Читать книгу Die Chroniken von Gor 11 – Das Sklavenmädchen - John Norman - Страница 10

Оглавление

Danach, als mich Eta losgebunden und von der Haube befreit hatte, wäre ich liebend gern in ihre Arme gefallen, damit sie mich tröstete, doch das tat sie nicht. Stattdessen küsste sie mich freudig, bevor sie nacheinander die Riemen und Bänder mit den Glöckchen entfernte, als Letztes dasjenige, das an meiner linken Hüfte gehangen hatte. Hinterher wies sie mich dazu an, ihr beim Aufwarten zu helfen. Ich starrte sie entgeistert an. Wie sollte ich jetzt dienen? Begriff sie nicht, was man mir angetan hatte? Ich war keine Goreanerin, sondern stammte von der Erde. Musste man nicht berücksichtigen, dass ich vier Mal, ob ich es wollte oder nicht, zum Vergnügen schenken gezwungen worden war, gegen meinen Willen benutzt wurde zur Befriedigung starker Männer? Ich erkannte die Antwort in Etas Blick, als sie mich anstrahlte: Nein, man brauchte es nicht zu berücksichtigen. Hatte ich vergessen, dass ich eine Sklavin war? Hatte ich irgendetwas anderes erwartet? Hatte es mir nicht gefallen?

Bedrückt schaute ich zu Boden. Ich war ein Mädchen von der Erde, aber nun auch eine Sklavin.

Es hatte keinerlei Bewandtnis, wurde mir da bewusst. Eigentlich war es nichts gewesen – kaum schlimmer, als dass ich Wein aufgetragen oder Kleider geflickt hätte. Ich sah nun ein, worauf es im Leben einer Sklavin tatsächlich ankam. Weshalb hatte mein Herr dies zugelassen? War ich nicht seine persönliche Sklavin? Bedeutete ich ihm so wenig? Er hatte mir die Unschuld genommen, großen Gefallen an mir gefunden, mich erobert und dazu gezwungen, mich ihm als Sklavin mit Haut und Haaren hinzugeben. Dennoch erlaubte er seinen Männern, ihre Späße mit mir zu treiben. Liebte er mich nicht? Mir fiel wieder ein, wie er mich angesehen hatte, bevor ich für meine Rolle in dem gemeinen Spiel vermummt worden war. Ich vergegenwärtigte mir seinen Blick, an dem ich erkannt hatte, dass ich nichts für ihn war, nur eine unbedeutende Sklavin.

Ich füllte einen Becher mit Wein aus der Karaffe, die ich trug, und hielt ihn einem der Männer hin. Auf einmal fuhr ich zusammen: Da war ein Fleck auf seiner Tunika. Unsere Blicke begegneten einander. Er war, das wusste ich genau, einer derjenigen, denen ich Vergnügen geschenkt hatte. Jetzt bediente ich ihn. Er schaute mich an. Ich bot ihm seinen Becher an, doch er nahm ihn nicht. Wieder sah ich ihm in die Augen. Dann küsste ich den Becher und versuchte erneut, ihn zurückzugeben. Doch er starrte mich nur weiter an.

Nach dem Wettbewerb hatte man mir nicht gestattet, mein Sklavenleibchen – die Ta-Teera – wieder anzuziehen. Ein brüskes Wort meines Herrn war genug gewesen, also musste ich nackt bleiben. Dass der Preis im Zuge eines Wettkampfs unbekleidet bleibt, ist üblich, damit jedermann den Wert der gefangenen Schönheit erkennt, sowohl die Gewinner zu ihrer Freude als auch die Verlierer zu ihrem Verdruss, außerdem die Zuschauer, damit sie die Beute bewunderten beziehungsweise angespornt wurden, bei der nächsten Gelegenheit selbst zum Spiel anzutreten und sich um ihren Besitz zu bemühen.

Seine Augen ruhten auf mir.

Wütend, doch mit ohnmächtigem Zorn, dem sinn- und zwecklosen Groll einer Sklavin, drückte ich meine Lippen abermals an den Becher, dieses Mal noch fester und länger.

Dann streckte ich ihn zum dritten Mal aus.

Endlich nahm er ihn entgegen.

Ohne mich weiter zu beachten, drehte er sich nach links zu einem Trinkgenossen um. Ich hasste ihn. Er hatte mit mir geschlafen, und jetzt musste ich ihm aufwarten, und das als nackte Sklavin!

Wusste er nicht, dass ich von der Erde kam? Hatte man es ihm verschwiegen? Hielt er mich für eine Goreanerin? Glaubte er, solcherlei sei meiner würdig? Bekümmerten ihn meine Gefühle nicht? Nein, er sah mich zweifelsfrei bloß als Mädchen mit Brandmal am Schenkel, aber andererseits, war ich denn jetzt noch mehr? Ich realisierte, dass dergleichen meiner in der Tat würdig war – absolut – und dass meine Gefühle niemanden bekümmerten, geschweige denn etwas bewegten. Dementsprechend würde man sie auch nicht zur Kenntnis nehmen ... und womit? Mit Recht.

Ich fühlte mich unglaublich verstört.

Dafür wusste ich nun wenigstens, was ich geworden war.

Natürlich bediente ich fortan auch andere.

Genauso brav und entgegenkommend.

Diese Nacht unterschied sich jedoch in gewisser Weise von anderen Nächten, wie ich beim Aufwarten bemerkte.

Irgendetwas war anders.

Wie üblich beaufsichtigten Eta und ich die Mahlzeit, weil man es von uns erwartete. Der Sinn unseres Daseins belief sich meinem Verständnis zufolge darauf, Männern zu gefallen und Dienst zu tun. In naher Zukunft lernte ich auch, dass dies wirklich stimmte. Ja, darin besteht der Zweck einer Sklavin: Freude zu schenken und zu dienen. In dieser Nacht aber wurden wir dazu angehalten, mit unseren Weinkaraffen im Hintergrund, im Schatten zu bleiben, dem Kreis des Feuers fern und im Rücken der Männer. Wenn einer von ihnen seinen Becher hochhob, eilte ich oder Eta, je nachdem, wer von uns beiden am Nächsten war, zu ihm und schenkten nach, obwohl wir ja normalerweise näher am Geschehen blieben und oft sogar in ihrer Mitte knieten.

Männer bevorzugen es außerdem, ihre Mädchen unmittelbar zur Hand zu haben, wie man wissen sollte. Zwar hocken sie vielleicht unauffällig abseits, aber dennoch stets an einer Stelle, von wo aus man sie leicht herbestellen und sich ungehindert an ihrem Anblick weiden kann, denn Letzteres allein schenkt Männern, die gewissermaßen prächtige, herrschsüchtige Tiere sind, großes Wohlgefallen.

Heute nun hielten wir uns eher zurück mit unseren Weinkaraffen, im Schatten hinter dem Lichtkreis der Feuer und den Sitzenden, wie man es uns befohlen hatte.

Die Männer führten ernste Gespräche. Es ging um wichtige Angelegenheiten, wie ich vermutete. Zu solchen Zeiten wollten sie sich nicht mit den Körpern von Sklavinnen ablenken.

Wir verweilten im Dunkeln.

Ich schaute verärgert zu. Mit einem Stein zeichnete mein Herr eine Karte in den Sand beim Feuer. Ausschnitte davon waren mir schon einmal untergekommen – in der vorangegangenen Nacht während seiner geheimen Unterredung mit den Beratern, als er etwas Ähnliches in den Boden geritzt hatte. Nun sprach er schnell und voller Entschlossenheit, während er manchmal auf einen Teil des Gebietes verwies, indem er mit dem Stein darauf klopfte. Mehrmals zeigte er auch nach oben auf den größten der drei Monde; dieser würde in wenigen Tagen voll sein. Ich stand da und beobachtete sie. Ich war nackt nach meiner jüngsten Erfahrung, mein Leib und meine Haare waren von Schweiß und Schmutz verklebt, unbeachtet hockte ich im Schatten mit einer großen Weinkaraffe links an meinem Oberschenkel. Was hatte es mit dem Lager auf sich, in dem ich festgehalten wurde? Zur Jagd schien es nicht vorgesehen zu sein, auch wenn man von hier aus auf die Hatz ging. Für den Unterschlupf einer Verbrecherbande hielt ich es auch nicht, denn so kamen mir diese Männer nicht vor. Und nicht nur, dass der Schnitt sowie die unterschiedlichen Abzeichen auf ihren Tuniken an eine Art Uniform denken ließen; speziell die eindeutige Hierarchie, die offenkundige Organisiertheit und das Benehmen, welches sie selbst und ihre Beziehungen zueinander auszeichnete, schloss Gesetzlose aus. Davon abgesehen wirkten die Männer anziehend, kräftig und gepflegt, verantwortungsbewusst und verlässlich, diszipliniert, körperlich gut in Form und tüchtig. Die Laxheit und Unordnung, mit denen ich in einem Unterschlupf von Banditen gerechnet hätte, waren sowohl bei den Männern als auch in ihrer Umgebung nicht zu finden. Deshalb kam ich zu dem Schluss, Sklavin in einem Lager von Soldaten zu sein, die irgendeiner Stadt oder einem Land dienten. Hinsichtlich seiner Lage konnte es aber kaum ein Außen- oder Wachposten sein; von hier aus wurde kein bestimmtes Gebiet kontrolliert, und bewehrt war es ebenfalls nicht ... außerdem war es zu klein für ein Ausbildungs- oder Winterfort. Folglich – eben aufgrund der zu geringen Größe – schied es auch als Kriegsstützpunkt aus. Sechzehn Mann verweilten hier, dazu zwei Sklavinnen, aber keine ganze Armee, zergliedert in Divisionen oder Regimenter. An diesem Ort gab es nichts, mit dem man Schlachten bestreiten, Invasionen abwenden oder lancieren konnte, keine Mittel für groß angelegte Gefechte auf weiten Feldern. Was also, fragte ich mich, hatte es mit diesem Lager auf sich?

