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Kapitel 06: Jonas und Plagen

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"So hört mein Lied, ihr lieben Leute,

Das ich in meiner Not ersann;

Euer Mitleid erbitt' ich heute,

Ich bin ein vom Glücke verlassener Mann.

Es war unter Sternen des Unglücks,

Dass das Licht dieser Welt ich erblickt'

Und mein Leben, im Lichte des Rückblicks,

War stets voll des Leids und verzwickt.

Und so spottet nicht ob meiner Nöte,

Sondern denkt voll des Mitleids daran:

Ich bin ein verlorener, schrecklicher, furchtbarer, trostlos unglücklicher Mann."

– aus einem alten Liede




In einem der vorigen Kapitel erwähnte ich, dass ein Sibley-Zelt Platz genug für zwölf Bewohner bot. Jene Behauptung muss ich an dieser Stelle ein wenig relativieren. Wenn jeder dieser zwölf Männer schlafend auf dem Boden lag, kamen sie einander nicht in die Quere. Wenn jedoch einer dieser Männer nächtlichen Postendienst zu versehen hatte, zudem vielleicht noch für die dritte Wachablösung eingeteilt war, welche in meiner Kompanie von Mitternacht bis 02.00 Uhr auf Posten stand, und um diese Uhrzeit sein Zelt betrat, wurde es schon ungemütlich. Befand sich sein Schlafplatz dann auch noch gegenüber des Einganges und der Heimkehrer trat bei der Suche nach seiner Decke auf den bestrumpften Fuß eines mit lauter Stimme und hitzigem Temperament gesegneten Schläfers, so schleuderte dieser dem Neuankömmling eine kurze aber aussagekräftige Probe seines gesalzenen Vokabulars entgegen. Kam unser eingeschüchterter Mann unter dem Eindruck dieser Tirade nun auf die Idee, mittels eines Sprunges die übrigen Schläfer zu überwinden und mit einem glücklichen Satz auf seiner Bettstatt zu landen, so schlug er hierbei wahrscheinlich in seinen Bettnachbarn ein, worauf dieser aufstöhnte und Laute ausstieß, als läge er im Todeskampf. Derart wuchsen die Nöte des armen Postens stetig weiter an und sobald sein letztes Opfer ausreichend bei Sinnen war, um zu erkennen, dass es nicht von einer Kanonenkugel zerschmettert worden war und nicht auf einer Trage ins Lazarett geschafft werden musste, entströmten auch seinem Munde die bittersten Flüche und so erfüllten die Schreie der beiden Opfer die Nachtluft mit den wüstesten Schmähungen wider den verdammten Burschen der dritten Wachablösung. Hiervon wurde nun der Rest der Zeltbewohner geweckt und in ihrem Zorn ob der rüden Störung stimmten auch sie in das Wutgeheul ein. Der anhaltende Lärm veranlasste schließlich die Männer in den angrenzenden Zelten, sich ebenfalls Gehör zu verschaffen: "Maul halten!", "Holt den Sergeant der Wache!", "Legt euch endlich hin!", "Schießt den Kerl nieder!", "Steckt ihn hinter Gitter!" ... Diese und ähnliche Rufe wurden von den umliegenden Zelten herüber gebrüllt.

Endlich legt sich dieser Sturm im Wasserglas und als der Sergeant der Wache auftaucht, um den Tumult zu untersuchen und die verantwortlichen Unruhestifter gemäß den bestehenden Lagerregularien und den Anweisungen des diensthabenden Offiziers wegen Störung der Nachtruhe in Arrest zu nehmen, trifft er auf vollkommene Stille. Keinem der Männer ist mehr daran gelegen, seine Kameraden ans Messer zu liefern, denn die kurzzeitig erhitzten Gemüter haben sich bereits abgekühlt. Der Sergeant kann nicht einmal mehr mit Sicherheit ermitteln, in welchem Zelt der Tumult seinen Anfang nahm.

Selbstverständlich unterlief auch dem umsichtigsten und sorgfältigsten Manne hin und wieder ein Missgeschick, doch jener Typus Soldat, den ich oben geschildert habe, war in jeder Gruppe innerhalb eines Lagers anzutreffen. Ein solcher Mann wurde "Jona" genannt, da er vom Peche verfolgt zu sein schien. Wenn ein Jona seinen Blechteller bis zum Rand mit heißer Erbsensuppe gefüllt hatte, konnte man sich beinahe darauf verlassen, dass er beim Betreten seines Zeltes einen Teil davon in jemandes Nacken verschüttete. Je höher er den Teller über seinen Kopf hielt, desto sicherer schien er sich zu fühlen, während er sich zu seinem Platze im Zelt navigierte, doch sobald er seine Suppe auf Augenhöhe herabsenkte, schwappte unweigerlich auch noch der Rest auf die umherliegenden Decken.


