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Kapitel 04: Das Leben in Zelten

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"Herr, er hat eine Feueresse in meines Vaters Hause gebaut

und die Backsteine leben noch bis auf diesen Tag, die es bezeugen können."

– William Shakespeare, 'Heinrich VI.'


Im vorangegangenen Kapitel habe ich mit einiger Ausführlichkeit die grundlegenden Varianten von Zelten beschrieben, mit welchen unsere Truppen im Kriege ausgerüstet wurden. In diesem Kapitel möchte ich das Alltagsleben in diesen Zelten nach der Errichtung eines Lagers schildern. Ich bitte den geneigten Leser, mich nun in ein einfaches Sibley-Zelt ohne Palisadenunterbau zu begleiten. Bei kaltem Wetter werden wir darin den kegelförmigen Ofen vorfinden, den ich bereits erwähnt habe. Diese Öfen eigneten sich nicht zur Nahrungszubereitung und in der Nacht bestand die sehr reale Gefahr, dass sie die Decke eines schlafenden Soldaten in Brand steckten, weswegen häufig eine Basis aus Stein oder Backstein unter ihnen errichtet wurde. Auf diesen Steinen wurde gekocht, wobei der eigentliche Ofen als Rauchfang fungierte. Die durch die Regierung ausgegebenen Ofenrohre waren nicht lang genug, um die Öffnung in der Zeltspitze zu erreichen und so musste jede Zeltgemeinschaft entweder auf eigene Kosten eine entsprechende Verlängerung besorgen oder der Himmel ihres Zeltes wurde so schwarz und rußig wie der Abzug einer Esse.

Das Dutzend Männer, das ein Sibley-Zelt belegte, schlief mit den Füßen zur Zeltmitte hin ausgerichtet. Der begehrteste Schlafplatz war jener, der dem Eingange gegenüberlag, da man dort niemals im Wege war, wenn ein Kamerad das Zelt verließ oder betrat, obwohl man dann selbst freilich der größte Störenfried war, wenn man ein- oder ausging. Die größte Platznot herrschte in diesen Zelten stets zur Essenszeit, da man aufgrund ihrer Form nur in einem kleinen Bereich um die Mitte herum stehen oder aufrecht sitzen konnte. Auch wenn die bei einem solchen Gedränge unvermeidlichen Missgeschicke für einiges Murren sorgten und die üblichen Possen der "Jonas" und der "Plagen" (von diesen beiden Charakteren wird noch die Rede sein) einige Gemüter erhitzten, so waren diese Grüppchen insgesamt doch recht familiär und gesellig.


Innenansicht eines Sibley-Zeltes


Die Arten, auf welche die Männer in diesen Zelten (und generell in allen Zelten) ihre Zeit verbrachten, variierten mit den Vorlieben der jeweiligen Bewohner. Es war Soldaten mit gleichen Interessen nicht immer möglich, sich ein Zelt zu teilen und genauso wie die Männer im Zivilleben verschiedene Berufe ausgeübt hatten, so unterschieden sie sich auch in ihren sozialen Gewohnheiten und ein jeder vertrieb sich seine Freizeit auf seine eigene Art. Natürlich schrieb jeder Soldat mehr oder weniger häufig Briefe, aber einige der Männer schienen nahezu ihre gesamte Freizeit mit dem Verfassen von Briefen zu verbringen. Besonders zu Beginn ihrer Soldatenzeit waren die Männer anfällig für exzessives Briefeschreiben. Hierbei diente zumeist die auf den Oberschenkeln ruhende Seitenwand einer Hartkekskiste als Schreibunterlage.


Brief an die Lieben zu Hause


So mancher Leser wird sich noch daran erinnern, dass in den frühen Kriegsmonaten die Silberwährung nahezu völlig von der Bildfläche verschwand, da ihr Wert in schwindelerregende Höhen schoss. An die Stelle des rar gewordenen Münzgeldes traten Briefmarken. Es war dies in der Zeit, bevor die Regierung die Silberwährung durch Papiergeld ersetzte und obgleich die Verwendung von Briefmarken als Zahlungsmittel nicht offiziell von der Regierung autorisiert war, wurden sie doch von jedermann als Geldersatz anerkannt. Besonders jene Soldaten, die sich auf den Weg von der Heimat an die Front machten, trugen enorme Mengen an Briefmarken mit sich. Einige von diesen waren bereits arg mitgenommen, aber das konnte nicht weiter verwundern, da sie bereits durch unzählige Hände gegangen waren. Es war üblich, Marken im Gesamtwerte von 25 bis 50 Cents in kleine Briefumschläge zu stecken.

