Читать книгу Die Chroniken von Gor 11 – Das Sklavenmädchen - John Norman - Страница 7

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Mich widerte die Dreistigkeit und Offenheit, mit der er mich betrachtete und behandelte, an. Hielt er mich für ein Tier? Dachte er, ich sei bloß ein Stück Eigentum?

Nachdem er mich vor seinen Füßen auf den Bauch gedreht hatte, blieb ich so liegen. Meine Handgelenke lagen überkreuzt auf dem Rücken, gefesselt mit schmalen, verknüpften Lederriemen, meine Unterschenkel waren ebenso verschränkt und auf die gleiche einfache, aber sichere Weise verbunden worden. Ich spürte das Gras unter mir und wie es meine linke Seite streifte, während der Wind hindurch wehte. Die Zehen hielt ich weiterhin gestreckt.

Er betrachtete mich noch eine Weile.

Wie hübsch er mich finden musste ... Jedenfalls glaubte ich das. Ich hatte seine unfassbare, seine tierische Männlichkeit erfahren, sie hob sich äußerst extrem von jener gehemmten, verkümmerten Sexualität ab, die Männern auf der Erde anerzogen wird und dort leider auch vorherrscht. Erstmals in meinem Leben hatte ich das Gefühl zu verstehen, was die Bezeichnung »männlich« wirklich bedeutete, und als ich so vor ihm im Gras lag, beunruhigte es mich ein wenig, was es mit der Bedeutung »weiblich« auf sich haben mochte. Wie hübsch er mich finden musste, während ich gefesselt und völlig ungeschützt, ja sogar machtlos, vor ihm lag ... Bestimmt erregte ein solcher Anblick seine männliche Pracht: das Bild einer Frau, die er gefangen und wehrlos zu seinen Füßen niedergelegt hatte, um in Fragen von Lust, Genuss und Liebesfreude frei über sie zu verfügen, ohne dass sie ihm entrinnen konnte, wohingegen er ihr seinen Willen jederzeit aufzwingen konnte!

Er schickte sich an, mich noch einmal zu drehen. Ich musste mich wehren! Er war doch schließlich ein Monster! Schon saß ich auf der Erde, drehte den Kopf zur Seite und versuchte, mich hochzustemmen, doch er hielt mich mit seinem linken Arm an meinem Rücken gefangen. Ich stellte fest, dass mein Aufbegehren zwecklos war. Mit der rechten Hand zwang er mich dazu, ihn anzusehen. Er betrachtete ausgiebig die feinen Züge meines Gesichts. Den Daumen drückte er rechts gegen meinen Kiefer, die übrigen Finger lagen auf der anderen Seite. So war ich außerstande, den Kopf zu bewegen. Der Mann hatte einen dunklen Teint. Sein breites Antlitz und seine ruppige, fast schon brutale Art fand ich sehr anziehend. Augen und Haare entsprachen seinem dunklen Typ, Letztere waren zottelig und lang.

Er sagte etwas zu mir, sodass ich seinen Atem im Gesicht spürte.

Ich zitterte und fing zu stammeln an: »Ich verstehe Ihre Sprache nicht, bitte nehmen Sie mir die Fesseln ab.«

Er sprach erneut.

»Ich weiß nicht, was Sie meinen«, erklärte ich. »Bitte machen Sie mich los.«

Er erhob sich und zog mich an den Armen hoch, sodass ich vor ihm stand, dann schaute er mir in die Augen. Ich reichte ihm mit dem Kopf gerade einmal bis zur Brust; mein Körper war wohl nur halb so breit wie sein imposanter Rumpf, über dem sich der rote Stoff spannte. Er hielt meine Arme sehr fest. Hätte er mich losgelassen, wäre ich aufgrund meiner übereinandergeschlagenen und verbundenen Unterschenkel hingefallen; allein konnte ich nicht stehen.

Er gab wieder Laute von sich, dieses Mal schien es eine Frage zu sein. »Ich kann nicht verstehen, was Sie sagen«, beteuerte ich.

Plötzlich schüttelte er mich, und ich hatte Angst, dass mir der Kopf abfiel. Er wiederholte sein Anliegen.

»Ich kann Sie doch nicht verstehen!«, klagte ich.

Da schüttelte er mich wieder, grob zwar, aber nicht allzu heftig. Schließlich ließ er mich los. Gefesselt, wie ich war, musste ich unweigerlich umfallen, anschließend kniete ich wieder vor ihm. Ich blickte zu ihm auf; nie zuvor hatte ich solche Stärke zu spüren bekommen.

Er ging vor mir in die Hocke und schaute mich intensiv an. Einmal mehr redete er auf mich ein.

Ich schüttelte den Kopf und erwiderte seinen Blick. »Ich werde jede Sprache lernen, wenn Sie es von mir verlangen«, wimmerte ich unter Tränen, »aber jetzt beherrsche ich sie noch nicht.«

Nach meinem Gefühlsausbruch wirkte er zufrieden oder er resignierte schlichtweg, weil er davon ausging, weitere Versuche mit mir zu kommunizieren, würden zu nichts führen. Wir konnten uns einfach nicht unterhalten. Er stand auf und schaute sich um. Er ärgerte sich und blickte mich nicht mehr an. Ich zuckte mit den Achseln und war ebenfalls ein wenig böse, aber er bekam es gar nicht mit. Dass ich nicht mit ihm sprechen konnte, lag nicht an mir! Dann jedoch ließ ich den Kopf wieder hängen, während er das Feld und den Felsen überblickte, während ich in diesem weiten, ungleichmäßigen Zirkel, den der andere in die Erde gezeichnet hatte, einsam und armselig kniete. Klein und allein kam ich mir vor im Gras. Ich konnte nichts weiter tun, als dort zu knien; ein ignorantes Barbarenmädchen, nackt und verschnürt, in einer fremden Umgebung, nicht einmal imstande, mit seinem Fänger zu sprechen.

Nach einiger Zeit, als er das Gelände rings um den Stein abgesucht hatte, vielleicht nach Hinweisen bezüglich meiner Identität, kehrte der große Mann in Dunkelrot zu mir zurück.

Es war später Nachmittag.

Ich schaute zu ihm auf und schauderte.

Er packte mich beim Schopf und warf mich vor sich auf den Bauch. Wieder lag ich unbeholfen vor ihm.

Ich hörte, wie er sein Schwert aus der Scheide zog.

»Töten Sie mich nicht!«, bettelte ich. »Bitte, lassen Sie mich am Leben!«

Ich verharrte starr vor Schreck auf der Erde. Nun spürte ich, wie die Klinge mit einer leichten Bewegung, so als ob sie keinem Widerstand begegnete, meine Fußfesseln durchschnitt.

Dann verließ er mich. Er suchte seine Tasche und den Wasserschlauch zusammen, die er getragen hatte, hängte dieses Mal aber beide an seinen Gürtel. Zuletzt hob er seinen Helm auf und ging zu dem Speer, der senkrecht im Boden steckte, sodass die Spitze in Richtung Himmel zeigte. Den Schild, der daran lehnte, hängte er gemeinsam mit seinem Helm an die Stange der Waffe und wuchtete sie über seine linke Schulter. Indem er den linken Arm darauflegte, hielt er den Schaft ruhig fest. Nun verließ er das Feld, ohne sich noch einmal zu mir umzusehen.

Ich schaute zu, wie er sich entfernte. Mich mit am Rücken verbundenen Händen hinzustellen, war mühsam. Ich orientierte mich auf der Wiese und sah die Kampfspuren. Die liegen gebliebenen Schilde, einer davon durchbohrt und tief eingekerbt, sowie die verstreuten Waffen. Ich warf einen Blick auf den großen Brocken, an dem ich mit einer schweren Kette am Hals festgehalten worden war. Immer noch stand ich in dem am Boden eingeritzten Kreis. Der Wind wehte durch das Gras und mein Haar. Der Himmel hatte sich verdunkelt. Ich hielt den Atem an: Am Horizont gingen gerade drei Monde auf. Der Mann war bereits weit weg.

