Читать книгу Die Chroniken von Gor 11 – Das Sklavenmädchen - John Norman - Страница 9
4 La Kajira
ОглавлениеIch wachte im Morgengrauen Gors zu seinen Füßen auf. Ich legte meine Hände so sanft auf seine Waden und Knöchel, dass er nicht bemerken konnte, wie ich ihn hielt. Behutsam spitzte ich die Lippen und küsste die Waden, dann seine Knöchel und Füße: ganz vorsichtig, damit er es nicht wahrnahm, ganz sachte, um ihn nicht zu wecken, damit ihn der Übermut der Sklavin nicht erzürnte. Danach legte ich mich glücklich und zufrieden neben ihn. Über mir erstreckte sich der lange, waagerechte First des Zeltes, welcher sich zu beiden Seiten über einen Lederriemen spannte, der als Träger diente. Die gestreiften Wände der Plane vibrierten leicht im wechselnden Wind, der an diesem Morgen vorherrschte. Der Tag begann mit einem schwachen Grau. Draußen im Gras vor dem Zelt glänzte der Tau. Ich hörte das Gezwitscher der Vögel, während ich tief in den Fellen lag. Ich wälzte mich auf den Bauch, sodass meine Brüste nach unten hingen, und betrachtete den Mann, dem ich nun gehörte. Er hatte mich im Laufe der Nacht ausgiebig gefordert. Innen an meinem linken Oberschenkel war ein Streifen Blut zurückgeblieben, getrocknet nun und rötlich braun – das Blut meiner Jungfernschaft, welches ich nie wieder vergießen konnte. Er hatte mich, eine bloße Sklavin, im Rahmen eines primitiven Ritus dazu gezwungen, es zu kosten, mir den Finger, mit dem er hindurchgefahren war, grob in den Mund gesteckt und es über meine Lippen, die Zunge und Zähne geschmiert. Ich sollte die Nachwirkungen seines Sieges – meiner Verzückung, meiner Entjungferung – in mich aufnehmen und dann, während er meinen Kopf in den Händen hielt, sodass ich ihm in die Augen schauen musste, schlucken. Weder den Geschmack noch die Ruhe, die sein Blick ausstrahlte – jener eines Herrn – werde ich je vergessen. Daraufhin nahm er mich, obwohl ich noch wund war von seinem ersten Ansturm, ein weiteres Mal wie ein Raubtier. Als Sklavin erfuhr ich keinerlei Rücksicht. Ich klammerte mich an ihn, liebte ihn. Sein Mädchen leistete ihm beachtliche Dienste in jener Nacht. Wie aufgeregt und gefügig ich gewesen war, obwohl er mir alles abverlangt hatte, im Wissen darum, dass er mich im Handumdrehen hart bestrafen konnte, falls ich ihn nicht zur Gänze befriedigte. Wie glücklich ich war in meiner Unterwürfigkeit, so sehr auf seine Gnade angewiesen. Eine Frau, die noch nicht besessen worden ist, kann vermutlich nicht begreifen, wie man sich fühlt, wenn man jemandem gehört, ja ein wirkliches Eigentum ist. Allenthalben vage mag sie ahnen, wie sich eine Sklavin darüber freut. Ich selbst hätte es nicht geglaubt, wäre es mir nicht widerfahren.
Zärtlich neigte ich dem Wüstling meinen Kopf zu und küsste ihn – sanft jedoch, um meinen Herrn nicht zu wecken.
Daraufhin legte ich mich zurück auf die Felle, blieb aber nahe bei ihm, zu seinen Füßen, während auf Gor der Morgen graute.
Einmal, mitten in der Nacht, hatte er gelacht, leise und wonnig, während er mich grob festhielt, ohne dass ich mich hätte sträuben können, und mir in die Augen geschaut, tief zufrieden damit, mich zu besitzen. Wie dankbar, ja, voller Begeisterung ließ ich mich von ihm halten!
Mein Herr war mit seiner Sklavin zufrieden!
Ich lauschte den Vögeln draußen im samtigen Glanz der langsam aufgehenden Sonne.
Unheimlich weit entfernt von der Erde mit ihrem Schmutz, ihren Menschenmassen und Falschheiten erschien mir diese Welt. Zaghaft berührte ich mein Brandmal mit den Fingerspitzen und zuckte zusammen. Ich ließ die Hände besser ein paar Tage lang davon, damit es in seiner Empfindlichkeit richtig heilte. Das Zeichen sollte makellos sein. Keinem Mädchen sind die Eitelkeiten so egal, dass es nicht erpicht darauf ist, ein perfektes Mal zu haben. Schließlich sollen selbst Lippenstift und Lidschatten, die man abwaschen und wieder auftragen kann, stets ohne Tadel sein, also gilt dies erst recht für ein Brandzeichen, das man auf ewig am Leib hat! Jede Sklavin wünscht sich eines, auf das sie stolz sein kann. Ein ordentliches Mal stärkt das Selbstbewusstsein, Wohlbefinden und die Sicherheit. Oft beschränkt sich die Ausstattung eines Mädchens auf sein Brandmal und einen Halsreif, was zur Folge hat, dass es Ersterem eine hohe Bedeutung zumisst. Außerdem ist es kein Geheimnis, dass ein zierliches, hübsches Brandmal an der richtigen Stelle die Anmut eines Mädchens in erheblichem Maße fördert. Ich versuchte, das Zeichen zu hassen, schaffte es aber nicht. Es war zu schön und zu sehr ein Teil von mir. Ich küsste meine Fingerspitzen und betupfte vorsichtig die Blütenblätter der Sklavenblume damit, die mein Herr am vorangegangenen Abend mit einem heißen Eisen gegen meinen Willen auf meinem Schenkel zum Sprießen gebracht hatte. Als ich nun im Morgengrauen dalag, kam es mir so vor, als sei ich eigentlich auf Erden eine Sklavin gewesen, wohingegen ich hier in dieser Welt, obwohl ich markiert war, erstmalig in meinem Leben wahre Freiheit genoss. Auf der Erde hatten mich unsichtbare Ketten auf grausame Art vor mir selbst und meinen Emotionen zurückgehalten; durch Konditionierung und Spott war ein Keil zwischen mein Herz und meine Psyche getrieben worden. Ich wurde zum bemitleidenswerten Opfer, weil ich dieses Hemmnis zuließ, trug jedoch nun trotz meiner Ketten wahre Freiheit im Herzen, war emotional und psychisch enthemmt wie nie zuvor in meinem Leben. So lag ich nun da, rundherum glücklich.
Plötzlich aber bekam ich wieder Angst. Seine Hand ... er tastete nach mir. Ich kroch an seine Seite und hielt ihm den Kopf so hin, dass er ihn fand: an seinen Oberschenkel. Er schlief noch. Ich spürte, wie er in mein Haar langte und beide Fäuste darum schloss. Auf diese Weise zog er mich an seine Hüfte. Ich war eine Sklavin.
»Ja Herr«, wisperte ich.
Eta stach mich mit ihrer Peitsche. »Kajira«, flüsterte sie. »Kajira.«
Ich wachte auf. Immer noch war es sehr früh, aber schon heller. Mein Herr schlief nach wie vor. Außer Eta war niemand im Lager wach.
Der Morgentau im Gras war noch nicht verflogen. Ich kroch aus dem Zelt.
