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1 Der Halsreif

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Ich lag im warmen Gras und spürte, wie jeder einzelne grüne Halm sanft meine linke Wange kitzelte. Es war ein angenehmes Gefühl. Ich spürte sie am Körper, an meinem Bauch und an den Schenkeln; ich streckte meinen Körper und meine Zehen aus. So dämmerte ich im Halbschlaf dahin und wollte gar nicht aufwachen. Die Sonne schien warm, ja heiß sogar, fast schmerzhaft auf meinen Rücken, also kuschelte ich mich tiefer ins Gras. Meine linke Hand lag ausgestreckt zwischen den Halmen, sodass meine Finger die warme Erde berührten. Meine Augen waren geschlossen. Ich kämpfte dagegen an, zur Besinnung zu kommen. Ich wollte mich nicht erheben, doch das Bewusstsein schien sich langsam und vage wieder einzustellen. Ich wollte liegen bleiben, um die Wärme und das Wohlige noch länger zu spüren. Ich drehte den Kopf ein wenig zur Seite. Etwas an meinem Hals kam mir schwer vor. Ich hörte ein leises Klappern, die Bewegung von Metallgliedern. Dies konnte ich mir nicht erklären.

Träge drehte ich den Kopf wieder zurück, wobei ich die Augen weiterhin geschlossen hielt. Wieder empfand ich diese Last, ein rundliches Gewicht an meinem Hals; abermals vernahm ich das schlichte und nüchterne Geräusch schwerer Metallverbindungen.

Ich öffnete die Augen und blinzelte, weil das Licht mich blendete. Das Gras gleich vor mir sah ich, grün und breit aufgrund seiner Nähe, obwohl es ja eigentlich nur einzelne Halme waren. Ich drückte meine Fingerspitzen in die warme Erde und schloss wieder die Augen. Dann fing ich an zu schwitzen.

Am besten stand ich jetzt auf; ich musste frühstücken und schnellstens zum Unterricht, denn ich durfte nicht zu spät kommen. Ich muss mich beeilen!

Da fiel mir plötzlich das Tuch wieder ein, mit dem mir Mund und Nase zugehalten worden waren, dazu der Geruch und die Kraft des Mannes, der mich festgehalten hatte. Ich hatte mich gewehrt, war aber machtlos gewesen und nicht freigekommen. Ich hatte Angst gehabt. Hatte versucht, den Atem anzuhalten, und mich gewehrt, aber vergeblich. Er war geduldig geblieben, damit ich wieder Luft holte. Ich hatte mich angestrengt, es nicht zu tun, dann aber mit lechzenden Lungen nachgegeben und irgendwann nicht anders gekonnt, als einzuatmen … tief und verzweifelt, womit ich die stechenden, erstickenden Dämpfe in meinen Körper aufgenommen hatte. Gleich darauf hatte ich wegen des entsetzlichen, hartnäckigen Gestanks, den ich weder verdrängen noch meiden konnte, würgen müssen und fiel vor Übelkeit in Ohnmacht.

Ich lag im warmen Gras und spürte es an meinem Körper. Am besten stand ich jetzt auf; ich musste frühstücken und zum Unterricht, denn ich durfte nicht zu spät kommen.

Ich öffnete die Augen und sah die Grashalme, breit und verschwommen, wenige Zoll vor meinem Gesicht. Vorsichtig öffnete ich den Mund und spürte die Halme an meinen Lippen. Als ich in einen Halm biss, schmeckte ich seinen Saft.

Dann schloss ich die Augen wieder, obwohl ich wach werden musste. Abermals entsann ich mich des Tuches, der Kraft des Mannes und des Geruchs.

Ich grub meine Finger in die Erde und spürte die Erde unter meinen Fingernägeln. Schließlich hob ich den Kopf und wälzte mich schreiend herum, da ich endlich richtig zu mir kam und feststellte, dass ich in Ketten auf der Wiese lag. Als ich mich ruckartig aufsetzte, erschrak ich, denn ich war nackt, und zwar zur Gänze – wirklich splitterfasernackt. An meinem Hals hing ein Gewicht aus Metall; die schwere Kette, die an dem Reif um meinen Hals befestigt war, fiel zwischen meinen Brüsten herab und lag über meinem linken Oberschenkel.

