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Kapitel Fünf

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„Ich habe gehört, was passiert ist“, sagte Paul Chan, während ich die Stühle für die Dienstagabend-Schreibgruppe Partners in Crime aufstellte. Chan war Jakes langjähriger Partner im Morddezernat. „Und das, wenn man gerade denkt, man hat schon alles gesehen.“

„Wahrscheinlich hast du schon ziemlich viel gesehen“, antwortete ich abwesend und trat zurück, um meiner Hände Werk zu begutachten.

„Ich fange an zu glauben, dass diese mordenden Freaks überall sind.“

Ich sah ihn an und registrierte endlich, was er sagte. „Wahrscheinlich nicht“, erwiderte ich.

Kurz vor meinen Vorbereitungen für die Gruppe hatte ich noch ein paar Minuten für eine schnelle Internetrecherche abknapsen können: Laut FBI wäre die Nation mit Tausenden und Abertausenden von toten Tieren und toten Menschen überschwemmt, wenn satanische Opfer und Kultmorde wirklich so weit verbreitet wären, wie manche behaupteten. Ein Gemetzel dieser Größenordnung wäre kaum geheim zu halten.

„Das Leben schreibt die verrücktesten Geschichten. Gerade du solltest das wissen“, sagte Chan. Er fügte hinzu: „Hast du gehört, dass sie eine Task-Force zusammenstellen wollen, um diesen Mord in Eaton Canyon aufzuklären?“

Chan war ein täuschend onkelhaft aussehender asiatisch-amerikanischer Mann mittleren Alters. Ich war mir nie ganz sicher, was er von meiner Beziehung zu Jake dachte. Eindeutig wusste er, dass wir eine Art Beziehung hatten, aber er vermied es sorgfältig, sie als etwas anderes als eine normale Freundschaft zu behandeln. Was dem entsprach, wie Jake sich ihm gegenüber geäußert hatte, soweit ich wusste.

„Eine Task-Force?“

„Oh, ja. Jake könnte auch ein Mitglied werden. Das könnte eine hervorragende Gelegenheit sein.“ Er warf mir ein vages verständnisvolles Lächeln zu, das sich vielleicht auf die Tatsache bezog, dass Teufelsanbeter hinter mir her waren, vielleicht aber auch darauf, dass er wusste, dass ich auf Jakes Abschussliste stand.

Wenn sie eine Task-Force zusammenstellten, musste das bedeuten, dass die Symbole auf Baum und Opfer definitiv okkulten Ursprungs waren und dass es eine Verbindung zwischen dem Mädchen aus den Hollywood Hills und der Leiche aus Eaton Canyon gab. Ich schätzte, dass das auch erklärte, warum Jake heute Morgen vor meiner Tür gestanden hatte. Er hatte Antennen für alles, was auch nur vage in eine okkulte Richtung ging.

Ich glaubte nicht daran, dass mein kleines Problem etwas mit einem Mord zu tun hatte – schon gar nicht mit zwei Morden. Ich meine, L.A. ist voller Spinner. Das heißt aber nicht, dass sie sich alle kennen oder der gleichen Kirche angehören, genauso wenig, wie ich jeden Buchverkäufer oder Krimischriftsteller persönlich kenne.

Jetzt kamen auch die anderen, so dass unser Gespräch versiegte. Der Club umfasste jetzt acht Mitglieder. Von diesen acht war es Vieren ernst mit dem Schreiben (lies: sie waren willens, „ihre Kunst zu kompromittieren“), und von diesen Vieren wiederum zeigten drei Ansätze von etwas, das ich als vielversprechend ansah. Diese Meinung basierte auf meiner jahrelangen Erfahrung im Verkauf von Büchern, nicht auf meinem eigenen, unerwarteten und kleinen literarischen Erfolg – obwohl es ironischerweise meine „Glaubwürdigkeit“ als veröffentlichter (gleichwohl unerfahrener) Schriftsteller und nicht als Buchverkäufer war, die von meinen Komplizen geschätzt wurde.

Sie waren allerdings eine nette Truppe, unterstützen sich gegenseitig in ihren Bemühungen, freuten sich gemeinsam über Erfolge und fühlten bei Absagen mit. Heute Abend las unser verheiratetes Schriftsteller-Team, Jean und Ted Finch, aus ihrem Opus Magnum Mord, mimte er.