»Verlassen Sie mich nicht«, rief ich. »Ich möchte nicht allein hierbleiben!« Ich lief aus dem Zirkel hinaus und folgte ihm. »Bitte bleiben Sie stehen!«, schrie ich. »So warten Sie doch!«

Nach Luft ringend rannte ich hinter ihm her, stolperte wiederholt und stürzte auch manchmal. »Bitte warten Sie auf mich!«

Einmal drehte er sich um und bemerkte, dass ich ihm auf den Fersen war. Ich blieb ungefähr zweihundert Yards keuchend hinter ihm stehen. Schon wandte er sich wieder ab und setzte seinen Weg fort. Betrübt taumelte ich weiter und lief abermals los. Als ich nur noch rund zwanzig Yards von ihm entfernt war, drehte er sich erneut zu mir um, und ich blieb noch einmal stehen. Unter seinem Blick musste ich mich aus Gründen, die mir schleierhaft vorkamen, einfach ducken. Als er sich wieder in Bewegung setzte, lief ich ihm hinterher. Ein, zwei Augenblicke später hatte ich ihn eingeholt, hielt mich aber ungefähr zehn Fuß hinter ihm. Er hielt inne und drehte sich um, deshalb blieb ich auch stehen und blickte zu Boden. Er ging schließlich weiter und ich nahm die Verfolgung auf. Nach einigen Minuten wiederholte sich das Ganze: Ich verharrte, als er es tat, und senkte den Kopf. Nun aber kam er näher und baute sich etwa ein Yard vor mir auf. Ich hielt mich äußerst aufrecht und nur den Kopf gesenkt. Ich war mir seiner Nähe, meiner Nacktheit und seiner Blicke auf mir nur allzu deutlich bewusst. Wenn ich auch nur eine Frau von der Erde war, so ahnte ich vage, welchen Aufruhr, welche Freude und Lüsternheit der Anblick eines weiblichen Körpers in einem Mann verursachen konnte, zumal ich ja wusste, wie hübsch ich war. Er hielt mein Kinn zwischen vier Fingern und Daumen fest und drückte es hoch. So schaute ich in seine Augen und gleich wieder weg, weil ich mich nicht traute, seinem Blick standzuhalten. Ich verstand mich selbst nicht mehr, weil ich mir wünschte, dass er mich schön fand, und zwar als Frau. Seine Augen ruhten ein oder zwei Minuten lang auf mir, ehe er den Schild und seinen Helm von dem Speer auf seiner Schulter nahm. Nachdem er die Tasche und den Trinkschlauch von seinem Gürtel gezogen hatte, hängte er mir beides um den Hals. Dann verstellte er die Schlaufen seines Schildes, um ihn mir auf den Rücken zu binden, woraufhin ich unter dem Gewicht ins Wanken geriet. Als er fertig war, wandte er sich ab und ging durch das Gras weiter, während er den Helm an seinen Bändern in der linken und den Speer locker in der rechten Hand hielt. Ich haderte mit dem schweren Schild sowie dem Schlauch und der Tasche an meinem Hals, folgte ihm aber dennoch. Noch einmal drehte er sich um, um mir mit dem Speer zu zeigen, in welcher Haltung und Entfernung ich hinter ihm hergehen sollte. Wie ich noch lernen sollte, variiert dies von Stadt zu Stadt und hängt auch vom jeweiligen Kontext oder der gegebenen Situation ab. Auf einem Markt zum Beispiel, wo Gedränge und Geschiebe an der Tagesordnung ist, darf ein Mädchen so dicht folgen, dass es von hinten gegen die linke Schulter seines Herrn stößt. Sklavinnen gehen nur selten rechts hinterher. Ist dies der Fall, bedeutet es gemeinhin, dass sie sich in Ungnade gebracht haben. Handelt es sich um mehrere Sklavinnen, gilt generell diejenige als Beliebteste, die am dichtesten hinter dem Mann hergeht. Um diese Position wetteifern die Mädchen. Auf freiem Feld wie jenem, das wir gerade durchquerten, folgt man für gewöhnlich in einem Abstand von fünf bis zehn Fuß auf der linken Seite. Falls er sich unerwarteterweise bewegen muss, wird sie ihn so nicht dabei behindern.

Er nahm seinen Marsch wieder auf – ich ebenso, acht oder neun Fuß dahinter mit seinem Schild, der Tasche und dem Schlauch. Vermutlich hätte es mir etwas ausmachen sollen. Mir war klar, dass ich mich von ihm führen ließ. Es kam mir komisch vor; so wenig begriff ich von dem, was gerade geschah. Ich war nackt und in Ketten auf einem fremden Planeten erwacht. Männer hatten sich an dem Felsbrocken eingefunden, wo ich festgehalten wurde. Da sie mit einem Schlüssel gekommen waren, hatten sie mich bestimmt abholen wollen, doch wer hatte mich dort für sie zurückgelassen, und was war ihr Begehr gewesen? Sie hatten mich verhört und verprügelt. Das Wort Bina war häufig gefallen, wenn sie mich etwas fragten. »Var Bina!«, hatte ihre Aufforderung gelautet, die ich natürlich nicht verstanden hatte. Danach hatten sie sich verärgert darauf vorbereitet, mir die Kehle durchzuschneiden. Zufällig war ich von einem anderen Mann, bewaffnet und geübt, den es gerade zur richtigen Zeit über die Felder getrieben hatte, gerettet worden. Er war, wie ich aus dem Verhalten meiner Häscher herauslas, völlig unerwartet und ungebeten aufgekreuzt. Ging ich von seiner eigenen Reaktion aus, so hatte er nichts von den beiden, die er antraf, gewusst und sich wahrscheinlich so benommen, wie er es angesichts jedes anderen seiner Art – in Rot gekleidet, behelmt und wehrhaft – auch getan hätte. Ich hegte den Verdacht, Teil eines Plans, einer Hinterlist gewesen zu sein, die mein Fassungsvermögen überstieg und nur per Zufall hinfällig geworden war. Was aber bedeutete das Wort Bina? Ich ging davon aus, dass man damit gerechnet hatte, ich trage irgendetwas bei mir, doch soweit ich sagen konnte, war dem nicht so. Soviel ich wusste, war nur ich dort gewesen, nackt und angekettet, im Gras, vor einem Granitstein unter freiem Himmel. Der Plan war vielleicht schon vor der Ankunft der beiden Männer an dem Felsen sabotiert worden oder von selbst gescheitert. Ich konnte es nicht wissen; hatte von nichts einen Begriff. Genauso gut mochte noch nichts entschieden sein. Eventuell trug ich gerade in diesem Moment ein Geheimnis bei mir, das den beiden Männern entgangen war. Gut möglich, dass sie nicht verstanden hatten, auf welche Weise ich von Nutzen war, weil sie nur über unvollständige oder falsche Informationen verfügten. Jedenfalls maßte ich mir an, als Mittel eines Zweck zu dienen, den ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erfassen konnte. Meine Rolle oder Aufgabe ließ sich weder erklären, noch überhaupt verstehen, falls sie mir auf dieser Welt überhaupt zufiel. Wäre ich bloß als nacktes Weib hergebracht worden, erschien es mir sinnlos, inmitten der Wildnis ausgesetzt worden zu sein. Von dem ausführlichen Verhör, dem man mich unterzogen hatte, ganz zu schweigen; außerdem drängte sich die Frage auf, weshalb die Männer in ihrem Zorn kurz davor gewesen waren, mich zu töten, falls ich ihnen auf diesem Planeten einen eindeutigen Nutzen erbringen sollte, beispielsweise mit meiner Schönheit. Dass ich eifrig alles getan hätte, was sie verlangten, und nur zu gern in ihren Dienst getreten wäre, konnte ihnen doch nicht entgangen sein. Hätte es sich nur um meine Schönheit gedreht, wäre ihr Verhalten fürwahr ein völlig anderes gewesen. Ich erschauderte, als ich mich der kalten Klinge an meiner Kehle entsann.

Dann war der Fremde dazu gekommen.

»Kajira canjellne«, hatte er gesagt. Ich wurde der Kette und des Halsreifs entledigt. Der eine hatte einen Kreis auf den Boden gezeichnet und dort hatte man mich hineingeworfen. Ich kniete darin und schaute den Männern beim Kämpfen zu.

Dem daraus hervorgegangenen Sieger folgte ich nun, nackt und gefesselt, mit seinem Schild auf dem Rücken. Ich dachte an seine Macht und Erbarmungslosigkeit, sein Geschick und seine Kraft. Als er vorausging, bewunderte ich seine breiten Schultern. Ich erinnerte mich daran, wie ungezwungen und vermessen er mich nach seinem Sieg untersucht hatte.

