Читать книгу Die Chroniken von Gor 11 – Das Sklavenmädchen - John Norman - Страница 6

2 Das Gefolge

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Ich nahm wahr, dass mich jemand unsanft auf den Rücken drehte.

»Veck, Kajira!«, befahl eine Stimme im strengen Ton. »Veck, Kajira!« Sie klang keineswegs geduldig.

Ich blickte erschrocken und ängstlich auf, dann schrie ich vor Schmerz. Eine Metallspitze stach mich an der Stelle, wo die linke Hüfte zum Unterbauch überging. Dann wurde sie zurückgezogen, der Speer umgedreht und jemand drosch hart mit dem Holz auf meinen rechten Oberschenkel. Ich hielt mir den Mund zu. Sein Fuß, der in einer hohen, schweren Riemensandale, einer Art offenem Stiefel steckte, trat meine Hand weg. Der Kerl hatte einen Bart. Ich lag zwischen seinen Beinen und blickte entsetzt zu ihm auf.

Er war nicht allein. Ein Stück hinter ihm stand ein weiterer Mann. Die zwei trugen Tuniken, beide rot, und an der Hüfte eines jeden hing eine Scheide mit Schwert. An ihren Gürteln steckte je ein verziertes Messer. Der Mann hinter demjenigen, der über mir aufragte, hatte sich einen Schild auf den Rücken geschnallt, der aus Leder und Kupfer bestand, und er führte einen Speer, unter dessen Spitze ein dunkler, wallender Haarschweif befestigt war. Außerdem trug er eine Halskette mit den Zähnen irgendeines Raubtiers. Derjenige, der sich über mir aufgebaut hatte, legte seinen eigenen Helm und Schild beiseite. Die beiden Kopfbedeckungen waren so gefertigt, dass sie den ganzen Schädel und weite Teile des Gesichts schützten; die Form des Sichtschlitzes entsprach einem Y. Die Männer hatten langes Haar, der hintere trug einen Zopf, der mit einem schmal gefalteten Stück Stoff zusammengebunden war.

Ich rutschte zwischen den Füßen des Mannes rückwärts. Einen solchen Kerl hatte ich noch nie zuvor gesehen. Ich fühlte mich so verwundbar. Sie wirkten mächtig – und erinnerten mich an Tiere. Ich wich kriechend zurück. Die Kette an meinem Hals wog schwer. Ich hielt inne, drehte mich um und versuchte mich, so gut es ging, mit den Händen zu bedecken. Ich wagte es nicht einmal, zu sprechen.

Einer der Männer erteilte mir harsch einen Befehl, wobei er eine wütende Handbewegung machte. Deshalb hörte ich auf zu kriechen und drehte mich wieder um. Nun kauerte ich weiter am Boden. Mir kam es so vor, als betrachteten sie mich. Wie konnten sie es wagen!

Es machte mich rasend!

Dennoch wagte ich es nicht, mich zu bedecken, denn sie erlaubten es mir nicht.

Augenblicklich fühlte ich mich wieder ängstlich, und mein Zorn verrauchte. Ich fürchtete mich wirklich sehr.

Ich fragte mich, ob ich hier an diesem Ort als jemand galt, den Männer einfach so anstarren durften. Ich zog in Erwägung, dass dies in der Tat der Fall sein könnte, eben hier an diesem Ort. Der Bärtige trat näher. Ich traute mich nicht, ihm in die Augen zu schauen. So einen Mann verstand ich nicht. In meiner Welt war ich nicht darauf vorbereitet worden, dass jemand wie er existieren könnte. Er rückte mir dichter auf den Leib, als es ein Mann auf Erden getan hätte. Jeder dort, so dämmerte mir, schien in einer leeren Blase herumzulaufen, einem Schutz oder Wall beziehungsweise einem unsichtbaren Schild, schien kulturell und gesellschaftlich bedingt einen unterbewussten Abstand zu wahren, eine durch Konventionen konditionierte Grenze einzuhalten. Hinter dieser gedachten Barriere lebten wir innerhalb eines persönlichen Raumes, der nur uns allein gebührte. Er trennte uns von allen anderen; er machte unsere Individualität aus. Im Fall meines eigenen Kulturkreises auf der Erde belief sich der Radius dieses unantastbaren räumlichen Privatbesitzes auf zwei bis drei Fuß. Näher traten wir uns normalerweise nicht in meiner Gesellschaft. Dieser Mann jedoch stand nun sehr dicht vor mir – innerhalb meines Raumes. Mit einem Mal wurde mir klar, dass die Begrenzung auf diesem Planeten nichts galt. Deshalb begann ich, vor Bestürzung zu zittern. Vielleicht schien es unerheblich zu sein, dass man eine solche Sitte in dieser Welt nicht anerkannte oder respektierte beziehungsweise zumindest nicht für gegeben hielt, was mich betraf, doch genau genommen war es beileibe keine Kleinigkeit. Dass diese Vorkehrung, diese Schutzmaßnahme, hinfällig war, fand ich katastrophal. Ich tue mich schwer damit, meinen Verlust und meine Hilflosigkeit auszudrücken; auf diesem Planeten galt meine Privatsphäre nichts.

Mir fiel der schwarz glänzende breite Ledergurt auf, der quer über seine Brust verlief und von dem links an seiner Hüfte ein Schwert hing, sowie die grob gewebten, dicken Fasern seiner roten Tunika darunter. Ich wusste, falls er mich in die Arme nehmen und an sich drücken würde, würden angesichts der Stärke, über die er verfügen musste, Abdrücke jenes Gurtes und des groben Gewebes auf meinen Brüsten zurückbleiben.

Ich spürte die Spitze seines Dolches unter meinem Kinn. Es tat weh, denn er stach mich damit. Ich schrie auf und fuhr beinahe bis auf die Zehenspitzen hoch. Dann stand ich aufrecht vor ihm, so gerade wie nie zuvor in meinem Leben.

Nun trat der Mann zurück, um mich gemeinsam mit dem anderen zu untersuchen, und zwar sehr gründlich. Dabei gingen sie um mich herum. Sie unterhielten sich zwanglos, doch ich verstand ihre Sprache nicht. Obwohl mir keine Klinge mehr unter das Kinn gedrückt wurde, hielt ich es sehr hoch und zitterte. Die Kette klapperte leise, als sie in der Öse an meinem Halsreif verrutschte.

Welchen Status Frauen auf dieser Welt, wo es solche Männer gab, wohl innehielten?

Die beiden ließen sich mehrere Minuten Zeit für ihre Musterung. Sie hatten anscheinend keine Eile. Danach stellten sie sich vor mir auf, der eine wieder ein wenig hinter dem anderen, und schauten mich an.

Ich spürte, wie der Reif, schwer durch die Kette, auf mein Schlüsselbein drückte. Die Glieder führten zwischen meinen Brüsten hindurch und lagen schwer an meinem Leib. Ich blieb ganz steif.

»Bitte«, flüsterte ich, ohne meine Haltung zu verändern.