Ich goss mir eine Tasse Kaffee ein und schnappte mir zum Ausgleich meines Tiefkühlessens, das ich größtenteils in den Müll geworfen hatte, ein paar Haferkekse. Die Kekse waren lecker und so knusprig, dass sie äußerst effektiv Jeans Lesung übertönten. Ich blätterte um, wenn die anderen es taten, und dachte dabei darüber nach, ob ich – falls die Situation sich weiter zuspitzen würde – Angus durch seine Freundin Wanda ausfindig machen könnte. Eigentlich glaubte ich nicht, dass das nötig sein würde. Selbst wenn er am Rande etwas mit dieser Sache zu tun haben sollte, bedeutete das nicht zwangsläufig, dass er irgendetwas Nützliches, das über Gerüchte und Spekulationen hinausging, wissen würde. Normalerweise waren Jakes Instinkte gut, aber seine Sicht auf die Menschheit war ziemlich abgebrüht.

Ich hatte vermutet, dass Wanda mit Angus die Stadt verlassen hatte, aber vielleicht stimmte das gar nicht. Ich versuchte mich zu erinnern, ob er irgendjemanden als Notfallkontakt aufgeschrieben hatte – vielleicht war das Wanda gewesen. Soweit ich wusste, wohnte Wanda bei ihren Eltern, also konnte ich vielleicht da einen Hinweis entdecken.

Da bemerkte ich, dass Jean aufgehört hatte zu lesen. Die Gruppe war bereit für die Diskussion. Die beiden Finches arbeiteten an diesem Monster- beziehungsweise Meisterstück seit zwei Jahren. Die letzte Überarbeitung hatte mit der Wandlung des anfänglichen Nebencharakters Avery Oxford in den Protagonisten zu tun. Ich hatte mit Avery so meine Probleme. Nicht so sehr, weil er vollkommen dem schwulen Stereotyp entsprach, sondern weil ich befürchtete, dass er auf mir basierte. Ja, er war zwar ein Klatschkolumnist aus Hollywood, aber er war fünfunddreißig, 1,80 m groß, schlank, hatte schwarzes Haar, blaue Augen und einen Freund bei der Polizei, der Jack O`Reilly hieß – und er trug ständig meine Klamotten. In der Szene, die ich gerade gelesen hatte, trug er „seine verwaschenen schwarzen Levis-Lieblingsjeans und einen schwarzen Pullover aus Lammwolle über einem frischen weißen T-Shirt“. Also ziemlich genau das, was ich beim Treffen in der letzten Woche getragen hatte.

Also sagte ich möglichst taktvoll: „Ich könnte mich irren, aber ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, Avery zum Protagonisten zu machen, Jean. Ich glaube, ihr solltet beim ursprünglichen Plan bleiben. Ihn umbringen in Kapitel Sieben. Oder sogar noch eher.“

„Ich weiß nicht“, sinnierte Max. „Er ist ein amüsanter kleiner Scheißer.“ Max war ein markanter Vierziger, mit blondem, strubbeligem Haar und blondem, strubbeligem Bart. Attraktiv, schätze ich, jedenfalls für jemanden, den es nicht stört, wenn ein Mann Deodorant und Rasierer als Bedrohung seiner Männlichkeit fürchtet. Er war schon fast aggressiv heterosexuell und schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, jede ungebundene Frau, die neu der Gruppe beitrat, zu daten. Da Grania Joyce, ebenfalls ein Mitglied unserer Gruppe, seine reguläre Bettgenossin war, sorgte das für eine interessante Dynamik.

Ted wandte sich an Jean, deren Gesicht bei meinen Worten eingefallen war. Sie stockte. „Wir haben diese ersten neun Kapitel schon neu geschrieben, um die Entwicklung des neuen Charakters zu spiegeln.“

„Ich glaube nicht, dass seine Figur stark genug ist.“

„Ihr könntet den Cop nehmen“, schlug Chan vor. „O‘Reilly ist eine starke Figur.“

„Wenn einen die Testosteron-Überdosis nicht stört“, spottete Grania. Grania war groß und langgliedrig, mit einer wilden Mähne rotbraunen Haars: das Sinnbild einer Kriegerprinzessin.

„Ich habe kein Problem damit“, sagte Chan.