Einer der Männer hob seinen Becher, woraufhin ich zu ihm lief. Ich nahm das Gefäß und füllte es wieder. Seine Tunika war staubig vom Boden des Lagers. Ich schaute ihn verdrossen über den Rand des Bechers an, während ich einschenkte. Dann küsste ich das Metall, wie es von einer Sklavin verlangt wurde, und gab ihm seinen Wein. Als er ihn entgegennahm, beachtete er mich kaum, sondern richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Karte am Boden, die wohl sehr wichtig war. Ich hätte gern gewusst, ob er mein erster, zweiter, dritter oder letzter Peiniger gewesen war. Jeder hatte sich anders angefühlt, obwohl ich mich in den Armen aller ausschließlich und zur Gänze als Sklavin verstanden hatte. Er bemerkte nicht, dass ich ihn betrachtete. Ich wog ab, mit wie vielen hundert Sklavinnen er bereits geschlafen haben mochte.

Eingehend – zumindest so gut es unter den Lichtverhältnissen ging – begutachtete ich den großen Kerl mit dem struppig blonden Haar, den ich nach meinem Herrn am attraktivsten im Lager fand. Er war in der vorigen Nacht, als man mich gebrandmarkt hatte, Etas erster Fänger gewesen. Ich hatte ihre Darbietung – gefesselt, mit Glöckchen behangen und vermummt – beim gleichen niederträchtigen Spiel beobachtet, dessen Gegenstand auch ich heute geworden war, schikaniert und entwürdigt, behandelt wie eine bloße Sklavin.

Man hatte mich behandelt wie jemand, der nur eine Sklavin war!

Glaubte ich wirklich noch immer, frei zu sein?

Natürlich war ich jetzt eine Sklavin und nur dies.

Mein Widerwille und meine Bockigkeit waren also völlig unangebracht!

Solche Eitelkeiten kehrten freie Frauen hervor, jedoch niemand von meinem Schlag.

Tränen ohnmächtiger Frustration liefen über meine Wangen.

Ich war nicht mehr frei!

Ich schaute ihn an. Kein Staubkorn haftete an seiner Tunika. Mir sollte es recht sein. Hätte er mitgemacht und ich davon gewusst, wäre ich erpicht gewesen, mich in seine Arme zu werfen. Bestimmt hätte es niemand einer Sklavin übel genommen. Ich musste schmunzeln, während ich ihn weiter beobachtete. Wer weiß, dachte ich, möglicherweise wäre ich sogar auf ihn angesprungen. Die Vorstellung empörte mich als Erdenbürgerin; dann allerdings lächelte ich wieder in mich hinein und warf den Kopf zur Seite. Es war egal. Natürlich, ich stammte von der Erde, war aber jetzt nur noch eine Sklavin und als solche darf man nicht nur auf Männer anspringen, sondern steht gar in der Pflicht, es zu tun. Es ist obligatorisch, und falls sie sich davor drücken möchte, wird die Sklavin einfach dazu gezwungen. Dass ein Mädchen ausgepeitscht wird, nur weil es ein wenig Missfallen erregt hat, ist durchaus nicht unüblich hier. Ich betrachtete den großen hübschen Kerl. Ich hatte keine Ehre zu verteidigen und keinen Stolz aufrechtzuerhalten, da ich eine Sklavin war. Ihn fand ich wirklich hinreißend. Davon abgesehen wollte ich ganz bestimmt nicht ausgepeitscht werden. Ich lachte vor mich hin. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich – eine Sklavin – mich frei, eine Frau sein zu dürfen. Nun endlich liebte ich mein Geschlecht.

Ein anderer Mann hob seinen Becher, und ich war gleich zur Stelle. Kurz darauf kehrte ich ins Dunkel zurück. Dort fiel mir auf, dass Eta dem großen hübschen Kerl mit den blonden Haaren Wein einschenkte. Es machte mir nichts aus, denn ich mochte Eta, obwohl sie das Erste Mädchen war und mir somit vorstand. Ich hatte gut unter ihrer Obhut gearbeitet und war nicht von ihr gezüchtigt worden. Mein Blick fiel auf meinen Herrn; er klopfte mit dem Stein auf die Karte. Einige stellten ihm Fragen, er antwortete. Sie hingen ihm an den Lippen. Als ich mich in der Gruppe umschaute, die am Feuer saß, hielt ich sie für sagenhafte Männer: so stark, so ansehnlich, so mächtig. Klein, nebensächlich und mittellos kam ich mir im Vergleich dazu vor. Zugleich war ich stolz auf meinen Herrn, ihren Anführer, den mächtigsten und hellsten Stern unter ihnen. Eta hielt sich in der Nähe des Kriegers mit den wuschelig blonden Haaren auf, während ich näher zu meinem Herrn rückte. Ich wollte ihm Wein reichen und seinen Becher küssen, sobald er seinem Mädchen die Gelegenheit dazu gab. Von ihrer Unterhaltung oder den Einzelheiten des Vorhabens, das sie planten, verstand ich nichts. Es war vermutlich kriegerischer Art und musste weiterhin abgewartet werden. Wiederholt sah ich, wie einer der Männer auf den größten Mond am Himmel schaute. Noch ein paar Tage und er war voll.

Mein Herr warf den Stein auf eine bestimmte Stelle auf der Karte. Da blieb er liegen beziehungsweise halb im Sand stecken. Dort, so argwöhnte ich, sollte irgendein Ereignis stattfinden. Die Männer grunzten zustimmend. Die Stelle markierte ein fließendes Gewässer, die Mündung zweier Ströme und offenbar einen Wald. Die Männer nickten. Mein Herr schaute sich um. Es gab keine weiteren Fragen mehr. Man schien im Bilde zu sein. Ihre Augen leuchteten, während sie ihn ansahen. Wie stolz ich auf meinen Herrn war, von ganzem Herzen froh darüber, ihm zu gehören, und wie wertvoll die Knechtschaft einer Frau sein kann! Ich fragte mich, ob eine Freie dies verstanden hätte. Viele Sklavinnen jedenfalls tun es, haben es tief und im vollen Umfang verinnerlicht. Die Männer erhoben sich vom Feuer, wobei einige weiterhin Einzelgespräche führten, während sie sich zu ihren Zelten und Fellen begaben.

Dann wandte sich mein Herr mir zu. Er hob seinen Becher, also lief ich hinüber, nahm ihn und füllte ihn auf. Nachdem ich die Seite mit den Lippen berührt hatte, hielt ich ihn dem erhabenen Tier, dessen Sklavin ich war, demutsvoll hin. Als ich so vor ihm kniete, konnte er ohne Zweifel in meinem Gesicht lesen, wie lüstern ich war. Leider wandte er sich ab.

Zuvor hatte ich anhand seines Blickes erkannt – und dies nicht zum ersten Mal an diesem Abend – dass er nicht mehr in mir sah als eine Sklavin.

War ich so schlechtes Sklavenmaterial, nackt und heiß zu seinen Füßen, dass er mich verschmähte und abwies?

Während ich im Sand kniete, wallte der gesamte Zorn, die Schmach und Enttäuschung eines verstoßenen, ja von einem Wüstling ausgeschlagenen Mädchens von der Erde in mir auf. Vor lauter Wut bekam ich fast keine Luft mehr. Ich stand auf und drückte die Weinkaraffe, die ich getragen hatte, in Etas Hände, nachdem diese gekommen war, um mich zu beschwichtigen.

»Geh weg!«, fuhr ich sie an.

Sie nahm die Karaffe an sich. Als ich ihr nicht erlaubte, mir einen Kuss zu geben, sagte sie leise irgendetwas.

»Verschwinde!«, schrie ich, und nun drehten sich mehrere Männer nach mir um.

Eta hob die Karaffe hoch und wich verstört zurück. Ich blieb am Feuer stehen, das mittlerweile weitgehend abgebrannt war, und ballte die Fäuste. Tränen liefen mir über die Wangen.

»Ich hasse euch alle«, brauste ich auf.

Dann lief ich schwankenden Schrittes zu der dünnen Decke, die man mir am Abend zuvor überlassen hatte. Ich nahm sie unwirsch vom Boden auf und legte sie mir um die Schultern, um mich zu bedecken. Gesenkten Kopfes erzitterte ich und zog den Stoff fester um mich, nicht weit entfernt von der Stelle, wo ich ihn aufgehoben hatte. Vom Schluchzen bebte ich am ganzen Körper. Ich war gegen meinen Willen von der Erde hierher gebracht worden; auf dieser fremden Welt hatte man mich gebrandmarkt, jetzt hielt man mich als Sklavin. Ich hob den Kopf ruckartig hoch und schaute mich hektisch im Lager um, dann sah ich hinauf zu den Monden, an die Felswände und auf das Dornengestrüpp. Zuletzt fiel mein Blick auf die Männer, die ihn teilweise erwiderten.