Der Bärtige kam wieder näher. Ganz unerwartet versetzte er mir mit der rechten Hand eine Ohrfeige, einen raschen und heftigen Schlag mit der flachen Hand. Dadurch wurde ich zurückgeworfen, stolperte und drehte mich, bis sich die Kette spannte, schmerzhaft an meinem Hals zerrte und mich zu Boden riss. Mein Mundwinkel war aufgeplatzt. Ich hatte das Gefühl, mein Kopf müsse explodieren, und ich schmeckte Blut.

Der Mann bellte erneut einen Befehl. Voller Panik und Qual kehrte ich an meinen Platz zurück, wobei die Kette und der Halsreif klapperten, und stellte mich wieder vor ihnen auf. Sehr gerade und mit erhobenem Haupt, genauso wie zuvor.

Abermals fragte ich mich, welchen Status Frauen auf dieser Welt, wo es solche Männer gab, wohl hatten?

Er schlug mich nicht wieder. Mein Gehorsam hatte ihm anscheinend gefallen.

Er sprach zu mir und ich suchte seinen Blick. Ganz kurz begegneten sich unsere Augen.

Ich kniete nieder.

Gab es keine Erklärung dafür, dass ich diese Haltung annahm? Doch, es war exakt das, was getan werden musste. Ängstlich, als sei es vollkommen normal, war ich auf die Knie gegangen! Wie notwendig, wie angemessen es mir erschien! Jetzt realisierte ich, dass es von mir erwartet wurde und er keinen Augenblick gezweifelt hatte, ich würde ihn dahin gehend enttäuschen.

Anscheinend aber verhielt ich mich nicht korrekt.

Zu meinem Entsetzen fielen plötzlich zornige Blicke auf mich. War ich denn dumm? Wusste ich nicht, wie man richtig kniete? Vielleicht konnte ich es einfach nicht besser. Ich wollte ihn doch wirklich zufriedenstellen.

Das mussten sie doch bemerken!

Der andere Mann stieß mich an, sodass ich mich auf meine Fersen hockte, dann nahm er meine Hände und legte sie auf meine Oberschenkel. Ich schaute auf sie hinab.

Ich bin brünett. Meine Haare sind auffallend dunkelbraun, meine Augen ebenfalls. Dazu habe ich helle Haut, bin etwa fünf Fuß und fünf Inches groß und wiege knapp hundertzwanzig Pfund. Als sonderlich üppig gelte ich zwar nicht, aber meine Figur ist keineswegs ohne Reize.

Die Männer sahen auf mich herab. Zu dieser Zeit trug ich die Haare kurz. Der Bärtige schob mir die Spitze seiner Lanze unter das Kinn, weshalb ich es weiter anhob, um den Kopf noch höher zu halten.

Mein Name lautet Judy Thornton. Ich machte gerade meinen Abschluss in Englisch und schreibe Gedichte.

Ich kniete vor Barbaren, nackt und in Ketten, und hatte schreckliche Angst.

Ich verharrte genau so, wie sie es mir gezeigt hatten, und traute mich kaum zu atmen. Ich fürchtete mich davor, nur die kleinste Bewegung zu machen, weil ich nicht wieder geschlagen werden und die beiden nicht im Geringsten erzürnen oder beleidigen wollte. Was sie bestimmt tun würden, falls sie nicht voll und ganz und absolut zufrieden mit mir waren, diese mächtigen, Respekt einflößenden Männer, die so unberechenbar, kompromisslos und primitiv anmuteten, so vollkommen anders als jene auf der Erde. Ich nahm mir vor, ihnen keinen Anlass zum Verdruss zu geben; ich beschloss, dass sie meinen umfassenden Gehorsam erfahren sollten. Deshalb kniete ich reglos vor ihnen, während der Wind die Härchen in meinem Genick streifte.

Die Männer betrachteten mich weiter. Das beunruhigte mich, aber ich bewegte mich kein bisschen.

Ich blieb so auf den Knien hocken, wie sie es mir gezeigt hatten. Dabei schaute ich geradeaus und kam nicht einmal auf die Idee, ihren Blicken zu trotzen. Nichtsdestotrotz befürchtete ich, versehentlich etwas zu tun, das sie gegen mich aufbringen würde. Ich zuckte mit keinem Muskel, mein Gewicht ruhte auf den Fersen, ich drückte den Rücken durch und behielt die Hände auf den Oberschenkeln, während ich das Kinn hob. Die Knie hingegen presste ich aus Scham fest aneinander.

Die Männer sagten wieder etwas, das ich nicht verstand.

Ich war fassungslos, als mich der eine mit der Stange seiner Lanze grob dazu zwang, die Beine zu spreizen.

Ich war Judy Thornton, eine Englischschülerin und Dichterin.

Ich musste unweigerlich aufstöhnen. In dieser Position fühlte ich mich unheimlich grazil und doch so hilflos.

Die Haltung, die ich vor ihnen angenommen hatte, so sollte ich später erfahren, war jene einer goreanischen Vergnügungssklavin.

Anscheinend befriedigt, drehten sich diese Monster irgendwann von mir weg. Ich bewegte mich trotzdem noch nicht. Sie begaben sich in die Nähe des Felsens. Wie es aussah, suchten sie dort etwas.

Auf einmal kehrte der Bärtige zurück und blieb nicht weit von mir entfernt stehen. Er sprach wieder mit mir; es klang nach einer Frage. Er wiederholte sie. Ängstlich starrte ich geradeaus, meine Augen füllten sich mit Tränen. »Ich weiß es nicht«, wisperte ich. »Ich verstehe Sie nicht, ich weiß nicht, was Sie wollen.«

Er wandte sich ab und suchte weiter. Nach einer Weile stapfte er abermals zornig auf mich zu und schaute mich an. Sein Begleiter kam ebenfalls. »Bina?«, fragte er sehr deutlich. »Bina, Kajira? Var Bina, Kajira?«

»Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen«, wiederholte ich kleinlaut. »Ich verstehe Sie nicht.«

Ich schlussfolgerte, dass sie nach dem fragten, was sie suchten. Sie hatten sich gründlich in der Umgebung umgesehen und dabei sogar lange Grashalme mit den Spitzen ihrer Speere zur Seite geschoben.

Fündig waren sie nicht geworden.

»Var Bina, Kajira?«, fragte der Bärtige noch einmal.

Ich kniete da, wie sie mich zurückgelassen hatten, mit der schweren Kette an meinem Halsreif.

»Ich weiß es nicht«, flüsterte ich abermals.

Plötzlich schlug er mir jähzornig mit dem Rücken seiner rechten Hand auf den Mund, sodass ich nach links ins Gras kippte. Der Schlag war brutal und schmerzte schlimmer als der erste, die Kraft dahinter, die Unbarmherzigkeit und Schnelligkeit war nicht zu glauben. Ich konnte nicht mehr richtig sehen und kämpfte gleichermaßen gegen die Pein, die Schwärze und das grelles Licht an. Ich verharrte mit gesenktem Kopf, auf allen vieren, auf der Wiese. Abermals schmeckte ich Blut, der Reif an meinem Hals tat weh. Ich spuckte das Blut ins Gras.