Jetzt trug ich seinen Schild. Ich ging links hinter ihm her. Vermutlich hätte es mir etwas ausmachen sollen. Mir war klar, dass ich mich von ihm führen ließ. Ich dachte darüber nach. Während es auf der Erde undenkbar gewesen wäre, dass ein Mann über solche Stärke und Macht verfügte, dass ihm eine Frau unterwürfig hinterherlief, lag es auf dieser Welt durchaus im Bereich des Möglichen und wirkte kein bisschen seltsam. Die Männer hier erwiesen sich als stark genug, um sich einer Frau so zu bemächtigen. Einstweilen fühlte ich mich sexuell zutiefst erregt und auch hocherfreut darüber, eine Frau zu sein. Männern wie ihnen – den ersten beiden genauso wie jenem, dem ich nun folgte, dem Überlegenen unter ihnen – war ich noch nie begegnet. Sie vermochten es, sich ohne weiteres und gedankenlos, einer Frau zu bemächtigen. Nein, so jemanden hatte ich noch nie getroffen, ja, nicht einmal geahnt, dass es derartige Männer überhaupt geben konnte! Früher war ich mir nie so ausgesprochen weiblich, lebendig und wirklich vorgekommen und so in höchstem Maß erregt wie in dem Beisein dieser Männer hier. Zum ersten Mal in meinem Leben verschaffte es mir Genugtuung, eine Frau zu sein.

Dann schalt ich mich selbst wegen solcher Gedanken. Männer und Frauen, so hatte man es mir beigebracht, waren gleichgestellt. Biologie und die Natur, das Produkt strenger und unwirtlicher Evolution in Tausenden von Generationen sowie die Zeit, Zucht und tierische Entwicklung bedeuteten nichts. Sie mussten außer Acht gelassen und als nichtig abgetan werden. Daraus ließen sich nur politisch inkorrekte Schlüsse ziehen.

Ich blickte zu den drei Monden auf.

Ich wusste nicht, was ich glauben oder wie ich jetzt weiterleben sollte. Dessen ungeachtet aber, während ich dem Mann im Licht der atemberaubenden Monde auf seinem Weg durch das saftige Gras folgte, seinen Schild trug und mich praktisch führen ließ wie ein Haustier – seine Gefangene, nackt und gefesselt – tat sich mir widersinnigerweise ein fantastisches Gefühl von Freiheit und psychologischer Enthemmung auf. Ich wollte am liebsten zu ihm laufen und meinen Kopf an seine Schulter lehnen.

Stundenlang streiften wir über die Wiesen.

Zuweilen fiel ich hin. Er blieb meinetwegen nicht stehen, also raffte ich mich so schnell ich konnte auf, torkelte unter dem Gewicht des Schildes und lief weiter, um zu ihm aufzuschließen. Irgendwann aber konnte ich nicht mehr. Mein Körper, jener eines einfachen Mädchens von der Erde, war nicht auf so lange Märsche vorbereitet. Ich atmete immer flacher und hatte weiche Knie. Nachdem ich mich ins Gras gelegt hatte, konnte ich mich nicht mehr rühren. Ich lag auf einer Seite, während der Schild gegen meine Schulter drückte. Nach einer Weile bemerkte ich, dass er neben mir stand und auf mich herunterschaute. Ich blickte zu ihm auf und bemühte mich um ein Lächeln.

»Ich kann nicht mehr weitergehen«, gestand ich.

Bestimmt erkannte er, wie erschöpft und ratlos ich war, nicht einmal mehr in der Lage, mich zu bewegen. Ich sah, dass er seinen Gürtel öffnete. Beschwerlich stand ich doch wieder auf. Er zeigte sich unzufrieden. Oh, fast hätte er mich geschlagen! Aber nein, er schloss die Schnalle wieder und drehte sich um. Ich folgte ihm.

Gegen Morgen überquerten wir einen Bachlauf. Das Wasser plätscherte kühl gegen meine Knöchel und Waden. Flankiert wurde er von Gestrüpp und vereinzelten Bäumen. Diese standen jetzt auch zwischen den Feldern, darunter viele mit flachen Kronen. Etwa eine Stunde vor dem Morgengrauen, wie ich schätzte, blieb er vor einem dichten Gehölz in der Nähe eines seichten Flusses stehen. Er nahm mir die Tasche und den Trinkschlauch vom Hals, dann den Schild vom Rücken. Ich ließ mich zwischen den Bäumen in das Gras fallen. Noch während ich die Handgelenke ein wenig drehte, schlief ich ein, doch schon im nächsten oder übernächsten Moment – länger kam es mir nicht vor – rüttelte er mich wach. Ich wurde mit einer Handvoll Trockenfleisch gefüttert, das er in kleine Stücke geschnitten hatte. Ich kaute, während ich auf der Seite lag, und schluckte es hinunter. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie hungrig ich war.

Kurz darauf hob er mich hoch, setzte mich hin und hielt mir die linke Hand an den Rücken, um mich zu stützen, damit er mir den Trinkzapfen des Schlauchs in den Mund stecken konnte. Ich saugte gierig daran, und er versorgte mich hinreichend mit Wasser. Danach legte ich mich wieder auf die Seite, doch er nahm mich so leicht in seine Arme, dass ich erschrak, und trug mich zu einem Baum. Als er meinen rechten Knöchel an den Stamm band, überwältigte mich die Erschöpfung trotz meiner Fesseln, und ich schlief wieder ein.

Mir kam es so vor, als ob ich in meinem eigenen Bett läge. Ich streckte mich in der wohligen Wärme aus, aber dann wachte ich ruckartig auf. Ich lag auf einem wunderlichen Planeten im Dickicht. Es war warm, denn die Sonne stand hoch am Himmel und fiel zwischen den Ästen der Bäume ein. Ich schaute auf meine Handgelenke. Sie waren nicht mehr gefesselt, aber rundum gezeichnet von den tiefen Schnitten der Lederriemen, die sie jüngst umschlossen hatten. Ich rieb daran und sah mich um. Mein rechter Knöchel war mit einem kurzen Stück aus schwarzem Leder an einem kleinen Baum mit weißer Rinde festgebunden. Auf Knien stemmte ich mich mit den Händen hoch, bis mein Rücken den Baum berührte. Ich war noch nackt, lehnte mich gegen den Stamm und zog die Beine an, um das Kinn auf meine Knie zu stützen, die ich mit beiden Händen umfasste. So beobachtete ich den Mann, der wenige Fuß vor mir im Schneidersitz hockte. Er trug gerade eine dünne Schicht Öl auf die Klinge seines Schwertes auf.

Er reagierte nicht auf meinen Blick, wohl, weil er sich zur Gänze in seine Arbeit vertiefte. Obwohl er bemerkt haben musste, dass ich wach und aktiv geworden war, schaute er mich nicht an. Das ärgerte mich. Ich war es nicht gewohnt, mit Nichtbeachtung gestraft zu werden, insbesondere von Männern. Sie zeigten sich mir gegenüber von jeher sehr gewogen und schlugen mir kaum einen Wunsch ab.

Ich begriff noch nicht, dass es auf dieser Welt uns oblag, ihnen zu gefallen und gehorsam auszuführen, was auch immer sie vorsahen.

Ich beobachtete ihn weiter. Er war nicht unattraktiv. Ich überlegte, ob es möglich sei, eine tiefsinnige Beziehung zu ihm aufzubauen, aber dazu musste er natürlich erst lernen, mich als Frau zu achten.

Als er mit Öl und Schwert fertig war, wischte er die Klinge mit einem Tuch ab, sodass nur ein gleichmäßig dünner Film darauf zurückblieb. Den Stoff verstaute er zusammen mit dem Öl, das er in einem Fläschchen dabei hatte, in seiner Tasche. Die Hände wischte er sich im Gras und an seiner Tunika ab. Dann steckte er das Schwert zurück in die Scheide.

Endlich schaute er zu mir auf.

Ich lächelte ihn an, denn ich wollte Freundschaft mit ihm schließen. Er klopfte sich auf den rechten Fußknochen, zeigte darauf und ermutigte mich zum Näherkommen.