»Ich bin etwas Besseres als ihr alle«, schrie ich, »obwohl ihr mich zum Vergnügenschenken zwingt! Ich komme von der Erde und ihr seid nur Wilde! Ich bin zivilisiert, ihr nicht! Eigentlich solltet ihr vor mir kuschen und nicht umgekehrt! Ich müsste diejenige sein, die Befehle erteilt, nicht ihr!«

Eta kam angelaufen, um mich zum Schweigen zu bringen. Niemand im Lager außer mir selbst verstand die Worte, wenngleich sie unleugbar kopflos, hysterisch und in Rage geäußert worden waren; die Ausdrucksweise zeugte eindeutig von Protest, falls nicht gar von extremer Rebellion. Eta hatte sichtlich Angst und hätte ich mehr von Gor gewusst, wäre es mir wohl nicht anders ergangen. Ich kannte mich kaum in dieser Welt aus, in der ich gelandet war, von der Bedeutung des Zeichens an meinem Oberschenkel ganz zu schweigen. Das Einzige, was mich schützte, war wie bisher ganz einfach mein Unwissen, die Ignoranz eines törichten Mädchens.

Ich schimpfte und brüllte sie an, geriet in Raserei und brach in Tränen aus. Auf einmal stand mein Herr vor mir. Riesig sah er im Dunkeln aus. Trotzig schaute ich zu ihm auf, während ich mich an die Decke klammerte, die ich mir umgelegt hatte. Er war derjenige, der mich auf jenen Wiesen in einem harten Zweikampf gewonnen hatte; er war derjenige, der mich unbekleidet in dieses Lager gebracht hatte; er hatte mich gebrandmarkt – er war es, der mir die Jungfräulichkeit entrissen hatte; ja, in seinem Zelt hatte er mich ausgiebig, wieder und wieder zum keuchenden, unterworfenen Objekt seiner Begierde erniedrigt, zu einem bezwungenen, liebestollen Sklavenmädchen.

»Ich hasse dich!«, kreischte ich ihn kopflos an. Dabei hielt ich mich an der Decke fest. Für eine junge Frau ist es ungemein schwierig, nackt vor einem angezogenen Mann zu stehen und sich würdevoll wie eine Gleichgestellte zu benehmen. Ich hätte die Decke im Leben nicht losgelassen und vergrub meine Finger darin; sie spendete mir Zuversicht. Er hatte mich dazu genötigt, ihn zu lieben, und das tat ich! Trotzdem interessierte er sich nicht für mich!

»Begreifst du es nicht?«, fragte ich ihn. »Ich liebe dich! Ich liebe dich, und du behandelst mich wie ein Nichts! Ich hasse dich!«

Ich zitterte vor Raserei. »Ich hasse dich, ich hasse dich!«, fuhr ich fort. Nachdem er mit mir fertig gewesen war, hatte er zugelassen, dass seine Männer mich einfach benutzten! Er hatte ihnen freigestellt, mich für ihren Wettbewerb zu benutzen!

»Du hast mich anderen übergeben!«, warf ich ihm vor. »Ich hasse dich!« Ich starrte ihn an. »Du weißt nicht, wer ich bin: Ich bin Judy Thornton! Ich stamme von der Erde und bin keines von deinen Barbarenmädchen, keine Sklavin zur Befriedigung derer Gelüste! Ich bin eine gebildete, zivilisierte junge Frau von der Erde, etwas Besseres als du! Ich bin euch allen überlegen!«

Im Mondlicht sah ich seine Hand: flach ausgestreckt. Er holte damit nach mir aus.

»Du darfst mich nicht so schlecht behandeln«, wies ich ihn zurecht. »Du musst dich mir gegenüber anständig benehmen.« Ich ließ keine Furcht durchblicken. »Ich besitze Rechte«, behauptete ich. »Ich bin eine freie Frau.«

Er verharrte in dieser Haltung mit offen ausgestreckter Hand. Wann sein Geduldsfaden reißen würde, konnte ich nicht absehen. Schließlich gab ich ihm meine Decke, dann stand ich nackt und kleinlaut vor ihm. Das Mondlicht fiel auf eine gebrandmarkte Sklavin, die vor ihrem Herrn stand.

Er hielt die Decke fest und betrachtete erst sie, dann mich. Ich zitterte. Nun würde dieses Mädchen bestraft werden.

Er hob den Stoff hoch, und in diesem Moment überkam mich große Freude, da ich glaubte, er würde mich in seiner Güte zudecken, um mich vor den Augen der anderen zu schützen. Womöglich hatte meine Tirade ihn beeindruckt, und es tat ihm leid, wie hartherzig er mich behandelt hatte; womöglich wollte er sich nun darum bemühen, es wiedergutzumachen, nachdem ich Reue und Mitgefühl in seiner kalten Brust erweckt hatte. Womöglich zeigte er sich jetzt bewegt wegen meiner Liebe für ihn und fühlte sich bemüßigt, mir ebenfalls Zuneigung und Wärme angedeihen zu lassen, überwältigt von Dankbarkeit und Zärtlichkeit sowie dem Wert und Gewicht dieses Geschenks.

Ich schaute ihn verliebt an, dann legte er mir die Decke auf den Kopf und befestigte sie mit einem Stück Seil, das er mehrmals unter dem Kinn um meinen Hals wickelte, sodass ich abermals vermummt war wie in dem albtraumhaften Spiel. Anschließend stieß er mich zu seinen Männern.

Ich lag auf der Decke und zog sie fest an mich, weil ich fror. Nachdem ich nicht mehr weinen konnte, war ich mürrisch. Die Männer – meine Herren – schliefen. Ich lag zusammengekauert mit angezogenen Knien da.

Wie spät es war, wusste ich nicht. Die Monde standen noch am Himmel.

Ich hockte mich auf die Knie, ohne die Decke loszulassen, und schaute mich im Lager um. Mein ganzer Körper tat mir weh.

Um mein Bein zu begutachten, klappte ich die Decke zur Seite, blickte hinunter und rutschte ein wenig herum. Nun sah ich das Brandmal, welches meinen Körper zeichnete. Es war eine Blume, zierlich und anmutig. Ich konnte sie weder pflücken noch entfernen. Sie war in mein Fleisch eingeprägt. Man hatte sie mir mit einem heißen Eisen aufgebrannt, mich brüllen lassen unter dem verheerenden Stempel des Metalls. Für mich stand fest, dass ich mit diesem Zeichen schöner war als zuvor. Ich sah, dass es mich viel ansehnlicher machte. Generell zählt es zu den attraktivsten Merkmalen von Sklavinnen, aber so drastisch es mich auch verschönern mochte, so unwiderruflich markierte es mich auch als Leibeigene. Ich wünschte mir, fliehen zu können, und warf einen Blick auf den Dornenbusch. So oder so trug ich ein Brandzeichen; gab es für Mädchen mit einem solchen Stigma hier auf dieser Welt ein dauerhaftes Entkommen? Würde das Brandmal nicht auch weiterhin alles und jeden darauf hinweisen, leise wie beharrlich zu allen Zeiten und in jedem Augenblick, stündlich bei Tag und bei Nacht wispern, sobald jemand es erblickte: »Sie ist eine Sklavin«? Ein einziger Blick genügte wohl, um die Trägerin umgehend in Ketten zu legen und ihr einen Halsreif anzuziehen. Selbst wenn ich irgendwo Kleider stahl, blieb mir das Brandmal erhalten und wies mich aus. Angenommen jemand schöpfte Verdacht und lieferte mich freien Frauen aus, auf dass diese meinen Körper untersuchten, ohne Rücksicht auf meine Würde, solange meine Freiheit nicht bewiesen war: Würden sie mir nicht, sobald sie das Mal entdeckten – am Leib eines Mädchens, das sich als eine ihres hohen Standes, als freie Frau ausgibt – die Kleider vom Leib reißen, während ich noch um Gnade winselte, und mich entrüstet mit Peitschen in die Arme von Männern treiben, die mit ihren Fesseln auf mich warteten? Welche Flucht, welche Form von Freiheit mochte es für ein Mädchen mit Brandzeichen geben? Ich untersuchte es. Deutlich und eindrücklich markierte es mich als das, was ich nun unbestreitbar war … was man mir heute Nacht sehr genau demonstriert hatte … was jetzt der Wahrheit entsprach und sich nicht mehr abändern ließ: eben dass ich eine Sklavin war.

Das Mädchen von der Erde, eine Sklavin auf einem unzivilisierten Planeten, schmiegte sich in seine Decke.

Ich schaute nach oben. Auf einem der Felsen über mir kauerte ein Wachposten. Er achtete nicht auf mich.

Ich ließ den Blick an den Wänden und den Dornenbüschen entlangschweifen.