Ein Jona verteilt seine Erbsensuppe


Richtete seine Suppe ausnahmsweise kein Unheil an, so stieß er mit traumwandlerischer Sicherheit die Kaffeetasse seines Nachbarn um, welche dieser nur für einen Augenblick abgestellt hatte, um seinen Knietisch auf dem Schoß auszubalancieren. Die wortreichen Entschuldigungen des Jona (und diese waren stets wortreich und zugegebenermaßen auch ernst gemeint) waren gänzlich unzureichend, das angerichtete Leid zu lindern. Jeder andere Soldat im Zelt hätte mit arglistigem Vorsatze diese Tasse in hohem Bogen aus dem Zelt hinaus treten können und es wäre ihm weniger aufgebrachte Empörung entgegengeschlagen als jenem unbeholfenen Pechvogel für sein aufrichtiges Versehen. Womöglich wollte er sich die Tinte eines anderen Soldaten borgen. Natürlich konnte dieser sie ihm nicht rundheraus verwehren. Womöglich hatte der Soldat sie mit aus der Heimat geschicktem Tintenpulver angerührt ... vielleicht war es sogar der letzte Rest seines Pulvers und er wollte selbst einen Brief damit schreiben. All dies tat nichts zur Sache. Der Jona nahm die Tinte zufrieden entgegen, versprach, sorgsam auf sie achtzugeben, verstaute sie vorsichtig in einem kleinen Kistchen an seiner Seite und stieß dieses fünf Minuten später mit gewohnter Zuverlässigkeit um.


Das Lagerfeuer vor dem Erscheinen des Jona


Der folgende Jona war ein begeisterter Koch. Man konnte ihn nahezu den gesamten Tag hindurch (und auch in den Nachtstunden, sofern er Posten stand) am Lagerfeuer finden, wo er irgendetwas in einer Tomatendose oder seiner Blechtasse zubereitete. Hin und wieder warf er verstohlene Blicke um sich und holte aus den Tiefen seiner Uniformjacke oder seines Brotbeutels ein kleines Päckchen hervor, dessen Inhalt er prisenweise in sein Gebräu streute. Im Laufe seines kulinarischen Treibens geschah es auch, dass er sein volles Potential als Pechvogel entfaltete. Er erschien am Lagerfeuer (das er, nebenbei bemerkt, niemals selbst entzündete), um sich und seinem Essgeschirr die besten Plätze zu sichern und wenn sich dann auf den beiden Holzbalken, welche in der Regel ein Lagerfeuer einrahmten, dicht die abgestellten Kaffeetassen seiner Kameraden drängten, konnte der zerstörerische Genius des Jona diese Gelegenheit einfach nicht ungenutzt verstreichen lassen. Der Gedanke schoss ihm in den Kopf, dass er sich dringend noch irgendetwas borgen müsse und er sprang unvermittelt auf, um zu seinem Zelt zu eilen. Hierbei stolperte er natürlich über einen oder gar beide Balken und (dies wird wohl niemanden mehr verwundern) die gefüllten Tassen fielen ins Feuer und löschten es. An dieser Stelle wäre es wohl angebracht, den Mantel des Schweigens über die Szene zu breiten, doch die Geschichte soll trotzdem bis zu ihrem bitteren Ende erzählt werden. Der durchschnittliche Soldat war kein besonders gläubiger Mann und auch wenn er sich in Zeiten drohender Gefahr durchaus ernsthaften, tiefsinnigen Gedanken hingeben konnte, so formten die Entbehrungen und Härten sowie die aufgezwungene Disziplin viele Männer zu hochexplosiven Charakteren, die leicht zu provozieren waren. Zudem waren Kaffee und Zucker zwei Grundnahrungsmittel des Soldaten und selbst die geringfügigste Verschwendung galt, sofern kein sehr guter Grund vorlag, als unentschuldbar. Vernichtete der Jona nun durch seine Sorglosigkeit eine ganze Reihe von Kaffeebechern inklusive deren kostbarem Inhalt, so waren dies die Tropfen, die das Fass seiner Zeltgenossen zum Überlaufen brachten. Deren heiliger Zorn brach nun über ihn herein und hätten sie all diese lautstarken, deftigen Flüche in einer Schlacht wider den Feind gerichtet, so hätten sie wohl mühelos ein ganzes Regiment in die Flucht geschlagen. Die langmütigeren Kameraden, die sich nicht zu Schlägen oder Flüchen hinreißen ließen, sympathisierten zumindest sehr mit jenen, die sich weniger in der Gewalt hatten. Zwei redegewandte Geistliche hätten nicht ausgereicht, um einige der aufgebrachteren Burschen wieder zur Besinnung zu bringen.


Das Lagerfeuer nach dem Erscheinen des Jona


Ich erinnere mich an einen Mann, der seinen besten Bemühungen zum Trotze stets vom Peche verfolgt schien. Er war ein guter Soldat und er gab stets sein Bestes, aber hin und wieder unterlief ihm ein grober Schnitzer. Seine letzte Tat als Soldat bestand darin, beim Behauen eines Baumstammes seine Axt in seinen Stiefel zu schlagen. Zu seinem Unglücke befand sich zu diesem Zeitpunkt sein Fuß darin. Als er seinen Stiefel abstreifte und seinen Fuß in Augenschein nahm, stellte er fest, dass einige seiner Zehen "sich unerlaubt von der Truppe entfernt hatten". Er packte also seinen Stiefel, drehte ihn um und schüttelte seine Zehen heraus. Dabei wirkte er so gefasst, als sei dies ein alltäglicher Teil des Soldatenlebens. Dieser Unfall bedeutete das Ende seiner militärischen Laufbahn.