Ich neigte mich nach vorne, um das dunkle Leder zu lösen, mit dem er mich an den weißen Baum gebunden hatte. Erst wollte ich den Knoten an meinem Knöchel öffnen, doch ein lautes Wort und eine Geste seinerseits gaben mir zu verstehen, dass ich zunächst die Schlinge um den Stamm des Bäumchens lösen musste. Zweifellos hielt er mich für dämlich. Wusste nicht jedes Mädchen, dass es die Fesseln an seinem eigenen Leib zuallerletzt entfernen durfte? Ich stammte aber doch von der Erde und verstand nichts von solcherlei Dingen. Ich tat mich schwer mit meinen zierlichen, schwachen Fingern und den Knoten. Weil ich befürchtete, es dauere zu lange, strengte ich mich umso mehr an und geriet ins Schwitzen, aber er bewies Geduld. Ihm war klar, dass eine wie ich die Knoten, die er geschlagen hatte, nicht einfach so öffnen konnte.

Zuletzt ging ich zu ihm und reichte ihm das biegsame Leder mit der linken Hand. Er verstaute es ebenfalls in der Tasche und bedeutete mir, rechts vor ihm Position zu beziehen. Dort kniete ich nieder und lächelte ihn erneut an. Er sprach mit scharfen, harten Worten, woraufhin ich mich umgehend so verhielt, wie ich es am Vortag gelernt hatte, was mir ja auch klar und unzweifelhaft nahegelegt worden war: auf den Fersen hockend, das Kreuz durchgedrückt und die Hände auf den Oberschenkeln, Kopf hoch und Beine weit auseinander. Daraufhin wirkte er zufrieden.

Wie sollte ich ihm näherkommen, solange ich auf diese Art vor ihm kniete? Wie konnte ich ihn dazu bringen, mich als Mensch zu respektieren, wenn ich in dieser Haltung Begierden weckte? Was konnte ich tun, indem ich so vor ihm kniete – so hübsch und klein, so bloß und verletzbar, so auf mich selbst zurückgeworfen und ganz sein – damit er mich als gleichberechtigt akzeptierte?

Ich beugte mich nach vorne und nahm ihm mit den Zähnen ein Stück Fleisch aus der Hand. Er ließ nicht zu, dass ich es mit meinen Händen anfasste.

Wie würdelos ich mich fühlte ... In seiner Welt wurde mir sogar verboten, selbstständig zu essen! Als ich etwas Fleisch verzehrt hatte, gab er mir wieder Wasser aus dem Schlauch zu trinken. Er musste lernen, dass wir uns auf Augenhöhe befanden und dass ich eine Person wie er war. Ich fasste den Entschluss, es ihm zu beizubringen. Also gab ich die Haltung, die er mir auferlegt hatte, einfach auf, setzte mich mit angezogenen Knien vor ihm ins Gras und strahlte ihn an.

»Ich weiß, dass Sie meine Sprache genauso wenig verstehen wie ich Ihre, aber dennoch ahnen Sie vielleicht anhand meiner Stimme oder durch ihren Tonfall etwas von meinen Gefühlen. Gestern haben Sie mir das Leben gerettet. Sie haben mich vor einer großen Gefahr bewahrt, und dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.«

Ich glaubte, mir würde der Kopf vom Hals gerissen, so schnell und heftig traf mich sein Schlag! Er versetzte ihn mir mit der flachen Hand auf die linke Wange, sodass man es bestimmt in einem Umkreis von hundertfünfzig Yards klatschen hörte. Schmerzlich getroffen rollte und krabbelte ich über zwanzig Fuß weit fort; ich übergab mich ins Gras. Ich konnte nichts mehr sehen … nur noch Schwärze, dann schienen sich grelle, samtige, tiefrote Lichter und Sterne aufzutun, zusammenzuziehen und wieder aufzublähen, bevor sie in meinem Kopf explodierten; ich schüttelte ihn erneut und erbrach mich wieder auf den Boden. Dann sackte ich seitwärts auf den Bauch.

Ich vernahm ein Wort, anscheinend einen Befehl. Ich erkannte es, weil ich es bereits zuvor gehört hatte. Deshalb nahm ich rasch jene Haltung an, die aufzugeben ich gewagt hatte, und kniete wieder, jetzt allerdings in einer Agonie des Schreckens, vor diesem seltsamen, mächtigen Mann, der breitbeinig mit verschränkten Armen vor mir stand.

Blut floss aus meinem Mund; ich hatte sogar etwas davon heruntergeschluckt. Allmählich sah ich wieder klar. Ich konnte kaum fassen, wie heftig mein Herz klopfte. Er hatte mir eine Ohrfeige verpasst! Wie unter Schock kniete ich da. Zu jener Zeit ahnte ich noch nicht, wie gering die Strafe in Anbetracht der Schwere meines Vergehens ausgefallen war. Ich hatte sowohl ohne seine Erlaubnis gesprochen als auch meine Haltung aufgegeben. Einfach gesagt handelte es sich um die Verärgerung eines freien Mannes.

Hätte ich den Planeten gekannt, auf dem ich kniete, wäre ich heilfroh gewesen, nicht ausgepeitscht worden zu sein! Wie mir später klar wurde, ließ man mir anfangs manches durchgehen, mit dem ich nicht so glimpflich davongekommen wäre, hätte ich die Welt, in welcher ich mich wiedergefunden hatte, besser verstanden. Später würde man nicht mehr so nachsichtig mit mir sein.

Ich kniete nun wieder vor dem Mann. Er ragte breitbeinig mit verschränkten Armen vor mir auf und schaute auf mich herab. In diesem Moment rannen all meine Illusionen gemeinsam mit dem Blut aus meinem Mund dahin. Ich betrog mich nicht mehr selbst, indem ich mir sagte, dass ich ihm gegenüber gleichberechtigt sei. Dass diese Annahme eine Farce war, wurde nun offensichtlich. Die Erbärmlichkeit dieser Vorspieglung verblasste angesichts der schlichten, unanfechtbaren biologischen Wirklichkeit, die er mir eindrücklich vermittelt hatte und im Licht der kompromisslosen männlichen Überlegenheit, die er mir, einer Frau, zu zeigen geneigt war. Wie schön, so dachte ich, mussten Frauen den Männern Vorkommen, wenn sie ihnen zu Füßen lagen. Ich stellte mir die ängstliche Frage, ob wir genau dorthin oder zumindest vor die Füße solcher Männer gehörten, und ob es der Ordnung der Natur entsprach. Das Prinzip von Dominanz und Unterwerfung, ein Gesetz des Tierreichs und universell unter Primaten, fiel mir ein. Nie zuvor war mir die Bedeutung dieser zwei Worte so deutlich und umfassend bewusst gewesen. Ich schaute zu ihm auf. Ich fürchtete mich. Meine Welt hatte, wie ich wusste, entschieden, die Biologie zu leugnen und zu untergraben. Diese Welt hier augenscheinlich nicht. Ich kniete entsetzt vor ihm und fühlte mich ausgeliefert.

Zu meiner Erleichterung wandte er sich von mir ab. Da ich Angst davor hatte, mich zu bewegen, blieb ich weiterhin reglos, und zwar völlig, als sei ich in jener grazilen und doch hilflosen Pose eingefroren, verwundbar und entblößt, wie es, was ich später begreifen sollte, einer goreanischen Vergnügungssklavin geziemte.

Er blinzelte in die Sonne.

Es war später Nachmittag. Er legte sich zum Schlafen nieder. Ich verharrte in meiner Haltung, denn nichts anderes hatte er mir erlaubt. Vielleicht musste ich zur Belehrung so hocken bleiben, ich wusste es nicht. Aber ich schreckte davor zurück, diese Pose aufzugeben, und sagte mir, dies sei natürlich vernünftig, denn er könnte jederzeit aufwachen oder auch vorübergehend nicht fest schlafen, sondern mich durch halb geschlossene Lider beobachten, um herauszufinden, ob ich mich nur geringfügig bewegte. Tief in meinem Herzen wusste ich, dass ich nicht mit dieser Haltung brach, weil er es mir nicht gestattete und weil er mich nicht von der Pflicht entbunden hatte. Ich fürchtete mich zu sehr vor ihm. Auf keinen Fall wollte ich mich rühren. Nein, ich gehorchte ihm.

Ich glaube, über zwei Stunden lang, hatte ich dort so gekniet. Dann erwachte er endlich.

Er sah mich an, erlöste mich aber immer noch nicht von der Pose. Ich verharrte so, wie ich es bisher getan hatte, in jener Stellung, die auf so drastische Art die weibliche Unterwürfigkeit versinnbildlichte.

Mittlerweile brach der Abend herein.