Dann setzte ich mich mit der Decke über den Schultern auf die Erde. Ich wusste, ich war eine Sklavin – gesetzmäßig und unabänderlich. Dies vermittelte mir das Brandmal, doch mich beschäftigte eine Frage, die tiefer schürfte als Rechtsangelegenheiten und Institutionen: War ich wirklich von ganzem Herzen eine Sklavin? Diese Frage beunruhigte mich sehr. Seitdem ich gebrandmarkt worden war, hatte ich äußerst gegensätzliche Empfindungen, was dies betraf. Mir kam es so vor, als ob ich versuchte, mich selbst zu begreifen; meine tiefsten Emotionen und Bedürfnisse. Bisweilen war ich drauf und dran, vor mir selbst zu kapitulieren und mir bewusst die schrecklichen Wahrheiten einzugestehen, die andauernd verleugnete Realität – zurückgehend auf eine Zeit, bevor der Mensch in Strohhütten oder Kalksteinhöhlen gelebt hatte – und die der lange unterdrückten Wesensart entsprachen. Ich wusste nicht, welche Neigungen latent in meiner genetischen Anlage schlummerten, unschickliche und unpässliche Veranlagungen in jener künstlichen Welt, wo ich in engen Grenzen konditioniert worden war: eine Wesensart die man, wie einen Baum in seinem Wuchs oder die Form eines Gesträuchs beschneiden und veröden lassen konnte. Vergiftete Saat geht nicht auf; keine Blume blüht, die in Säure getränkt wird. Mich beschäftigte die Frage nach der grundlegenden Beschaffenheit des Mannes und der Frau. Ich wusste nicht, wie man sie auf den Prüfstand setzen könnte, es sei denn durch Ehrlichkeit und anhand dessen, was zu persönlichem Glück führt.

Womöglich hätte ich nicht über derlei nachgedacht, wäre ich imstande gewesen, die Erinnerung an einen Vorfall zu verdrängen, der sich kurz vor dem Ende meines gezwungenen Vergnügenschenkens ereignet hatte. Ich war den Männern meines Herrn vorgeworfen worden. Einer nach dem anderen hatte sich an mir gütlich getan und mich verprügelt, bevor ich dem nächsten überlassen wurde. Man hatte mich herumgereicht wie einen Gegenstand. Streng war die Lektion, die sie mir erteilt hatten. Trotz Gnadengesuch und Geschrei wollte sich niemand meiner erbarmen; kein Interesse, keine Nachsicht wurde der ärmlichen Sklavin in ihrer Gewalt entgegengebracht. Dann aber, kurz bevor alles vorüber war, war es zu diesem seltsamen Ereignis gekommen, das mich jetzt immer noch verwirrte. Ich hatte weinend und mit vermummtem Kopf auf dem Rücken gelegen, um mich geschlagen und gezappelt; ich wurde festgehalten, ohne mich ihnen entziehen oder mich wehren zu können, rigoros gezüchtigt von dem Wüstling, dem man mich zuletzt gegeben hatte – und da passierte es: Ein unbeschreibliches Gefühl tat sich mit einem Mal in mir auf. Zuerst erschien mir das, was mir angetan wurde, als passend, so unglaublich dies klingen mag. Ich war Männern gegenüber herablassend und arrogant gewesen; wie also sollten sie eigentlich – solche Männer, Männer auf einer Welt wie dieser – meiner Einschätzung nach darauf reagieren? Während er mich mit aller Gewalt züchtigte, dachte ich mit Befremden bei mir: Das geschieht dir recht. Unter dem Tuch bekam ich fast keine Luft. Dann staunte ich über mich selbst, da ich das Vergnügenschenken willkommen hieß. Über die Ahnung hinaus, dies sei schicklich, weil ich einsah, dass ich als Frau starke Männer verärgert und deshalb eine Strafe verdient hatte, bekam ich einen deutlichen Begriff von wechselseitiger Ergänzung: Die Dinge, die er mir angedeihen ließ, standen ihm zu, so er sie für angemessen hielt, wohingegen es mir oblag, sie zu erdulden. Er war ein Mann, ich eine Frau, er war dominant, ich nicht, ihm gebührte die Herrschaft, mir die Unterwerfung. Obwohl ich in jenen Augenblicken erniedrigt und geschunden wurde, erfuhr ich in einer Woge der Begeisterung eine primitiv organische, animalische Zweisamkeit, die gegenseitige Ergänzung von Mann und Frau: einen Dualismus, der über Mythologie und Phrasendrescherei hinausgeht: die Wechselwirkung desjenigen, der besitzt zu derjenigen, die genommen wird, oder des Eigners und Habenden zu derjenigen, die sein Hab und Eigentum ist beziehungsweise dazu gemacht wird. Daraufhin stieß ich unter der Haube einen freudigen und gleichzeitig kläglichen Schrei aus, bäumte mich im Sand auf, soweit ich konnte, und klammerte mich an ihn; ich spürte, dass ich mit seinem Körper verbunden war, und wie sich mein eigener plötzlich, als verfüge er über einen eigenen Willen, im Krampf mit seinem vereinte. Ich war außerstande, die Reflexe zu kontrollieren, die er in mir ausgelöst hatte. Sprunghaft und explosionsartig überkamen sie mich. Ich krallte mich hilflos an ihm fest; ich war sein!

Die anderen Männer lachten. »Kajira«, bemerkte einer.

Dann wurde ich dem nächsten übergeben.

Jetzt hockte ich in meine Decke gewickelt im stillen Lager und dachte nach. Kajira, hatte einer der Männer gesagt.

Ich war wütend. Mich einem von ihnen hingegeben zu haben, konnte ich mir nicht verzeihen. Ich wollte mir einreden, es sei nicht geschehen. Es konnte nicht passiert sein, also war es auch nicht passiert ... und doch, es war geschehen, wie ich in Wirklichkeit und insgeheim wusste. Ich hatte mich einem von ihnen hingegeben. In seinen Armen hatte ich, die einst Judy Thornton gewesen war, gelegen und mich ihm hingegeben. Eine zum Vergnügenschenken gezwungene Sklavin hatte geweint und sich in den Armen eines Herrn aufgebäumt. Ich schämte mich zutiefst! Ich fragte mich, was dies bedeuten mochte. Ließen sich die Gefühle leugnen, die mich überwältigt hatten – die sinnliche Wahrheit, die Erhabenheit biologischer Unterwerfung, welche sich so sehr von jener des Mannes, seiner Dominanz unterschied und in deren Glanz ich gebadet hatte? Ich nahm mir vor, solche Schwächen, die meine Persönlichkeit zum Gespött machten, nicht mehr zuzulassen. Ich durfte einem Mann nicht noch einmal nachgeben. Mir fiel wieder Elicia Nevens ein. Sie hätte beim Anblick ihrer reizenden Konkurrentin Judy Thornton gelacht, die als gebrandmarkte Sklavin rücklings im Dreck lag, in den Wehen der Unterjochung durch einen Mann, aufs Schändlichste machtlos in seinen Armen, unbeherrscht und nicht mehr Herrin ihrer selbst, hingerissen von seiner Männlichkeit. Daraufhin wusste ich, dass ich flüchten musste. Dies sollte schwierig werden, weil ich gezeichnet war.

Ich schaute wieder hinauf zu dem Wachmann. Er beachtete mich nicht, also schlich ich zur Felswand und untersuchte sie im Mondlicht. Es gab keine Stelle, an der ich weiter nach oben gekommen wäre als ein Yard. Ich kratzte mit den Fingernägeln am Granit.

Danach drehte ich mich zu dem Wall aus Dornensträuchern um. Er war imposant: hoch und dick.

Der Wächter schaute mir nicht zu. Er hatte sich nicht ums Lager zu kümmern, sondern beschäftigte sich mit etwas anderem – möglichen Angriffen, die von den Feldern hinter den Tälern ausgehen könnten.

Plötzlich schrie ich vor Schmerz auf; Angst schwang ebenfalls mit, denn die Hecke gab unter mir nach. Sie trug mein Gewicht nicht, und jetzt steckte ich sowohl mit dem rechten Bein als auch dem rechten Arm tief darin fest. Ich drehte den Kopf zur Seite und hielt die Augen geschlossen, spürte die Dornen, die mich zu durchbohren schienen. Ich hing zur Hälfte im Gebüsch, saß in der Falle und wagte nicht mehr, mich zu bewegen. Dann fing ich zu weinen an und schrie weiter. Mein Herr erreichte mich zuerst. Er amüsierte sich köstlich über meinen Anblick, und ich verstummte sofort. Ein zweiter Mann kam mit einer Fackel, mit der er in der Glut des Feuers gescharrt hatte, bis sie angegangen war. Mehrere andere wurden wach, kehrten aber sogleich in ihre Zelte und auf ihre Felle zurück, als sie sahen, dass es nur um eine Sklavin ging. Eta eilte herbei, kehrte jedoch auf ein strenges Wort meines Herrn hin prompt zu ihrem Schlafplatz zurück.

»Ich hänge fest, Herr«, klagte ich.

Mein Fluchtversuch war allzu augenfällig. Er zog meinen Kopf im Schein der Fackel an den Haaren zurück, um ihn von den Dornen zu befreien, sonst hätte ich mir womöglich ein Auge ausgestochen. Indem ich mir lange Kratzer zuzog, schaffte ich es irgendwann, meinen rechten Arm herauszuziehen. Mein Herr sah mich an. Ich befürchtete, er würde mich einfach so zurücklassen. Mein rechtes Bein konnte ich nicht herausziehen, weil es so tief drinsteckte.

