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Das unterirdische Amphitheater Geheimprojekt „Zement“ in Ebensee
Оглавление„Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein“ singt der Kellner Leopold in Ralph Benatzkys berühmtem Singspiel Im weißen Rößl. Am 8. November 1930 wird das Stück, das auf einer Vorlage von Oscar Blumenthal und Gustav Kadelburg aus dem Jahre 1896 basiert, im Großen Schauspielhaus in Berlin uraufgeführt und beginnt von hier aus seinen Siegeszug um die Welt; die Salzkammergut-Klischeebilder werden von nun an von den Evergreens aus dem Weißen Rößl unterfüttert, daran ändert auch der Krieg nichts: Johannes Hesters und Peter Alexander, Johanna Matz und Waltraut Haas trällern die Erfolgsmelodien in den 1950er Jahren fröhlich weiter; vergessen scheint, dass die Nazis auch das Salzkammergut in ihre „ostmärkische“ Todeslandschaft rund um Mauthausen einbezogen hatten. Aus der heiter-idyllischen Welt mit blaugrünen Seen und firngleißenden Bergen war eine düster-bedrohliche Kulisse für das große Sterben geworden. Im Brennpunkt: der alte „Salzflecken“ Ebensee am Südufer des Traunsees, in der Monarchie Knotenpunkt des Sommerfrischeverkehrs nach Bad Ischl, nun auserkoren zum Standort für eine geheime Waffenschmiede.
Als am 13. März 1938 die ersten deutschen Wagen in Ebensee eintreffen, so vermerkt die Ortschronik, bricht die Menge in jubelnde „Heil Hitler!“-Rufe aus – sieben Jahre später stehen die Ebenseer Parteigenossen fassungslos vor den Leichenbergen vor ihrer Haustür: Die US-Befreier zwingen sie, dem Grauen, das mit ihrer Unterstützung möglich geworden ist, ins Auge zu sehen und beim Begraben der Toten in den Massengräbern zu helfen. Eine, wie die GIs meinen, pädagogisch richtige „Erziehungsmaßnahme“, heute betrachten wir die Fotos, die dieses Vorgehen dokumentieren, mit gemischten Gefühlen.
Eines der mächtigen Eingangstore zur Stollenanlage in Ebensee.
Auf der Liste „Anhang 1.2.1“ zum Bundesimmobiliengesetz 2000 erscheint Ebensee so wie viele andere Orte unter einer unscheinbaren Nummer; mit der 1. Novelle 2003 wird das „Objekt“ am Traunsee wieder von der BIG-Liste gestrichen – Martin Hübner gelingt es zu zeigen, dass die Bestimmung „Deutsches Eigentum“ hier nicht zutrifft: Aufgrund eines Rückstellungsvergleiches aus dem Jahre 1951, in dem auch die errichteten Stollen an die Firma „Hatschek Zementwerke“ mitübertragen werden, stellt die Anlage eindeutig keinen Anwendungsfall für den Erwerb durch die Republik, wie im Staatsvertrag bzw. Staatsvertragsdurchführungsgesetz 1955 definiert, dar.