Er hob die Tasche sowie den Trinkschlauch auf und befestigte sie an seinem Gürtel. Sein Schwert legte er in der Scheide über die Schulter. Nachdem er den Helm aufgesetzt hatte, nahm er Schild und Speer zur Hand. Ich sah ihn an. Sollte nicht ich sein Gepäck tragen? Stand es nicht mir zu, auf seine Tasche und sein Wasser aufzupassen? Brauchte ich mich seines Schildes nicht mehr anzunehmen?

Ein Fingerschnippen und eine Handbewegung seinerseits forderten mich dazu auf, die Pose aufzugeben. Ich rührte mich dankbar und dehnte meine Glieder. Während ich mich wie eine Katze streckte, bemerkte ich, dass er mich anstarrte. Ich errötete und hörte sofort auf. Ein bedrohliches Wort genügte, um mich zum Fortfahren zu drängen, also räkelte ich mich wonnig und kostete es in erschöpfendem Maße aus. Er beobachtete, wie ich mich bewegte und meine Beine rieb, um den Blutkreislauf anzuregen. Sie waren steif und verkrampft, genauso wie der Rest meines Leibes, nachdem ich nach meiner Zurechtweisung durch die Ohrfeige gezwungen worden war, so lange in einer Stellung zu verharren. Obwohl ich es mir nicht selbst eingestanden hätte, war mir klar, dass meine Bewegungen, so wie ich mich dehnte und mit den Händen über meine Beine fuhr, ganz anders ausfielen, als wenn ich allein gewesen wäre. Ich wollte es nicht zugeben, realisierte aber, dass ich mich vor ihm wie eine Sklavin benahm. Er lachte, ich wurde wieder rot und legte mich verärgert auf den Rücken ins Gras. Jeder Körper wird naturgemäß steif und verspannt, wenn er zu lange eine einzige Haltung annimmt, egal welche, selbst die natürlichste. Davon abgesehen gestattet man einem Mädchen in der Pose einer goreanischen Vergnügungssklavin, so es diese nicht zur Strafe wahren und dabei völlig starr bleiben muss, einen fast unmerklichen Spielraum, den es auch ausschöpft, bloß eben ohne die Haltung aufzugeben. Manchmal, wenn es in Wallung gerät, erhebt es sich ein wenig von seinen Fersen, ein anderes Mal streichelt es seine Oberschenkel, während es die Schultern kreisen lässt, den Bauch anspannt und den Kopf dreht. Dann funkeln ihre Augen vor Lebenskraft, sie spricht und lacht, ja unterhält auf geradezu lyrische, köstliche Weise, während jeder Zoll und jedes Stück von ihr erregt ist. Jede Sklavin weiß, dass man Interesse weckt, indem man sich bewegt. Selbst in der offenkundig gehemmten Haltung einer Vergnügungssklavin kann sich ihr Körper in eine feine, provokative Melodie aus Bewegungen verwandeln. Das Zusammenwirken der Wahrung ihrer Pose mit ihrer Lebhaftigkeit verleiht ihrem Erscheinungsbild unheimliche Macht und Schönheit – jawohl, Macht. Dass manche Sklavin ihrem Herrn, wenn sie vor ihm kniet, den Kopf verdreht, ist wohl kein Einzelfall. Eine der verzückenden Qualen des Herrendaseins besteht darin, sich den Tücken weiblicher Schönheit rundheraus zu stellen und dennoch nicht darauf hereinzufallen, um stark zu bleiben, um sich ihre Reize bis zur absoluten Vollkommenheit einzuverleiben und trotzdem ihren Launen zu widerstehen, alles von ihr zu bekommen und sie dennoch ganz auf ihren Knien zu halten.

Ich blieb im Gras liegen.

Manche Mädchen schlagen sich gegenseitig mit Ruten, um einen solchen Herrn zu ergattern.

Ich blickte zum Himmel hinauf, durch das Blätterdach sah er nun dunkler aus. Der Mann, in dessen Gesellschaft – in dessen Gewalt ich mich befand, hatte das Unterholz verlassen. Dass er nicht zurückkehren würde, war nicht zu befürchten, denn er war nicht wütend auf mich gewesen. Zudem hatte ich gesehen, wie er mich anschaute, und ihn lachen gehört.

Auf der Erde waren Jungen kaum von Interesse für mich gewesen, es sei denn, sie brachten mir Bewunderung entgegen. Ich hatte mich trotz regelmäßiger Suche nach einem Partner stets relativ überheblich verhalten. Dass mir ein Junge seine Lippen aufdrückte, fand ich nicht besonders anziehend, weshalb ich sie von mir wies, mich beleidigt zeigte und entschieden nein zu ihnen sagte. Dann entschuldigten sie sich gemeinhin, fingen an zu stammeln und erröteten. War ich zornig? Ja, es tat ihnen leid, ganz furchtbar leid. Konnte ich ihnen verzeihen? Zog ich es womöglich sogar in Erwägung, noch einmal mit ihnen auszugehen? Vielleicht. Dennoch: Was glaubten sie, war ich für ein Mädchen?

Als ich dort im Gras lag, musste ich lächeln.

Ich fragte mich selbst, zu welchem Schlag ich nun gehörte. In mir waren Gefühle erwacht, die ich bislang noch nie gehegt hatte. Stück für Stück dämmerte es mir, wie sich eine Frau Männern zur Gänze hingeben konnte.

Ich dachte an den Fremden und lachte in mich hinein. Er war kein Junge. Bei diesen hatte ich stets geglaubt, den Ton anzugeben, doch das, so wusste ich, war nicht der Fall, wenn es um den rätselhaften kräftigen Kerl ging, in dessen Obhut ich mich nun befand. Den Ton gab er an, und zwar in allen Belangen. Ein bloßes Wort aus seinem Mund, und ich sprang. Sehr aufgebracht und eifersüchtig wären die Jungen gewesen, hätten sie erlebt, wie klaglos, rasch und eifrig das hochmütige, hübsche Mädchen, das sie weder für sich erwärmen noch beeindrucken konnten, jetzt selbst auf das Fingerschnippen eines anderen, eines echten Mannes hin ansprang. Sie hätten ihn von Herzen gehasst und auch gefürchtet! Wie sie ihm seine zwanglose Macht über Frauen geneidet hätten! Wie perfekt er sie beherrschte, ganz im Gegensatz zu ihnen! Sie vermochten es nicht, sie zu befriedigen, wohingegen die Frauen selbst nichts mehr fürchteten, als ihn nicht befriedigen zu können.

Ich lag nackt im Gras in dieser fremden Welt, in der ich in die Gewalt eines Mannes geraten war, der sich ganz anders benahm als jene, von denen ich bisher geträumt hatte. Ich war arrogant gewesen, abweisend und selbstgefällig, zu fein für die Männerwelt. Jetzt hatte ich nur davor Angst, einem einzigen Mann nicht Genüge zu tun: demjenigen, der seine Macht über mich ausübte. In mir regten sich Empfindungen, die mir bislang vollkommen unbekannt gewesen waren. Schwach hatte sich mir ein Eindruck davon aufgetan, wie es sein konnte, wenn sich eine Frau vollständig aufgab für einen Mann. Ich fragte mich jedoch, ob ich die Gelegenheit erhalten würde, genau dies zu tun. Möglicherweise wurde mir diese Ehre ja gar nicht zuteil. Auf diesem Planeten nahmen sich die Männer anscheinend einfach, was sie sich wünschten. So würde ich hier wahrscheinlich nicht das Privileg genießen, meine Jungfräulichkeit zaghaft feilzubieten und im Einvernehmen mit meinem eigenen Willen opfern zu dürfen. Ich lächelte weiter. In dieser Welt, so argwöhnte ich, würde man mich nicht aussuchen lassen, wem ich sie schenkte. Vielmehr glaubte ich, dass man mich auserwählte, Wille hin oder her, und sie mir schlichtweg rauben würde.

Als ich spürte, dass der Mann zurückkehrte, rollte ich mich schnell auf die Seite und stützte meinen Ellenbogen auf. Schon stand er in der Nähe, und ich schaute zu ihm auf.

Er befahl mich weder zurück in den Sand noch trat er meine Beine auseinander, sondern er forderte mit einer Handbewegung, dass ich aufstand. Deshalb erhob ich mich schnell.

Ich baute mich gerade vor ihm auf, wie er es – das war mir klar – von mir erwartete. Auf der Erde hatte ich niemals so aufrecht dagestanden; in dieser Welt wusste ich nicht, was man von mir verlangte, geschweige denn, was ich eigentlich war. Trotzdem blieb doch eines gewiss: Ich musste mich anmutig zeigen und tat es auch. Dies gehörte zu meiner Gefügigkeit.