»Nein! Nein!«, rief ich. »Nein!«

Ich sprang auf und schrie weiter. Die Kette hing von meinem Halsreif hinab, schwer und doch anmutig. Ich spürte, wie der Reif mich nach unten zog, indem er gegen mein Schlüsselbein drückte. Die Kette führte zwischen meinen Beinen hindurch und hinter der linken Wade wieder nach oben. Ich zerrte kräftig daran. Ich wollte den Halsreif über meinen Kopf abstreifen; ich drehte ihn und versuchte erneut, ihn nach oben zu schieben. Aber dabei zerkratzte und verletzte ich mir den Hals. Gezwungenermaßen hob ich das Kinn an und sah den strahlend blauen Himmel mit seinen unglaublich weißen Wolken. Alleine konnte ich den Reif nicht ausziehen, er lag so eng an, dass nur mein kleiner Finger zwischen Metall und Hals passte. Ich seufzte, der Reif ließ sich nicht entfernen. Er war nicht gefertigt worden, um dies zu ermöglichen. Unvernünftig und wahnhaft, mit nichts im Sinn außer meiner Furcht wegen der Kette, drehte ich mich um, weil ich die Flucht ergreifen wollte. Dabei stürzte ich und prellte mir die Beine, als ich mich in der Kette verhedderte. Auf Knien hockend packte ich sie, zog daran und weinte. Ich versuchte wegzurutschen, aber dann wurde mein Kopf schmerzhaft nach vorne gezogen. Ich hielt nun die Kette fest; sie war ungefähr zehn Fuß lang und führte zu einem massiven Ring an einer Platte, die man in einen dicken Brocken aus Granit – nicht ebenmäßig, aber etwa zwölf Fuß breit und annähernd zehn Fuß hoch – eingefasst hatte. Die Platte mit dem Ring befand sich nahezu mittig auf niedriger Höhe, vielleicht einen Fuß oberhalb der Grasfläche. Das Gestein war offensichtlich aufgebohrt und dann die Platte mit vier Bolzen an den Kanten befestigt worden. Diese schienen länger als der Brocken zu sein und auf der anderen Seite festgeschraubt. Aber ganz genau wusste ich es nicht. Ich kniete, zog an der Kette, weinte und schrie. Dann versetzte ich ihr noch einen Ruck, aber damit zog ich bloß meine Hände in Mitleidenschaft, während sie trotzdem keinen Zoll nachgab. Sie hing weiterhin fest am Granit.

Stöhnend stellte ich mich hin, indem ich mich an der Kette festhielt. Als ich mich umschaute, stach der Granitbrocken deutlich hervor; ein zweiter seiner Art war nicht zu sehen. Ich erblickte nichts außer Gras, das sich sanft im Wind wiegte, den fernen Horizont mit ungewohnt weißen Wolken am blauen Himmel darüber. Ich war allein, die Sonne wärmte mich; hinter mir war der Felsen. Ich spürte einen Luftstrom am Körper, jedoch nicht unmittelbar, da die Platte in einer dem Wind abgekehrten Seite des Steins eingefasst war. Ich fragte mich, ob es sich um eine kräftige Brise handelte. Hatte man die Platte und Kette so angebracht, um die Gefangene daran (in deren Rolle ich mich ja nun befand) vor dem Wind zu schützen?

Ich erschauderte, denn ich war nackt und alleine. Mich, zierlich und hellhäutig, hatte man mit dem Hals an diesen großen Felsen gekettet, der auf einem anscheinend endlos weiten Feld hochragte.

Ich atmete tief ein, solche Luft hatte ich noch nie im Leben gekostet. Obwohl mein Hals eingeengt war, warf ich den Kopf in den Nacken. Ich schloss die Augen erneut und füllte meine Lungen. Wer solche Luft noch nicht selbst geschmeckt hat, kann nicht nachvollziehen, was ich in diesem Moment empfand. Ich weidete mich an etwas so Schlichtem wie der Luft, die ich einatmete. Sie war rein und unverbraucht; sie war frisch, beinahe lebendig, prickelte fast rauschhaft vor belebendem ursprünglichem Sauerstoff im Überfluss. Sie wirkte wie die Luft einer neuen Welt, die noch unbescholten war von den Giften der Menschen; den nicht hinterfragten, aber zweifelhaften bis schädlichen Errungenschaften der Zivilisation und Technik. Mein Körper wurde rege, blühte auf. So einfach erzielte die Aufnahme von Sauerstoff in meinem Kreislauf eine direkte Wirkung auf meine Befindlichkeit und Geistesgegenwart. Wer noch nie die Luft eines sauberen Planeten eingeatmet hat, begreift meine Worte nicht, aber vielleicht trifft dies tragischerweise gleichfalls auf diejenigen zu, die immerzu in einer solchen Umgebung gelebt haben. Kann man, bevor man solche Luft eingesogen hat, verstehen, wie herrlich es ist, am Leben zu sein?

