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ОглавлениеFür wen produzieren wir täglich die vierzig Tonnen Garnelen deren
Haltbarkeitsdatum jeden Tag wieder in einem Monat abläuft
Sechzig Millionen Franzosen müssten also täglich vierzig Tonnen
Garnelen essen
Mit Verlusten würde die Fabrik nicht laufen
Vor vier Jahren wurde die Fabrik zerstört und in
dreihundertvierundsechzig Tagen wiederaufgebaut ganz im Rahmen
der gesetzlichen Versicherungsfrist
Ein Chef hat sie zweimal absichtlich angesteckt munkelt man
Wie fackelt man eine Fabrik ab deren Höchsttemperatur acht Grad
Celsius beträgt
Muss man erstmal schaffen
Muss man wirklich wollen
An was denken meine Kollegen Produktionsmitarbeiter beim
Sortieren ihrer Garnelen welche Ohrwürmer besetzen ihre Köpfe oder
summen ihre Münder vor sich hin
Durch Ohrstöpsel und Fabriklärm hindurch hör ich manchmal
Balavoine und Christophe Maé der sich fragt wo das Glück ist und
Véronique Sanson
Leute die jeder kennt
Unsere gigantischen Förderbandmaschinen
Metallbäuche in denen die Garnelen
Aufgetaut
Sortiert
Gegart
Wiedertiefgefroren
Wiedersortiert
Verpackt
Etikettiert
Und wiederwiedersortiert werden heißen
Coaxial
Ishida
Multivac
Arbor
Bizerba
Jede hat ihre eigene Funktion
Solche riesigen Maschinen muss man erstmal produzieren nur wer
macht das und wo
Sind es weitere Maschinen die die Maschinen herstellen
Und wenn ja welche Fabriken stellen die Maschinen für unsere
Fabrik her
Und in welchen Fabriken stellen dann Maschinen die Maschinen her
die die Maschinen für unsere Fabrik herstellen
Ich spreche nicht von Menschen an den Maschinen sondern vom
Paradigma der Maschine die eine andere Maschine herstellt
Angeblich beschäftigt die Fabrik zwei Drittel Zeitarbeiter und ein
Drittel Festangestellte
Angesichts der Gehälter fragt man sich warum
Das wissen nur die Chefs
Allein
Warum grüßt der graumelierte Chef nie irgendwen während andere
in dieser Maschinenwelt doch recht menschlich sind
Welchen Teil der Maschine verkörpern wir unbewusst selbst
Alle Garnelen kommen tiefgefroren aus Madagaskar Peru Indien
Nigeria Guatemala Ecuador
Exotischen tropischen Reisezielen
Vielleicht Billigflaggen
Bestimmt Handelshäfen
Alle Garnelen kommen ungepult außer die besonders dicken
»Aperitif-Garnelen« die in einem Plastikrund mit einem Gewicht von
einhundertfünfundzwanzig Gramm zu einem Supermarktpreis von
rund fünf Euro als »Kränze« verkauft werden
Oft produzieren wir mehr als zehntausend Aperitif-Garnelen-
Kränze pro Tag mit gut zwanzig Mini-Garnelen pro Kranz
Welche Produktionsmitarbeiter aus welchem Land haben
vor uns so viel gepult
Welche Arbeiter
Für welches Geld
Welche Kinder
Wie sehen die Gesichter der Produktionsmitarbeiter aus
Wie ihr Leben hinter den persönlichen Schutzausrüstungen
Unter den Masken
Hinter den mechanischen Griffen der gegenseitigen Hilfe der
automatischen Freundlichkeit von denen die klaglos schuften
Nicht übers Leben zu reden scheint stillschweigend abgemacht
Die Fabrik geht vor genau wie der Lohn
So viele Garnelen
So viele Fragen
Morgen
»Oh meine Danaidenfässer«
Wie Apollinaire gesagt hat
Oh bodenlose Fässer der vierzig Tonnen Garnelen pro Tag
Nehm ich meine Fabrik wieder auf
Geh ich zu meinen Garnelen zurück
Zur Plackerei derer die nur
Ihre Hände zu verkaufen
Ihre Fürze abzulassen haben
Ihre obszönen Witze um sechs Uhr früh
Was sie auch singen
Welche Fragen sie auch stellen
Beim Sortieren der Garnelen
Existenzielle oder nicht
Ich bin einer von euch
Ein Fabrikarbeiter
Ein Fragenabarbeiter zum Großen Ganzen zu nichts Wichtigem zur
Literatur zu allem anderen zu den Garnelen
Was im Grunde aufs Gleiche hinausläuft
Acht Stunden pro Nacht pro Tag an den Maschinen
Das Wort Garnele fällt mir ein liest man zum ersten Mal bei Rabelais
Das gefällt mir und passt zum sauren Gestank der Fabrik
Die Fabrik verlassen Sonne Wärme tanken falls vorhanden
Rauchen
Heimkommen
Trinken
Vögeln
Weinen
Lachen
Sein Leben woanders leben als bei den Garnelen
Schlafen
Den Wecker stellen
Schlafen wie ein Stein
Morgen zurück zu den Garnelen