Der Pechvogel


Der Jona konnte seine "Begabung" in den verschiedensten Bereichen zeigen, doch hier müssen wir uns leider von ihm verabschieden, um uns einem anderen Charakter zuzuwenden, über den ich einige Worte verlieren möchte. Es handelt sich hierbei um die sogenannte "Plage". Plagen kamen in den verschiedensten Varianten. Ursprünglich bezeichnete der Ausdruck "Plage" einen Faulpelz oder Drückeberger, der sich mit allen nur erdenklichen Mitteln seiner soldatischen Pflichten zu entziehen versuchte, fand jedoch rasch ein breiteres Anwendungsfeld.

Eine der erträglicheren Formen der Plage war jener Mann, der im Zelt am Feuer saß und ohne Sinn und Verstand unablässig Brennholz nachlegte, sodass sich das Zeltinnere in eine Räucherkammer verwandelte. Dieser Feuerwächter schien sich diesbezüglich nicht um das Recht seiner Zeltgenossen auf eine ungestörte Freizeit zu scheren, denn ihn fröstelte es ständig. Er trug Mantel, Uniformjacke, Hemd und Flanellunterwäsche, kurz jedes Kleidungsstück, das von der Regierung ausgegeben wurde, aber man hörte ihn niemals klagen, ihm sei zu heiß. Er trug stets seinen gesamten Kleidungsbestand am Leibe, tags wie nachts, und nur eine bevorstehende Inspektion konnte ihn dazu nötigen, sich widerwillig des einen oder anderen Stückes zu entledigen. Am wohlsten fühlte sich dieser Charakter beim Arbeitseinsatz, denn er war ein Meister der Arbeitsvermeidung und erledigte seine Aufgaben mit dem Tempo der Kontinentaldrift. Burschen seiner Art schienen ein fester Bestandteil des Unionsheeres zu sein und in jeder Einheit waren einige Exemplare zu finden.


Auf Wassersuche


Ein weiterer und weniger nervenzehrender Typus der Plage war der Mann, der niemals Wasser in seiner Feldflasche hatte. Selbst wenn die Armee ein festes Lager bezogen hatte, war Wasser nicht immer direkt verfügbar, ohne eine teils beträchtliche Entfernung zu einer Quelle zurückzulegen. Diese Art von Plage war dafür bekannt, sich niemals persönlich auf die Suche zu begeben. Die Burschen schafften es stets, ihre Feldflasche einem anderen Soldaten aufzuschwatzen, der sich gerade auf dem Wege zu einer Quelle befand. Wenn die Armee sich auf dem Marsche befand und die Männer während einer kurzen Rast auf der Suche nach Wasser davoneilten, rührte diese Plage sich nicht vom Fleck. Sie gab sich damit zufrieden, auf der Erde zu liegen und den gröbsten Durst mit einigen Schlucken zu stillen, welche sie sich bei den unerfahrenen Neulingen zusammenbettelte. Hatte hingegen ein anderer Soldat das Pech, sich aufgrund eines leeren Brotbeutels eine Kleinigkeit zu essen von einer solchen Plage erbitten zu müssen, so konnte er sicher sein, diese kleine Gefälligkeit tausendfach zurückzahlen zu müssen.

Was die Rationen der Plage betraf, so reichten ihre Hartkekse niemals hin und sie erschwatzte sich Nachschub, sooft es ihr nur möglich war. Ganz gleich, wie groß die gegenwärtige oder erwartete Knappheit sein mochte, die Plage schaffte es einfach nicht, sich auf eine derartige Eventualität vorzubereiten und ihre Kameraden waren gemein und habgierig (so behauptete zumindest die Plage), wenn sie nicht einige ihrer mühsam zusammengesparten Vorräte an die unbedachten Verschwender abgaben. Doch dieser Typus der Plage gab sich nicht mit erbettelten Hartkeksen zufrieden. Diese Burschen waren nicht sonderlich wählerisch und wenn keine Hartkekse zu haben waren, dann genügten auch Kaffee, Zucker oder Pökelfleisch. Gelegentlich wollten sie sich auch "nur für einen oder zwei Tage" einen Dollar borgen, den sie natürlich prompt zurückzahlen würden, da mehrere Briefe aus der Heimat, von denen einige Geld enthielten, bereits überfällig seien. Die Leute im Zivilleben bilden sich ein, die Unzulänglichkeiten der Postbehörde der Vereinigten Staaten zu kennen und sie erzählen indigniert Geschichtchen von verschwundenen, falsch zugestellten oder anderweitig verzögerten Briefen. Diese Leute kennen nicht einmal einen Bruchteil all der Gebrechen, welche die US-Postbehörde plagen und ich kann mir niemanden vorstellen, der besser in der Lage wäre, ein umfassendes Zeugnis hierüber abzulegen als gewisse Soldaten im Heere der Union. In den Jahren 1862 - 65 (und wahrscheinlich sogar heute noch) hätte ich auf Männer verweisen können, die in einem einzigen Jahre mehr Briefe verloren (von denen drei Viertel beträchtliche Geldsummen enthielten) als gemäß den Angaben der Leiter der Postbehörde seit deren Gründung insgesamt verschollen sein sollen. Es handelt sich hierbei wohlgemerkt um die Verluste eines einzigen Mannes; multipliziert man diese mit der Anzahl all der anderen Soldaten seines Schlages im gesamten Unionsheere, so wird ersichtlich, warum die Regierung ihren alten Soldaten mit äußerster Zuvorkommenheit begegnen sollte.