Wohl jeder alte Soldat kann sich an den widerlichen Anblick erinnern, wenn man nach einem Marsch an einem heißen Tag eine seiner Marken für einen Brief hervorkramen wollte und sah, was Regen, Schweiß, Druck und Reibung mit dem eigenen Vorrat angerichtet hatten. Man konnte sich glücklich schätzen, wenn es einem gelang, aus dem verklebten Klumpen von bis zu hundert Marken noch ein ganzes Exemplar herauszuschälen. Zwar konnte man sie mit etwas Geduld voneinander ablösen, aber danach musste man sie auf einem Blech trocknen, da sie so klebrig waren. Zu einem späteren Zeitpunkt erließ der Postminister eine Order, die es Soldaten gestattete, unfrankierte Briefe zu versenden, doch wenn ich mich recht entsinne, musste man "Soldatenpost" auf den Umschlag schreiben. In diesem Zusammenhang fällt mir ein Reim ein, mit dem angeblich ein Soldat stets seine Briefe kennzeichnete. Er lautete folgendermaßen:

"Soldatenpost, noch ungelesen,

Hab außer Hartkeks nichts zu essen,

Ich hoffe, die Post wird zugestellt,

Bin pleite, doch bald gibt es Geld."

Während des Krieges kamen zahllose ausgeschmückte Briefumschläge auf den Markt. Ich hörte von einem jungen Manne, der mehr als 7.000 verschiedene Varianten von ihnen gesammelt hatte. Auch ich besitze einige Exemplare, die ich nach dem Kriege in dem stattlichen Packen meiner eigenen Feldpost fand. Einen Umschlag umrahmt eine Reihe von 34 roten Sternen (die damalige Anzahl der Staaten in der Union) und auf jedem Stern prangt das Kürzel eines Staates. Am linken Rand des Umschlages befindet sich ein Adler, welcher in seinen Klauen einen Schild und ein Banner hält, mit der Aufschrift "Liebet einander". Ein anderer Umschlag zeigt die Erde und das sie umgebende Weltall sowie den Schriftzug "Vereinigte Staaten" in großen Lettern; darüber thront ein Adler. Dieses Bild ist eingefasst von dem Motto "Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden." Ein dritter Umschlag ist geschmückt mit einem umrahmten Portrait George Washingtons und der Unterschrift "Ein Mann aus dem Süden mit unionstreuen Prinzipien". Ein viertes Exemplar zeigt einen mit Geldsäcken beladenen Reiter, der in gestrecktem Galopp auf seinem Pferd dahinjagt. Darunter findet sich der Schriftzug "Floyd auf seinem Heimweg in den Süden: 'Alles, was die Sezessionsstaaten verlangen, ist, dass man sie in Frieden lässt.'" [Anm. d. Übers.: John B. Floyd, Kriegsminister in Präsident Buchanans Kabinett, musste nach einem Korruptionsskandal sein Amt niederlegen. Im Sezessionskrieg diente er kurzzeitig als konföderierter Brigadier-General.] Ein weiterer Briefumschlag zeigt einen aufrecht stehenden Neger mit einem breiten Grinsen, der eine Hacke in der Hand hält. Er spricht die Worte: "Dieses Menschenkind kann der Massa nicht mehr besitzen und das ist eine Tatsache!" und unter dem Bild steht geschrieben: "Unsere neueste Kriegsbeute". Auf etlichen Umschlägen prangen die Portraits von Unionsgenerälen aus den frühen Kriegsjahren. Andere zeigen den an einem Stricke baumelnden Jeff Davis. Auf unzähligen Exemplaren erscheinen die Nationalfarben in verschiedensten Formen. Alle diese Briefumschläge spiegeln zu einem gewissen Grade die damals im Norden herrschenden Gefühle wider. Die Christliche Kommission stellte den Armeen ebenfalls großzügige Mengen von Umschlägen zur Verfügung, auf denen ihr Emblem und das Wort "Soldatenpost" aufgedruckt waren.