Ihre Blicke kreuzten sich, machten dieses Lichtschwerter-Ding, und ich unterbrach sie hastig. „Aber seht doch ein, dass es so mehr Sinn macht“, sagte ich schnell. „Es ist glaubwürdiger, wenn ein Cop diese Morde aufklärt. Ich meine, ihr redet darüber, eine Serie daraus zu machen. Wie glaubwürdig soll es dagegen sein, wenn ein Hollywood-Klatschkolumnist ständig über all diese Morde stolpert?“

„Das ist das generelle Problem mit diesen Amateurschnüfflern“, stellte Grania klar. (Grania – natürlich – schrieb über eine knallharte Privatdetektivin). „Das ist immer total künstlich.“

Chan sagte ganz vernünftig: „Ich weiß nicht. In Hollyweird gibt es eine ganze Menge perversen Mist. Ein Klatschkolumnist könnte da schon hineingezogen werden.“

„He, du schreibst selbst über einen schwulen Shakespeare-Schauspieler, der Kriminalfälle löst“, wies Max mich zurecht. „Und du hast die Serie schließlich an diesen verrückten Nischenverlag verkauft.“

Ted fügte hinzu: „Wie glaubwürdig ist es, wenn ein Buchhändler und Krimiautor mithilft, Kriminalfälle zu lösen? Und trotzdem bist schon zweimal in einen Mordfall verwickelt worden, Adrien.“

Jean nickte eifrig. „Du bist wie ein echter Amateurschnüffler. So was passiert. Das Leben schreibt die besten Geschichten.“

„Lass sie schreiben, was sie schreiben wollen“, sagte Max irritiert. „Warum stört es dich?“

„Ich finde nicht, dass Avery … liebenswert ist.“

Jean sah aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen, und als ob ich ein neugeborenes, kostbares Baby beleidigt hätte. „Du magst Avery nicht?“

Ted starrte mich an.

Der ganze Kreis starrte mich an.

„Kein besonders konstruktiver Kommentar, Adrien“, vermerkte Grania.

* * * * *

Als sich schließlich alle verabschiedet hatten, räumte ich die Stühle zusammen und kehrte die Krümel auf, stellte sicher, dass die Seiten- und die Vordertür abgeschlossen waren und stieg die Stufen zu meiner Wohnung hoch.

Ich goss mir einen Drink ein und versuchte mir etwas Unterhaltsames auszudenken, mit dem ich den Rest des Abends verbringen könnte. Eigentlich sehe ich mich nicht als Einzelgänger, aber es ist nun mal eine Tatsache, dass es meistens meine Freunde sind, die mich anrufen. Und ich habe nie wirklich einen Zugang zur Clubszene gefunden. Ich mag keine Menschenmassen. Ich mag Lesen.

Ich hatte einen ganzen Stapel Bücher mit mir hochgenommen. Träge blätterte ich durch ein Exemplar von Rick Copps Schauspielers Leitfaden für Mord. Mir fiel auf, dass viele dieser schwulen Amateurschnüffler Cops als Freunde hatten. Und dass keiner dieser Cops seine Homosexualität besonders geheim hielt. Ich bemerkte auch, dass sie alle erstaunlicherweise völlig damit einverstanden waren, Polizeiinterna mit ihren zivilen Freunden zu teilen. Es war einfach eine Schande, dass Jake diese Bücher nicht las.

Als ich mich gerade so richtig in eine Szene vertiefen wollte, in der Copps‘ Protagonist von seinem braunäugigen, muskulösen Cop-Freund (huch!) ausgeschimpft wurde, weil er seine Nase wieder einmal in polizeiliche Ermittlungen gesteckt hatte, fiel mir aus den Augenwinkeln auf, dass der Anrufbeantworter blinkte. Ich drückte den Knopf und hörte einen hölzernen Professor Snowden, der mir mitteilte, dass ich ihn unter einer bestimmten Nummer erreichen könne. Ich nahm den Hörer und wählte die Nummer, die er mir hinterlassen hatte.

Nach dem vierten Klingeln hob er ab. Er hörte sich abwesend an, als hätte ich ihn bei der Korrektur von Examensarbeiten unterbrochen.

„Hi, hier ist Adrien English.“

Eine Pause entstand. „Oh. Äh ... hallo.“ Pause.