In diesem Zusammenhang entsinne ich mich einer weiteren interessanten Eigenheit des Soldatenlebens, die wohl von einiger historischer Bedeutung sein mag: Sooft den Truppen ihr Sold ausbezahlt wurde, wollte die überwältigende Mehrheit der Männer den Großteil ihres Geldes nach Hause zu ihren Familien oder Freunden schicken. Der Versand per Post barg natürlich ein gewisses Risiko. Um dieses zu minimieren, wurde ein sogenannter Anweisungsplan ausgearbeitet. Erhielten die Truppen Besuch vom Zahlmeister, so konnten die Soldaten ein gesondertes Dokument unterzeichnen, in dem sie die Auszahlung eines bestimmten Betrages an eine ausgewählte Person in der Heimat anwiesen. Veranschaulichen wir uns diesen Prozess anhand eines Beispiels: John Smith bekommt den Sold von vier Monaten (13 Dollars pro Monat) ausbezahlt. Er hat angewiesen, 10 Dollars seines monatlichen Solds seiner Gattin in Plymouth, Massachusetts auszuhändigen. Der Zahlmeister händigt nun also John 12 Dollars aus, während seine Gattin in Plymouth einen Scheck über 40 Dollars erhält, ohne dass sich John weiter darum kümmern müsste. Dieses System war eine große Erleichterung für die Soldaten und ihre Familien. Bei der Aufteilung seines Solds kalkulierte der Soldat dahingehend, dass er alle anfallenden Kosten des Lagerlebens, wie Wäschereinigung, Tabak, Zeitungen, gelegentlich von ortsansässigen Damen verkaufte Süßspeisen sowie Käse und Kuchen des Marketenders, bezahlen konnte. Doch allen sorgfältigen Berechnungen zum Trotze endete die Angelegenheit in der Regel damit, dass der Soldat sich genötigt sah, die Lieben in der Heimat nach und nach um die Rücksendung eines beträchtlichen Teiles des Geldes in Dollar- oder Cent-Beträgen zu bitten. Wie bereits erwähnt, war Silbergeld zu dieser Zeit nicht mehr gebräuchlich, da es, genau wie Gold, nur zu halsabschneiderischen Konditionen zu haben war. An seiner Stelle gab die Regierung die sogenannten "Scheine" aus, Papiergeld im Werte von 50, 25, 10, 5 und später auch 15 und 3 Cents. Einige dieser Scheine sind noch heute in Umlauf. Die Soldaten und ihre Angehörigen fanden sie damals ausgesprochen nützlich. Doch nun zurück zu unserem ursprünglichen Thema:

Sollten die Angaben dieser Plagen bezüglich der Geldmengen, welche sich auf dem Wege zu ihnen befanden, den Tatsachen entsprochen haben, so hätten sie nicht nur ihren gesamten Sold zurückgefordert, sondern darüber hinaus überreichlichen Gebrauch von ihren Privatvermögen oder der Freigiebigkeit ihrer Freunde gemacht. Tatsächlich verhielt es sich aber so, dass die Plage niemals beabsichtigte, das geborgte Geld zurückzuzahlen. Die Öffentlichkeit scheint dem Irrglauben anzuhängen, dass die Soldaten, welche Schulter an Schulter für die Union kämpften, die gleichen Entbehrungen erduldeten, die gleichen Behausungen teilten und aus den gleichen Töpfen aßen zwangsläufig auch auf ewig treu verbundene Kameraden sein müssen. Die Veteranenvereinigung der "Grand Army of the Republic" scheint diese irrige Überzeugung noch zu stützen, doch in Wahrheit zeigt sich die menschliche Natur im Heere ebenso wie in allen anderen Bereichen des Lebens. Männer in Uniform waren weiterhin Drückeberger, Diebe, Quälgeister, Feiglinge oder nutzlose Taugenichtse, wenn sie dies bereits zuvor im Zivilleben gewesen waren. Das Zebra kann seine Streifen nicht ablegen und der Sohn Afrikas nicht die Farbe seiner Haut. Es kann daher nicht verwundern, wenn ich konstatieren muss, dass der größere Teil des von Soldaten geborgten Geldes niemals zurückgezahlt wurde. Es zeugt von dem immensen Mangel an Ehrlichkeit und Ehrgefühl dieser Männer, dass sie noch heute ihre alten Kameraden, denen sie in jenen schweren Zeiten einen, zwei, fünf, zehn oder gar mehr Dollars abgeschwatzt hatten, treffen, ohne vor Scham zu erröten oder sich anmerken zu lassen, dass sie sich ihrer ausstehenden Schuld bewusst sind. Einige von ihnen sind sogar dermaßen charakterlos und unverschämt, dass sie ihre alten Opfer um neuerliche Gaben anbetteln.