Eta wies mich in meine Aufgaben ein. Als Sklavin wurde ich nun zur Arbeit angehalten. Ich schaute mich unter den schlafenden Männern um, die reglos in ihren Zelten oder auf Fellen lagen. Sie waren die Herren. Wir Frauen, Sklavinnen, würden jetzt das Lager herrichten. Es gab viel zu tun: Wasser musste geschöpft, Holz von den Stapeln gebracht und die Morgenfeuer entfacht werden, nicht zu vergessen das Frühstück. Wenn sich unsere Herren zum Aufstehen bemüßigt fühlten, hatte alles für sie bereitzustehen.
Beim Arbeiten summte ich leise vor mich hin. Auch Eta schien guter Dinge zu sein; einmal küsste sie mich sogar.
Die Männer erhoben sich spät, und Eta schickte mich zum Bach, um die Tuniken auf den Steinen zu waschen. Dabei erschreckte mich ein kleiner Lurch, der in der Nähe ins Nass huschte. Das Wasser war klar, und ich arbeitete zügig, denn die Luft war frisch und das Wetter schön. Bald duftete es nach Vulo-Eiern, die in einer breiten, flachen Pfanne gebraten wurden, und das unverkennbare Aroma von Kaffee oder schwarzem Wein, wie ihn die Goreaner nennen, wehte herüber. Die Bohnen werden vorwiegend an den Hängen des Thentisgebirges angebaut. Ursprünglich stammen sie, glaube ich, wie bestimmte andere Güter auf Gor ebenfalls, von der Erde, obwohl ich es nicht für ausgeschlossen halte, dass das Gegenteil der Fall ist, und schwarzer Wein sich ursprünglich hier entwickelt hatte, also die Kaffeebohne der Erde in Wirklichkeit von Gor stammte. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem so ist, schätze ich wegen der deutlich weiteren Verbreitung des Getränks auf der Erde allerdings als gering ein. Auf Gor gilt es außer in der Stadt Thentis, die sich ihrer Tarnherden rühmt, sowie den Dörfern in ihrer Umgebung als seltene und unübliche Edelware. Mit besseren Kenntnissen über Gor hätte ich in Erwägung gezogen, meine Herren seien auf die Verteidigung von Thentis eingeschworen und Bürger jener Stadt, doch wie sich später herausstellen sollte, kamen sie nicht von dort, sondern aus Ar.
Als der erste Mann noch schläfrig gähnend mit trüben Augen ans Kochfeuer wankte, waren wir auf ihn gefasst. Ich kniete mit Eta vor ihm, und gemeinsam drückten wir unseren Kopf in den Staub zu seinen Füßen. Wir waren seine Mädchen.
Eta legte mehrere der heißen winzigen Eier, die vor dem Verbrauch im kühlen Sand der Lagerhöhle aufbewahrt worden waren, übereinander auf einen Teller und reichte ihm diesen mit erwärmtem Gelbbrot. Ich goss ihm etwas von dem dampfenden dunklen Trunk – sei es Kaffee oder schwarzer Wein – in einen Metallkrug mit Henkel, indem ich die Kanne beidhändig mit einem Tuch kippte. Nachdem Eta es vorgemacht hatte, freute ich mich sehr darüber, mir selbst einen Teller beladen und eine Tasse füllen zu dürfen. Daraufhin warteten wir, bis die Männer zu essen begannen. Solange einer von ihnen den ersten Bissen oder Schluck der Mahlzeit genommen hatte, wand niemand etwas gegen unsere Teilnahme ein. Wir sättigten uns mit gesundem Appetit. Beim Abendessen legt man auf Gor normalerweise größeren Wert auf Annehmlichkeiten, da es sich dabei im Vergleich zu den anderen zwei oder drei Mahlzeiten des Tages vielmehr um einen besonderen Anlass der Geselligkeit handelt. Abends mussten Eta und ich unter Strafandrohung mit dem Essen warten, bis der Herr und jeder aus seinem Gefolge begonnen hatte. Für gewöhnlich aber fingen wir bereits an, ehe die Männer zu Ende gespeist hatten, es sei denn, dies lief unserer Pflicht zuwider. So waren wir auch zur gleichen Zeit fertig wie sie, eventuell auch ein wenig früher, weshalb wir, nachdem wir die Becher, Schalen und Töpfe, falls welche gebraucht wurden, gespült hatten, schnell bereit waren und durch nichts mehr daran gehindert wurden, uns auf das Servieren von Wein oder Paga zu konzentrieren sowie unsere Körper, wo sie verlangt wurden, zur Befriedigung der Männer feilzubieten. Zum Ausdruck der größeren Bedeutung des Abendessens auf Gor im Gegensatz zu den anderen Mahlzeiten darf kein Mädchen die Speisen anrühren, ehe es ihm erlaubt wird, so ein freier Mann, eine freie Frau oder auch nur ein Kind zugegen ist. »Du darfst essen, Sklavin«, ist eine geläufige Redewendung in diesem Zusammenhang. Wird diese Erlaubnis nicht erteilt, darf keine Unfreie essen. Vergessen Herr, Herrin oder Kind sie zu erteilen, ist dies Pech für die Sklavin.
Als sich die Männer zum Frühstück einfanden, übten wir Gehorsam und warteten ihnen auf. Kaum dass mein Herr am Kochfeuer erschien, warf ich mich voller Eifer vor ihm auf die Knie und machte mir die Haare im Sand zwischen seinen Sandalen schmutzig, was die Versammelten zum Lachen anregte. Ich erinnerte mich an die vergangene Nacht. Er hatte mir die Bedeutung meines Brandmals eindrucksvoll nahegelegt! Ich liebte ihn so sehr! Er bestellte mich zu sich, deshalb sprang ich auf und stellte mich gerade hin, stolz wegen der Freude, die ich ihm gespendet hatte. So wie mich die Männer nun anschauten, schlussfolgerte ich, dass ich nun einen ganz anderen Stand genoss als zu Anfang, als ich ins Lager gekommen war – dass das Mädchen, das jetzt als Sklavin hinter dem Wall aus Dornsträuchern stand, viel wertvoller war als jenes, das kürzlich gequält als Gefangene außerhalb verharrt hatte. Ich weiß, ich hätte Anstoß daran nehmen und es verabscheuen müssen, aber trotzdem: Welch sagenhaftes Gefühl von Schwäche und Freude, Lebendigkeit und Glück vermittelte es mir!
Mein Herr bückte sich, um die Sklavenblume an meinem Schenkel zu betrachten. Ich wagte es nicht, ihn zu berühren und zitterte. Als er sich wieder aufrichtete, schien er zufrieden zu sein, was mich zutiefst erleichterte. Ich wünschte mir, dass er zufrieden war, nicht nur mit seiner Sklavin als solcher, sondern auch mit ihrem Brandmal. Auch Eta untersuchte es, lächelte dann, umarmte und küsste mich. Daraus schloss ich, dass meine Kennzeichnung erstklassig war. Ich erwiderte ihre Umarmung und ihren Kuss, weinte aber dennoch. Sie erlaubte mir, unserem Herrn zu dienen, was ich mit Begeisterung tat. Ich beobachtete ihn mit Argusaugen, um selbst seinen geringsten Begehr zu erahnen.
Einer der Männer fragte ihn wohl nach mir, wie ich anhand seiner Blicke und Gesten vermutete. Mein Herr antwortete, während er kaute. Sie sahen mich beide an; ich war Gegenstand ihrer Unterhaltung. Obwohl ich kein Goreanisch sprach, errötete ich und senkte hastig den Blick. Goreanische Herren reden gemeinhin offen und ehrlich über die Vorzüge ihrer Mädchen, sogar in deren Beisein. Meine Züge, meine Figur und mein Verhalten wurden freimütig diskutiert und bewertet. Die Sexualität, Qualität und Kapazität, nicht zu vergessen die Fertigkeiten einer Sklavin, nicht einer freien Frau, werden auf Gor genauso rundheraus besprochen wie Männer auf der Erde Musik oder Malerei zum Thema machen, beziehungsweise wie man im England des 19. Jahrhunderts über Hunde und Pferde geplaudert hat.