Er hatte mich geschlagen; wusste er denn nicht, dass ich eine Frau war? Er zerrte mich mit der Kette am Halsreif auf die Knie und packte mich beidhändig am Schopf.

»Var Bina, Kajira!«, brüllte er. »Var Bina!«

Ich rief: »Ich verstehe Sie nicht! Oh ...« Gequält schrie ich auf, während er meinen Kopf kräftig mit beiden Händen schüttelte. Der Schmerz war kaum auszuhalten. Vergeblich umfasste ich seine Unterarme mit meinen zierlichen Händen.

»Var Bina!«, blaffte er.

»Bitte, bitte!«, rief ich jämmerlich.

Er stieß mich vor sich nieder, sodass die Kette wieder klirrte, dann lag ich plötzlich entgeistert auf der Seite. Nachdem er das Schulterhalfter ausgezogen hatte, warf er es mitsamt dem Schwert in der Scheide beiseite und öffnete nun rasch seinen Hüftgürtel. Bevor er ihn zusammenlegte, entfernte er den Dolch mitsamt seinem Futteral, dann schlug er einmal damit in seine Hand, ängstlich drehte ich den Kopf weg, um ihn nicht ansehen zu müssen. Nun lag ich von ihm abgewandt auf der Wiese. Ich vernahm plötzlich ein Pfeifen in der Luft und schrie vor Pein auf. Wieder und wieder schlug er unbändig auf mich ein. Irgendwann hielt er inne und fragte erneut: »Var Bina, Kajira?«

Ich flehte ihn an: »Bitte tun Sie mir nicht mehr weh.«

Doch er fuhr fort. Ich zuckte zusammen, rutschte bäuchlings im Gras herum, weinte und riss an den Grasbüscheln. Vor lauter Qual begriff ich kaum, dass ich gerade verprügelt wurde! Wusste er denn nicht, dass ich eine junge Frau war?

»Bitte hören Sie auf«, rief ich. »Bitte!« Ich verschränkte die Arme über dem Kopf und presste mich auf die Erde. Jeder Hieb ließ mich erbeben. Ich hätte alles getan, damit er aufhörte. Leider wusste ich nicht, was er von mir wollte.

Endlich ließ er von mir ab, obwohl er immer noch verärgert schien. Ich versuchte gar nicht erst, den Kopf anzuheben, sondern blieb wimmernd liegen, die Hände immer noch über dem Kopf, die Ketten nach wie vor zwischen meinen Beinen, wo sie an meinem Körper entlang bis zum Halsreif führten. Ich hörte, wie er den Gürtel wieder durch das Futteral mit dem Dolch zog und ihn umlegte. Danach hob er den Schultergurt mit dem Schwert auf und zog auch ihn wieder an. Ich schaute nicht hoch, sondern blieb lieber weinend und zitternd an meiner Kette liegen. Ich hätte alles getan, was er verlangte, wirklich alles.

Einer der beiden sprach mich wieder an und stieß mich mit dem Schaft seines Speers.

Ich erhob mich auf Händen und Knien. Die Kette an meinem Halsreif erschwerte es. Abermals wurde ich mit dem stumpfen Ende des Spießes gestoßen.

Mit roten Augen – Tränen klebten an meinen Wangen und dem Oberkörper – und brennenden Schmerzen am Rücken, an den Seiten und den Beinen schob ich die Kette zurecht und kniete mich so hin, wie ich es ursprünglich getan hatte. Mein Mund blutete und ich kniete ganz genau so da wie vorher. Nur, dass man mich zuvor niedergeworfen und verprügelt hatte.

Die beiden Männer diskutierten miteinander. Als sich der Bärtige wieder näherte, erschauderte ich. Er ging vor mir in die Hocke und zog seinen Dolch aus dem Futteral: eine schmale, ungefähr sieben Zoll lange Klinge, zweischneidig und gleichmäßig geschärft. Ohne etwas zu sagen, hielt er sie mir vor das Gesicht. Der andere Mann ging hinter mir in die Hocke. Er fasste mir mit links ins Haar, zog meinen Kopf zurück und drückte den klobigen Metallreif an meinem Hals hoch bis unter das Kinn. Es schmerzte. Dadurch, dass er mich so festhielt, trat meine Schlagader hervor. Sie pochte auffällig unter dem verschließbaren Rundeisen.

»Nein!«, jammerte ich. »Nein!«

Ich glaubte, dass ich wertlos für diese Kerle war. Das feine, rasiermesserscharfe Blatt des Dolches lag weiterhin an meiner Kehle.

»Var Bina, Kajira?«, fragte der Mann. »Var Bina?«

»Bitte!«, wimmerte ich leise. »Bitte!« Ich hätte alles getan, ja, wirklich. Ich hätte ihnen alles erzählt und alles getan, was sie wollten, aber ich wusste nicht was. Mir war es einfach nicht möglich, ihnen die Information zu geben, die sie verlangten.

»Töten Sie mich nicht!«, bettelte ich. »Ich werde alles tun, egal was Sie verlangen! Nehmen Sie mich mit, behalten Sie mich als Geisel, als Gefangene! Als ... was Sie wollen! Bin ich denn nicht hübsch? Kann ich Ihnen nicht gute Dienste leisten?«

Unverhofft, irgendwo aus meinem Inneren, von dem ich gar nicht gewusst hatte, dass es so tief war, kam es mir – nein, überkam es mich, erschreckte und verblüffte mich mit meiner eigenen Sündhaftigkeit. »Töten Sie mich nicht! Ich bin sogar bereit, Ihre Sklavin zu werden! Ja! Ja! Ich bin bereit, Ihre Sklavin zu sein! Ihre eigene Sklavin! Töten Sie mich nicht! Ich werde Ihnen dienen! Lassen Sie mich Ihre Sklavin sein! Ich bitte darum, Ihre Sklavin sein zu dürfen!«

Ich erschauderte vor Grauen, vor Empörung und wegen der Schmach dessen, was ich gerade gesagt hatte. Dann jedoch flüsterte ich tollkühn, verzweifelt und dennoch selbstbewusst, resolut und ohne zu leugnen, während ich nach oben schaute, weil er mir den Kopf mit den Händen in meinen Haaren nach hinten zog.

»Bitte töten Sie mich nicht. Jawohl, ich bin sogar gewillt, Ihre Sklavin zu sein. Ja, ich, Judy Thornton, werde zu Ihrer Sklavin. Ich, Judy Thornton, bitte darum, Ihnen als Sklavin dienen zu dürfen. Bitte, bitte, lassen Sie mich Ihre Sklavin sein!« Ich bemühte mich zu lächeln. »Versklavt mich, meine Herren!«

Ich erschreckte mich zutiefst darüber, dass ich sie Herren genannt hatte. Aber dennoch kam es mir andererseits sehr normal vor, weil ich ein Mädchen war und somit gefällige Beute für ihresgleichen – natürliches Raubgut und Beute für Männer wie sie, die ihrerseits, wie ich spürte, von Natur aus, kraft des dunklen Gesetzes der Biologie, Herren über meinesgleichen waren.