Neben dem Briefeschreiben waren auch alle erdenklichen Kartenspiele ausgesprochen beliebt. Häufig wurde um Geld gespielt. Die Kartenspiele Cribbage und Euchre waren am populärsten. Viele Männer lasen Bücher, um sich die Zeit zu vertreiben und eine Geschichte konnte gar nicht so hanebüchen, dümmlich oder reißerisch sein, dass sich nicht irgendwo ein Soldat gefunden hätte, der gelangweilt genug war, um sie begierig zu verschlingen. Zumindest von mir selbst kann ich mit Gewissheit sagen, dass ich weder vor meiner Soldatenzeit noch danach jemals dermaßen viel Schund gelesen habe. Der Geist wollte beschäftigt sein und wenn nichts besseres zu haben war, gab er sich mit Belanglosem zufrieden. Hier hätte die Christliche Kommission oder irgendeine andere Vereinigung viel Gutes bewirken können, wenn sie die Soldaten mit literarisch wertvollen Werken versorgt hätte. Auf diese Weise hätte wohl so mancher ansonsten lesefaule Soldat auf der verzweifelten Suche nach einer Freizeitbeschäftigung ein Interesse für die Bücher der besten Autoren entwickelt. In der Folge wäre weniger Zeit mit Glücksspiel und schläfriger Untätigkeit vergeudet worden. Immerhin fanden tausende Exemplare religiöser Schriften ihren Weg in die Hände von Soldaten und es ist davon auszugehen, dass sie zumindest einen gewissen positiven Einfluss hatten. Vor nicht allzu langer Zeit hörte ich einen ehemaligen Soldaten aus Massachusetts sagen, sein Regiment sei damals auf dem Wege an die Front in New York eingetroffen, wo jeder Mann "einen Teller dünne Suppe und eine Ausgabe des Neuen Testaments" erhalten habe. Diese Bemerkung hinterließ einen starken Eindruck bei mir. Sie erinnerte mich an die immense fehlgeleitete Nächstenliebe, die der Armee durch gute christliche Männer und Frauen zuteil wurde. Diese handelten zweifellos aus den nobelsten Beweggründen, doch sie waren dem Trugschlusse erlegen, dass die Armee ausschließlich aus gottlosen Sündern bestünde und entsprechend gestalteten sich ihre Hilfsmaßnahmen. Die Tatsache, dass tatsächlich verdorbene Männer in der Armee dienten, ist zu wohlbekannt, um auch nur zu versuchen, sie zu leugnen und wenn ich mich daran erinnere, dass ein Gouverneur mehreren Kriminellen mit langen Haftstrafen ihre Begnadigung versprach, wenn sie sich zu den Fahnen melden würden, so kann ich diesem Gouverneur inzwischen wohl vergeben, aber vergessen werde ich diese Schande nicht. Es muss jedoch gesagt werden, dass die unmoralischen Soldaten eine Minderheit darstellten. Man hätte den guten Männern etwas mehr Aufmerksamkeit widmen sollen und den allzu menschlichen Männern, die aufrichtig bemüht waren, gute Männer zu sein, noch viel mehr. Männer sind letztlich nur großgewachsene Kinder; sie wollen darin bestätigt werden, dass sie im Grunde liebenswerte Menschen sind, aber viele dieser religiösen Traktate waren in einem Tone geschrieben, der eher das Gegenteil ihrer beabsichtigten Wirkung erzielte.


A-Zelte auf Palisadenbauten


Dame war ein unter den Soldaten ausgesprochen beliebtes Brettspiel, Backgammon war schon weitaus weniger populär und das erhabene aber den meisten Männern wenig vertraute Schachspiel war nur selten zu beobachten. Es gab auch Soldaten, die sich ihre Zeit nur sehr selten mit Spielen vertrieben. Unter ihnen waren häufig auch die des Lesens und Schreibens unkundigen Männer einer Kompanie zu finden. Diese konnten ihre Zeit natürlich nicht mit Lesen oder Briefeschreiben verbringen und auch Kartenspiele sagten ihnen nicht zu, doch sie waren vollkommen zufrieden damit, auf ihren Decken zu liegen und sich zu unterhalten oder anderen Soldaten bei ihren Spielen zuzusehen. Doch eine Freizeitbeschäftigung hatten sie natürlich und zwar die unvermeidliche, allgegenwärtige Freizeitbeschäftigung des Soldaten: das Rauchen. Sie waren niemals ohne ihre Pfeife anzutreffen und deren Gesellschaft bot ihnen Vergnügen genug, auch ohne aktiv am geselligen Treiben des Lagers teilzunehmen.