Ich bildete mir ein, dass ich in vielerlei Hinsicht manches zu wünschen übrig ließ. Klein und schutzlos fühlte ich mich.
Mein Herr hielt mir seinen Metallkrug hin. Ich schenkte ihm dankbar mehr von dem dampfenden Schwarzwein ein. Er war so großzügig, mir zu erlauben, ihn zu bedienen. Ich schaute ihn an; durfte es denn keine Geheimnisse zwischen uns geben? Mussten meine Makel, meine Ohnmacht und umfassende Unterwürfigkeit ihm gegenüber dermaßen öffentlich hervorgekehrt werden? In seinen Augen las ich, dass solche Fragen nicht angebracht waren; dass ich eine Sklavin war.
Ich schlug die Augen nieder und zog mich zurück, nachdem ich den Krug gefüllt hatte, wie es sich für eine Sklavin gehörte.
Später am Morgen jubelte ich innerlich, als mir mein Herr ein Stück braunes Tuch gegen die Brust warf. Es handelte sich um ein ärmelloses Kleidungsstück, einen dürftigen Sklavenlumpen, wenig Stoff und doch passend für ein gebundenes Mädchen. Ich wusste es zu schätzen wie ein Gewand mit Handschuhen und Perlen aus Paris, weil ich jetzt nicht mehr ganz nackt war vor den Männern. Zum ersten Mal auf Gor hatte ich etwas zum Anziehen erhalten. Strahlend dankte ich es ihm, und nicht wenige Küsse schenkte ich ihm, bedeckte seine Beine und Füße voller Entzückung damit. Eifrig zog ich den Lumpen an, indem ich ihn über den Kopf streifte und festmachte, ihn straffer spannte und mit den beiden Häkchen an der Seite schloss. Der Schlitz ermöglichte es, das Tuch leichter anzulegen, weil es recht eng war, wozu auch die beiden Haken, wenn sie eingehängt waren, naturgemäß beitrugen, denn dann lag der Stoff fester an Brüsten und Hüften. Den Augen eines Mannes erschließt sich die Figur der Sklavin so noch besser, da sie stärker betont wird. Zudem verschließen die beiden Haken den Schlitz an der linken Seite nicht gänzlich, sondern gewähren Blicke auf das köstliche Sklavenfleisch, welches darin gebannt wird. So ein Kleidungsstück lässt sich natürlich einfach abreißen, wenn es einen Mann stört, dass er nicht richtig sieht. Ich drehte mich voller Stolz in meinen neuen Schatz vor meinem Herrn. Er zeigte Eta, wo der Stoff umgeschlagen werden musste und dass die Häkchen ein wenig anders eingehängt werden mussten, denn andernfalls war mir das Teil zu groß. Es hatte Eta gehört, und ihre Maße waren üppiger als meine. Deshalb musste der Lumpen abgeändert werden, damit er mir genauso gut stand, wie Eta ihre momentane Kleidung.
Die Kleidung einer goreanischen Sklavin ist dem Herrn ein sehr wichtiges Anliegen. Deshalb zerbricht er sich über winzigste Details den Kopf. Dazu muss man verstehen, dass die Kleidung genauso wie das Mädchen ihm gehört, also hegt er natürlich Interesse daran. Beide können auf verschiedene Art Rückschlüsse auf ihn, seinen Geschmack, sein Ermessen und Urteilsvermögen geben. Dass Männer auf der Erde nicht einmal wissen, welche Kleider ihre Frauen besitzen oder kaufen, wäre für die meisten Goreaner undenkbar, selbst wenn sie in einer freien Beziehung leben. Einem Herrn käme es schlichtweg vermessen vor. Was sein Mädchen trägt, falls sie es denn tut, ist für ihn von großer Bedeutung. Immerhin ist sie nicht seine Gattin, sondern viel wesentlicher: ein wertvoller Besitz. Die Kleidung, die sie trägt, jegliche Kosmetika oder Schmuckstücke sowie Parfüms müssen absolut perfekt passen. Er ist sozusagen über alles bestens im Bilde. Sollte sie ihr Haar nur mit so etwas Nebensächlichem wie einem neuen Band festmachen, muss er dieses Band vorab gründlich untersuchen. Erweist es sich als »nicht richtig« für sie, wird er nicht gestatten, dass sie es verwendet. Jeder Goreaner, ob Eigner oder freier Gefährte, fände es unfassbar, ja würde überhaupt nicht verstehen, wenn eine Frau ein neues Kleid trägt, ohne dass ihr Mann es bemerkt. Kurz gesagt beschäftigen sich goreanische Herren eingehend mit ihren Mädchen. Kleidung ist neben anderen Dingen ein ziemlich erheblicher Faktor. Sie muss ihrem Zweck vollständig Genüge tun, der beispielsweise darin bestehen mag, die Sklavin zu erniedrigen oder öffentlich zu zeigen, sie zu bestrafen oder in Demut zu halten, sie daran zu erinnern, dass sie ein Nichts ist, nur ein Kettenmädchen. Denkbar ist auch, ihre Schönheit, auf die sie sich manches einbildet, dadurch vor den Augen aller zu entblößen oder um ihm selbst und seinesgleichen zu Wohlgefallen zu verhelfen. Seinen Reichtum zu demonstrieren, den Wert der Leibeigenen und Kleidung, die er besitzt. Außerdem steigert er damit sein Ansehen oder erregt den Neid anderer, regt die Sklavin an, indem er ihr etwas Schönes erlaubt und stimuliert sie sexuell. Logischerweise schließen diese Zwecke einander nicht aus. Zudem sei erwähnt, dass Kleidung wie Nahrung ein nützliches Mittel zur Kontrolle der Mädchen darstellen. Wenigen gefällt es, nackt zum Einkaufen auf einen Markt geschickt zu werden.