Er bewegte sich nicht, sondern stand bloß da und stützte sich auf seinen Speer auf. Außerordentlich viel Aufmerksamkeit schenkte er mir auch nicht. Ich war einfach da, ihm unterworfen, sobald er sprach oder sich gestisch mitteilte.

Nach einer Weile ging er über die kleine Lichtung und beseitigte jegliche Spuren unseres Lagers mit den Füßen; die wenigen unerheblichen Belege für unseren Aufenthalt auf dieser beschaulichen Waldwiese. Er hatte kein Feuer entzündet.

Dann stellte er sich wieder zu mir und stützte sich abermals auf seinen Speer. Immer noch beachtete er mich so gut wie gar nicht. Ich stand etwas abseits und hielt mich weiterhin gerade. Natürlich wagte ich es nicht, den Mund aufzumachen oder mich ihm anderweitig aufzudrängen. Ich wollte nicht wieder geohrfeigt oder sonst irgendwie bestraft werden. Also verharrte ich, blieb bedeutungslos am Rand stehen und behielt ihn im Auge. Es war dunkel geworden.

Meine Gedanken überschlugen sich. Im Gegensatz zu gestern waren wir nicht bei Tageslicht marschiert, sondern hatten die hellen Stunden auf dieser winzigen Lichtung verbracht, die nur wenige Fuß breit zwischen den Stämmen der Bäume ringsum und durch deren ineinandergreifende Äste oberhalb verborgen war. Er hatte kein Lagerfeuer angezündet. Nun, da die Dunkelheit hereingebrochen war, hatte er seine Waffen eingesammelt und die kleinsten Indizien unseres kurzen Aufenthalts hier unkenntlich gemacht. Da er unsere Spuren verwischte und solche Vorkehrungen traf, musste ich darauf schließen, dass wir jetzt durch ein Gebiet ziehen würden, in dem er Feinde vermutete – dass wir uns beim Durchqueren eines Landes, in dem er mit Gegenwind rechnete, in Gefahr begaben. Ich schauderte. Beklommen schaute ich mich um, sah die Schatten der Bäume und Zweige. Versteckten sich Übeltäter dahinter, die sich genau in diesem Moment mit Waffen anschlichen? War es vorstellbar, dass man uns auflauerte, in einen Hinterhalt lockte oder direkt angriff? Es raschelte in einem Gestrüpp, auf das der Mann seine Aufmerksamkeit gerichtet hatte. Ich schrie vor Angst beinahe auf und sank gequält in die Knie. Ich versuchte, mich an sein linkes Bein zu klammern und ihn festzuhalten, doch er stieß mich mit dem Schaft seines Speeres von sich, sodass ich unsanft ins Gras fiel. Der Treffer tat weh und ich kroch zutiefst verstört zurück, bis ich dicht hinter ihm war. Dort verbarg ich mich, wobei ich ein Knie auf die Erde stützte. Hätte ich mich wehren können – mit einer Waffe aus meiner Zivilisation, und sei es nur mit einer kleinen Pistole, die ich beidhändig und ganz ruhig hätte halten können – wäre ich weniger ängstlich gewesen, doch ich hatte nichts, rein gar nichts. Ich kauerte mit leeren Händen da und hätte ohne Weiteres attackiert werden können. Ich besaß ja nicht einmal ein Kleidungsstück, keinen einzigen Fetzen, um meinen Leib zu bedecken. Meine einzigen Mittel zur Verteidigung waren der Stahl und Heldenmut des Mannes, der zwischen mir und dem stand, was wenige Yards entfernt im dunklen Dickicht raschelte. Ich war vollständig von ihm abhängig. Ich brauchte ihn. Ohne ihn wäre ich verloren gewesen, und zwar ganz und gar. Ich seufzte, weil ich daran dachte, wie wehrlos Frauen auf diesem Planeten leben mussten. Möglicherweise führten sie eine schmale Klinge mit sich, die ihrer Körperschwäche und ihrem niedrigen Gewicht angemessen war, wie zum Beispiel ein Messer oder einen Dolch. Doch was geschah, falls ein Angreifer wie der Mann, der über mich verfügte, sie ihnen einfach wegnahm? Damals wusste ich es noch nicht, aber Mädchen wie ich dürfen nicht einmal so einfache Waffen besitzen wie einen Frauendolch; Mädchen wie ich sollten völlig abhängig sein vom Schutz der Männer, denen es freistand, ihn zu gewährleisten oder auch nicht. Ich hielt mir eine Hand vor den Mund. Im Dunkeln sah ich, wie etwas aus dem Gebüsch kam. Zuerst dachte ich, aufgrund der eleganten Bewegungen, es sei eine Riesenschlange, doch das war falsch. Als ich es genauer erkannte – es hielt sich dicht über dem Boden, berührte ihn aber nicht – hielt ich es für eine Echse mit einem langen Körper, doch als letztendlich das Mondlicht, das durch das Laubdach fiel, seine Schnauze und den Hals schraffierte, entdeckte ich keine Schuppen, sondern welliges, langes und dickes Fell. Licht fiel in seine Augen, die daraufhin funkelten wie heißes Kupfer. Es knurrte. Ich hielt den Atem an. Es hatte sechs Beine, war ungefähr zwanzig Fuß lang und wog schätzungsweise tausendeinhundert Pfund. Geschmeidig näherte es sich und fauchte uns an. Der Mann raunte dem Tier beschwichtigend zu und hielt ihm den Speer entgegen. Während es uns umkreiste, vollzog er die Drehung mit und stellte sich ihm stets mit der Waffe entgegen. Ich blieb hinter ihm. Dann verschwand das Monster plötzlich in den Schatten, und ich brach zitternd vor den Füßen des Mannes zusammen. Er wies mich nicht zurecht und ich wurde nicht bestraft. So wie er sich verhalten hatte, schien er dieses Tier nicht unbedingt gefürchtet zu haben. Er war nicht einfach nur tapfer, weil er solche Tiere bereits gejagt hatte, sondern er kannte sich auch bestens mit ihren Eigenheiten aus, wie ich später erfuhr. Es war nicht auf Beutezug gewesen. Normalerweise verfolgen diese Tiere ihre Opfer heimlich, ehe sie schnell und unerwartet zuschlagen, um sie zu töten, außer sie wittern eine Falle, zum Beispiel angesichts eines gefesselten Menschen, sagen wir eines Mädchens, das jemand als Köder an einen Pfahl gebunden hatte. Dieses Tier war einer anderen Fährte gefolgt, womöglich einem Tabuk, einer kleinen Art von Wild mit einem einzelnen Horn. Es ähnelt Antilopen und zählt zu seinen hauptsächlichen Beutetieren. Wir hatten es auf seiner Pirsch vielleicht bloß abgelenkt. Diese Kreaturen sind nimmermüde, zielstrebige Jäger. Gezähmt verwendet man sie oft als Fährtensucher. Sobald sie einen Geruch wahrgenommen haben, folgen sie ihm für gewöhnlich unbeirrbar. Die Evolution hatte sie in diesem Fall wohl unter anderem aufgrund ihrer Beharrlichkeit selektiert. Diese zahlt sich beim Spurensuchen natürlich aus. Zum Glück hatte dieses Tier unsere Fährte in jener Nacht nicht zuerst aufgenommen, nachdem es aus seiner Höhle gekommen war. Wäre dem so gewesen, hätte es uns übel mitgespielt. Man nennt diese Kreatur Sleen.

Nie hätte ich geglaubt, dass solche Tiere existieren können. Ich kniete hinter dem Mann und drückte den Kopf von rechts gegen seinen Unterschenkel. Mit einem Mal wurde mir klar, wie gefährlich die Welt war, in die man mich gebracht hatte. Ich konnte mich überhaupt nicht verteidigen oder schützen. In einer solchen Umgebung konnte mich ein Raubtier ohne einen Mann wie ihn, der für mich einstand, einfach jagen und in Stücke reißen. Ich schaute zu ihm auf; er musste mich davor bewahren! Ich brauchte seinen Schutz, und dafür wollte ich jeden Preis zahlen, den es kostete! In seinen Augen erkannte ich, dass er jeglichen Preis veranschlagen würde, den er für angemessen hielt. Ich ließ den Kopf hängen; wie ängstlich war ich vor dieser Welt, auf der es solche Menschen und solche Tiere gab! Der Name dieser Welt lautet Gor.