»Bitte, meine Herren«, wisperte ich.

»Var Bina, Kajira?«, fragte der eine.

Leidvoll stöhnte ich auf. Ich wusste nicht, ob ihnen, so erhabenen und starken Herren, so hübsche Frauen wie ich, vielleicht sogar noch hübschere zugänglich waren. Auf der Erde hatte man mich als Schönheit erachtet. Als ungewohnt, sogar betörend schönes Mädchen, doch auf Gor, so sollte ich bald begreifen, konnte man mich genauso wie andere, die so waren wie ich, für eine Handvoll Kupfertarsks kaufen oder verkaufen. Uns wohnte nichts Besonderes inne. In vielen Häusern wurden wir als Mägde und Küchenmädchen, gemeinsam mit den Töpfen, verwahrt. In der elften Klasse war ich an meinem Elitecollege die Schönste gewesen. Während meiner gesamten Schulzeit hatte es nur eine gegeben – zumindest hatte ich es so gehört – die liebreizender gewesen war als ich, nämlich Elicia Nevins aus der Oberstufe in Anthropologie. Wie ich sie gehasst hatte! Wir waren erbitterte Rivalinnen gewesen.

Ich spürte, wie sich die Dolchspitze tiefer in die äußere Hautschicht an meiner Kehle drückte. Er war drauf und dran, sie mir durchzuschneiden. Ich spürte durch den Stahl der Waffe, wie der Mann Hand und Arm anspannte, um den Ellenbogen zu beugen. Er wollte mich töten.

Doch dann hielt er inne und ließ mit der Klinge von meinem Hals ab. Der Bärtige schaute von mir weg über das Feld. Dann bemerkte auch ich, dass er etwas gehört hatte: eine singende Männerstimme, arglos in einer melodischen, sich wiederholenden Weise.

Wütend stand der Bärtige auf, steckte den Dolch ein und nahm Schild und Speer wieder zur Hand. Sein Gefährte hatte schon zu seiner Ausrüstung gegriffen und sogar den Helm angezogen. Er beobachtete, wie der Sänger nahte, während er die Stange in seiner Rechten balancierte. Der Bärtige setzte seinen Helm noch nicht auf, sondern blieb dicht davor stehen. Ich stützte mich auf Händen und Knien im Gras ab. Die Bewegungen fielen mir schwer und ich erbrach mich auf die Wiese. Ich zog an Halsreif und Kette, aber vergeblich. Hätte ich bloß davonlaufen oder fortkriechen können, doch nein, ich war an Ort und Stelle gebannt.

Wie betäubt hob ich den Kopf. Der Sänger näherte sich gemächlich mit gleichmäßigen Schritten. Er wirkte heiter und bemühte seine klangvolle Stimme für ein schlichtes Lied, als erfreue er sich daran, lange Wegstrecken zu laufen. Sein schwarzes Haar war zottelig, seine Kleidung ebenso leuchtend scharlachrot wie jene der beiden Männer, und auch seine Ausstattung ähnelte der ihren: ein Kurzschwert, das von einem Schultergurt an seiner rechten Hüfte hing, ein Messer in einem Futteral an einem Hüftgürtel und robuste Sandalen, die auch als Stiefel durchgehen würden. Den Speer auf seiner linken Schulter hielt er mit einer Hand im Gleichgewicht, und von der Spitze baumelten an seinem Rücken ein Schild und ein Helm. Über die rechte Schulter hatte er sich eine Tasche gehängt, in der wahrscheinlich seine Wegzehrung steckte. Ein Trinkschlauch, vermutlich mit Wasser gefüllt, war ebenfalls am Gürtel befestigt, links hinter der Scheide, die vom Schultergurt herabhing. Er stolzierte singend und freudestrahlend durch das hohe Gras. Obwohl er den anderen Männern äußerlich mit seiner vergleichbaren Tunika ähnelte, reagierten die beiden auf eine Weise, die andeutete, dass ihnen sein Auftauchen äußerst ungelegen kam. Der Schnitt seines Rocks unterschied sich ein wenig von jenem der ihren: An der linken Schulter prangte ein Zeichen, das bei ihnen fehlte. Während ich dem wenig Bedeutung zumaß, würden diejenigen, die um die Hintergründe wussten, es wahrscheinlich für sehr wesentlich halten. Ich zog an der Kette. Niemand achtete mehr auf mich. Wäre ich frei gewesen, hätte ich mich davonstehlen können. Ich stöhnte vor mich hin. Für mich galt es nun, geduldig zu sein.

Zwanzig Yards vor uns hielt der Sänger inne und verstummte. Er blieb grinsend auf der Wiese stehen. Den Speer in seiner Linken hatte er jetzt mitsamt seinen Anhängseln aufgerichtet, während er ausgelassen mit rechts winkte, wobei die Handinnenfläche auf ihn selbst zeigte. »Tal, Rarii!«, rief er uns voller Begeisterung zu.

»Tal, Rarius«, antwortete der Bärtige.

Der Neuankömmling zog den Schlauch von seinem Gürtel und setzte auch die Tasche ab, die er trug. Der Bärtige wedelte unwirsch mit einem Arm in der Luft und sprach im strengen Tonfall. Es war anscheinend eine Aufforderung für den anderen zu verschwinden. Dabei zeigte er auf sich und seinen Begleiter. Der Sänger lächelte immer noch, stellte den Speer auf die Erde und löste Helm und Schild davon. Als der Bärtige daraufhin seinen aufsetzte, sah man fast nichts mehr von seinem Gesicht.

Der Neuankömmling führte seinen Schild am linken Arm, während er den Speer gemeinsam mit seinem Helm locker an den Bändern in der Rechten hielt, und näherte sich lässig. Wieder wollte ihn der Bärtige mit Gesten verscheuchen und sprach harsche Worte, doch der Fremde grinste bloß.

Dann unterhielten sie sich alle drei. Ich verstand kein Wort. Der Sänger bewahrte Ruhe und klopfte sich einmal lachend auf den Oberschenkel. Die beiden anderen Männer hörten sich immer aggressiver an. Der Bartlose schüttelte irgendwann seinen Speer.