Mein Herr zog sein Messer. Ich schauderte, wäre aber nie darauf gekommen wegzulaufen, deshalb schloss ich die Augen. Dann spürte ich, wie er den Saum des Tuchs abschnitt. So machte er es empörend kurz. Es hatte Etas recht durchschnittlichen Wuchs, aber eben auch ihren längeren Beinen entsprochen, doch ich wagte jetzt kaum noch, mich darin zu bewegen. Auf ein Zeichen meines Herrn hin ging ich auf die Knie, was ich so tat, wie ich es gelernt hatte, indem ich mich auf die Fersen setzte, den Rücken durchdrückte und die Hände auf meine Oberschenkel legte, den Kopf hochhielt und das Kinn nach vorn streckte. Ich vernachlässigte auch keine weiteren Einzelheiten und spreizte meine Beine weit. Wie gesagt war dies die Haltung der goreanischen Vergnügungssklavin, wie man mir später erklärte. Ich hatte gesehen, wie Eta sie ganz natürlich und unterbewusst annahm, als sie niederkniete. So ein Mädchen verschließt einem freien Mann seine Schenkel nicht in dieser Position. Nebenbei bemerkt spricht jede Sklavin freie Männer und Frauen als Herren beziehungsweise Herrinnen an, obwohl logischerweise jeweils nur eine oder einer sie rechtmäßig besitzen kann. Mich so vor meinem Herrn zu zeigen, der gänzlich über meinen Körper bestimmen durfte, gefiel mir; zu Beginn hatte es mir naturgemäß weniger gefallen, es ganz allgemein vor freien Männern zu tun, doch letzten Endes tat ich es automatisch und vergnüglich. Die Pose macht uns nicht nur attraktiver für den Mann, sondern wirkt sich auch unterschwellig auf die Psyche aus, indem es unseren Eindruck verstärkt, offen, angreifbar und bloßgestellt zu sein, womit der Mann wiederum attraktiver für uns wird, da wir so unverblümt vor ihm knien. Findet ein Mädchen gleich mehrere Männer anziehend, kommt ihm sehr wahrscheinlich auch sein Herr so vor; findet es wenige Männer anziehend, kommt ihm der Herr in gleicher Weise mit geringerer Wahrscheinlichkeit anziehend vor. Die Vergnügungssklavin, welche sich in ihrer zutiefst unterwürfigen und verletzlichen Haltung Männern gegenüber so machtlos und geradeheraus präsentiert, kommt nicht umhin, neugierig und gespannt, ja sogar heiß auf sie zu werden ... und ist sie gespannt und heiß auf Männer generell, trifft dies selbstverständlich auch auf ihren Herrn im Speziellen zu. Schließlich ist er derjenige, dem sie gehört; er ist ihr Herr. Dass eine Vergnügungssklavin leidenschaftlich wird, geschieht nicht zufällig, denn Hemmungen sind einfach nicht erlaubt. Darüber hinaus wird an Instinkte appelliert, die sich dann intelligent gesteuert Bahn brechen, sodass sie ungehindert ihren natürlichen Lauf nehmen können. Das biologische Verhältnis von Dominanz zu Unterwerfung fällt in den Bereich der Genetik, und diese Gleichung erfährt ihre perfekte Erfüllung, was komplexe, in eine bestimmte Kultur hineingewachsene psychophysische Organismen betrifft, in einer Beziehung, die auf institutionalisierter Knechtschaft beruht. Selbige existiert auf Gor, wo Frauen von Gesetzeswegen her Sklavinnen starker Männer sein dürfen, die dazu in der Lage sind, über sie zu herrschen. Eine solche Sklavin war nun auch ich. Für mich bestand kein Zweifel daran, dass der Mann, der mich besaß, dazu in der Lage war, über mich zu herrschen. Er hatte es bereits bewiesen. Ich war seine Sklavin.
Oh, wie mich Männer anzogen! Wie ich meinen Herrn liebte – und fürchtete! Ich wollte mich ihm andauernd hingeben.
Er gab Eta Anweisungen, die sich auf mich bezogen, ehe er das Lager gemeinsam mit seinen Gefährten verließ. Nun waren Eta und ich allein. Sie ging fort, um Stecknadeln, eine kleine Schere und Nadel und Faden zu holen. Anscheinend stand die Änderung meines Sklavenleibchens ganz oben auf der Liste der Pflichten für heute. Es musste passgenau sitzen und meinen unfreien Leib aufs Vortrefflichste umschmeicheln. Danach konnten wir uns weniger wichtigen Aufgaben widmen, aber zuerst stand ich abwechselnd aufrecht und kniete nieder oder drehte mich Etas Aufforderungen entsprechend. Einmal musste ich den Fetzen ausziehen, damit sie den Saum flicken konnte, wo mein Herr mit dem Messer geschnitten hatte. Dadurch, dass sie den Stoff umschlug, obwohl sie sich um einen möglichst schmalen Streifen bemühte, wurde das Stück natürlich noch kürzer. Ich errötete. Ob es wohl nennenswerte Alternativen zwischen einem solchen Lumpen und der Option gab, nackt zu bleiben? Ich nahm an, diese Kleidung sei ein Vorwand, damit die Männer etwas hatten, das sie uns entreißen konnten. Nachdem ich den Fetzen wieder angezogen hatte, befestigte Eta die Haken neu. Ich hielt die Luft an, als sie sie einhängte. So passte sie mir das Teil im Sinne vollkommener Freimütigkeit an: hier und dort ein geschickter Schnitt, dann anheften und vernähen. Eta arbeitete direkt an meinem Körper, damit es tadellos eng anlag. Sie war eine überragende Schneiderin. Nur zweimal stach mich die Nadel, was unter diesen Umständen und in Anbetracht unseres Ziels beachtlich war. Dann trat Eta zurück und ging um mich herum. Sie verließ mich wieder, um einen großen Spiegel aus der Höhle zu holen, sodass ich mich selbst darin bestaunen konnte.
Ich erschrak vor der Sklavin, die mir das Glas offenbarte, und schaute Eta entgeistert an. Zuvor hatte ich mich noch nicht als Sklavin betrachtet. Ich war schockiert und entrüstet. Dass ich so aufzutreten vermochte, hatte ich nicht gewusst. War ich das wirklich? Kaum zu glauben. Nein, das konnte nicht ich sein! Ich blickte erneut in den Spiegel. Wie hübsch sie anmutete, diese süße Sklavin. War es möglich? Ich suchte Etas Rat. Sie nickte und lächelte. Abermals schaute ich in den Spiegel. Ich hatte gar nicht gewusst, dass ich so schön sein konnte! Andererseits hatte ich Angst, da ich zu wissen glaubte, was solche Schönheit auf der Welt bedeutete, in die ich geraten war. Welcher Mann würde sie nicht einfach in Ketten legen oder mit einem Halsreif an sich binden wollen? Ich stand verblüfft vor dem Spiegel und musterte die Sklavin.
Dann riss Eta das knappe Tuch überraschenderweise gleich unter meiner rechten Brust leicht an zwei Stellen mit der Spitze ihrer Schere ein, damit ich ein wenig Haut zeigte, und tat das Gleiche noch einmal an meiner linken Hüfte, dort allerdings mit einem längeren Schnitt. Es sollte jeweils so aussehen, als sei es versehentlich geschehen: ungewollter Verschleiß am Material. Weiterhin bemühte sie die Schere, um den Saum ebenfalls an zwei Stellen zu lösen, wo sie ihn gerade erst ein wenig geflickt hatte, was den Eindruck vermittelte, der Faden sei dort jeweils entzweigegangen. Folglich war der Saum in diesen beiden Bereichen an meinen Beinen uneben. An einer anderen Stelle schnitt sie richtig in den Saum, riss ihn auf, zupfte an den Fasern und zog sie ein bisschen auseinander, als seien sie auf natürliche Weise zerfleddert. Vereinzelte Fäden hingen an meinem Oberschenkel. Dies war der letzte Schliff, den der Sklavenlumpen zu meinem Schrecken wie Wohlgefallen noch zur absoluten Vollendung gebraucht hatte. Ich betrachtete die süße Unfreie im Spiegel. Wussten oder ahnten die Männer etwas von der weiblichen Durchtriebenheit, die im Zurechtmachen eines Sklavengewandes steckte? Sie verwandelte meine Anmut in eine Waffe, doch gab es etwas Anderes, mit dem sich eine Sklavin ausstatten konnte? Eta küsste mich, und ich küsste sie. Die Erfindungsgabe und Sorgfalt, mit welchen man das Leibchen einer Sklavin fertigt, ein dem Anschein nach sehr bedauernswertes Kleidungsstück, zählen zu den bestgehüteten Geheimnissen von Unfreien. Falls der Herr nicht begreift, weshalb die geringsten Bewegungen seines Mädchens, das nur einen Tuchfetzen zur Strafe trägt, wie er annimmt, ihn vor Lüsternheit beinahe um den Verstand bringen, geht das völlig in Ordnung. Männer müssen, wie wir uns untereinander zuweilen erinnern, nicht unbedingt alles wissen.
