letztverantwortung, tastächlich kümmert sich ein Mann wie der Kärntner SS-Brigadeführer Odilo Globocnik, der in Lublin die Aktion Reinhardt startet, wenig um die Meinung Krügers und zieht es vor, seine Weisungen direkt bei Heinrich Himmler einzuholen. Und auch in Krakau selbst passiert vieles, was nicht unbedingt mit ihm abgestimmt ist. Die Initiative in Sachen „Judenpolitik“ liegt da eher beim SS- und Polizeiführer des Distrikts Krakau, Oberführer Julian Scherner, dessen Hauptquartier sich in der Oleanderstraße befindet. Als Stabsführer Scherners fungiert SS-Sturmbannführer Willi Haase.

Die ersten Terroraktionen der deutschen Besatzer in Krakau lassen nicht lange auf sich warten: In der Zeit zwischen dem 10. Mai und dem 12. Juli 1940 ordnet Generalgouverneur Hans Frank die „Außerordentliche Befriedungsaktion“ an. Die Sicherheitspolizei inhaftiert 3.500 Angehörige des polnischen Widerstandes, und etwa 3.000 so genannte „Berufsverbrecher“ werden in Gefängnissen ermordet. Frank zitiert den „Führer“, der ihm gesagt hätte, dass die Führerschicht in Polen zu liquidieren und was „nachwachse“ wieder wegzuschaffen sei. Dann meint er weiter über die Maximen seines Handelns: „Wir brauchen diese Elemente nicht erst in die Konzentrationslager des Reichs abzuschleppen, denn dann hätten wir nur Scherereien und einen unnötigen Briefwechsel mit den Familienangehörigen, sondern wir liquidieren die Dinge im Lande. Wir werden es auch in der Form tun, die die einfachste ist.“

Hans Frank versteht sich als deutscher Kulturmensch, ja, als Speerspitze der Zivilisation, und hält entsprechend Hof: So begrüßt der vielseitig interessierte und durchaus belesene Herr am Wawel zum Beispiel den Physiker Werner Heisenberg, Paul Hörbiger, Lil Dagover, Max Halbe, Elly Ney, Veit Harlan, Heinrich George, Clemens Krauß, diverse Solisten der Mailänder Scala, die Wiener Sängerknaben oder auch seinen Freund, den Komponisten Hans Pfitzner. Zu einer größeren Schärfe des Denkens vermögen ihn all diese Kontakte nicht zu bewegen und so schwadroniert er am Rednerpult weiter drauf los.


Arbeiten „für das Wohl und die Größe des Reiches“: die Nazis in Krakau

In seiner Ansprache auf der Weihnachtsfeier des I. Wachbataillons Krakau am 19. Dezember 1940 resümiert Frank: „Ich habe freilich in einem Jahr weder sämtliche Läuse noch sämtliche Juden beseitigen können. Aber im Laufe der Zeit und besonders wenn Ihr mir dabei helft, wird sich das schon erreichen lassen.“

Der Henker

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