Der Neuankömmling ging nicht auf ihn ein, sondern schaute an beiden vorbei zu mir herüber. Dann stellte sich, wie ich es zuvor aufgrund meiner Angst nicht wahrgenommen hatte, eine eigentümliche physiologische Reaktion ein, deren Opfer ich gerade eben geworden war, als ich die übermächtigen Männer angefleht hatte, ihre Sklavin sein zu dürfen. Nicht nur Entsetzen hatte meine Emotionen zu jenem Zeitpunkt bestimmt, sondern, damit verbunden, auch eine befremdliche, fast hysterische Entspannung, eine Erleichterung von aufgestauten Empfindungen. Mir waren Worte über die Lippen gekommen, die zu äußern ich mir nie erträumt hätte und die sich nun nicht mehr ungeschehen machen ließen. Mir wurde bewusst, dass ich mich als Sklavin angeboten hatte. Sicher, ich war ängstlich gewesen, doch insgeheim beschlich mich die Ahnung, es nicht nur gesagt zu haben, um meine Haut zu retten. Natürlich wollte ich unbedingt am Leben bleiben! Natürlich hätte ich alles dafür getan! Trotzdem störte es mich, was ich bei dieser Äußerung gespürt hatte, es erschütterte mich bis ins Mark. Mit jenem Schrecken einhergegangen waren die Entfesselung unterdrückter Instinkte, Freude wegen meines Geständnisses und eine Verzückung vor lauter Offenheit, Authentizität und Ehrlichkeit. Dass ich mich gefürchtet und händeringend versucht hatte, mein Leben um jeden Preis zu bewahren, war zweifellos sowohl der Grund als auch eine stimmige Rechtfertigung des Gesagten, bloß erklärte meine Furcht nicht das wilde, nicht aufzuhaltende Bekenntnis und die Enthemmtheit, die ich gespürt hatte. Weder den Sog der Glückseligkeit noch die Hingabe und Kapitulation vor mir selbst sowie meinen Instinkten, die mich so durcheinandergebracht und erregt hatten. Der Schreck an sich war irrelevant und nicht einmal notwendig gewesen. Einzig die Beschaffenheit meiner Gefühle in dem Moment zählte, an dem ich jene erhabenen Männer darum gebeten hatte, meine Herren zu werden. Durch das Verlangen nach der Kette und dem Eisen schien ich unzählige unsichtbare Ketten abgeschüttelt zu haben, durch die ich von mir selbst zurückgehalten worden war; Ketten aus Eisen, von denen ich geglaubt hatte, sie bänden mich an die Wahrheit meiner selbst, ohne mir zu ermöglichen, nach dem zu streben, was ich angeblich nicht sei und von Herzen auch gar nicht sein wollte. Nun stellte ich das eigentliche Wesen der Frau infrage. Nun wusste ich, dass mich all die Emotionen zuvor nicht bloß geängstigt hatten; ich war mir befreit und glücklich vorgekommen – seltsam erregt trotz meiner Verstörung in jenem Augenblick. Nie zuvor in meinem Leben hatte ich mich so erotisch aufgeladen, so aufgestachelt gefühlt wie bei der Bitte, dass mich diese Männer versklaven sollten. Jetzt erwiderte ich den Blick des Neuankömmlings. Ich schauderte. Schlagartig wurde mein nackter Körper in Ketten durchtränkt von Begierde. Womöglich hatte der Mann schon die Körper zahlreicher Frauen genossen. Er grinste mich an und ich errötete vor Zorn wegen dieser dreisten Wertschätzung meines entblößten Leibes und senkte deshalb den Blick. Ich kochte vor Wut. Für was hielt er mich denn: ein angekettetes Sklavenmädchen, dessen Zierde demjenigen gebührte, der am stärksten und mächtigsten war, dem mit der schnellsten Schwerthand oder dem höchsten Bieter?

Er zeigte auf mich und erhob das Wort. Danach sprach der Bärtige wieder aufgeregt und winkte, um den Sänger zum Aufbruch zu ermahnen. Dieser aber lachte nur wieder. Der Bärtige fügte etwas hinzu und verwies dabei auf mich. Er klang abschätzig, was mich erneut in Rage versetzte. Der Neuankömmling betrachtete mich eingehender aus der Ferne und rief mir etwas zu. Seine Worte kamen mir bekannt vor. Es waren jene, die auch der andere Mann nach meiner Züchtigung gesprochen hatte, als er mich mit dem Schaft angestoßen hatte, damit ich mich wieder vor die beiden kniete, erniedrigt und verprügelt, bevor mir der Dolch an die Kehle gehalten wurde. Nun warf ich den Kopf zurück und ging im Gras auf die Knie, während die Kette vom Halsreif vor mir herabbaumelte. Ich hockte mich wieder auf die Fersen, richtete mich betont gerade auf und legte die Hände auf die Oberschenkel, hielt das Kinn hoch und schaute geradeaus. Dabei schob ich die Schultern zurück und drückte die Brust heraus. Auch wie ich die Knie ausrichten musste, vergaß ich nicht: Ich spreizte die Beine, so weit ich konnte – auf Wunsch der Männer hin, wie ich wusste. Erneut nahm ich vor ihnen jene grazile und doch hilflose Stellung ein, die sie einer Frau aufzwingen durften und die, wie ich alsbald erfahren sollte, jene einer goreanischen Vergnügungssklavin entsprach.

Der Sänger äußerte sich nun mit einem nachdrücklichen Tonfall und der Bärtige und sein Begleiter konterten verärgert. Am Rande meines Gesichtskreises sah ich, dass der Fremde wieder auf mich zeigte und weiterhin grinste. Ich zitterte und ekelte mich. Er forderte mich für sich ein! Er gab ihnen zu verstehen, dass sie mich an ihn abtreten sollten! Dieses Monster! Wie ich ihn hasste ... und wie sehr ich mich gleichzeitig darüber freute! Die Männer lachten, während ich Ängste ausstand. Sie waren zu zweit, er alleine! Am besten ergriff er wohl die Flucht. Er sollte um sein Leben rennen! Ich blieb weiterhin angekettet auf meinen Fersen sitzen.

»Kajira canjellne!«, rief der Sänger. Während er entschlossen mit seinem Speer auf mich zeigte, schaute er die beiden anderen an. Jetzt ließ er sie nicht mehr aus den Augen.

Der Bärtige starrte ihn finster an. »Kajira canjellne«, stimmte er zu.

»Kajira canjellne«, wiederholte auch sein Gefährte trocken.

Der Neuankömmling trat ein paar Schritte zurück, ging in die Hocke, zupfte einen Grashalm ab und fing an, darauf herumzukauen.

Der Bärtige kam zu mir herüber. Er zog zwei jeweils ungefähr achtzehn Zoll lange Stücke aus dünnem geknüpftem Schwarzleder unter seiner Tunika hervor und kauerte sich dann hinter mir nieder. Anschließend zog er mir die Arme auf den Rücken, verschränkte sie und band sie fest zusammen. Das Gleiche tat er auch mit meinen Füßen, die ebenso nachdrücklich verschnürt wurden. Das geknüpfte Leder schnitt tief in die Haut an meinen Gelenken ein. Ich zuckte zusammen und konnte doch nichts dagegen unternehmen. Daraufhin griff er mit der linken Hand von hinten in mein Haar, und ich bekam mit, wie er einen schweren Schlüssel, den er ebenfalls aus seinem Rock gezogen haben musste, in das große Schloss an dem Reif unterhalb meines linken Ohrs steckte. Das massive Metall und die Schließvorrichtung stachen in die linke Seite meines Halses. Als er den Schlüssel umdrehte, hörte ich, wie der Riegel aufsprang. So laut, wie es klang, musste es sich um einen klobigen, schwerfälligen Mechanismus handeln.