Ich war allerdings allein und fürchtete mich.

Die Welt, in der ich stand, kam mir merkwürdig vor, unermesslich und unvertraut, offen, hell und rein. Ich blickte hinaus über die weiten Wiesen. Nie zuvor hatte ich Gras gerochen; es duftete so frisch, so wunderbar. All meine Sinne lebten auf. In dieser Atmosphäre, wo mein Blut mit Sauerstoff angereichert wurde, taten sich Gerüche auf, die ich zuvor nicht wahrgenommen hatte; mit einem Mal schien sich eine völlig neue Dimension der Erfahrung vor mir aufzutun. Ich nehme an, nur hier an diesem Ort gab es keinen Grund für meinen Körper, gegen die Umgebung anzukämpfen, sie auszublenden und zu unterdrücken, um nicht abgelenkt oder abgestoßen zu werden. Hier herrschte eine Atmosphäre ohne Makel, in welcher der Mensch Teil der Natur sein konnte, statt sich gegen sie abzuschotten wie ein nachts herumschleichender Besucher, der kaum zu atmen wagt, während er sich durch das Feindesland bewegt. Auch mein Sehvermögen erwies sich in dieser klaren Luft als weit schärfer. Ich sah weiter und genauer, als es in der wolkenverhangenen, verschmutzten Atmosphäre, in der man mich großgezogen hatte, möglich gewesen wäre. Wie weit entfernt erschienen mir jetzt die gewohnten Belastungen der grauen Welt, wenn ich mich daran erinnerte ... An manchen Tagen hatte ich die Luft dort für sauber gehalten und mich an ihrer Frische erfreut. Wie unbedarft, wie töricht von mir ... Sie war weniger diesig und nicht so trübe gewesen, aber dennoch nur eine Andeutung dessen, was eine lebenswerte Welt wirklich ausmacht. Außerdem hörte ich besser denn je. Der Wind rauschte durch das Gras, bewegte es, ließ die glänzenden Halme erzittern. Zudem wirkten die Farben reichhaltiger, kräftiger, einfach lebendiger. Die Wiesen waren saftig grün, kräuselten sich in ihrer unendlichen Weite; der Himmel strahlte blau – so stark tiefblau, wie ich es mir nicht hätte ausmalen können; die Wolken setzten sich deutlich und weiß von ihm ab, vielfältig und wabernd. Sie verwandelten sich mit Hochdruck; zogen mehr oder weniger schnell in unterschiedlicher Höhe vorüber, glichen weißen Riesenvögeln, stattlich und majestätisch, als sie sich drehten und in den Luftströmen dahintrieben. Die Brise von den Feldern umwehte meinen nackten Leib. Ein Schauer durchfuhr mich, denn jede Faser meiner selbst schien lebendig zu sein.

Ich hatte Angst.

Ich blickte hinauf zur Sonne, dann schaute ich wieder weg und nach unten über die Wiesen.

Wie anders sich mein Körper und seine Bewegungen anfühlten, wurde mir nun wie noch nie zuvor bewusst. Ich glaubte, einen subtilen Unterschied hinsichtlich meines Gewichts und meiner Motorik auszumachen, schlug mir diese Wahrnehmung jedoch aus dem Kopf. Ich wollte es mir nicht eingestehen und zwang mich im wahrsten Sinn des Wortes dazu, sie von mir zu weisen, obwohl sie immer wiederkehrte, und zwar beharrlich. Sie ließ sich nicht leugnen. »Nein!«, rief ich, wusste aber, dass all das der Wirklichkeit entsprach. Was ich zu verdrängen versuchte, musste die Erklärung für dieses ungewöhnliche Phänomen sein. »Nein!«, schrie ich abermals. »Das kann nicht sein!«

Wie benommen hob ich die Kette an, die an dem Reif um meinen Hals befestigt war. Ich betrachtete sie ungläubig. Die Glieder waren schwer, eng miteinander verbunden und aus schlichtem, unbearbeitetem Eisen gefertigt. Ich fand sie weder hübsch noch konnte sie viel gekostet haben. Nichtsdestotrotz wurde ich von ihr in Schach gehalten. Ich befühlte den Reif mit den Fingern. Ich konnte ihn zwar nicht sehen, doch er bestand wohl aus dem gleichen unnachgiebigen Metall; einfach und praktisch, ohne Prunk. Er lag recht eng an meinem Hals an. Die Kette, die sich an einem Glied öffnen und schließen ließ, war an einer Öse befestigt, und diese wiederum an einer Klammer, die ein Teil des Reifes selbst zu sein schien. Das Scharniergelenk befand sich unter meinem rechten Ohr, die Kette hing an Öse und Klammer unterhalb des Kinns. Unter meinem linken Ohr ertastete ich ein dickes Schloss, in das man einen Schlüssel stecken konnte. Der Reif ließ sich folglich verschließen, war demnach nicht mit einem Hammer geschlagen worden. Ich fragte mich, wer wohl den Schlüssel dazu besaß.