Er zeigte auf meine Füße, damit ich aufstand, was ich auch sofort tat. Während ich mich voller Angst aufrecht hielt, betrachtete er mich. Die Spuren unseres kleinen Lagers hatte er bereits verwischt. Anhand dessen vermutete ich, dass er bereit war, bald von diesem Ort aufzubrechen. Ich wich seinem Blick aus, da ich mir nicht zutraute, ihm standzuhalten. In seiner Gegenwart drängten sich mir zum ersten Mal im Leben abgesehen davon, dass ich mich fürchtete und verwundbar fühlte, einige intensive, überwältigende und unbeschreibliche Gefühle auf. Diese, so wusste ich, hingen mit der Sexualität zusammen: mit seiner Männlichkeit – so stark, so dominant – und meiner Weiblichkeit – so unerheblich, so schwach, so absolut seiner Gnade unterworfen. Ich war verwirrt, erstaunt und aufgewühlt. Ich wollte ihm gefallen. War das denn überhaupt möglich? Ist so etwas in einer solchen Situation vorstellbar? Dass ich, ein Mädchen von der Erde und eine hilflose Gefangene, diesem grausamen, anziehenden und mächtigen Barbaren Befriedigung verschaffen will, und das obendrein als Frau? Ja, ist es. Es stimmt schlicht und ergreifend. Man kann mich dafür verachten; ich nehme es niemandem übel und schäme mich auch nicht dafür. Diesem überlegenen Menschen wollte ich gefällig sein, nicht bloß aus Angst, sondern auch, was mancher wohl überhaupt nicht begreifen kann, in unerklärlicher Dankbarkeit für seine Dominanz, die ich so wunderbar fand. Aus Gründen, für die ich keinen Ausdruck fand und obwohl ich auf der Erde konditioniert worden war. Ich musste feststellen, dass ich froh war wegen seiner Stärke und stolz darauf, auch wenn ich wusste, dass er sie an mir als Objekt auslassen konnte, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Diese Empfindungen fand ich verstörend und zugleich sehr erregend. Ich stand kerzengerade. Ich, eine junge Frau von der Erde – jungfräulich, wohlerzogen und abgerichtet, intelligent und aus guter Familie – wollte mich zu Füßen eines solchen Mannes nackt ins Gras werfen, um ganz ihm zu gehören.

Er hob den Kopf an und schaute zwischen den Bäumen hindurch in die Ferne.

Ich hätte zu gerne seinen Schild getragen, sein beträchtliches Gewicht auf meinem schmalen Rücken gespürt. Wollte ihm wieder so dienen wie am Vortag: als sein liebreizendes Lasttier, das hinter ihm herlief, aber er ließ mich nicht erneut unter dieser schweren Bürde wanken. Er stand nun, wie ich wusste, auf Feindesland. Deshalb behielt er seinen Schild ebenso wie den Speer und das Schwert bei sich.

Ich wollte ihn auf Knien anflehen, mich zu benutzen, mich zu zwingen, ihm Vergnügen zu bereiten.

Aber er wandte sich ab und verließ die kleine Lichtung. Ich folgte ihm.

Wir gingen nicht weit.

Während ich hinter ihm herlief, ärgerte ich mich darüber, auf der Waldwiese Schwäche gezeigt zu haben. Wie ich mich selbst dafür hasste! Ich musste mich gehörig verbessern und mich darum bemühen, stark zu sein. Nur knapp war ich dem Verlust meiner Persönlichkeit und Selbstachtung entgangen. Im Dunkeln, auf der Lichtung, inmitten der Bäume, als ich so sehr die Seine gewesen war, hatte ich fast meine Identität und Integrität in Zweifel gezogen! Ich, ein Mädchen von der Erde, hatte mich ihm hingeben wollen, einem räudigen Barbaren! War ich denn kein freies Individuum, keine Person mehr? Besaß ich denn keinen Stolz? Wie wütend war ich auf mich! Ich wusste, hätte er auf der Lichtung bloß eine Hand nach meiner Schulter ausgestreckt, wäre ich nach seiner Berührung lechzend aus der Haut gefahren. Wie froh war ich nun, dieser Erniedrigung entgangen zu sein … froh und wütend. Warum hatte er mich nicht auf der Wiese genommen? Wollte er nicht auf meine Gefühle eingehen, hatte ich ihm nicht hinreichend Genüge getan? Er drehte sich um und ermahnte mich mit einer Geste zur Stille und zum Stehenbleiben.

Wir hatten den Waldrand erreicht.

Durch die Finsternis sahen wir ungefähr zwanzig Fackeln näher kommen. Ich bekam wieder Angst. Wer wusste schon, mit welcher Art Mensch wir es nun zu tun bekamen?

Das Gefolge bestand aus siebzig bis achtzig Personen und marschierte in gestreckter Reihe. Die Länge des Zugs belief sich auf ungefähr vierzig bis fünfzig Yards, seine Breite auf etwa zehn. Zehn Männer mit Waffen und Fackeln flankierten ihn zu beiden Seiten, eine Handvoll, ebenfalls wehrhaft, bildete die Vorhut, und vielleicht drei gingen hinterher. Zehn oder zwölf weitere Bewaffnete waren jeweils einzeln entlang der Reihe positioniert. Innerhalb des Gefolges trug man zudem zwei Plattformen, und zum Ende hin fuhr ein Wagen. Die Plattformen waren weiß und wurden von je zehn Mann getragen; der Wagen war braun und wurde von zwei breiten braunen und struppigen Tieren mit weit auseinanderliegenden Hörnern gezogen, die Rindern glichen und sich mühselig fortbewegten. Zwei Männer trieben sie an. Die Träger der Plattformen und die Wagenführer hoben sich hinsichtlich ihrer Kleidung nicht von den übrigen ab, die den Zug flankierten und damit einhergingen.

Das Gefolge näherte sich. Der Mann, in dessen Gewalt ich mich befand, zog sich weiter in das Unterholz zurück, ich natürlich auch. Er wirkte ungerührt und nicht überrascht in Anbetracht des Trosses. Ich dachte, er habe damit gerechnet, vielleicht sogar darauf gewartet und ihm nachgestellt.

Der Weg der Marschierenden führte dicht an uns vorüber. Wir waren im Dickicht verborgen und still.

Der Zug erreichte die Bäume. Ich erkannte, dass wohl fünf Gestalten – Frauen – auf der ersten getragenen Plattform ausharrten; auf der zweiten befanden sich mehrere Truhen und Kisten, einige beschlagen mit Platten aus glänzendem Material; auf dem Wagen unter einer losen Plane standen weitere Kisten, die einfacher und klobiger aussahen. Außerdem befanden sich darauf Stangen und Zelttuch, ferner Waffen und Fässer zum Transport von Flüssigkeiten.

Wir rückten noch ein Stück tiefer ins Gestrüpp. Mein Häscher hatte Schild und Speer abgelegt. Er stand nun ein kleines Stück weit hinter mir und hielt meine Oberarme fest. Im Schein der Fackeln beobachteten wir, wie das Gefolge auf uns zukam.

Ich war aufgeregt, denn das alles wirkte unglaublich barbarisch auf mich.

Wie anders waren die Menschen auf diesem wilden Planeten; ohne Eile, ein krasser Gegensatz zu jenem, den ich kannte. Ich fragte mich, wie ich hergekommen war und weshalb.

Die Vorhut der mit Fackeln ausgeleuchteten Prozession erschien zuerst am Waldrand. Ich konnte die Waffen der Männer sehen. Ihre Tuniken waren zwar dunkelrot, entsprachen aber in Schnitt, Form und von der Ausstattung her nicht derjenigen des Monsters, das mich an den Oberarmen gepackt hatte, genauso wenig wie der Zierrat, ihre Helme und Schilde.

Der Mann in meiner Nähe wollte eindeutig nicht entdeckt werden.

Plötzlich verspürte ich den Drang, aufzuschreien. Womöglich war ein winziges Zittern durch meinen Körper gefahren, ich erstarrte, denn schon hielt er mir sein Messer an die Kehle und den Mund mit seiner gewaltigen, kräftigen linken Hand fest zu. Ich konnte keinen Ton mehr von mir geben. Mit der Klinge am Hals zuckte ich nicht einmal, sondern blieb völlig reglos.