Als ich dastand, fand ich keinen Halt. »Bitte hilf mir, Herr«, flehte ich. Mir war nicht daran gelegen, bis zum Morgen in den Sträuchern festzustecken. Es war peinlich, ich konnte nichts tun und hatte große Schmerzen. »Bitte, Herr«, winselte ich. »Hilf mir.«

Nun zog er mich hoch in seine Arme und befreite dabei mein Bein, wenn auch nicht ohne Schnitte und Schürfwunden. In diesem Moment genoss ich es, dass er mich festhielt und mich umarmte. Für ihn schien ich nichts zu wiegen. Seine kräftigen Hände an meinem Körper zu fühlen, gefiel mir, während er mich mit Leichtigkeit hoch über der Erde hielt, die ich, solange er mich trug, nicht berühren konnte, bis er es mir ermöglichte. Nackt wie ich war, traute ich mich, meinen Kopf an die Schulter seiner Tunika zu lehnen. Irgendwann stellte er mich ab. Ich wich seinem Blick aus. Vor ihm fühlte ich mich klein. Dass ich hatte fliehen wollen, war offensichtlich. Zu jener Zeit wusste ich noch nicht, welche Strafe einem Mädchen blüht, das dieses Wagnis eingeht und das Pech hat, wieder eingefangen zu werden, was nahezu immer geschieht. Sklavinnen gelingt so gut wie niemals die Flucht. Der Hauptgrund dafür ist ihr Stahlreif, der ihren Hals hartnäckig umschließt und, so man ihn lesen kann, ihren Herrn sowie dessen Stadt identifiziert. Natürlich käme so gut wie niemand auf die Idee, eine Sklavin ihres Halsreifs zu entledigen, es sei denn, um ihr den eigenen anzulegen. Dies liegt daran, dass sie eben eine Sklavin ist. Außerdem setzt man mitunter abgerichtete Sleens auf sie an, die sich als unermüdliche Jäger erweisen. Entwischt ein Mädchen einem Herrn, wird es zwangsläufig bald einem anderen in die Hände fallen. Eine erfolgreiche Flucht, so selten sie vorkommt, führt aus der Sicht der Sklavin in der Regel zu nichts weiter als einem Tausch ihres Halsreifs und ihrer Ketten. Beinahe jeder Mann auf Gor wird sich beeilen, einer hübschen, frei herumlaufenden Sklavin seinen Reif anzulegen. Wohin soll sie also fliehen? Was kann sie tun? Alles in allem stellt die Flucht keine Option für eine Sklavin dar. Sie ist leibeigen und wird es immer bleiben. Außerdem trägt sie ein Brandmal, das eine Flucht im Grunde genommen praktisch unmöglich macht. Durchstochene Ohrläppchen erschweren es einem Mädchen im Übrigen ebenfalls, sich der Gefangennahme zu entziehen. Vom Standpunkt eines Bewohners der Erde mutete es interessant an, dass die meisten goreanischen Frauen, ob frei oder nicht, diesen Eingriff als schmählicher empfinden als das Brandzeichen. Auf Gor gebürtige Sklavinnen sträuben sich zutiefst davor, weil Ohrlöcher so auffällig sind und durchstochenes Fleisch eine starke erotische Wirkung hat. Welcher Mann würde nur einen Gedanken daran verschwenden, sie freizulassen, wenn sie durchstochene Ohrläppchen hätte? Mädchen flehen ihre Herren an, sie davor zu verschonen, doch diese Bitte wird gemeinhin ignoriert und der Eingriff vorgenommen. Hinterher – dies sollte nicht unerwähnt bleiben – sind sie normalerweise zufrieden mit ihren Ohrlöchern und fangen sogar an, sich etwas auf diese hinzugewonnene erotische Dimension ihrer Schönheit einzubilden. Auch den wunderbaren Schmuck, mit dem sie ihren Körper auf Geheiß des Herrn zieren, verachten sie durchaus nicht. Dass freie Frauen ihre geknechteten Schwestern in vielerlei Hinsicht beneiden, ist kein Geheimnis. Dies betrifft ihre Anmut, ihren Frohsinn und die anziehende Wirkung auf Männer, wodurch sich auch erklärt, weshalb Freie oft ziemlich grausam mit Sklavinnen umspringen. Den meisten Kettenmädchen graut es davor, von einer jener gefürchteten Freien gekauft zu werden. Ich habe mich schon häufig gefragt, ob freie Goreanerinnen nicht vielleicht glücklicher wären, wenn ihnen die Kultur gewährte, ein wenig mehr wie die Sklavinnen zu sein, die sie so inniglich verachten. Ich halte es für eine Kleinigkeit, freien Frauen zu gestatten, sich die Ohrläppchen durchbohren zu lassen, damit sie ihre Ohren mit Ringen schmücken können. Wäre das wirklich zu viel verlangt? Es ist nur die Bindung an althergebrachte Sitten, die so stark ist. Auf der Erde würde einer freien Frau nicht im Traum einfallen, sich brandmarken zu lassen, um sich dadurch zu verschönern und passend dazu wäre einer freien Goreanerin nicht daran gelegen, ihre Ohren durchstechen zu lassen. Unter Sklavinnen auf Gor jedoch ist dieser Brauch weitverbreitet, forciert durch den Willen ihres Herrn. Man kann sagen, er erfreue sich wachsender Beliebtheit unter Männern, woraus sich zwangsweise ergibt, dass der Anteil an Ohrringe tragenden Sklavinnen auf dem Planeten zunimmt. Die Wurzeln dieser Tradition gehen, wie man mir sagte, auf die Stadt Turia auf der Südhalbkugel zurück, ein wichtiges Fertigungs- und Handelszentrum.

Ein Mädchen mit durchstochenen Ohrläppchen ist folglich eine Sklavin oder war einmal eine. Handelt es sich um eine ehemalige, sollte sie zusehen, dass mit ihrem Freibrief rechtlich gesehen alles stimmt. Nicht wenige befreite Frauen haben sich schon aufgrund ihrer Ohrlöcher abermals auf einem Auktionsblock wiedergefunden und mussten sich von starken Männern auf den hilflosen Zustand der Knechtschaft zurückwerfen lassen. Solche Unglücklichen verkauft man bewusst an Auswärtige, die sie zu einem Spottpreis ergattern können.

Meine Ohren waren noch nicht durchstochen, also musste ich mir keine Sorgen darum machen, dass mich ein Goreaner mit einem flüchtigen Blick als Sklavin entlarvte. Blieb also nur mein Brandzeichen; Goreanerinnern tragen genauso wenig wie Frauen auf der Erde solche Male, sondern nur Sklavinnen, ob auf diesem oder jenem Planeten. Dort auf Erden, wo die Leibeigenschaft noch praktiziert wird, brandmarkt man im Allgemeinen nur solche Sklavinnen, die für Verdruss sorgen, wohingegen man es auf Gor mit allen tut. Ich glaubte nicht, dass mir die Flucht mit meinem Zeichen gelingen würde, da es mich allzu deutlich als Sklavin ausweist. Ich wandte mich nicht an meinen Herrn, denn wahrscheinlich überlegte er sich gerade eine Strafe für meinen Fluchtversuch.

Damals war mir nicht klar, worauf sich ein Mädchen gefasst machen muss, wenn es fliehen wollte und wieder eingefangen wurde, aber wie dem auch sei: Vieles liegt im Ermessen des Herrn, doch üblicherweise behandelt man sie nach ihrem ersten Versuch höchst milde, als sei sie ein tölpelhaftes Ding. Meistens wird sie nur gefesselt und ausgepeitscht. Sollte sie es ein zweites Mal wagen und geschnappt werden, durchtrennt man ihr für gewöhnlich die Kniesehnen, doch kaum eine Sklavin traut sich, zur Wiederholungstäterin zu werden.

Wie gesagt wusste ich das alles zu jener Zeit noch nicht, doch der Gedanke an eine Flucht kam mir plötzlich närrisch vor.

Nur wenige Mädchen erhalten Einlass in ihre Stadt, selbst wenn sie das Glück haben, deren Tore zu erreichen. Ihr Status, obgleich unverschuldet, hat sie jeglicher Rechte entbunden und ihre Bürgerschaft nichtig gemacht.

Flieh oder lass dich in Ketten legen, Sklavin, bekommen sie oft zu hören. Dann kehren sie sich von den Mauern ab und nehmen weinend Reißaus.

Einige verschlägt es in die grünen Wälder des Nordens. Dort leben in manchen Gegenden Banden vogelfreier Frauen: die flinken, unbezähmbaren Panthermädchen von Gor, die jedoch alle verachten, die nicht zu ihrem eigenen hartgesottenen Schlag zählen. Ganz besonders gering schätzen sie zarte Pflänzchen, die einmal Männern unterworfen waren; sollte sich ein solches auf der Flucht in die kühle Weite ihres grünen Lebensraumes verirren, wird es in der Regel gejagt wie eine Tabukkuh und rigoros gefangen genommen. Es hat in den Wäldern nichts verloren, wird gefesselt, an eine Leine gelegt und oftmals verprügelt, bevor es sich wehrlos mit Ruten ans Gestade der Thassa oder die Ufer des Laurius treiben lassen muss, wo man es wieder an Männer übergibt, praktischerweise im Tausch gegen Waffen oder Süßwaren.

