Читать книгу Das Phantom der Kate Summer - Josephine Katharina Groß - Страница 19
ОглавлениеDer Besuch bei Lady Anderson
London 2005
Faye stand vor einem riesigen, silbernen Tor, hinter welchem sich eine gigantische grüne Villa mit zwei spitzen Türmchen verbarg. Sie hatte zwar gewusst, dass ihre neue beste Freundin Lucy in einem großen Haus mit Personal lebte, dass es allerdings so groß und gigantisch war, hätte sie sich jedoch nie erträumen lassen.
Vor einigen Wochen hatte Faye Lucy das Geheimnis ihrer Familie anvertraut und seitdem waren sie unzertrennlich. Lucy hatte Faye und Lizzy bereits mehrfach zu Hause in ihrem alten Stadthaus besucht, doch nun hatte sie Faye das erste Mal zu sich eingeladen.
Mit flatterndem Herzen drückte Faye auf die silberne Klingel und gleich darauf öffnete sich das imposante Eingangstor und ein groß gewachsener Mann in Uniform kam ihr entgegen.
Hinter einem der mit Stuck umrandeten Fenster konnte sie ein lächelndes Mädchengesicht erahnen und musste unwillkürlich zurücklächeln.
»Lady Anderson erwartet Sie bereits, Miss Faye«, sagte der Dienstbote freundlich und gab zwei weiteren Männern ein Zeichen, die große Eingangstür zu öffnen.
Faye kam sich vor, als beträte sie einen Palast, der selbst der Queen angemessen gewesen wäre, so gigantisch und prunkvoll war allein die Eingangshalle und deren Einrichtung.
Und da kam ihr auch schon die Hausherrin – ein fünfzehnjähriges Mädchen mit einem hellbraunen Lockenkopf – entgegen. Lucy trug ein elegantes Bustierkleid und einen schwarzen Blazer, während Faye sich wie üblich keine großen Gedanken über ihr Outfit gemacht hatte und nun in Shirt und Jeans in dem atemberaubenden Salon stand.
»Schön, dass du endlich da bist«, begrüßte Lucy sie freudig. »Ich konnte es kaum erwarten. Du musst wissen, es ist das erste Mal, dass ich eine Freundin zu mir eingeladen habe«, fügte sie schüchtern hinzu.
»Das ist ja wirklich unglaublich, Lucy!«, entgegnete Faye immer noch völlig überwältigt von der Villa, dem Personal, dem Mobiliar und allen anderen Dingen, die sie in diesem Moment umgaben, wie ein Meer aus Schätzen einer neuen, noch ziemlich fremden Welt. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass du eine Lady bist«, fuhr sie fort und konnte sich ihr freches Lachen, welches ganz und gar nicht ladylike klang, nicht mehr verkneifen. Doch Lucy war klar, dass sie es nicht böse meinte, und stimmte in ihr Lachen mit ein.
Bei einer Tasse Tee in Lucys Gemächern, erzählte Faye ihr von dem Plan, den Ms Brooks geschmiedet hatte, sie nach St. Petersburg zu schicken. Lucy war entsetzt.
»Das kann sie doch nicht machen! Wo ich doch endlich eine Freundin gefunden habe, mit der ich über alles reden kann und mit der ich jedes Geheimnis teile. Das ist einfach nicht fair!« Lucy war ein sehr sentimentales Mädchen. Der Gedanke daran, dass sie bald ihre einzige beste Freundin verlieren sollte, ließ ihr liebliches Gesicht vor Wut und gleichzeitig vor Trauer rot anlaufen. Sie versuchte nicht, zu verbergen, dass sich Tränen in ihren braunen Augen bildeten.
»Keine Sorge, Lucy«, versuchte Faye sie zu beruhigen und umfasste Lucys zierliche Hand mit den ihren.
»So einfach können sie uns nicht trennen«, fuhr sie fort. »Da ich, falls ich gewinnen sollte, nach St. Petersburg gehen würde, bliebe Lizzy schließlich hier in London. Es würde die Nachricht verbreitet werden, Kate Summer hätte das Angebot aus persönlichen Gründen abgeschlagen. Ich werde Kate Summer in Russland sein und Lizzy hier in London«, erklärte Faye ihrer Freundin.
»Das ist ja schön und gut, aber das ändert noch immer nichts daran, dass du dann dort sein wirst und ich hier«, entgegnete Lucy mit unverändert trauriger Miene.
»Nun lass mich erst einmal weitererzählen. Du wirst schon noch verstehen«, begann Faye und lächelte. »Wenn es heißt, dass Kate hier in London bleibt, muss an ihrer Stelle jemand anderes in St. Petersburg angenommen werden und wenn wir beide den ersten Platz belegen, werden wir auch zusammen nach Russland gehen können.«
Nun lächelte auch Lucy wieder.
»Ach, so ist das«, sagte sie. Doch gleich darauf kam die traurige Miene in ihr Gesicht zurück. »Aber Faye, ich bin nicht bereit für so einen Wettkampf. Ich werde Georgiana nie im Leben schlagen können und sie wird doch mit Sicherheit auch an dem Wettbewerb teilnehmen wollen. Und was ist, wenn sie dann an meiner Stelle ausgewählt wird mit dir nach St. Petersburg zu gehen?«
Faye umfasste Lucys Hand noch fester.
»Das wird nicht passieren«, versicherte sie ihrer Freundin. »Und weißt du auch, warum?«, fuhr sie fort. Doch sie wartete Lucys Antwort gar nicht erst ab, sondern gab sie stattdessen gleich selbst: »Weil in dir noch viel mehr Potenzial steckt als in tausend Georgiana Fitzgeralds zusammen. Wir beide werden in den nächsten Wochen so hart trainieren wie noch nie zuvor und so werden wir unser Ziel erreichen!«