Ich konnte mich nicht von meinem Spiegelbild losreißen, sondern trat noch näher heran. Als ich den Saum des Leibchens am linken Schenkel ein wenig anhob, fiel ich fast in Ohnmacht wegen der detailverliebten Perfektion des Brandmals. Es war noch rot und wund, tief und nicht ganz verheilt, doch die Form ließ sich klar erkennen, unmissverständlich und plastisch, auf wunderbare Weise eingeprägt. Ich trug eines der schönsten Zeichen überhaupt am Bein: die Dina, die Sklavenblume. Damit man einen Blick darauf erhaschte, während ich ging, riss ich den Stoff an dieser Stelle links ein Stückchen weiter ein, dann kniete ich mich vor den Spiegel. Verwegen nahm ich die Haltung der Vergnügungssklavin an. Ich spreizte die Beine und legte die Hände auf meine Oberschenkel. Als ich weiter ins Glas starrte, erkannte ich eine kniende Sklavin. Es ließ sich in keiner Weise leugnen: Diejenige darin war eine Sklavin und unglaublich hübsch obendrein, das arme Ding. Sie trug ein Brandmal und einen Sklavenlumpen, aber der stählerne Halsreif fehlte ihr noch. Dieser Fehler, davon war auszugehen, ließ sich schnell beheben. Einem Mädchen einen Reif um den Hals zu legen, ist keine große Sache. Ich hob mein Haar an, schob mein Kinn nach vorne und vollzog es im Spiegel mit. Dabei stellte ich mir vor, wie ich mit einem Reif aus Stahl um den Hals aussehen würde. Dass es mich stören würde, glaubte ich nicht, bestimmt war es sogar ziemlich verführerisch. Auf Etas Reif traf dies jedenfalls zu, und zwar in nicht geringem Maße. Ich hoffte natürlich, mir aussuchen zu können, wessen Halsreif ich tragen würde, wurde mir aber gleich mit einem Schaudern der Tatsache bewusst, dass Sklavinnen diese Wahl nicht zusteht. Es ist der Mann, der aussucht; er und sonst niemand legt einem Mädchen einen Reif an. Plötzlich dämmerte mir die Tragik des Daseins einer Sklavin: Jeder Mann konnte mich besitzen: ein Beliebiger, der mich raubte oder Geld für mich bezahlte! Man würde mich vielleicht bei Nacht entführen, als Geschenk abgeben oder wider Willen beim Glücksspiel verlieren! Ich war nichts weiter als ein hübsches Stück Eigentum ohne Macht und konnte nicht beeinflussen – ebenso wenig wie ein Hund oder Schwein – in wessen Hände ich fiel. Tränen traten in meine Augen. Mein Herr würde mich doch nicht etwa verkaufen, oder? Ich wollte mit jedem Teil meiner selbst versuchen, ihm fortwährend gefällig zu sein, damit er mich nicht weggab! Welch mitleiderregendes und doch schönes Mädchen sah ich da im Spiegel, diese armselige Sklavin! Ich bedauerte sie sehr wegen ihrer Schönheit, doch wie dumm konnte ein Mann sein und so etwas Kostbares veräußern – oder selbst nur mit einem anderen teilen? Jemand mit Verstand behielt eine solche Zierde doch gewiss für sich allein und gewährte niemand anderem etwas davon. Ich trocknete meine Tränen. Das Mädchen im Spiegel war eine genaue Betrachtung wert. In seiner Gebundenheit sah es atemberaubend aus. Ich strich mein Haar zurück, hob das Kinn an und drehte den Kopf. In den Schmucktruhen in der Höhle hatte ich Ohrringe gesehen, exotische Spiralen, Drahtgeflechte und goldene Anhänger. Ich stellte mir vor, sie zu tragen; wie sie meine Wangen streiften, angemessener Flitter für eine barbarische Sklavin wie mich. Meine Ohrläppchen waren noch nicht durchstochen worden, doch ich machte mir keine Illusionen darüber, dass dieser Eingriff prompt erfolgen würde, wenn mein Herr es wünschte. Ich dachte über Kosmetikartikel und Duftflakons nach, die ich in der Höhle gefunden hatte, und siehe da: In meiner Einbildung war das Mädchen im Spiegel geschminkt und parfümiert. In der Höhle waren mir auch üppig verzierte Arm- und Fußreife, Kettchen und Halsbänder aufgefallen. Nun streckte ich die Arme aus, um meine Handgelenke zu drehen und hob ein Bein an, während ich abschätzte, wie es mir stehen würde, wenn ich mich mit so primitivem Prunk behängen würde. Mein Spiegelbild aber trug nur einen Sklavenlumpen. Wie wirkte ich wohl derart herausgeputzt, wohlriechend und schwer vor Schmuck, mit nichts außer einem kurzen Wickel Seide am Leib? Gelb oder kräftig Rot, eng anliegend und durchsichtig, bestens geeignet für die Gespielin eines Herrn?
Eta rief nach mir. Jetzt sah ich nur wieder das glanzlose Mädchen im Spiegel, die Schönheit im Sklavenleibchen. Sie trug keinen Schmuck, sondern bloß ein paar Quadratzoll Stoff, der sich straff über ihr Teuerstes spannte. Sie war keine hohe Sklavin in verschnörkelter Kleidung; sie hatte nur einen Fetzen an; sie war eine niedere Sklavin.
Ich sprang auf und lief zu Eta.
Sie kniete bereits, also gesellte ich mich zu ihr. »La Kajira«, sprach sie und meinte sich selbst. »Tu Kajira.« Dabei verwies sie auf mich.
»La Kajira«, wiederholte ich, indem ich auf mich zeigte, dann auf sie: »Tu Kajira.« Ich bin eine Sklavin, du bist eine Sklavin.
Eta lächelte. Sie zeigte auf ihr Brandmal. »Kan-lara«, erklärte sie. Meines nannte sie »Kan-lara Dina«. Ich sprach ihr diese Worte nach.
»Ko-lar«, fuhr sie fort, womit sie sich auf ihren Halsreif bezog.
»Das Wort gibt es auch auf der Erde!«, rief ich.
Sie verstand nicht, weshalb ich mich so freute. Später erläuterte man mir, dass es im Goreanischen zahlreiche Ausdrücke gibt, die Sprachen von der Erde entlehnt wurden, aber ich kenne mich zu wenig in Philologie aus, um einschätzen zu können, wie hoch der Prozentsatz ist. Gut möglich, dass sich nahezu alle goreanischen Wendungen auf die eine oder andere von der Erde zurückführen lassen. Nichtsdestotrotz handelt es sich dabei um eine flüssige, vielfältige und expressive Sprache. Fremde Elemente werden im Falle von Lehnwörtern gemäß der Linguistik generell durch die Zielsprache eingefärbt; mit der Zeit schleifen sich diese Anleihen sozusagen ein und werden zum festen Bestandteil des anderen Sprachsystems. Es gibt ja auch Fremdwörter wie »Automobil«, »Sekunde« oder »Addition«, die niemand mehr für solche hält.
»Collar!«, sagte ich.
Eta runzelte die Stirn. »Ko-lar«, betonte sie noch einmal und zeigte auf den Stahlreif an ihrem Hals.
»Ko-lar«, sprach ich und ahmte den Laut genau nach. Dies akzeptierte sie nun.
Dann zupfte sie an dem unzureichenden Tuch, das sie trug. »Ta-Teera.« Ich schaute an mir hinunter auf das empörend kurze Stück – so skandalös, so beschämend und angemessen nur für eine Sklavin – in dem ich dort kniete. Dann lächelte auch ich: Mir war eine Ta-Teera angezogen worden. »Ta-Teera«, wiederholte ich. Ich trug eine Ta-Teera.