Ich hatte meinen Mund schon geöffnet, um noch einmal Hallo zu sagen – dies schien so eine Art von Konversation zu werden – aber dann sagte Snowden zaghaft: „Es war mir nicht möglich, mit der Person in Kontakt zu treten, von der ich dachte, sie könnte etwas über die Schwierigkeiten unseres gemeinsamen Freundes wissen.“

Der Kerl hörte sich an, als arbeitete er für die CIA. Oder Charles Dickens. Ich sagte: „Tja, ich will Sie nicht unter Druck setzen, aber letzte Nacht hat irgendein Witzbold ein Pentagramm auf die Schwelle meiner Tür gemalt. Die Leute von Dragonwyck scheinen zu denken, dass das gar nicht gut ist.“

Lang gedehntes Schweigen am anderen Ende der Leitung.

„Vielleicht sollten wir uns treffen“, sagte er endlich.

Damit hatte ich kein Problem, solange der Treffpunkt ein öffentlicher Platz am helllichten Tag war – und nicht um Mitternacht am Eaton Canyon. „Klar“, sagte ich. „Wann und wo?“

* * * * *

Mittwochmorgen brachte mir unbeständigen Sonnenschein und Lester Naess. Lester war ungefähr in meinem Alter, sehr dick und ein Schwätzer. Er roch nach Zigaretten und Rasierwasser. Nach kurzer Zeit schon hatte ich alles über seine erste Scheidung, seine zweite Frau und seine Nierenoperation gehört. Wenn man es positiv betrachten wollte, hatte er keine Angst vor dem Umgang mit Kunden. Die Angst entstand ganz auf den Seiten von Otto Normalverbraucher.

Noch vor dem Mittagessen hatte Lester mich auf den neusten Stand hinsichtlich seiner Gallensteine, seiner zweiten Scheidung und seiner jetzigen Freundin gebracht. Unmittelbar nach dem Mittagessen erlitt er etwas, was er mit den Worten “epileptischer Nikotinanfall“ umschrieb. Als er sich erholt hatte, schlüpfte ich kurz für einen Kaffee und einen schnellen Nervenzusammenbruch aus dem Laden. Ich rief Guy Snowden an und sagte ihm, dass ich unser Treffen verschieben müsste.

„Ist etwas passiert?“, fragte er misstrauisch. Wahrscheinlich wegen meines Tonfalls.

Ich versicherte ihm, dass alles in Ordnung sei, obwohl ich mich fragte: Wenn Gottes Wege unergründlich sind, warum sollte sich dann der Teufel nicht genau so gut um eine vorübergehende Anstellung in einer Krimibuchhandlung bemühen?

Nach dem Mittagessen erzählte Lester mir von seiner Angina, seiner Steuerprüfung, seinem ersten Herzinfarkt und den rotzigen Teenagertöchtern seiner Freundin. Ich entschied, dass ein weiterer Tag mit Lester mir ebenfalls Brustschmerzen verursachen würde.

Und rief die Agentur an.

* * * * *

An diesem Abend kam Jake vorbei. Er brachte chinesisches Essen und die Alien vs. Predator DVD mit.

Ich hatte den Laden gerade hinter den schwerfälligen Fersen von Lester abgeschlossen und versuchte, eine Miniaturlichterkette an der Decke anzubringen. Dabei lief die Weihnachts-CD der McGarrigle Schwestern, und vielleicht hörte ich deswegen nicht, dass er mit seinem Schlüssel die Seitentür aufschloss.

Eine Bodendiele knarzte, ich sah hinab, und dieses Mal kam wirklich eine schattenhafte Figur auf mich zu.

„Jesus!“, schrie ich auf und geriet auf meiner Leiter fast aus dem Gleichgewicht.

„Christ!“, fügte Jake hinzu, der ebenfalls erschrocken hochsprang, dabei jedoch eher wie jemand aussah, der cool in den Kampfmodus umschaltete und weniger wie jemand, der kurz davor war, durch die Decke zu springen.

Nachdem diese zärtliche Begrüßung beendet war, beorderte er mich von der Leiter und nahm meinen Platz unter den Deckenbalken ein. Ich nahm unser Essen mit nach oben, leerte die durchgeweichten Pappbehälter in eine Pfanne, um sie später zu erhitzen, und warf einen kurzen Blick auf die DVD.

„Ich setze auf die Aliens“, rief ich und stieg die Treppe wieder hinunter.

„Nö“, rief Jake ernsthaft zurück. „Auf keinen Fall. Alles, was die Aliens haben, ist Blut aus Säure. Die Predatoren haben eine Rüstung und können sich unsichtbar machen.“

Ah ja. Mir wurde klar, warum Jake für die Predatoren stimmte. Es geht doch nichts über Unsichtbarkeit, wenn man sie braucht.