Zudem gab es in jeder Einheit auch einige Männer, die weder einer aktiven Freizeitbeschäftigung nachgingen noch den sozialen Kontakt zu ihren Kameraden suchten. Diese Männer konnten durchaus tadellose Soldaten sein, die ohne Murren alle ihrer soldatischen Pflichten erfüllten, aber sie schienen in einer Art undurchdringlicher Panzerung zu stecken und lagen einfach schweigend auf ihren Decken, während ihre Kameraden sich gemeinsam die Zeit vertrieben. Manchmal erhob sich einer von ihnen und verließ das Zelt, um alleine im Lager umherzuspazieren, als sei ihm das fröhliche Treiben lästig. Sprach man einen von ihnen an, so war die Antwort freundlich aber einsilbig und wollte man eine längere Unterhaltung aufrechterhalten, dann musste man ebenfalls knappe und prägnante Worte finden. Diese Männer waren einfach nicht aus ihrer Zurückgezogenheit hervorzulocken. Sie kochten alleine, aßen alleine, rasteten bei Marschpausen abseits ... wenn es sich nur irgend bewerkstelligen ließ, suchten sie die Einsamkeit. Der Wachtdienst war die Tätigkeit, die ihrem Wesen am ehesten zu entsprechen schien, denn er bot ihnen jene Abgeschiedenheit und Einsamkeit, nach denen ihr besonderer Charakter sich sehnte. Doch diese Männer waren die Ausnahme. Es gab ihrer nur wenige und nur die extremsten unter ihnen stachen hervor. Ihr Kontrast zeigte nur umso deutlicher, wie ausgesprochen gesellig der durchschnittliche Soldat war.

Die Herstellung von Souvenirpfeifen und -ringen zur Erinnerung an ein bestimmtes Lager oder eine bestimmte Schlacht wuchs sich zu einer regelrechten Industrie aus. Die Pfeifen wurden nach Möglichkeit aus der Wurzel des Berglorbeer gefertigt und häufig mit den verschiedenen Corpsabzeichen in Form eines Reliefs oder einer Intarsie geschmückt. Die Ringe wurden manchmal aus Hörnern oder Hufen gefertigt, zumeist wurden jedoch Knochen zu ihrer Herstellung verwendet. Gelegentlich schnitten die Männer ihre Ringe auch aus großen Guttapercha-Knöpfen, welche sie sich aus der Heimat schicken ließen.

Die Abendstunden im Lager wurden seltener mit Spielen verbracht als die dienstfreie Zeit am Tage. Dies mag teils daran gelegen haben, dass die Zelte nur recht schwach ausgeleuchtet waren und teils daran, dass die Männer bereits im Laufe des Tages ihren Spieltrieb ausgelebt hatten. Was auch immer der Grund gewesen sein mag, die ehemaligen Soldaten unter den Lesern werden mir wohl zustimmen, dass die Abende der Geselligkeit und Konversation gewidmet wurden. Nun statteten Angehörige derselben Einheit einander Besuche ab. Nun setzten sich die Männer aus demselben Städtchen oder Bezirk zusammen und tauschten Tratsch aus der Heimat aus. Ein jeder von ihnen kramte kürzlich erhaltene Briefe hervor, in deren Zeilen sich interessante Neuigkeiten über gemeinsame Freunde oder Bekannte fanden: Jenes Mädchen oder jener alte Schulkamerad hatte geheiratet, jener Bursche aus der Nachbarschaft hatte sich zu diesem oder jenem Regiment gemeldet, ein anderer war verwundet worden und befand sich zu Hause auf Genesungsurlaub, irgendjemand war von der anstehenden Rekrutierungslotterie ausgenommen worden, weil er einige Zähne verloren hatte, wieder ein anderer war plötzlich in einer "wichtigen geschäftlichen Angelegenheit" nach Kanada verschwunden (ein beliebter Zufluchtsort für all jene, die fürchteten, ihr Name könne bei der Lotterie gezogen werden).


Rekrutierungslotterie


Als dann schließlich die Wehrpflicht eingeführt wurde, kicherten die Soldaten, während sie den Inhalt ihrer Briefe verglichen und daran dachten, dass sie selbst aus freiem Willen ihrem Lande zu Hilfe geeilt waren. Sie hofften, dass einige der Maulhelden, die in der Heimat zurückgeblieben waren, nun zwangsverpflichtet und mit dem Bajonett an die Front getrieben werden würden. Spöttische Bemerkungen machten die Runde:

"Denkt nur an A____, der ständig alle um ihn herum dazu aufgestachelt hat, zu den Soldaten zu gehen und Stein und Bein geschworen hat, beim nächsten Freiwilligenaufruf werde er selbst sich melden!"