»Var Ko-lar?«, fragte Eta.
Ich zeigte auf ihren Halsreif.
»Var Ta-Teera?«, fügte sie strahlend hinzu.
Daraufhin richtete ich den Finger auf meine knappe Kleidung. Eta wirkte erfreut. Sie hatte eine Reihe von Gegenständen nebeneinandergelegt. Mein Unterricht in Goreanisch war nun im vollen Gange.
Ich platzte stammelnd heraus: »Eta ... var ... var Bina?«
Eta schaute mich verwundert an.
Ich entsann mich der beiden Männer, die zu dem Felsbrocken mit der Kette daran gekommen waren. Var Bina! Var Bina Kajira!, hatten sie geäußert. Ich war nicht imstande gewesen, es zu übersetzen, also auch zu keiner Antwort. Deshalb hatten sie mich geschlagen, was nichts daran änderte: Ich konnte sie nicht verstehen. Dann hatten sie mir beinahe die Kehle durchgeschnitten. Nachdem der Mann in der dunkelroten Tunika über die Wiesen gekommen war, hatte er Kajira canjellne gesagt, einen Kampf provoziert und mich dabei gewonnen. Ich war in dieses Lager gebracht und gebrandmarkt worden. Jetzt besaß er mich als Sklavin.
»Var Bina, Eta?«, fragte ich.
Eta stand auf und ging zur Höhle. Wenige Augenblicke später kam sie wieder heraus. In den Händen hielt sie mehrere Perlenketten, schlichten Halsschmuck mit kleinen, bunten Kugeln aus Holz daran. Sie hatten keinen großen Wert.
Damit ich sie sehen konnte, hielt sie die Sachen hoch. Dann drehte sie die Perlen am Faden, winzig, in vielen Farben und rund.
»Da Bina«, sagte sie grinsend. Sie hielt sich die Ketten selbst vor. »Bina«, meinte sie abermals, da verstand ich, dass sich das Wort auf die Kugeln oder eine Perlenkette beziehen musste. Der Schmuck, den Eta für mich gebracht hatte, war eine Komposition an Farbe und Anziehungskraft, allerdings einfach und wohl kaum etwas wert.
Ich ging selbst zur Höhle, und Eta folgte mir. Nachdem ich den Deckel einer Kiste hochgeklappt hatte, entnahm ich eine Perlenkette, dann eine aus Gold und eine dritte, die mit Rubinen besetzt war.
»Bina?«, fragte ich jeweils.
Eta lachte. »Bana«, berichtigte sie. »Ki Bina, Bana.« Daraufhin kramte sie noch zwei Ketten aus der nächsten Truhe, eine mit billigen Glaskugeln daran, die andere wieder mit einfachen Holzperlen. Sie zeigte auf die beiden.
»Bina«, sagte sie, indem sie sie hochhielt.
Bina waren also minderwertige Schmuckstücke, Strass oder Tand mit einzig ästhetischem Charme. Tatsächlich sprach man auch, wie ich bald beigebracht bekam, abfällig als »Kajira bana« von ihnen. Übersetzen lässt es sich wohl am treffendsten als »Sklavenperlen«. Sie waren nicht kostbar, sondern boten sich hier und dort bloß als günstige Schmuckstücke an, die geknechtete Mädchen anziehen durften.
Eta und ich kehrten nach draußen zurück, um mit dem Unterricht fortzufahren.
Ich begriff immer noch nicht, was an dem Felsen mit der Kette vorgefallen war. Var Bina! Var Bina, Kajira!, hatten die Männer verlangt. Bina beziehungsweise Sklavenperlen waren ihnen mehr wert gewesen als mein Leben. Nicht ich war ihnen wichtig gewesen, sondern der Tand. Als sie eingesehen hatten, dass ich ihnen nicht bei ihrer Suche helfen konnte, wurde ich als nutzlos angesehen und wäre fast beseitigt worden. Ich erschauderte in Gedenken, wenn ich an das Messer an meiner Kehle dachte. Nur knapp war ich von dem Kämpfer gerettet worden, der mich jetzt als Sklavin besaß. Bevor ich eindeutig über das Wesen der Bina aufgeklärt worden war, hatte ich geglaubt, die Männer seien womöglich davon ausgegangen, dass ich behangen mit irgendwelchem seltenen, teuren Flitter an den Felsen gekettet worden war, etwa einem Halsreif, der ein Vermögen kostete. Vielleicht hatten sie dies gewollt. Deshalb war ich entweder nicht derart ausgestattet dort zurückgelassen worden, oder jemand hatte mich wider ihrer Erwartungen früher als sie gefunden und mir den Schmuck in meiner wehrlosen Ohnmacht einfach genommen, ihn von meinem angeketteten Leib gerissen. Zurückgeblieben war ich vielleicht nur wegen der Kette, die sich nicht ohne Weiteres losmachen ließ, oder weil mich der Dieb nicht brauchte. Hätte ich so einen Halsreif tragen sollen, erschien es mir jetzt aber unwahrscheinlich, zuvor keinen erhalten zu haben, und genauso widersinnig, dass jemand in jener Wildnis aufgetaucht war, um ihn zu stehlen, während ich angekettet dagelegen hatte. Die neue Einsicht, wie wertlos Sklavenperlen waren, beunruhigte mich zutiefst. Nun ergab es gar keinen Sinn mehr, dass die beiden so wütenden, erbitterten Männer auf der Suche nach solch trivialem Kram gewesen waren. Was mochte eine Kette mit Sklavenperlen schon bringen? Weshalb hätte man sie mir überhaupt angelegt haben sollen und wohin, falls dies stimmte, waren sie verschwunden? Wer wollte denn so etwas haben? Wieso hätte sich jemand durch die Einöde schlagen sollen, um es an sich zu nehmen? Was war so wichtig daran? Steckte ein Geheimnis dahinter? Ich verstand rein gar nichts.
Eta zog eine dicke Peitsche mit langem Griff hervor, die man beidhändig schwingen konnte. Sie bestand aus fünf herabhängenden Schnüren, weich mit jeweils breiter Angriffsfläche, die etwa ein Yard lang waren.
»Kurt«, nannte sie sie.
Ich erschrak und wiederholte das Wort: »Kurt.«
Dann zeigte sie mir mehrere aufgewickelte Ketten; dabei handelte es sich um miteinander verbundene Fesseln für Hand- und Fußgelenke und den Hals, mit einem Schloss. Sie hingen an einer glänzenden Kette zusammen, die von dem Halsreif ausging, und sah ganz reizend aus. Für einen Mann war sie zu klein, doch dass sie mir passte, und zwar perfekt, erkannte ich gleich.
»Sirik«, sagte Eta.
»Sirik«, sprach ich ihr nach.
Auf einen Befehl hin hatte ich die Ta-Teera ausgezogen.
Ich stand mitten unter den Männern.