Mein Herr zog die Dornensträucher mit einer Schlinge, die an einem Speer befestigt war, auseinander, während einer seiner Männer mit einer Fackel für Licht sorgte. Der Durchgang war etwa achtzehn Zoll breit. Er zeigte darauf.

Der Weg zur Flucht stand mir offen.

Ich brauchte bloß loszulaufen.

Im Schein des Mondes suchte ich den Blick meines Herrn. Mir war, als gäben meine Knie gleich nach, und ich fing an zu zittern.

Der Weg zur Flucht stand mir offen.

Beklommen schaute ich durch die schmale Bresche in dem Wall aus spitzen Stacheln und in die Finsternis dahinter.

Ich musste bloß loslaufen.

Die nackte Sklavin zitterte vor Entsetzen im Angesicht ihres Herrn.

Dann kniete ich vor ihm nieder und küsste, am ganzen Leib bebend, seine Füße.

»Behalte mich, Herr«, flehte ich. »Behalte mich.« Ich blickte mit Tränen in den Augen zu ihm auf, während ich seine Knie festhielt. »Bitte, Herr«, schluchzte ich. »Lass mich bleiben.«

Ich verharrte weiterhin bebend auf den Knien, da wandte er sich ab und schloss den Durchgang in der Hecke wieder mit dem Speer, an den die Schlinge geknotet war.

Daraufhin baute er sich erneut vor mir auf und sah auf mich herab. Er befahl mir ohne Worte, aufzustehen und ihm zu folgen. Demütig – als sein Mädchen – ging ich durch das Lager hinter ihm her. Der andere Mann mit der Fackel begleitete uns.

Wir blieben vor den ausgerollten Fellen eines Kriegers stehen. Dieser blinzelte gegen das Licht der Fackel, stützte sich auf einen Ellenbogen und schaute zu uns auf. Mein Herr sprach kurz zu ihm; nicht mehr als vier, fünf Worte. Ich betrachtete den Mann. Unter denjenigen im Lager kannte ich ihn gut, da ich weitestgehend vor ihm zurückschreckte. Er war der Abstoßendste unter ihnen.

Warum hatte mich mein Herr hergebracht?

Nachdem er auch mir gegenüber eine knappe Bemerkung gemacht hatte, zeigte er auf den Liegenden. Ich verstand nicht so recht, was er mir mitteilen wollte, aber worauf es hinauslief, dämmerte mir, während mir ängstlich ums Herz wurde: Ich sollte dem Mann als Sklavin Lust spenden.

In der vergangenen Nacht hatte mich mein Herr entjungfert, sich erschöpfend an mir befriedigt und mich zu totaler Unterwerfung gezwungen; der Selbstaufgabe eines zur Gänze eroberten Kettenmädchens. Hätte ich aber deshalb annehmen dürfen, sein Liebling zu sein, umweht mit irgendeiner Besonderheit? Nein, er hatte nur sein natürliches Recht geltend gemacht, als Anführer zuerst mit mir zu schlafen. Es sagte gar nichts aus. Ich war bloß eine Sklavin. Was ich für so wichtig, so folgenschwer gehalten hatte, hatte ihm nichts bedeutet. Dahinter steckte nur das Recht der ersten Nacht, welches er bestimmt schon bei unzähligen anderen Mädchen – und schöneren, als ich es war – in Anspruch genommen hatte. Mich durften streng genommen alle benutzen, genauso oder sogar ausgiebiger als die entzückende Eta. Judy Thornton wohnte nichts Außergewöhnliches inne, sie war nichts weiter als eine Sklavin in diesem Lager. Das hatte ich nicht begriffen. Ich war verwirrt und außer mir gewesen, empört und betrübt, als man mich am Vorabend in jenem widerlichen Spiel zur Siegesprämie gemacht hatte. Hinterher hatte ich sogar brüllend aufbegehrt, hatte meinen törichten Protest herausgeschrien. Eitel benahm ich mich, hielt mich für etwas Besseres, als ich in Wirklichkeit war, eine junge Frau von der Erde, die sich herausnahm, Goreaner zu beschimpfen. Daraufhin hatte man mir eine Haube übergestreift und mich den Teilnehmern nackt als Gespielin vorgeworfen. Im Zuge der herben Zurechtweisung, die ich über mich ergehen lassen musste, genauer gesagt zum Ende hin, begeisterte und entsetzte ich mich gleichermaßen über jenen uralten Dualismus zwischen männlichen und weiblichen Primaten, der mir aufzeigte, dass ich den Männern als Frau nach den vorzeitlichen Herrschaftsprinzipien der Biologie, die sich auf dieser Welt weiter durchsetzten, schlichtweg unterlegen war. Diese verbissen geleugnete und gefürchtete, lange abgestrittene und schließlich hingenommene Tatsache drängte sich mir mit befreiender Strahlkraft auf. Stürmisch wie ein Orkan zerriss es die hauchdünnen Gespinste und Bande der Falschheit. In einer Woge der Euphorie überkam mich ein unfassbares Gefühl von Freiheit und Befreiung, obwohl ich mich nicht bewegen und nichts sehen konnte, während ich in den Armen eines Tieres lag, dem ich Vergnügen schenkte. Es handelte sich nicht um jene konventionelle Freiheit von einst, sondern jene der Natur. Statt vorzugeben, etwas zu sein, was ich nicht war, wie man es mir anbefohlen hatte, erfuhr ich nun die Freiheit, ich selbst sein zu dürfen, was man mir aus komplexen gesellschaftlichen und geschichtlichen Gründen lange Zeit verleidet hatte. Dies war keine politisch vorgeschriebene Freiheit, sondern eine naturgemäße, die es einem Stein erlaubte zu fallen, einem Spross zu gedeihen, und einer Blüte zu blühen: die Ekstase, so sein zu dürfen, wie man ist. Ich stöhnte laut und klammerte mich an den Mann. Wegen meiner Vermummung wusste ich nichts über ihn, sondern kannte nur seine Männlichkeit. Ich schrie auf und gab mich ihm hin.

»Kajira«, sagte jemand.

Wie ich mich schämte, das getan zu haben; voller Trotz lag ich danach im Lager und nahm mir vor, die Flucht zu ergreifen.

Dabei wusste ich die ganze Zeit über, dass ich nicht von Belang war: bloß eine Sklavin, die lernen musste, Männern zu gehorchen, und dass diese mit mir tun würden, was sie wünschten. Ich versuchte tatsächlich zu fliehen, verstrickte mich aber dummerweise genau in dem Moment schmerzlich in den Dornensträuchern, gelähmt und eingeschlossen in ihren unnachgiebigen Ranken.

Mein Herr befreite mich aus ihrer quälenden Umklammerung, bevor er die Pflanzen mit Speer und Seil auseinanderzog, um mir einen Pfad zu zeigen, durch den ich, so ich mich dazu entschied, davonlaufen konnte.

Ich war zunächst hin- und hergerissen, kniete dann jedoch entsetzt und erschüttert vor ihm nieder.

»Behalte mich, Herr«, flehte ich ihn an.

Jetzt stand ich neben ihm, der Mann mit der Fackel ein wenig abseits. Ich sah den Krieger auf seinen Fellen an, der zu uns aufschaute. Ich hielt ihn für den unansehnlichsten Kerl im Lager. Mein Herr hatte gerade etwas zu mir gesagt, dessen Inhalt eindeutig gewesen war. Ich blickte ihn an; seine Augen waren kalt. Ich unterdrückte mein Schluchzen und ging neben dem Krieger auf den Fellen in die Knie, der sich gleich darauf aufdeckte. Mein Herr stand hinter mir, während der andere Mann die Fackel hochhielt. Ich küsste und streichelte den Liegenden. Ich erfreute ihn, so gut ich konnte als unbedarftes Ding und ließ mich dabei von ihm leiten. Zuletzt packte er zu und drückte mich unter sich in die Felle. Ich schaute nach oben ins Gesicht meines Herrn, sah es aber nur von der Seite, beschienen von dem Licht der Fackel, die auch mich anstrahlte. Dann ging ein Ruck durch mich, ich drehte den Kopf weg, schloss die Augen und stieß einen Schrei aus. Ich konnte dem Krieger nicht länger widerstehen und gab mich ihm voller Schmach vor den Augen meines Herrn hin.

Nachdem er sich zu seiner Zufriedenheit mit mir beschäftigt hatte, stieß er mich von sich. Sofort befahl mir mein Herr, auf die Beine zu kommen, und führte mich zu der Stelle zurück, an der meine Decke liegen geblieben war. Dort beugte er sich über mich, verschränkte mir die Arme auf dem Rücken und fesselte meine Handgelenke mit einem dünnen Riemen. Ähnlich verfuhr er auch mit meinen Füßen. Schließlich lag ich auf der Seite und er warf mir die dünne Decke über und ging.