"Den möchte ich hier in voller Uniform sehen!"

"Ja! Und dann ist da noch der stinkreiche B____. Wenn der einberufen wird, wird er einfach einen Ersatzmann stellen. Die Regierung sollte nicht zulassen, dass sich ein tauglicher Mann freikaufen kann, ganz egal wie viel Geld er auch haben mag!"

"Da fällt mir C____ ein, der verkündet hat, er würde sich eher das Leben nehmen als sich in den Heeresdienst zwingen zu lassen. Hoffentlich erhält er jetzt die Gelegenheit, seine Charakterfestigkeit unter Beweis zu stellen!"

Es sind dies einige repräsentative Beispiele für die Spötteleien, mit denen sich die Kameraden abends die Zeit vertrieben.

Etliche Männer hatten nicht das Glück, mit Bekannten in derselben Einheit zu dienen oder dasselbe Lager mit ihnen zu teilen. Sie lagen für gewöhnlich auf ihren Decken herum und nahmen an den allgemeinen Gesprächen teil oder erzählten Geschichten aus ihrem Zivilleben, wobei sich häufig Gemeinsamkeiten mit ihren Gesprächspartnern fanden. Doch womit auch immer man sich die Abende vertreiben mochte, es waren zweifelsohne die Heimat und die Familie, über die in jenen Stunden häufiger nachgedacht und gesprochen wurde als zu anderen Tageszeiten.

In einigen Zelten gehörten Instrumentalmusik und Gesang zum allabendlichen Programm. Es gab wohl im gesamten Heere kein einziges Regiment, das nicht mindestens einen Fiedler, einen Banjospieler und einen Virtuosen an der Knochenklapper aufzubieten hatte, von all den anderen volkstümlichen Instrumenten ganz zu schweigen. Einen oder mehrere dieser Musiker konnte man bei angenehmem Wetter an nahezu jedem Abend in ihren Zelten oder auf den Lagerstraßen spielen hören. Mochte ein Musikant noch so untalentiert sein, er konnte sich eines dankbaren Publikums absolut sicher sein. Das übliche Repertoire bestehend aus komischen Liedern und Musik der Neger stellte den Großteil des Unterhaltungsprogrammes dar und falls die Platzverhältnisse es zuließen, wurde auf einer Hartkekskiste oder einer anderen harten Unterlage ein kleiner Stepptanz in Form eines Jig oder einer Hornpipe aufgeführt. Manchmal trat ein waschechter Neger auf, welcher der Veranstaltung den rechten Pfiff verlieh, indem er klatschte, Juba tanzte oder eine der ausgezeichneten Negermelodien sang.


Musikalische Unterhaltung


In der Nähe jedes Lagers hielten sich genügend Neger auf, um den Bedarf an ihren Vorstellungen zu decken und sie verlangten nicht einmal Bezahlung, da es ihnen Lohn genug war, eine unterhaltsame Zeit mit "Massa Lincolns Soldaten" zu verbringen. Die Männer machten sich einen Spaß daraus, den Negern allerlei Streiche zu spielen und manchmal ließen sie sich dabei zu so schändlichen Taten herab, dass ein anständiger Bursche einschreiten musste, um ihnen ein Ende zu bereiten. Manch ein Kerl konnte sich mit einem harmlosen Späßchen nicht zufrieden geben und versuchte, die gutmütigen Söhne Afrikas bloßzustellen und vorzuführen. Da man diesen erzählt hatte, alle Unionssoldaten seien ihre Freunde, ließen die armen Burschen so einiges klaglos über sich ergehen, was man guten Gewissens keinem Menschen zumuten sollte. Nach ihrer ersten negativen Erfahrung waren sie natürlich ein wenig vorsichtiger.

Es gab da ein Lied, das die Jungs vom III. Corps im Herbst des Jahres 1863 gerne sangen. Es folgte der Melodie von "When Johnny comes marching home" und griff auf unterhaltsame Weise einige historische Begebenheiten auf. Ich habe dieses Lied später nie wieder gehört, aber der Text lautete im Wesentlichen folgendermaßen:

"Oh, wir sind die Potomac-Yanks

Hurra! Hurra!