Der Krieger hielt mich dazu an, den Bauch einzuziehen. Dies tat ich, indem ich die Muskeln fest anspannte. Dann spürte ich, wie mir der schwarze schmale Riemen umgelegt wurde. Er zog ihn fest – sehr fest – und sicherte ihn. Die Glocke hing nun an meiner linken Hüfte. Vorwurfsvoll und verärgert schaute ich meinen Herrn an. Die Schellen, die an dem Band an meinem Hals aufgereiht waren und auch einzeln auf meinen Brüsten lagen, klingelten bei jeder Bewegung. Es klang unangenehm und doch sinnlich. Zornig sah ich ihn an. Der Krieger legte mir die Hände auf den Rücken und fesselte sie mit einem weiteren Stück aus schwarzem Leder. Als er meine Arme nach hinten zog und die Gelenke zusammenband, klingelten die Glöckchen daran ebenfalls. Wie konnte er dies nur zulassen? Bedeutete es ihm nichts, dass er mir in der vorangegangenen Nacht die Unschuld geraubt hatte? Machte es ihm nichts aus, nachdem er sich stundenlang an meinem Körper abreagiert hatte? War es für ihn unerheblich, mich erobert zu haben und dass ich ihm nachgegeben, mich ihm zur Gänze unterworfen hatte? Dass ich voll und ganz und aufs Verletzlichste sein gewesen war? Ich wollte einen Schritt auf ihn zugehen, und schon klingelten die Glöckchen an meinem Oberkörper und den Gelenken erneut. Ich konnte mich nicht auf ihn zubewegen, weil mich der Krieger am Arm festhielt. Meinen Herrn bedachte ich mit einem aufgebrachten Blick. Er hockte im Schneidersitz, gemeinsam mit ein paar anderen, wenige Fuß entfernt. Eta hatte ihm Paga in einem Becher gereicht. Liebte er mich denn nicht genauso wie ich ihn? Er schaute mit zusammengekniffenen Lidern über den Rand des Gefäßes zu mir hinüber.
»Tu mir das nicht an!«, rief ich ihm verzweifelt entgegen, allerdings nicht auf Goreanisch. »Ich liebe dich!«
Obwohl er meine Sprache nicht verstand, konnten ihm die Qual, der Aufruhr und die dringliche Absicht der hilflosen Sklavin nicht entgehen, die so schamlos mit Glöckchen und Fesseln am Leib vor ihm stand.
»Ich liebe dich!«, klagte ich wieder.
In seinen Augen erkannte ich, dass ihm, als goreanischen Herrn, meine Absichten nicht interessierten. Ich schauderte. Ich war ein Kettenmädchen. Er gab ein Zeichen, und einer der Männer bei ihm schüttelte ein großflächiges, dünnes, weiches Tuch aus schwarzem Stoff aus und faltete es viermal zusammen, sodass es etwa ein Yard im Quadrat maß. Er schaute zu mir herüber.
»Ich liebe dich«, wiederholte ich.
Man warf mir das Tuch über den Kopf, wickelte einen Lederriemen vier Mal um meinen Hals und machte dann einen Knoten unter meinem Kinn. Jetzt konnte ich nichts mehr sehen. Ich war vermummt. Unter der Haube legte ich den Kopf in den Nacken und hätte heulen können.
»Aber ich liebe dich doch!«, schrie ich.
So stand ich da mit meinen Glöckchen und Fesseln; im Stich gelassen und ohne Augenlicht. Ich liebte ihn wirklich, doch in dem Moment, als man mir den Stoff übergeworfen hatte, war in seinen Augen erkennbar gewesen, dass ich für ihn, meinen Herrn, nicht mehr bedeutete als eine belanglose Sklavin.
Ich blieb stehen, ließ gequält den Kopf hängen und fürchtete mich. Die Männer lachten. Fünf würden gegeneinander antreten.
Ich hasste die Glöckchen, das zierliche Metall, das überall an meinem Körper hing, ohne dass ich es hätte loswerden können, und das sie zu mir führen würde. Sie klangen so eindringlich, vielschichtig und sinnlich. Es waren Sklavenglöckchen. Sie zogen die Männer zu meinem Leib. Ich rührte mich ein wenig, und schon klapperten sie bereits an den Strängen, auf die sie gefädelt waren. Schon eine leichte Bewegung ließ sie erklingen! Ich war gebannt durch ihr lüsternes, gar köstliches Klingeln. Objektiv mutet ihr Klang wohl recht schön an, doch ihnen wohnte eine Musik der Knechtschaft inne, die mit zartem, anmutigen Geräusch wisperte: »Kajira, Kajira.« Sie sagten: »Du bist nichts, Mädchen; du bist eine Kajira mit Glöckchen am Körper. Du bist nichts; du lebst nur zur Befriedigung der Männer. Diene ihnen gut, liebliche Kajira.« Ich schüttelte mich, damit die Schellen abfielen, aber das ging natürlich nicht. Ihr Geklimper haftete an mir, gab mich hilflos preis, verriet mich. Ich konnte kaum atmen, ohne dass sie laut wurden. Mir brach der Schweiß aus, und ich bekam noch größere Angst. Es war, als finde man sich auf einmal in Gefangenschaft wieder, verstrickt mit bedecktem Haupt in einem Netz. Keine Bewegung, die ich wagte, wurde nicht von Geklingel begleitet. Die größere Schelle, die anders klang und an meiner linken Hüfte befestigt war, hasste ich am meisten. Sie diente als Leitglocke. Ich versuchte, meine Hände vom Rücken zu nehmen. Der Krieger hatte sie zusammengebunden. Ich konnte nichts dagegen tun. Ein Schauer durchfuhr mich, und selbst dieses leichte Zittern wurde von Rascheln begleitet, das die exakte Position derjenigen angab, die behangen war: die Sklavin mit den Glöckchen am Körper.
Die Männer waren bereit.
»Bitte, Herr«, rief ich gefesselt, vermummt und mit Glöckchen versehen. »Beschütze mich, ich liebe dich! Ich liebe dich! Behalte mich für dich, Herr!«
Ich hörte die Männer lachen und sich unterhalten. Wetten wurden abgeschlossen.
Die Teilnehmer waren mittlerweile bestimmt ebenfalls vermummt worden, bloß trugen sie weder Glöckchen noch waren sie gefesselt.
Tränen klebten an meinen Wangen unter der Haube. Der Stoff war innen feucht. Ich war Judy Thornton, eine Elftklässlerin eines Elitecolleges für Mädchen, Englischschülerin und Dichterin, zartfühlend und empfindsam!
Ein Mann in meiner Nähe rief mit Begeisterung ein Wort, das »Beute« lautete, wie man mich alsbald lehrte. Im gleichen Moment bekam ich eine Peitsche zu spüren, der ich mich sogleich jammernd entzog.
Ich war eine namenlose Sklavin in einer fremden Welt, der Gnade primitiver Krieger in einem Barbarenlager unterworfen, ein Objekt zu ihrer Unterhaltung, ein reizendes Schoßtier auf zwei Beinen, ein bloßer Preis, der sich in grausamen Spielen gewinnen ließ.
Nun blieb er stehen, dieser Preis, sodass seine Glöckchen läuteten, schnaufte und warf den Kopf hektisch hin und her, als könne er etwas sehen. Ich war jedoch blind unter den Falten des Tuchs.
In der Nähe hörte ich einen Mann. Ich wusste nicht, ob es der Schiedsrichter oder einer der Wettkämpfer war. Da berührte mich die Rute abermals.
Mein Körper bebte unter dem Geklapper der Glöckchen. Ich war jedoch nur sanft gestreift worden – vom Schiedsrichter, der sich bemerkbar gemacht und mir dadurch geholfen hatte.
Ich atmete tief durch. Die Glöckchen klingelten. Ein anderer Mann kam näher, wie ich hörte, bestimmt mit ausgestreckten Händen zum Tasten, und noch einer erschien zu meiner Linken.
Ich war sehr aufgeregt.