Eine der bevorzugten Verzögerungstaktiken der Plage bestand darin, sich zwei- oder dreimal vom Corporal wecken zu lassen, bevor sie sich endlich aus ihrem Bett bequemte, um sich im Schneckentempo dem Ausgange entgegenzuschleppen. Befand sie sich schließlich auf ihrem Wachtposten, so war die Plage bestrebt, den größtmöglichen Teil der Arbeit dem Corporal der Wache aufzubürden. Sie hatte also kaum ihren Posten bezogen, als sie auch schon nach dem Corporal schicken ließ, da sie dringlichst die Kompanie-Latrine aufsuchen müsse. Mittels dieser Taktik ließ sich mindestens eine halbe Stunde schinden. Bei ihrer Rückkehr (im Schneckentempo) trug die Plage die Gesichtszüge eines Mannes, dessen Gesundheitszustand keinen weiteren Armeedienst duldete. Sie begann, dem Corporal im kläglichsten Tonfalle ihr Leid zu klagen, während sie sich ihre Ausrüstung umgürtete, doch dieser war nach der langen Wartezeit nicht gewillt, dem Gejammer Gehör zu schenken und lenkte seine Schritte eilig dem Zelt der Wache entgegen.

Dort war ihm allerdings nicht viel Ruhezeit vergönnt, bevor ihn eine erneute Anfrage desselben Postens erreichte, auf die er mit verständlichem Verdruss und einigen gemurmelten Bemerkungen über den Charakter des Störenfriedes reagierte. Diesem war zwischenzeitlich eingefallen, dass sich eine Medizin in seinem Zelt befand, die seinem Gesundheitszustand zweifellos zugute kommen würde. Dem Corporal war natürlich sehr daran gelegen, die Heilung des Burschen zu unterstützen und so übernahm er erneut den Posten des Drückebergers. Dieser tauchte erst wieder auf, als die letzte Stunde seiner Wache bereits zur Hälfte verstrichen war und er hatte die Entschuldigung parat, dass er sein Wundermittelchen nicht habe finden können und genötigt gewesen sei, es sich andernorts zu besorgen. Mittels derartiger Gaukeleien schaffte es die Plage unter Ausnutzung der Gutmütigkeit seiner Kameraden und des Corporals, sich vor mindestens zwei Dritteln seines Wachtdienstes zu drücken.


Der rheumatische Drückeberger


Nach der Schlacht von Fredericksburg bediente sich ein Soldat eines der tapferen Regimenter in Burnsides Corps, dessen Moral die Schlacht offenbar gebrochen hatte, des "Rheumatricks", um seine Entlassung zu erwirken. Er erschien täglich mit erbarmungswürdig gekrümmter Haltung bei den Krankmeldungen und der Arzt verschrieb ihm entsprechende Medikamente, doch sie alle halfen nichts. Eines seiner Beine war angewinkelt und er schien es nicht bewegen zu können, zudem war er sorgsam darauf bedacht, in gewissen Abständen und zu passenden Gelegenheiten das erbärmliche Wimmern eines unsagbar Leidenden auszustoßen. Er erhielt dieses Schauspiel sechs Wochen lang aufrecht und schließlich empfahl der Arzt seine Entlassung. Diese wurde von den Hauptquartieren auf Regiments-, Brigade- und Divisionsebene befürwortet und lag gerade im Corpshauptquartier zur Unterschrift vor, als das Corps nach Kentucky beordert wurde. In Covington, Kentucky gelangte die Einheit, welcher der "Invalide" angehörte, auf irgendeine Weise in den Besitz eines Fasses Whisky. Da unser Leidender sich nicht zu den Abstinenzlern zählte, ließ dieser hochprozentige Fund seine Umsichtigkeit schwinden und nachdem er seinen Platz an dem Strohhalm eingenommen hatte, den man durch ein Loch in das Fass gesteckt hatte, war er bald wieder so gut zu Fuß wie eh und je. In diesem Zustande fand ihn schließlich der Colonel vor. Selbstverständlich wurde seine Entlassung nun vom Corpshauptquartier abgelehnt und zudem wurde dem Simulanten in den folgenden Monaten das Soldatenleben gehörig sauer gemacht.