Ich drehte mich um und schaute auf den großen Stein aus Granit, der mit Feldspat durchwirkt war.

Ich rief mir ins Gewissen, dass ich zu mir kommen musste. Wach auf! Ich lachte bitterlich. Du träumst noch, sagte ich mir.

Wieder drängte sich das Gefühl in mir auf, dass sich mein Körper, sein Gewicht und die Bewegungsabläufe verändert hatten.

»Nein!«, rief ich zum wiederholten Male. Dann trat ich vor den Brocken und begutachtete die starke Platte mit dem Ring, die daran verschraubt war. Die Kette maß etwa zehn Fuß. Gedankenverloren wickelte ich sie am Boden unter dem Ring auf.

Werde wach, ermahnte ich mich. Bestimmt war es schon an der Zeit aufzustehen, schnell noch etwas zu frühstücken und dann zum Unterricht zu gehen. Eine andere Erklärung konnte es nicht geben, bläute ich mir ein. Du träumst bestimmt. Dann bekam ich Angst, dass ich vielleicht doch verrückt geworden war. Nein, sagte ich, du träumst bloß. Fürwahr, dieser Traum ist seltsam, weil er so wirklich anmutet, aber trotzdem bleibt es ein Traum – es muss. Es kann nicht anders sein, ja, es handelt sich um einen Traum. Nur einen Traum!

Dann erinnerte ich mich leider wieder daran, dass mich der Mann von hinten ergriffen und wie ich mich gewehrt hatte – ich hatte ihn nicht einmal zu Gesicht bekommen. Ich war so rigoros festgehalten worden mit dem Tuch auf meinem Mund und der Nase, während er abgewartet hatte, dass ich einatmete, was ich letztlich auch nicht verhindern konnte. Hilflos hatte ich nach Luft geschnappt, doch es gab nur diese schrecklichen Dämpfe, nichts anderes zum Einatmen, und mein Bewusstsein konnte ihnen nicht standhalten, weshalb ich es verlor. Das, so wusste ich, war kein Traum gewesen.

Ich schlug mit den Fäusten gegen den Felsen, gegen den mit Feldspat geäderten Granit, bis sie bluteten.

Dann wandte ich mich ab und ging von ihm fort, vielleicht fünf Fuß weit, und ließ den Blick wieder über die weite Grasfläche schweifen.

»Oh nein«, schluchzte ich.

Das vollständige Bewusstsein des Wachzustands und meine Gewissheit, dass es der Wahrheit entsprach, wallten in mir auf. Sie fluteten meinen Geist: überwältigend und unleugbar.

Nun glaubte ich plötzlich, die Erklärung dafür gefunden zu haben, dass sich mein Körper so eigenartig anfühlte und dass meine Bewegungsempfindung unterschwellig verändert wirkte. Ich befand mich nicht mehr auf der Erde. Diese Schwerkraft entsprach nicht derjenigen auf meinem Heimatplaneten. Es war eine andere Welt, auf der ich stand, ein fremder Planet. Hier war es hell und wunderbar, aber es handelte sich nicht um die Erde, geschweige denn um eine andere Welt, die ich kannte. Hier war ich nicht zu Hause. Man hatte mich hergebracht, jedoch nicht gefragt, ob ich einverstanden sei; man hatte mich hergebracht, gegen meinen Willen.

Ich stand alleine da, nackt und schutzlos, vor einem großen Gesteinsbrocken, während ich die Wiesen überblickte. Ich war allein und gefangen und trug eine Kette am Hals.

Wie vom Donner gerührt schrie ich gequält auf und schlug mir die Hände vor das Gesicht. Plötzlich kam es mir so vor, als drehe sich der Boden unter mir, und Dunkelheit umgab mich, drängte von allen Seiten auf mich ein, woraufhin ich ohnmächtig wurde.

Die Chroniken von Gor 11 – Das Sklavenmädchen

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