Unvermittelt vernahm ich das Zischen der Peitsche hinter mir und spürte die erzieherische Waffe nahezu gleichzeitig – zur Erheiterung der Männer – als der Schiedsrichter mir einen raschen, kräftigen Hieb gegen mein Kreuz versetzte. Meine Augen brannten heiß vor Tränen. Es tat schrecklich weh. Man schlägt Sklavinnen oft mit einer Peitsche, wenn sie sich geringfügiger Taktlosigkeiten oder Bagatellen schuldig machen. Es handelt sich dabei um ein angemessenes Werkzeug zur Ermahnung einer Schönheit, mehr Sorgfalt und Eifer walten zu lassen, während sie ihren Dienst leistet. Ich hatte im Spiel länger als fünf Ihn gewartet, und dies war der Grund für die schmerzhafte Zurechtweisung durch den Schiedsrichter. Schon zum zweiten Mal in meinem Leben hatte ich somit die Rute zu spüren bekommen. Auf eine weitere Wiederholung wollte ich es nicht ankommen lassen, vor allem ohne mehr am Körper zu tragen als Sklavenglöckchen und eine Haube. Dass die Männer lachten, machte mich wütend, aber ich musste weinen. Zorn stellt für Sklavinnen nichts weiter als eine falsche Vorspieglung dar. Ich war schließlich keine freie Frau, deren Verdruss eine Bedeutung besaß, oder die sich womöglich gar in Worten oder Taten äußern durfte, ohne sträfliche Konsequenzen nach sich zu ziehen. Männer stehen Sklavinnen vor, sind ihre Herren. Für eine Unfreie ist Zorn zweck- und belanglos, obwohl Herren ihn zuweilen provozieren, damit ihre Mädchen rot werden und sich aus der Reserve locken lassen, was letztlich aber nichts an seiner Gegenstandslosigkeit ändert, denn sowohl sie als auch ihre Sklavinnen wissen am Ende, dass es der Herr ist und nicht sein Besitz, der die Peitsche in der Hand hält. Dies zieht wiederum nicht nach sich, dass sich Sklavinnen nicht erzürnen, denn das tun sie durchaus, bloß bleibt ihr Groll unmaßgeblich, was sie genauso begreifen wie ihre Herren.
Ich weinte. Die Züchtigung wirkt sich zwar in nicht geringem Maße auf den Körper des Mädchens aus, doch ich schätze, der psychologische Effekt, wenn die Schläge gewisse Körperteile treffen und es so zutiefst demütigen, ist vielleicht sogar erheblicher.
In Tränen aufgelöst rannte und torkelte ich durch das Lager, hörte die Männer stolpern, stürzen und wieder aufstehen, während sie mich verfolgten. Ich bekam meine Handgelenke nicht los. Einmal, als ich einem der Männer in die Hände fiel, schrie ich gequält auf. Er stieß mich von sich, und das Gelächter war groß, denn er zählte gar nicht zu den Mitspielern. Ein anderes Mal geriet ich in die Hände des Schiedsrichters, der mich wieder gegen den Stein schubste, damit ich wusste, wo ich war. Er hatte mich davor bewahrt, gegen die Felswand hinten im Lager zu laufen. Nun eilte ich wieder nach vorne. Ich bewegte mich unberechenbar, war verwirrt und furchtbar unglücklich. Ich hatte Angst davor, geschnappt zu werden, und wollte mir auch keinen weiteren Hieb durch die Rute einhandeln. Ein anderer Mann, der sich ebenfalls nicht am Spiel beteiligte, hielt mich fest, damit ich nicht ins dichte Dornengestrüpp lief, wo ich mich selbst halb in Stücke gerissen hätte. Sie kamen aus dem Lachen gar nicht mehr heraus, und nicht nur einmal hörte ich diesen oder jenen Spieler aus einer Entfernung von mehreren Yards fluchen. Tat sich dann eine Stimme aus geringerem Abstand als einem Yard auf, fuhr ich herum und floh. Als ich gegen einen der Männer lief, verlor ich das Gleichgewicht, fiel hin und rollte mit lautem Gerassel über den Boden. Dabei hörte ich, wie er auf mich zusprang und spürte gleich darauf ganz kurz seine Hand rechts an meiner Hüfte. Dann die eines anderen, die meine linke Wade streifte. Ich wälzte mich herum, kroch in Sicherheit und flüchtete rasch. Nun fand ich mich, wie es schien, umgeben von Felsen wieder; wohin ich mich auch wendete, es tat sich, warum auch immer, eine Wand vor mir auf. Ich drehte mich desorientiert und panisch um mich selbst, bis ich einen Ausweg fand und auf einmal wieder irgendwo mitten im Lager stand. Nur knapp war ich der Gefahr entgangen, mich an der Steilwand in die Enge treiben zu lassen. Schließlich ging ich dazu über, mich schlauer zu verhalten und besser achtzugeben. Noch zwei Mal im Laufe des Spiels wurde ich mit der Rute geschlagen, einmal links über dem Ellenbogen, und danach umso fester gegen die rechte Wade, als ich zu lange an einer Stelle verharrte, um kein Geräusch von mir zu geben, wobei ich nicht ahnte, dass mir der Schiedsrichter nahe war.
Dann hetzte ich wieder los und direkt in die Arme eines Kerls. Ich rechnete damit, dass er mich losließ oder wieder zu den anderen trieb, doch er umklammerte mich weiter.
»Oh nein!«, jammerte ich.
Er drückte mich fester an sich. Ich schrie und zappelte, während er mich auf seine Schulter wuchtete und herumtrug. Die anderen lachten abermals. Ich hörte, dass der Schiedsrichter dem Mann, der mich hochgehoben hatte, auf den Rücken klopfte, und ein Wort, das ich mir später als »gefasst« übersetzte. Auf der Schulter eines anderen zu liegen, vermittelt ein Gefühl von Machtlosigkeit, da man keinen Boden mehr unter den Füßen spürt; so ist man nicht in der Lage, auch nur den geringsten Vorteil zu gewinnen und ist schlichtweg gefangen. Ich hörte Rufe und weiteres Klatschen; noch mehr Schläge auf den Rücken meines Fängers. Er hob mich schließlich voller Lüsternheit über seinen Kopf, indem er meinen rechten Knöchel und meinen linken Unterarm festhielt, sodass ich krumm in der Luft hing und zur Schau gestellt wurde. Man applaudierte und klopfte sich auf die linke Schulter, doch ich hörte noch mehr: Etas freudigen Aufschrei, da sie schwer begeistert zu sein schien. Ist sie nicht meine Leidensschwester? Kann sie meine Not nicht nachempfinden?
Der Sieger, um wen auch immer es sich handeln mochte, konnte es kaum erwarten, sich Vergnügen an mir zu verschaffen, und warf mich in den Sand, als sei ich nichts. Er packte meine Fußgelenke; ich drehte den Kopf zur Seite und stöhnte. Nachdem er mit mir fertig war, lag ich immer noch gefesselt im Staub. Zuletzt nahm man ihm die Vermummung ab und führte ihn in seinem Siegestaumel davon, um mit Paga darauf anzustoßen.
Ich blieb jämmerlich heulend im Dreck liegen. Bewegte ich mich, klingelte es an meinem Leib: Sklavenglöckchen.
Wenige Augenblicke später schloss der Schiedsrichter seine Hände um meine Arme, hob mich hoch und stellte mich grob aufrecht hin. Erneut hörte ich jenes Wort, das ich später als »Beute« kennenlernte; erneut bekam ich einen unvermittelten Schlag mit der Rute, damit ich in die Gänge kam; schnell lief ich los.
Viermal behauptete ich mich an jenem Abend als Beute in diesem grausamen Spiel.
Viermal wurde ich geschnappt, rücklings auf den Sandboden in diesem Barbarenlager geworfen und dazu gezwungen, Vergnügen zu schenken. Vom wem, wusste ich nicht.