Wasser für die Feldküche


Es gab noch ein weiteres Betätigungsfeld, bei dem die Plage eine prominente Rolle spielte (und das Wort "spielte" ist hierbei durchaus wörtlich zu verstehen, denn dieser Typus Soldat arbeitete nicht, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ): den Arbeitsdienst, also all jene Aufgaben eines Soldaten, die nicht im engeren Sinne seinen militärischen Pflichten zuzurechnen waren. Hierzu zählten Säuberungsarbeiten im Lager, die Holz- und Wasserbeschaffung für die Kompanie, das Ausheben und Zuschütten der Senkgruben (die Toiletten der Soldaten) und bei der Kavallerie und Artillerie darüber hinaus noch die Besorgung von Getreide und anderweitiger Verpflegung für die Pferde. Für einen guten, tüchtigen Soldaten stellte es ein großes Unglück dar, einer Arbeitsgruppe zur Holzbeschaffung zugeteilt zu werden, bei der jeder zweite oder dritte Mann ein Drückeberger oder eine Plage war, denn während diese Burschen natürlich den Anschein fleißiger Arbeit zu erwecken suchten, waren sie tatsächlich den arbeitswilligen Männern nur im Wege. Viele dieser Faulenzer vergeudeten ihre Zeit und Energie damit, wider die Regierung oder ihre Offiziere zu fluchen, welche ihnen eine derartige Arbeit aufbürdeten. Dabei verkündeten sie empört, sie hätten sich zu den Fahnen gemeldet, um zu kämpfen und nicht, um Holz zu hacken oder Senkgruben zu buddeln. Stand dann jedoch eine Schlacht bevor, so hätten sie bereitwillig jeden Vertrag unterzeichnet, alles Holz in Virginia zu hacken, wenn der Kelch nur noch dieses eine Mal an ihnen vorüberziehen möge. Es waren dies die Männer, über welche der vor wenigen Jahren verstorbene Senator Hill aus Georgia einst spottete, im Frieden seien sie nicht zu besänftigen und im Krieg seien sie nicht zu sehen. An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass die Soldaten natürlich aus den verschiedensten Berufen und gesellschaftlichen Schichten kamen und dass in diesen Arbeitsgruppen entsprechend häufig Männer zusammengewürfelt wurden, welche nicht die geringste Erfahrung in der von ihnen verlangten Arbeit besaßen. Zu den Drückebergern, die arbeiten konnten, es aber nicht wollten, gesellten sich also noch jene Männer, die arbeiten wollten, es aber nicht konnten, zumindest nicht effektiv. Hier erwies sich das Heer als ein guter Lehrmeister, sofern die Männer lernwillig waren, und selbst einige scheinbar hoffnungslose Fälle gelangten mit der Zeit zur Meisterschaft auf dem einen oder anderen ihnen zuvor gänzlich unvertrauten Gebiete.

Es existierte eine bestimmte Aufgabe, zu deren Umgehung all die Drückeberger, Plagen und hoffnungslos Ungeschickten mit Hacke und Spaten ihre gesamte Kunstfertigkeit in der Vermeidung und gespielten Unfähigkeit aufboten. War ein Mann erst zu dieser Arbeit eingeteilt, so war er wohl oder übel gezwungen, feste anzupacken, denn gemächliches Vorgehen machte sie nur umso unerträglicher. Die Rede ist hierbei von den Beerdigungskommandos für die toten Pferde. Im Winter verendete regelmäßig eine große Anzahl der Artillerie- und Kavalleriepferde. Diese konnten aufgrund des gefrorenen Bodens erst nach Einsetzen des Tauwetters im Frühling begraben werden, doch bis dahin hatten Regen, Sonne sowie hungrige Hunde, Bussarde und Krähen für unsere Totengräber nur noch wahrhaft ekelerregende Kadaver übrig gelassen. Im Sommer wiederum forderte der Gott des Krieges seinen Tribut unter den am Rotz erkrankten und allgemein bis zur völligen Erschöpfung überbeanspruchten Pferden, sooft die Armee ein kurzzeitiges Lager aufschlug. Doch da auch diese nicht immer prompt bestattet wurden (sei es aus Pietät gegenüber den frisch Verstorbenen oder aufgrund der langsam mahlenden Mühlen der militärischen Bürokratie), war ihr Geruch, den der Wind im Lager verbreitete, beträchtlich "kräftiger" als der menschlichen Nase genehm ist, sodass zu diesem Zeitpunkt häufig die militärische Gesundheitskommission eine zügige Beerdigung anordnete.

Sobald sich herumgesprochen hatte, dass eine Gruppe für diese Arbeit zusammengestellt werden sollte, ging der Spaß los, denn dann begann jedermann, ebenso lauthals wie wortreich gegen seine Auswahl zum Beerdigungskommando zu protestieren. Die wohl am häufigsten zu hörende Erwiderung der frischgebackenen Totengräber lautete: "Ich hatte gestern erst Postendienst und bin körperlich noch nicht tauglich, an dieser schweren Arbeit teilzunehmen!" Dem Sergeant wurden Niedertracht und die Bevorzugung einzelner Soldaten, denen er angeblich stets die leichtesten Arbeiten zuwies, vorgeworfen und dergleichen mehr. Gegen die Macht der drei Chevrons war jedoch kein Kraut gewachsen und so mussten sich die einfachen Soldaten, so sehr sie sich auch gekränkt fühlen und murren mochten, vor dem Lager beim leitenden Corporal des Kommandos melden. Auch diesem war ob der bevorstehenden Aufgabe deutlich anzusehen, dass er den Ablauf seiner Dienstzeit oder das Kriegsende (je nachdem, was eher eintreffen mochte) kaum noch erwarten konnte.