Eta kam verstohlen zu mir. Ich schaute sie an; meine Tränen waren versiegt. Sie machte jedoch keine Anstalten, mich loszubinden. Der Herr hatte befohlen, dass ich in dieser Nacht gefesselt schlafen musste. Also sollte es so sein. Ich drehte mich von Eta weg, doch sie blieb bei mir. Zuvor am Abend war ich als Beute und Gewinn in einem grausamen Wettbewerb der Barbaren herumgelaufen. Wegen meiner Anmaßung hatte man mich den Männern vorgeworfen, auf dass sie mir ihre Überlegenheit einbläuten; selbige beziehungsweise meine umfassende Unterordnung ihrem Willen gegenüber focht ich nun nicht mehr an. Später hatte mich mein Herr vor die Entscheidung gestellt, die Flucht zu ergreifen, mich auf- und davonzumachen. Stattdessen aber war ich nackt vor ihm niedergefallen mit der Bitte, behalten zu werden. Er zeigte mir, dass er dies zu tun gedachte, allerdings zu seinen eigenen Bedingungen, nämlich dass ich mich ihm völlig unterwarf und seine selbstvergessene Sklavin wurde. Dieser hatte es freigestanden, von hier zu flüchten, so sie gewillt war – war sie aber nicht – also blieb sie im Lager und unanfechtbar das, was sie war: eine totale Sklavin.

Warum hatte mein Herr die Büsche überhaupt auseinandergezogen? Bedeutete ich ihm tatsächlich so wenig? War es ihm gleich, ob ich bei ihm blieb oder in der Dunkelheit entwischte, um zu verhungern, von Raubtieren gefressen zu werden oder in die Hände anderer zu fallen? Ich hatte das Gefühl, in der Tat mehr oder minder unerheblich für ihn zu sein, wurde aber dennoch rot, als ich nackt und gefesselt unter der Decke lag. Mir die Flucht zu ermöglichen, wäre zu meinem Nutzen gewesen, nicht zu seinem. Er hatte die Sklavin besser verstanden als diese sich selbst, was auf hinreichende Erfahrung mit vielen von ihresgleichen hindeutete. Womöglich war er sogar schon einmal in Besitz eines Mädchens von der Erde gewesen. Dass man kein anderes junges Ding außer mir von der Erde an die Ketten dieser Welt gelegt hatte, erschien mir unwahrscheinlich. Es mochte sich um Scharen handeln. Während ich dort lag, wurde mir klar, dass er mich vortrefflich eingeschätzt hatte, so wie es ein Herr eben konnte. Mir die Flucht einzuräumen, wäre zu meinem Nutzen gewesen, nicht zu seinem. Er hatte ohne Weiteres meine Emotionen, meine Empfindungen und mein Wesen mit Umsicht und Erfahrung abgelesen, als sei nichts leichter. Alles war ihm so deutlich ins Auge gefallen wie mein Fleisch, ohne dass ich irgendetwas vor seinem geschulten Blick hätte verbergen können. Er war ein Meister weiblicher Psychologie; nichts von mir ließ sich vor ihm geheim halten. Im Handumdrehen war ich taxiert und durchschaut worden. Ich schauderte beim Gedanken daran, wie einfach man mich kontrollieren, manipulieren und mattsetzen konnte. Ich war gleichzeitig froh und sträubte mich davor, dass dieser Mann mich so sehr verstand. Erstens aufgrund meines verstohlenen Wunsches verstanden zu werden, zweitens wegen der Macht, die er dadurch voraussichtlich über mich gewann. Ich machte mir nichts vor: Er gehörte zu jener Sorte Mensch, die diese Macht ausnutzte. Er würde sie so ungezwungen und arglos, so radikal und wirkungsvoll einsetzen wie ein Wildschwein seine Stoßzähne oder ein Löwe seine Krallen. Er durchschaute und besaß mich; hätte ich ihm hilfloser ausgeliefert sein können?

Ich ballte meine gefesselten Hände zu Fäusten.

Er hatte mir einen Weg durch die Dornen gebahnt und gewusst, dass ich nicht fortlaufen würde. Ich selbst hatte es nicht vorhergesehen, er schon. Mein Herr kannte seine Sklavin besser als diese sich selbst. Ihm war bewusst, dass sie, vor die Wahl gestellt, niederknien und ihn anflehen würde, sie zu behalten. Nicht sie, sondern er war es gewesen, der gewusst hatte, dass sie nicht fliehen wollte, sondern darum bat, im Lager verweilen zu dürfen: zu Kreuze kroch, um behalten zu werden. Welche Lehre sollte ich nun daraus ziehen? Dies fragte ich mich voller Verärgerung. Aufgebracht wand ich mich in meinen Fesseln. Eigentlich war es ziemlich offensichtlich, obwohl vermutlich schwer zu akzeptieren für ein Mädchen von der Erde. Was wusste er über mich, das mir selbst verborgen blieb? Was wusste dieser scharfsichtige Barbar, der die reizende Judy Thornton so gut im Griff hatte, das sie selbst noch nicht wusste oder sich nicht eingestand?

»Nein!«, stöhnte ich auf. Ich spürte, wie mir Eta sanft eine Hand auf den Kopf legte, um mich zu trösten. »Nein«, wimmerte ich. »Nein.«

Trotzdem sah ich ein, dass ich meine Wahl getroffen hatte. Daraufhin war mir der Weg durch die Dornen verschlossen worden. Er hatte mich zu einem Mann geführt – demjenigen, den ich im Lager am wenigsten attraktiv fand. Diesem sollte ich daraufhin dienen, doch nun waren da weder Fesseln noch ein Tuch über meinem Kopf. Ich selbst hatte aktiv zur Tat schreiten und Leistung zeigen müssen; ich hatte mein Schluchzen unterdrückt. Mein Wille war hoffnungslos gegenüber jenem meines Herrn gebrochen. Hingekniet hatte ich mich, ihn liebkost und versucht, dem freien Mann Vergnügen zu verschaffen, wobei ich mich an seine Anweisungen hielt, was mir leidlich gut gelang. Immerhin war ich unbedarft, ein tollpatschiges, verängstigtes Mädchen, rohes »Sklavenfleisch«, wie man so sagte, noch ungekocht. Irgendwann hatte er mich niedergedrückt und wohl auch mit Wonne durch die Wehen des Liebesdienstes geführt. Ich war entschlossen, mich ihm aufs Entschiedenste zu widersetzen. Mein Herr sah alles mit an, während ich mir wünschte, mein Gesicht vor ihm zu wahren, damit er mich respektierte, doch in weniger als einer Viertelstunde machte ich ein Gefühlschaos durch, dem ich mich beugen musste. Mir kamen die Tränen, und obwohl mein Herr zuschaute, drehte ich den Kopf zur Seite, schloss die Augen und stöhnte laut auf, da ich nicht mehr an mich halten konnte. Ich gab mich dem Krieger hin; Judy Thorntons niedlicher Bauch und ihre Schenkel erzitterten in einem hemmungslosen Sklavenorgasmus.

Jetzt lag ich nackt und gefesselt unter einer dünnen Decke. Eta saß neben mir und wollte mich beruhigen.

Die Möglichkeit zur Flucht war vertan, die Wand aus Dornensträuchern verschlossen, mein Leib in Leder gebunden – an Händen und Füßen. So konnte ich nicht einmal mehr aufstehen. Ich rang mir ein reumütiges Lächeln ab.

Die Sklavin war bestens gesichert.

Über den Grund für meine Fesselung konnte ich aber nur spekulieren. Der Vereitelung meiner Flucht diente sie ganz bestimmt nicht, denn die stachlige Hecke und die schroffen Felswände waren mehr als ausreichend, um dem vorzubeugen. Welche Bewandtnis hatte es also dann? Ich dachte, vielleicht zur Strafe, denn dazu eignen sich Fesseln bestens, weshalb man sich ihrer auf Gor auch häufig zu diesem Zweck bedient. Einschränkungen demütigen psychisch, bereiten der Sklavin insbesondere längere Zeit nach ihrer Fesselung durch den Herrn körperliches Unbehagen und zählen gemeinsam mit Nahrung sowie der Peitsche zu den simpelsten, aber wirksamsten Mitteln zur Erziehung eines Mädchens. Sobald man diese disziplinarische Maßnahme aufhebt, ist die Sklavin stets begierig zu gefallen, da sie nicht wieder gefesselt werden möchte. Die Riemen haben ihr deutlich gezeigt, wo sie hingehört, nämlich vor ihren Herrn, auf den Boden.

Ich glaubte aber nicht, dass er mir damit eine Lehre erteilen wollte. Mein Herr hatte schließlich nicht unzufrieden mit mir gewirkt.

Sicher, ich hatte keine herausragende Leistung erbracht, mich aber definitiv angestrengt, um dem Krieger, dem ich anbefohlen worden war, seinem Willen gemäß zu dienen.

Nein, mein Herr war mir nicht verärgert oder wütend erschienen. Er hatte es bestimmt nicht als Strafe gemeint, aber als was sonst?

Ich hatte mich eifrig ins Zeug gelegt, zumal ohne Hemmungen und so gut ich konnte: als bedauernswerte, anmutige, befehligte Sklavin.

Ich hatte mein Bestes gegeben.

Warum war ich dann gefesselt worden?

Mehrere Minuten lang hatte ich versucht, mich dem Mann zu widersetzen, was mir auch gelang, indem ich mich steif und prüde verhielt. Ich wollte alle meine Emotionen unterdrücken, damit mein Herr nicht sah, wie ich mich als Sklavin hingab.