Vielleicht konnten mich die Männer retten, vor denen er sich wie ein Eindringling und Gegner verhielt! Schlimmer als bei diesem Rüpel erging es mir bestimmt nirgendwo sonst. Er war kein Ausbund von Galanterie, sie womöglich schon. Er hatte erbittert mit seinem Schwert gefochten, um Besitz von mir zu ergreifen; nach seinem Sieg hatte er ganz dreist mein Fleisch begutachtet; stundenlang hatte er mich in Fesseln gehalten, dazu genötigt, seinen Schild zu tragen, ihm wie ein Tier hinterherzulaufen, mich geohrfeigt und mir Strafen auferlegt! So behandelte man keine freie, rechtschaffene Person, für die ich mich hielt! Gerne hätte ich geschrien, um die anderen Männer auf mich aufmerksam zu machen. Vielleicht würden sie mich ja retten! Irgendwie würden sie mich zurück auf die Erde bringen oder Kontakt zu jemandem herstellen, mit dem ich Vorkehrungen zu meiner Überführung auf meinen Heimatplaneten treffen konnte. Ich schaute auf eine der Frauen, die sich auf der ersten weißen Plattform befand. Sie trug sehr schöne Kleider. Offensichtlich zollten diese Männer dem schwachen Geschlecht Respekt, so wie es sich schickte, und erwiesen ihnen rechtmäßige Ehre, statt sie wie Tiere zu behandeln.

Ich hatte mich kurzerhand in meinem Übermut, resolut zu handeln, dazu entschlossen, einen Schrei auszustoßen, um meine Rettung zu erwirken. Gut möglich, dass auf die Entscheidung hin ein leises Beben durch meinen Körper gegangen war; jedenfalls wurde ich nun mit einem Messer an der Kehle bedroht und deshalb schrie ich nicht, zumal der Mann mir fast gleichzeitig eine Hand vor den Mund gehalten hatte, und ihn rigoros fest zuhielt, was seine Wirkung nicht verfehlte. Er zog mich an sich, sodass ich den Stoff seiner Tunika und den Ledergurt spürte. Ich konnte keinen Laut ausstoßen, mich nicht einmal winden. Er ließ mit dem Messer nicht von meinem Hals ab.

Die Vorhut der Fackelträger passierte uns.

Über die breite Hand auf meinem Mund hinweg, die mich handlungsunfähig machte, schaute ich zu, wie die Träger mit den Frauen vorbeizogen. Es waren fünf, und ausnahmslos junge. Vier hatten klassische weiße Gewänder an, wallend und ohne Ärmel. Seltsamerweise – schließlich handelte es sich um einen prachtvollen Staat – waren sie barfuß. Sie trugen keine Schleier, hatten dunkles Haar und kamen mir bestechend schön vor. Ihren Hals zierten, wie es aussah, goldene Colliers und jeweils ein Reif aus dem gleichen Material am linken Handgelenk. Sie knieten, saßen oder lagen vor einem ebenfalls weißen herrschaftlichen Stuhl mit Verschnörkelungen, der die Plattform zusätzlich beschwerte. Darauf fläzte sich auf anmutige Weise träge ein weiteres Mädchen, als sei es müde, doch dessen Züge erkannte ich schlecht, weil es durch mehrere Tücher, befestigt mit Nadeln, verschleiert war. Mich faszinierte die Fülle und Pracht ihrer bunten Gewänder; Glanz und Farbreichtum ließen sie schillern, und sie waren so drapiert beziehungsweise wurden auf eine solche Weise zur Schau gestellt, dass die zahllosen Ränder der unterschiedlichen Kleider – speziell die Säume – einen Wettbewerb um das Lob des Betrachters für das erlesenste, prunkvollste Stück von allen anzudeuten schienen. An ihrer Robe selbst, unter der Kapuze und den Schleiern, hingen aus Gold gefertigte und mit Edelsteinen verzierte schwere Medaillons und Halsketten. Ihre weißen Handschuhe waren mit goldenen Haken befestigt. Unter der abschließenden Borte ihres unteren Gewandes ragten die Spitzen goldener Pantoffeln hervor, juwelenbesetzt und rot bestickt, sodass sie im Fackellicht glitzerten. Nur in einer unzivilisierten Welt, fand ich, konnte man sich herausnehmen, so verschwenderische, so verblüffend schöne und kostspielige Kleider zu zeigen.

Dann waren die Frauen auf der Plattform, weitere Fackeln und die Männer vorbeigezogen. Die zweite Plattform war ebenso wertvoll mit Truhen und Kisten beladen, gleichsam bunt und verstärkt durch Messing und Ketten. Auf manchen lagen edle Tücher, die im Flammenschein glänzten. Ich hielt den Auflauf für eine Hochzeitsprozession, deshalb vermutete ich, dass man auf dieser zweiten Plattform teure Geschenke und vielleicht die Mitgift der Braut oder kostbare Zugaben trug, die sie mit in die Ehe brachte, entweder für ihren Gatten oder dessen Eltern.

Der Wagen, der kurz vor der Nachhut fuhr und der von trottenden, Rindern ähnelnden Tieren gezogen wurde, enthielt die Vorräte dieser Leute, wie ich vermutete. Ihr Weg war demnach wohl sehr weit. Die Braut und ihre Jungfern – zumindest hielt ich sie dafür – reisten sicherlich noch lange weiter.

Dann verschwanden die Männer mit ihren Fackeln zwischen den Bäumen in der Ferne.

Sie waren verschwunden!

Der Fremde nahm mir die Hand vom Mund und ließ mich los. Sein Messer stach mir nicht mehr in den Hals. Mir wurden die Knie weich, sodass ich fast hinfiel. Nachdem er die Waffe eingesteckt hatte, drehte er mich an den Armen um, damit ich ihn anschaute. Dabei drückte er auch mein Kinn hoch, doch ich begegnete seinem Blick nur kurz, bevor ich den Kopf wieder neigte. Er wusste, dass ich hatte schreien wollen, um unsere Position zu offenbaren, aber es war mir nicht gelungen.

Ich zitterte vor Schrecken, da ich befürchtete, er werde mich jetzt töten. Also fiel ich vor ihm auf die Knie, senkte den Kopf und – obwohl ich ein Mädchen von der Erde war – hielt seine Stiefelsandale zärtlich fest, um ihm voller Beklommenheit den Fuß zu küssen.

Richtig, ich drückte ihm die Lippen auf, als sei ich bloß eine hübsche, nackte, schuldbewusste, scheue Sklavin!

Wie normal, wie stimmig und notwendig erschien mir dieser Akt furchtsamer, selbstloser Hörigkeit unter solchen Umständen!

Ich hätte gern gewusst, ob überhaupt irgendeiner Frau von der Erde in der Gewalt eines solchen Mannes und in einer solchen Welt etwas anderes eingefallen wäre.

Er drehte mich wieder um und trat aus dem Wald, woraufhin ich mich beeilte, ihm zu folgen.

Er hatte mich nicht erschlagen; er hatte mich nicht an einen Baum gebunden, damit ich von einem Sleen gefressen wurde; ja, nicht einmal halb tot hatte er mich gepeitscht.

Ich lief ihm weiter hinterher.

Meine Gedanken rasten. Wie schnell und naturgemäß ich vor ihm niedergefallen war, verwirrte und beschämte mich, obwohl ich auf einer anderen Ebene wusste, ohne es mir gern einzugestehen, dass ich es auf unbegreifliche, nicht zu ergründende Weise als ganz wunderbar empfunden hatte.

Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass es solche Männer gibt.

Dann jedoch dachte ich mir: Jetzt weißt du, wie du mit solchen Männern umgehen musst. Du brauchst bloß seiner Eitelkeit zu schmeicheln, dich mit Gesten gefällig zu zeigen. Ich hielt mich für gerissen, ihn hingegen für einen Narren, weil er sich nach Strich und Faden von einem Mädchen bezirzen ließ. Seinerzeit begriff ich weder wie außerordentlich milde er mich behandelte noch dass der Geduld eines solchen Mannes Grenzen gesetzt sind. Darüber aufgeklärt werden sollte ich allerdings innerhalb kürzester Zeit.

Ich war ein ignorantes, närrisches Kind. Beides – Unwissen und Torheit – gestattete man einem Mädchen, wie ich es war, auf Gor nicht lange, wie ich bald erfahren sollte.

Die Chroniken von Gor 11 – Das Sklavenmädchen

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