Ein weiterer Bursche, der vorab von seiner Einteilung durch den Sergeant Wind bekommen hatte, präsentierte sich den Überbringern der Nachricht unter etlichen Decken in seinem Bett vergraben und beteuerte lautstark, er sei dienstunfähig und warte nur noch auf die nächste Visite des Arztes, um sich krank zu melden. Allerdings war sein Gebaren so energisch und sein Tonfall so laut und klar, dass es ihm nicht so recht gelingen wollte, die anderen Soldaten davon zu überzeugen, er sei ein schwerkranker Mann. Er appellierte also an seine Zeltgenossen, die Wahrheit seiner Behauptung zu bestätigen, doch seine Kumpane erwiesen sich als ungewöhnlich zurückhaltend und verschwiegen. Innerlich jauchzten sie jedoch vor Freude, nicht selbst zu den armen Auserwählten zu gehören, was sich aber noch immer ändern mochte, falls der "Kranke" seine Geschichte glaubhaft machen konnte. Sofern seine Krankheit also keine reale und zudem ernsthafte war, gaben sie keinen Laut von sich.

Ein drittes Opfer behauptete zwar nicht, seine Einteilung sei eine Ungehörigkeit, gab jedoch immerhin zu bedenken: "Diese Behandlung ist nicht gerecht. Ich war schon bei der letzten Beerdigung der Pferde dabei und für lumpige 13 Dollars pro Monat muss ich ja wohl nicht ständig den Totengräber spielen. Vielleicht findet sich ja sogar noch jemand, der es freiwillig machen würde." Da ein solcher selbstloser Freiwilliger aber natürlich nirgends aufzutreiben war und er selbst auch keinen nennen konnte, machte er sich schließlich grummelnd auf den Weg, um sich dem Kommando anzuschließen.


Der hitzköpfige Mann


Ein vierter Mann gehörte dem hitzköpfigen und vulgären Typus an. Er beklagte sich nicht über die angebliche Ungerechtigkeit des Sergeants, doch er hatte sich gerade gemütlich niedergesetzt, um einen Brief zu schreiben, als ihn die Nachricht erreichte. Er vernahm also die Kunde und als man ihm auf seine Anfrage hin die Art der Arbeit mitteilte, schleuderte er unvermittelt seinen unvollendeten Brief und Füllfederhalter in eine Ecke, seinen Knietisch in eine andere, sprang auf, versetzte der Kiste, auf welcher er gesessen hatte, einen heftigen Tritt, setzte sich mit einem vehementen Ruck seine Mütze auf und feuerte eine ohrenbetäubende Fluchsalve ab. Diese richtete sich nicht etwa gegen den Sergeant (dieser befolgte ja schließlich auch nur Befehle), sondern gegen die Regierung im allgemeinen, wobei der Wüterich sich nicht exakt darauf festlegen wollte, welchem konkreten Teile der Regierung sein Zorn galt. Er brachte sich mit einigen auserlesen deftigen Flüchen in Rage und krönte seine Tirade mit einigen kaum verhüllten Gewaltphantasien. Er ____ den ganzen ____ Krieg und hoffte, der Süden möge ihn gewinnen. Er wünschte, all die ____ Pferde wären ____ und fügt selbstkritisch hinzu, es geschehe jedem ____ Narren wie ihm selbst, der sich freiwillig gemeldet hätte, recht, eine derartig ____, schmutzige und ekelhafte Arbeit aufgezwungen zu bekommen. Unter diesen Ausrufen stürmte er aus seiner Hütte, wobei er, um Holmes zu zitieren, "mit der Türe ein Ausrufezeichen setzte" und stapfte noch immer fluchend davon, um sich beim Kommando zu melden. Bevor wir uns von diesem Manne abwenden, möchte ich noch zu seiner Verteidigung vorbringen, dass er keineswegs so infam und hartherzig war, wie er während eines seiner Anfälle erscheinen mochte. Im dichtesten Schlachtengetümmel stand er tapfer seinen Mann und in der Stunde des drohenden Todes kam kein lästerliches Wort über seine Lippen.