Oh, wir sind die Potomac-Yanks,

Wir flohen mit McDowell und rannten mit Banks

Und jetzt hoch die Tassen,

Johnny, füll' auf bis zum Rand.

Mit McClellan bekämpften wir den Feind und das Fieber

Hurra! Hurra!

Mit McClellan bekämpften wir den Feind und das Fieber,

Doch Mac schloss der Marine sich an am James River

Und jetzt hoch die Tassen,

Johnny, füll' auf bis zum Rand.

Dann gab man uns John Pope, unseren Kampfgeist zu testen

Hurra! Hurra!

Dann gab man uns John Pope, unseren Kampfgeist zu testen,

Er prahlte mit all seinen Siegen im Westen

Und jetzt hoch die Tassen,

Johnny, füll' auf bis zum Rand.

Laut Pope war im Sattel sein Hauptquartier

Hurra! Hurra!

Laut Pope war im Sattel sein Hauptquartier,

Stonewall Jackson jagte ihn aus seinem Revier

Und jetzt hoch die Tassen,

Johnny, füll' auf bis zum Rand.

Mac kam zurück, doch am Antietam dann

Hurra! Hurra!

Mac kam zurück, doch am Antietam dann,

Bewies er, dass die Rebs er nicht schlagen kann

Und jetzt hoch die Tassen,

Johnny, füll' auf bis zum Rand.

Als nächster versuchte dann Burnside sein Glück

Hurra! Hurra!

Als nächster versuchte dann Burnside sein Glück,

Doch Virginias Schlamm ließ ihn hilflos zurück

Und jetzt hoch die Tassen,

Johnny, füll' auf bis zum Rand.

Dann sprang Joseph Hooker kühn in die Bresche

Hurra! Hurra!

Dann sprang Joseph Hooker kühn in die Bresche,

Doch bei Chancellorsville, da bezog er nur Dresche

Und jetzt hoch die Tassen,

Johnny, füll' auf bis zum Rand.

Nun kam General Meade, der erwies sich als lahm

Hurra! Hurra!

Nun kam General Meade, der erwies sich als lahm,

Weswegen ihm Lee bei Gettysburg entkam

Und jetzt hoch die Tassen,

Johnny, füll' auf bis zum Rand."

Ich bin mir recht sicher, dass noch weitere Strophen existierten und nach all diesen Jahren ist nicht auszuschließen, dass ich einige der obigen ein wenig verfremdet habe. Sie sollten jedoch im Wesentlichen originalgetreu wiedergegeben sein.

Hier ist ein umgedichtetes Nachtgebet eines Soldaten, der an Burnsides berüchtigtem "Marsch durch den Matsch" teilnahm:

"Nun leg' ich mich zum Schlafen hin,

Der Schlamm ist tief, ich liege drin,

Bin morgen früh ich nicht mehr hier,

Dann stochert nur im Matsch nach mir."

Es war faszinierend, am Abend über eine Lagerstraße zu schlendern und im Vorbeigehen Fetzen der Unterhaltungen in den Zelten aufzuschnappen. Die Zeltbahnen leuchteten im Kerzenschein, bis die Bewohner sich entschlossen, ihre Kerzen zu sparen oder bis diese gänzlich niedergebrannt waren. Würde man all die erlauschten Gesprächsfragmente aufschreiben, so läsen sie sich wie das Protokoll eines Gespräches an einem Fernsprechapparat, bei dem man nur eine Seite der Unterhaltung gehört hat. Hin und wieder spähte man auf einem solchen Spaziergang in ein offenes Zelt hinein, gerade lange genug, um zu schauen, was darin vorging und bis seine Bewohner auf den neugierigen Eindringling aufmerksam wurden.

Auch wenn sich die obigen Ausführungen speziell auf das Leben in Sibley-Zelten beziehen, so treffen sie doch größtenteils auf den Alltag des einfachen Soldaten in generell allen Zelttypen zu. Es soll jedoch nochmals erwähnt werden, dass das Schutzzelt, die "Hundehütte", das Zelt der Armee war. Das Leben in Holzhütten unter Zeltdächern hat in vielerlei Hinsicht gesonderte Ausführungen verdient und erhält deswegen sein eigenes Kapitel.


Hartkeks & Kaffee

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