Nachdem er den Schlüssel in die Wiese fallen gelassen hatte, zerrte er mit beiden Händen an dem Reif, um ihn zu öffnen. Auch ihn ließ er mit der daran befestigten Kette ins Gras fallen. Jetzt war ich das Ding endlich los! Ich blickte darauf hinab, nun sah ich es zum ersten Mal. Wie ich es geahnt hatte, passten Reif und Kette perfekt zueinander. Ersterer war klobig, rund geformt und aus unbeschichtetem Eisen. Er war mit einem Schließgelenk versehen, praktisch, auf Funktionalität ausgerichtet und Furcht einflößend. Er verfügte über eine Klammer und eine steife Öse, in welche ein Glied der Kette gehakt worden war. Der Durchmesser dieser Öse betrug etwa zweieinhalb Zoll.

Er hatte mir den Reif abgenommen! Aber jetzt war ich wehrlos gefesselt. Ich zerrte an den Lederriemen, aber das brachte nichts.

Der Bärtige hob mich hoch in seine Arme, als sei ich nur ein Fliegengewicht. Allem Anschein nach wollte er dem Fremden eine Gelegenheit zum Rückzug geben. Lag hier vielleicht ein Irrtum vor? Eventuell handelte es sich nur um ein Missverständnis.

Der Neuankömmling hockte, mit dem Schild neben sich, im Gras und hatte seinen Speer aufgerichtet, sodass die Spitze gen Himmel zeigte und nickte. Nein, es war kein Irrtum.

»Kajira canjellne«, bemerkte er lapidar.

Der andere Mann stellte sich verärgert ein wenig abseits auf. Dort hielt er den Speer auf die Erde und zeichnete aufgeregt mit der Spitze einen Kreis ein. Dieser besaß einen Radius von annähernd zehn Fuß. Daraufhin wuchtete mich der Bärtige über seine Schulter und trug mich zu dem Kreis. Ich wurde in der Mitte fallen gelassen, wo ich gefesselt auf der Seite liegen blieb.

Die Männer besprachen sich, als wenn sie ihr weiteres Vorgehen festlegen wollten. Lange dauerte es nicht. Ich raffte mich auf und kniete schließlich innerhalb des Zirkels.

Der Fremde erhob sich wieder. Er zog seinen Helm an, steckte einen Arm in die Schlaufen seines Schildes und passte sie an, dann zog er das Kurzschwert an seiner linken Hüfte ein paar Zoll weit heraus, steckte es aber gleich wieder ein. Er konnte es anheben und zurückrutschen lassen, also steckte es nur locker darin. Zuletzt nahm er den Speer zur Hand. Dessen Schaft war ungefähr sieben Fuß lang und mit einer Dicke von etwa zwei Zoll sehr stabil. Der Kopf der Waffe maß zusammen mit der Fassung, mit welcher er verschraubt war, rund zwanzig Zoll; seine tödlich scharfen Kanten begannen knapp zwei Zoll oberhalb der Befestigung, die ihn zusätzlich versteifte, und liefen zweischneidig bis auf acht Zoll unterhalb der Spitze zusammen. Das Blatt bestand aus Bronze, breit am Ansatz und nach oben hin immer schmaler werdend. In Anbetracht der Robustheit der Waffe, der geringeren Schwerkraft auf diesem Planeten und der Stärke ihres Besitzers rechnete ich damit, dass sie durchschlagende Wirkung zeigte. Dass die Schilde dieser Männer, so dick sie auch sein mochten, einen frontalen Stoß mit voller Wucht verwinden konnten, bezweifelte ich; bestimmt ließ sich ein solcher Speer bis zu einem Viertel seiner Länge in den Körper eines Gegners treiben, womöglich sogar bis zur Hälfte, wenn es sich um eine Frau handelte, deren Leib schmächtiger und zarter war. Ich betrachtete die Waffe; sie beeindruckte mich zutiefst und ich fürchtete mich vor ihr. Meine beiden Fänger beratschlagten sich kurz untereinander. Der Bartlose trat mit seinem Schild am Arm und dem Speer in der anderen Hand vor, er stand dem Fremden nun in einer Entfernung von rund vierzig Fuß gegenüber.

Ich beobachtete die zwei. Sie verharrten reglos im Gras – jeder war in Rot gekleidet, behelmt und mit ähnlichen Waffen ausgestattet. Keiner von ihnen würdigte mich eines Blickes, man hatte mich komplett vergessen. Ich kniete in dem Zirkel und versuchte, mich zu befreien, konnte es aber nicht. Schließlich gab ich es auf.

Die Gräser der Wiese wiegten sich im Wind und die Wolken zogen am blauen Himmel vorbei.

Lange Zeit rührte sich keiner der Männer, dann hob der Fremde unvermittelt seinen Speer, lachte und rammte ihn in die Erde. »Kajira canjellne!«, wiederholte er heiter.

Kaum zu fassen, er freute sich. Ihm gefiel die Aussicht auf einen Kampf. Wie fürchterlich er war! Wie stolz, wie prachtvoll! Jetzt glaubte ich nicht ohne Grauen, die Wesensart der Männer zu begreifen.

»Kajira canjellne!«, rief der andere Mann.

Dann fingen sie an, einander vorsichtig zu umkreisen.

Ich wartete voller Furcht, nackt und gefesselt auf meinen Knien, in dem Zirkel. Ich beobachtete, wie die beiden vorsichtig ihre Kreise zogen. Ich zerrte an meinen Fesseln, kam aber nicht dagegen an.

Plötzlich und wie in gegenseitigem Einvernehmen brüllten beide, stießen einen unbändigen Schrei aus und stürzten aufeinander zu.

Es handelte sich um das Ritual des Speerwerfens.

Der Speer meines Fängers schien in die Höhe fortzuspringen, als er vom schräg erhobenen Schild des Fremden abprallte. Die abgewehrte Waffe trudelte über hundert Fuß weit und blieb unbrauchbar in der Ferne fest in der Wiese stecken, während der Schaft in Richtung Himmel zeigte. Der Sänger hingegen hatte den Schild seines Gegners durchbohrt und hob ihn nun damit hoch, indem er die Stange zwischen Arm und Oberkörper presste. Dann drehte er sich um und warf den Mann, der keine Zeit gehabt hatte, seinen Arm aus den Schlaufen zu ziehen, vor sich auf den Boden. Schnell hatte der Fremde sein Schwert aus der Scheide gezogen und hielt es dem Gegner unter dem Helm an die Kehle.

Er schnitt ihm aber nicht die Kehle durch, sondern trennte stattdessen die Schlaufen am Schild des Mannes auf, damit dieser den Arm wegziehen konnte. Daraufhin trat er zurück. Nachdem er seinen eigenen Schild in das Gras geworfen hatte, blieb er mit gezückter Klinge stehen und wartete.

Der andere nahm sich zusammen und stand auf. Er war fuchsteufelswild. Auch er zog sein Schwert, stürmte auf den Fremden zu und im Nu war ein Zweikampf im Gange.

Ich kniete wie vom Blitz getroffen da und zitterte vor Schreck. Sie widersprachen dem Menschenbild, das ich kannte, vollkommen, dies hier waren Krieger und Bestien.