Der feine junge Herr


Wir wollen an dieser Stelle noch einen weiteren Mann begutachten, der einem nochmals anderen Typus angehörte: Auch ihn ereilte das Unglück, den Pferden die letzte Ehre zu erweisen, doch er war weder ein Drückeberger noch eine Plage. Er war der "feine junge Herr", frisch vom Rekrutierungsbüro, in gewichsten, langen Schaftstiefeln und handgenähter Uniform. Er blickte noch mit der Verachtung des Neulings auf jene groben Kleidungsstücke herab, mit denen die Regierung uns ausstattete und auch die zweckdienlichen, frugalen Armeerationen nahm er nur mit Unbehagen zu sich. Er war der einzige Sohn seiner stolzen Eltern und in der Heimat ging er dem bequemen Berufe eines Angestellten in einem Gemischtwarenladen nach. Er war es nicht gewohnt, dass seine Bedürfnisse nicht befriedigt wurden. Jetzt, da er zum Beerdigungskommando berufen wurde, war er sofort bereit, seine Pflicht zu erfüllen. Es war wohl wahr, dass sein Anstandsgefühl und sein Magen bei dem bloßen Gedanken an diese Arbeit rebellierten, aber er wollte, wenn auch nicht als Vorzeigesoldat, so doch als gleichberechtigter Kumpane unter den Veteranen gelten. Sein Stolz verbot ihm jeglichen Protest im Beisein der älteren Soldaten. Während er mit einer Hand die ihm zugewiesene Schaufel umklammerte, steckte er die andere betont lässig in die Hosentasche und versuchte recht erfolglos, sich seine Trauermiene nicht anmerken zu lassen. Mit betonter Gleichgültigkeit näherte er sich dem Kommando und während die übrigen Totengräber ihm zu seinem Glücke gratulierten, durchzuckte seine Gesichtszüge ein dünnes Lächeln. Er imitierte jedoch lediglich Mark Tapley und täuschte eine Unbekümmertheit vor, welche schon bald in eine betrübte Melancholie abglitt. [Anm. d. Übers.: Mark Tapley, eine Figur aus Charles Dickens' Roman "Leben und Abenteuer des Martin Chuzzlewit", ist ein Bursche von unerschütterlich fröhlicher Veranlagung, der bewusst die niedersten Arbeiten verrichtet, um von seinen Mitmenschen umso mehr ob seines sonnigen Gemüts bewundert zu werden.] Seinen Leidensgenossen erschien ihr eigenes Unglück ein wenig erträglicher, als sie sahen, dass auch der feine Herr nicht von derartig widerwärtiger Arbeit verschont blieb, doch ihre Befriedigung war nur oberflächlicher Natur und schwand rasch, als der Offizier erschien, der ihre Tätigkeit beaufsichtigen sollte und sie in Marsch setzte.

Nun zeigte sich erst, wie trefflich die Männer ausgewählt waren, denn eine kläglicher aussehende Trauergemeinde hat wohl niemand jemals gesehen. Ihre Mienen trugen (mit der gelegentlichen versteinerten oder gleichgültigen Ausnahme) sämtlich einen bekümmerten Ausdruck und ihre Schritte waren so langsam, als folgten sie dem gedämpften Trommelschlage eines Trauermarsches für einen gefallenen Kameraden.


Die Trauergemeinde


Nachdem sie den Ort der Beisetzung erreicht hatten, machten sie sich sogleich daran, neben jedem Kadaver ein Grab auszuheben, in welches man ihn einfach hineinrollen konnte. Wenn die ganze Angelegenheit bis zu diesem Zeitpunkt relativ unspektakulär verlaufen war, so änderte sich dies spätestens beim Bewegen der Kadaver. Der abgebrühte Bursche, der beim Buddeln noch genussvoll die widerlichsten Gleichnisse über die toten Tiere anstellte, welche den vulgären Burschen prompt zu allerlei derben Flüchen veranlassten, wies den feinen jungen Herrn nun an, feste anzupacken und beim Herumwuchten des Kadavers zu helfen. Der junge Herr gehorchte zögerlich und mit spitzen Fingern, doch als dann auch noch faulige Gase aus dem toten Tier austraten und der hartgesottene Kerl dem feinen Herrn eine Axt reichte, um die Beine des Pferdes abzuschlagen, die ansonsten aus dem Grabe ragen würden, brachen bei diesem endgültig alle Dämme. Von seinen Emotionen übermannt, wandte er dem Verstorbenen rüde den Rücken zu und rief mehrfach und lauterwerdend, um Mark Twain zu zitieren, "Hurra! ohne H". Er musste nicht lange warten, ehe einige weitere Soldaten mit einstimmten. In der Gruppe befanden sich mehr Gleichgesinnte, als man erwartet hätte und längst nicht alle von ihnen waren unerfahrene Rekruten. Binnen kürzerer Zeit, als die Niederschrift dieser Zeilen in Anspruch nimmt, krümmte sich über die Hälfte des Kommandos, angeführt von seinem tapferen Offizier, gleich den schiefen Grabsteinen auf einem alten Friedhofe in verschiedenen Richtungen um das Loch herum und entledigte sich des Kaffees und der Hartkekse.


"Hurra! ohne H"


Auch der vulgäre Bursche befand sich unter ihnen und sooft er lange genug Atem holen konnte, verfluchte er die ____ Regierung, bis er sein Gesicht wieder dem Erdboden zuwenden musste. Der Rest der Gruppe stand da und hielt sich die Seiten vor Lachen. An dieser Stelle wollen wir uns besser von der Szene abwenden. Das Sprichwort sagt, die Gebote der Natur machen alle Menschen zu Brüdern. Wie dem auch sei, es lässt sich mit Gewissheit sagen, dass der Offizier, der pflichtbewusste Soldat, der Rekrut und der Drückeberger nach dieser gemeinsamen Erfahrung durch ein unsichtbares Band der gegenseitigen Sympathie miteinander verbunden waren, welches ihre beträchtlichen Unterschiede doch zu einem gewissen Grade abschwächte.

Hartkeks & Kaffee

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