Dass es dann doch geschehen war, beschämte mich zutiefst.

Als ich danach gefesselt liegen gelassen wurde und Eta zu mir kam, fragte ich mich, weshalb ich mich schämte. Was war falsch daran, dass sich eine Frau einem Mann gegenüber selbst vergaß? Konnte man einem Menschen vorwerfen, dass sein Herz schlug und dass er Empfindungen hegte? Falls es in der Natur des Mannes liegt zu siegen und alles an sich zu reißen, wie gestaltet sich dann die Natur der Frau? War sie nicht ergänzender Art und bestand in der Niederlage, in köstlicher Hingabe und Lust? Ich fing an zu schwitzen, während ich gefesselt dalag. Eta lächelte mich an. Eine Gleichgestellte musste sich einem Mann vielleicht widersetzen, doch ich war keine Gleichgestellte, sondern eine Sklavin! Ich gehörte den Männern! Ich durfte wegen der Biologie weiblich sein, eine freie Frau vermutlich nicht; ich durfte mich so primitiv verhalten und besessen werden, wie sie es nicht konnten. Die Sklaverei machte mich zu einer befreiten Frau. Ich bäumte mich auf, um mich mit den Händen am Rücken hinzusetzen. Losmachen konnte ich mich nicht. Eta hielt mich sanft an den Schultern fest. Ich starrte aufgeregt vor mich hin. Für mich gab es keine andere Wahl; ich war eine Sklavin und gezwungen, ganz Frau zu sein.

Nun jubelte ich lüstern auf, sodass Eta mich zum Schweigen ermahnen musste. Mehrere Minuten lang hatte ich mich gegen den Mann gesträubt. Ich hatte dagegen angekämpft, etwas zu fühlen; wie dumm von mir, denn dadurch war mir unheimlich viel Freude verloren gegangen. Jetzt stellte ich mir vor, dass ich mich auf atemberaubende Weise hingab, in den Armen meines Herrn dahinschmolz und ihn küsste, nahezu von seiner ersten Berührung an, wie fabelhaft ich ihn befriedigen konnte – seine Sklavin – und wie mich diese Befriedigung gleichsam vor Begeisterung über meine Weiblichkeit zum Aufschreien bewog.

»Binde mich los, Eta«, bat ich. »Binde mich los!«

Doch sie konnte mich nicht verstehen.

Ich kehrte ihr den Rücken zu und hielt ihr flehentlich meine gefesselten Hände hin. »Binde mich los«, wiederholte ich. Eta schüttelte ruhig den Kopf und nahm mich in den Arm. Mein Herr hatte mich gefesselt, und gefesselt musste ich bleiben.

Traurig schüttelte ich den Kopf.

Gern wäre ich zu den Männern gekrochen, um ihnen zu sagen, dass ich begriffen hatte, und mich ihnen aufdrängen wollte, auf dass sie mit mir schliefen und sich von mir verwöhnen ließen.

Dies wollte ich als Sklavin – als ihre Sklavin tun. Meine Augen brannten vor der hilflosen Begierde eines gefesselten Mädchens, das sich auf allen vieren zu einem Kerl begeben würde, um ihm zu dienen.

Dass es solche Regungen geben könnte, hätte ich mir nie erträumen können. Ich war nicht nur erpicht darauf, ihnen meine Schönheit ohne Würde und unterwürfig zu präsentieren, um sie dazu zu bewegen, mich zu umschlingen und sich daran zu vergehen, sondern darüber hinaus auch überwältigt von einer gänzlich neuen Dimension von Gefühlen, die man nur unzureichend als das Verlangen bezeichnen konnte zu lieben und zu dienen. Ich wollte geben: uneingeschränkt und ohne die Erwartung, etwas zurückzuerhalten. Im Hinterkopf hatte ich mich stets damit beschäftigt, was ich gewinnen konnte; jetzt und zum ersten Mal in meinem Leben wollte ich vor lauter Freude geben, da ich mich selbst als Sklavin akzeptierte. Alles von mir wollte ich geben, mich mit ganzem Herzen ausliefern und ihnen als Mädchen widmen, das sie liebte und jeglichen Dienst leisten würde, ohne etwas dafür zu verlangen. Ich wollte nichts sein und alles geben.

Ich wollte ihre Sklavin sein.

Ich bebte in selbstloser Ekstase.

Gern wäre ich zu ihnen gekrochen und hätte ihnen gesagt, dass ich nun endlich verstand und ganz ihnen gehörte. Jubeln wollte ich vor ihnen, weinen und niederknien, sie eilfertig küssen und ihre Körper in meiner Euphorie ablecken.

»Binde mich los, Eta!«, drängte ich.

Sie schüttelte wieder den Kopf.

Ich wusste, ich hätte mich dem Mann, dem mich mein Herr jüngst aufgezwungen hatte, besser hingeben können.

Ich schaute von Eta zu dem Schlafenden und dann wieder auf sie. »Bring es mir bei, Eta«, verlangte ich mit verzweifelter Flüsterstimme. »Lehre mich morgen, wie man Männer befriedigt. Zeig mir, was es heißt, Männer zu verwöhnen.«

Eta verstand meine Worte natürlich nicht, konnte aber meine Augen, meine Blicke und meine Bewegungen deuten, und so erkannte sie meine dringlichen Bedürfnisse. Sie lächelte und nickte. Was in meinem Körper vor sich ging, erkannte sie. Ich verließ mich auf sie, denn sie wusste, ich war eine Sklavin. Sie würde mir helfen, mich zu verbessern. Bald, so ahnte ich, wenn ich begann, ihre Sprache zu beherrschen und mich klar oder wenigstens ein wenig genauer ausdrücken konnte, würde mich Eta im Freudenspenden unterweisen, so gut sie konnte. Ich gab ihr einen Kuss.

Ich zog an meinen Fesseln.

»Bitte mach mich los, Eta«, bettelte ich wieder und hielt ihr die Riemen vor. Sie lächelte und schüttelte abermals den Kopf.

Ich zerrte an dem Leder. Nun begriff ich, weshalb ich gefesselt worden war: Es hielt mich davon ab, zu den Männern zu kriechen.

Ich durfte ihren Schlaf nicht stören.

Zornig und traurig seufzte ich, eingeschränkt durch meine Fesseln. Eta befahl mir zu schweigen.

Die Männer mussten ruhen. Dann packte sie mich wieder an den Schultern, um mich sanft zurück auf die Erde zu drücken. Die dünne Decke lag auf meinen Oberschenkeln.

Bevor ich mich hinlegte, hielt ich inne und schaute sie an. »La Kajira«, sagte ich.

Eta nickte erneut. »Tu Kajira«, entgegnete sie. Dann zeigte sie auf sich. »La Kajira.« Und mit einer Handbewegung zu mir: »Tu Kajira.« Sie strahlte.

Schließlich drückte sie mich zärtlich nieder und zog mir die dünne Decke über den Körper, während ich auf meiner rechten Schulter lag.

Das Mondlicht reflektierte von ihrem Halsreif. Ich neidete ihn ihr, denn ich wollte ebenfalls einen tragen. Er besaß eine Inschrift, zweifellos den Namen ihres Herrn. Ich wünschte mir einen eigenen Halsreif, auf dem der Name meines Herrn stand.

Eta küsste mich, stand auf und ging.

Ich blieb unter der Decke liegen, nackt und gefesselt. Indem ich mich auf den Rücken umdrehte und etwas herumrutschte, fand ich eine Lage, die mir bequem war. Zu viel bewegte ich mich nicht, weil ich nicht wollte, dass sich die Decke verschob. Falls dies im Lauf der Nacht geschah, würde ich mich schwerlich wieder zudecken können. Ich schaute hinauf zum Nachthimmel, den Sternen und den Monden. Ich sah die Felswand und den Wachmann hoch oben. Dann drehte ich mich wieder auf die rechte Schulter, möglichst ohne dass die Decke verrutschte, und sah hinüber zur geschlossenen Wand aus Dornensträuchern. Zuletzt bewegte ich mich noch ein wenig, um die Felle ins Auge zu fassen, vereinzelt auch die Zelte der Männer.

Anschließend blickte ich wieder hinauf zu den Monden. Wie urtümlich, weiß und wunderschön sie mir vorkamen.

Judy Thornton beziehungsweise diejenige, die auf einer weit entfernten, künstlichen Welt Judy Thornton gewesen war, blickte hinauf zu den Monden.

Ich dachte an die hübsche Sklavin, die ich mit der Ta-Teera im Spiegel gesehen hatte. Sie war ganz bestimmt nicht Judy Thornton.

Ich freute mich überschwänglich darüber, jene Sklavin zu sein.

Ich musste die Nacht draußen verbringen, in einem Lager voller Barbaren. Über mir am schwarzen Himmel strahlten hell die Sterne und drei Monde. Ich lag unter einer dünnen Decke, ich war nackt. Meinen Oberschenkel zeichnete ein Brandmal, ich war eine gefesselte Sklavin.

Und dabei nicht einmal unglücklich.

Ich betrachtete die Monde. »La Kajira«, sprach ich. »Ich bin eine Sklavin.«

Die Chroniken von Gor 11 – Das Sklavenmädchen

Подняться наверх