Ich schrie laut vor Angst.

Vor Metallklingen, selbst vor Messern, hatte ich mich von jeher gefürchtet. Jetzt kniete ich nackt und gefesselt, hilflos und äußerst bloßgestellt, sodass man mich ohne Weiteres verwunden konnte, in der unmittelbaren Nähe von rauen, fähigen und kräftigen Kerlen, die sich in böswilliger Absicht mit scharfem, blanken Stahl den Grausamkeiten der Kriegskunst hingaben.

Sie fochten miteinander.

Ich schaute zu, wehrlos und mit großen Augen. Sie trugen ihren Streit mit gnadenloser, pointierter Präzision aus.

Sie taten es nur wenige Fuß vor mir. Ich jammerte.

Vorwärts und rückwärts, flink waren sie in ihrem grimmigen Schlagabtausch.

Zu welcher Art Mensch sollte ich sie zählen? Jemand wie sie war mir gewiss noch nie untergekommen. Wieso hatten sie keine Angst vor solchen Waffen? Warum flüchteten sie nicht? Stattdessen traten sie gegeneinander an und kämpften. Ich fürchtete mich vor solchen Männern und tue es nach wie vor. Was bleibt einer Frau anderes übrig, als zitternd vor diesen Kerlen niederzuknien?

Der eine wich mit einem Grunzen zurück, vollzog eine Drehung und fiel im Gras auf die Knie, wo er seitwärts umkippte und schmerzverzerrt auf einer Schulter liegen blieb. Er fasste sich mit einer Hand an den Bauch, aus dem Blut quoll, und seine Waffe lag irgendwo in der Wiese.

Der Fremde entfernte sich von ihm. An seiner Klinge klebte Blut. Er blieb stehen und fasste den übriggebliebenen Mann – den Bärtigen – ins Auge.

Dieser riss schnell seinen Schild und seinen Speer hoch. »Kajira canjellne!«, rief er.

»Kajira canjellne!«, entgegnete auch der Fremde. Er schickte sich an, den Speer aus dem kaputten Schild des Mannes zu ziehen, mit dem er sich nur wenige Momente vorher bekriegt hatte. Der Gefallene lag gekrümmt im Gras und seine Unterlippe war blutig, weil er mit den Zähnen darauf biss, um nicht vor lauter Qual aufzuheulen. Dabei krallte er sich an seiner mit Blut durchtränkten Tunika fest und ballte den Stoff am halb zerschnittenen Gürtel mit der Faust zusammen. Ringsum am Boden bildete sich eine Blutlache.

Der Fremde bückte sich, um den durchstoßenen Schild aufzuheben und die Bronzespitze seiner Waffe herauszuziehen.

In diesem Augenblick brüllte der Bärtige erbost auf und rannte mit erhobenem Speer auf ihn zu. Bevor ich überhaupt mit Schrecken reagieren oder mich rühren konnte, bemerkte der Fremde es, wälzte sich am Boden zur Seite und war im Nu wieder aufgesprungen, um in Stellung zu gehen. Als mir ein Schrei entglitt, hatte die Spitze des Speeres des Bärtigen den Helm des Gegners bereits linker Hand verfehlt. Der Fremde war nicht in der Nähe des durchbohrten Schildes geblieben, sondern hatte ihn einfach liegen lassen. Zum ersten Mal wirkte er verdrießlich. Der Speer des Bärtigen steckte in der Erde, die Spitze und ungefähr ein Fuß des Schafts waren darin versunken. Er stellte sich dem Fremden nun mit gezogenem Schwert. Kaum dass sein Angriff fehlgeschlagen war, hatte er die Stichwaffe losgelassen, sich umgedreht und die Klinge gezückt. Er sah blass aus, der Konter des Fremden ließ auf sich warten. Er verharrte aufmerksam in wehrhafter Haltung. Mit seiner Waffe zeigte er an, dass der Kampf jetzt zwischen ihnen beiden weitergehen würde.

Mit einem wütenden Schrei preschte der Bärtige los und stieß mit dem Schild nach vorne, während er zu einem niedrigen Hieb mit der flachen Seite des Schwerts ansetzte. Die Aktion schlug fehl. Noch zweimal wagte er einen Angriff, doch der Fremde befand sich unerklärlicherweise nie an der Stelle, wo er ihn eigentlich hatte treffen wollen. Beim vierten Versuch stand der Kerl schließlich links hinter ihm und schob ihm das Schwert unter die linke Achselhöhle. Da erstarrte der Bärtige und erblasste abermals. Der Fremde zog sein Schwert zurück und ließ von ihm ab. Daraufhin glitt dem Bärtigen der Schild vom Arm, denn die Schlaufe am Oberarm war zerschnitten. Der Schild schlug mit der Kante am Boden auf und kippte dann rotierend um, bis er still liegen blieb. Ein breites Rund, dessen gewölbte Innenfläche schief nach oben zeigte. Ich konnte die durchschnittene Schlaufe deutlich sehen.

Die beiden Männer stellten sich voreinander auf. Dann setzten sie ihren Kampf fort.

Erst jetzt fiel mir auf, wie behände der Fremde war. Vorher hatte ich es gar nicht mitbekommen, zumal er mit seinem ersten Gegner eine Weile gleichauf gewesen war. Flink, aber auf bemessene Art und Weise hatte er sich behauptet, entschlossen und souverän, mit Respekt vor dem Feind. Aber ohne seine Fertigkeiten mit der Klinge vollständig preiszugeben, die verheerende und doch feinfühlige Gabe, mit welcher er dem schnittigen Stahl nun schreckliches Gewicht zu verleihen schien. Ich sah den Verwundeten und beobachtete mit Grauen, wie er sich auf einen Ellenbogen stützte. Er war gar nicht umgebracht worden; als er im blutgetränkten Gras lag, wurde ihm bewusst, dass der andere ihn verschont hatte. Mit erniedrigendem Geschick war der Fremde mit dem stolpernden, blassen Bärtigen umgesprungen, der sich nur Minuten zuvor darauf vorbereitet hatte, mir die Kehle durchzuschneiden. Während ich gefesselt in dem Kreis kniete, dämmerte mir schlagartig und mit bestürzender Erleichterung, dass der Fremde die beiden vorführte. Viermal hatte er die Verteidigung des einen durchbrochen und hätte ihm in die Brust oder den Hals stechen können, was jedoch nicht geschehen war. Er lotste den Bärtigen zu seinem fallen gelassenen Schild und ließ ihn davor stehen bleiben. Dann drängte er ihn mit einem Schrei zurück, sodass dieser rücklings über den Schild fiel und vor dem Fremden in der Wiese lag. Der hielt ihm sein Schwert an den Hals, trat aber dann mit verächtlicher Miene zurück. Der Liegende raffte sich wieder auf, während der Fremde erneut in einer Haltung verharrte, die suggerierte, dass er auf der Hut war.

Der Bärtige nahm seine Waffe und schleuderte sie ins Gras. Sie blieb bis zum Heft im Boden stecken. Dann stand er da und schaute den Fremden an. Dieser schob das Kurzschwert zurück in seine Scheide. Sein Gegenüber öffnete den Gürtel, an dem sein Dolch hing, und ließ beides in die Wiese fallen. Danach begab er sich langsam zu seinem Gefährten und zog auch ihm den Hüftgürtel mit der Waffe aus. Der Verletzte drückte seine nasse Tunika auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen. Der Bärtige half ihm auf die Beine, woraufhin die beiden, indem einer den anderen stützte, das Feld verließen.

Der Fremde blieb stehen und schaute ihnen dabei zu, bis sie in der Ferne verschwunden waren. Dann zog er seinen Speer aus dem Schild, den er durchstoßen hatte, und steckte ihn aufgerichtet mit dem Schaft in die Erde, sodass er aussah wie eine Standarte auf einem Schlachtfeld. Seinen Schild stellte er dagegen. Dann drehte er sich zu mir um.

Ich kniete in dem breiten Zirkel, den der eine mit der Spitze seines Speers in den Boden eingezeichnet hatte. Ich war nackt, schutzlos, gefesselt und befand mich in einer unbekannten Welt.

Er machte sich auf den Weg zu mir, ganz langsam. Ich erstarrte vor Angst.

Schon stand er vor mir.

Nie zuvor hatte ich solche Angst verspürt. Wir waren allein, es gab nur ihn und mich.

Er betrachtete mich. Ich drückte die Stirn auf den Boden zu seinen Füßen. Er blieb stehen, ohne sich zu bewegen. Auf unheimliche Weise war ich mir seiner Anwesenheit bewusst. Ich erwartete, dass er mit mir sprach, dass er irgendetwas zu mir sagte. Er musste doch nachvollziehen können, wie sehr ich mich ängstigte! War meine umfassende Verletzlichkeit denn nicht anhand meines verschnürten Leibes ersichtlich? Ich wünschte mir irgendein aufbauendes Wort von ihm – egal was, Hauptsache freundlich, eine umsichtige, sanfte Bemerkung, um mir die Angst zu nehmen. Ich zitterte. Er sprach nicht.

Ich hob den Kopf nicht hoch. Warum redete er nicht mit mir? Jeder schickliche Mann hätte gewiss mittlerweile eine beschwichtigende Formulierung gefunden, die Augen von meiner Scham abgewendet und sich beeilt, mich aus meiner Zwangslage zu erlösen.

Er nahm seinen Helm ab und legte ihn neben sich auf die Wiese.

Ich spürte seine Hand an meinem Schopf, nicht grob, sondern eher beiläufig, aber doch fest, wie man zum Beispiel die Mähne eines Pferdes anfasste. Dann zog er meinen Kopf nach oben und bog ihn zurück, weshalb ich, während er meine Haare mit links festhielt und seine Rechte auf mein Knie legte, den Boden mit dem Kopf berührte, indem ich mein Kreuz schmerzhaft hohl machen musste und ängstlich gen Himmel blickte. Daraufhin betrachtete er mich in meiner gebeugten Pracht; ich bilde mir durchaus etwas auf meine Schönheit ein. Dann stieß er mich auf die Seite und streckte mich aus, um meine Haltung zu bewerten. Ich lag auf meiner rechten Schulter, er ging um mich herum, während er mich musterte, trat mir gegen die Füße, damit ich die Zehen streckte und meinen Körper länger machte. Letztlich kauerte er neben mir nieder und fasste an meinen Hals. Er rieb mit dem Daumen über einen Kratzer, den ich mir zuvor durch mein törichtes Nesteln an dem Reif zugezogen hatte. Es brannte, war aber nur eine Schürfwunde. Er befühlte meinen Oberarm, dann den Unterarm und die Finger, indem er sie einzeln bewegte. Beherzt fuhr er mit beiden Händen über meinen Körper, um meine Kurven zu erfassen. Damit er meinen Atem spüren konnte, hielt er mich einige Momente lang am Rücken und einer Seite fest. Er tastete meine Schenkel ab und beugte meine Beine, wodurch sich die Rundungen meiner Waden veränderten. Ein anständiger Mann hätte so etwas nicht getan. Nie zuvor hatte mich jemand so behandelt oder berührt; kein Mann auf Erden, dessen war ich mir sicher, wäre darauf gekommen, eine Frau so zu berühren. Ich kam mir vor wie ein Tier – leichtfertig, klinisch und professionell examiniert. Hielt er mich für ein Tier, einen schlichten, goldigen Schoßhund? Begriff er nicht, dass ich ein Mensch war? Ein Mensch von Stand und Klasse, eine ausgezeichnete Schülerin an einem Elitecollege, die ihren Abschluss im Fach Englisch machte und dichtete? Irgendwann drehte er meinen Kopf und steckte zwei Finger seiner linken Hand und zwei der rechten in meinen Mund, um ihn weit zu öffnen und meine Zähne zu untersuchen. Dadurch erhärtete sich der unwillkommene Eindruck einer Fleischbeschau, als sei ich nichts weiter als ein reizendes Jungtier. Konnte das denn wahr sein? War das alles, was ich hier war? Galt ich überhaupt irgendwo als mehr? Ich habe sehr gesunde Zähne, strahlend weiß, klein und gerade gewachsen. Darauf bin ich stolz. Ich ertappte mich interessanterweise in der Hoffnung, er finde sie annehmbar und sei nicht ungehalten. Immerhin hatte ich zwei Löcher gehabt, die später plombiert worden waren. Er nahm dies offensichtlich zur Kenntnis, schien sich aber zu meiner Erleichterung nicht sonderlich darum zu kümmern. Ich nahm an, er halte es für nebensächlich, obwohl ich die Kultur dieser Leute ja nicht kannte. Woher sollte ich wissen, was man hier ernst nahm? Würde man mich wegen eines so unbedeutenden Makels schlagen oder gar umbringen?

Der Mann hatte, wie ich einmal erfahren sollte, bereits Frauen von der Erde gesehen. Anhand solcher Einzelheiten ließ sich bestimmen, dass jemand von der Erde stammte. Goreaner bekommen selten Karies, aber warum das so ist, weiß ich nicht genau. Teilweise lässt es sich definitiv auf eine schlichte, gesündere Ernährung mit weniger Zucker zurückführen, doch andererseits mag meiner Ansicht nach auch die Kultur eine gewisse Rolle spielen, denn ungebührliche chemische Belastungen, Schuldgefühle und Sorgen kommen in diesem System weder vor noch während der Pubertät zum Tragen. Goreanische Jugendliche hadern beim Erwachsenwerden zwar wie jene auf der Erde mit bestimmten Schwierigkeiten, doch die Gesellschaft beziehungsweise kulturellen Strömungen hier sehen es nicht als notwendig an, ihnen vorbehaltlos einzuimpfen, die unvermeidlichen Auswirkungen des Heranreifens für suspekt, verwerflich oder tückisch zu halten.

Zuletzt wälzte er mich auf die andere Seite und unterzog meine rechte Körperhälfte einer ähnlichen Betrachtung.

Die Chroniken von Gor 11 – Das Sklavenmädchen

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