Er hatte es schon geschafft, die Lichter im hinteren Teil des Ladens aufzuhängen. Ich wühlte die Girlande aus künstlichen Pinienzapfen aus einem der staubigen Pappkartons hervor und drapierte sie kunstvoll über dem ebenfalls künstlichen Kamin. Wir arbeiten gemeinsam eine ganze Zeit lang in kameradschaftlichem Schweigen. Kein Wort über seinen Fall, kein Wort über meinen eigenmächtigen Vorstoß. Musik erfüllte den Laden.

„Rufus Wainwright?“, erkundigte er sich, als „What Are You Doing On New Year‘s Eve“ durch den Canyon der Buchregale flüsterte.

„Ja.“

Er grunzte missbilligend.

„Hey, was meinst du. Hast du Lust, mit zu dieser Hochzeit zu gehen?“, fragte ich möglichst beiläufig. „Ich könnte ein bisschen moralische Unterstützung gebrauchen.“

Einen Moment lang schwieg er. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, die obere Hälfte seines Körpers war im Schatten.

Hastig ergänzte ich: „Ich meine, als ganz normaler Gast. Als Lisas Freund.“ Das hieß, nicht als mein persönlicher Gast, und das wiederum hieß, dass seine Hetero-Tarnung nicht auffliegen würde.

„Äh, sicher“, sagte er vage. „Das könnte ich tun.“ Er beugte sich vor und sah mich an. „Wie sieht das aus?“

„Großartig.“

Er warf mir das Verlängerungskabel zu. „Versuche mal, das einzustöpseln.“

Die Steckdose befand sich hinter dem großen Mahagoni-Tresen, der einst als Empfangstresen des Hotels gedient hatte. Ich steckte den Stecker hinein und spürte augenblicklich, wie ein komischer, an- und abschwellender Stoß durch meinen Körper schoss. Das Kabel fiel mir aus der Hand, obwohl ich – glaube ich – meine Finger nicht bewusst bewegt hatte.

„Scheiße! Ich habe einen Schlag bekommen.“ Ich hockte mich mit viel zu schnell hämmerndem Herzen nach hinten auf meine Fersen, dachte Scheiße, Scheiße, Scheiße. Nicht gut …

„Geht es dir gut?“ Jake sprang von der Leiter, lief um den Tresen herum und hockte sich mit angespanntem Gesicht vor mich.

Ich wartete, ob mein Herz aufhören würde, zu stolpern und zu stottern. Es galoppierte weiter, und versuchte, der Gefahr davon zu laufen.

„Okay, Baby?“

Ich holte probeweise Luft, nickte.

Er legte seine schwielige Hand an meine Wange und hob mein Gesicht an, so dass unsere Augen sich trafen.

„Sicher?“

„Ich glaube schon.“

„Warum lehnst du dich nicht an?

Ich ließ mich zu Boden sinken und lehnte mich behutsam an den Tresen. Ich holte noch mal vorsichtig Luft. Mein Herz verlangsamte sich. Ich entschied, dass es mir gut ging, nur der Schreck saß mir noch in den Knochen. Und meine Hand kribbelte immer noch. Ich ballte sie zur Faust.

„Du hast Glück gehabt, dass du das Kabel losgelassen hast. Das passiert nicht immer.“

Ich nickte. Glücklich, dass ich das Kabel losgelassen hatte. Nicht so glücklich, dass ich einen Elektroschock bekommen hatte. Ich dachte an das Pentagramm auf meiner Türschwelle.

Jake beäugte mich wie auf der Suche nach einem Konstruktionsfehler. Ich grinste ihn schief an.

„Beruhige dich.“

Ich nickte. „Sorry. Habe mir irgendwie selbst Angst eingejagt.“

„Ohne Scheiß.“ Er runzelte die Stirn. „Was hast du gemacht?“

„Nichts. Es lag nicht an mir. Niemand hat was gemacht. Die Leitungen sind alt, das ist alles.“

Sein Mund zuckte.

„Die vom Gebäude. Nicht meine!“, stellte ich klar.

An diesem Abend war das Vögeln eher ein Liebemachen. So langsam und so süß. Wir ließen uns viel Zeit beim Streicheln, Petting, Küssen. Hände strichen durch Haare, brachten Gesichter einander näher, dazu der Geschmack von Lippen und Zungen, sanfte Bisse und leises Atmen und träges, genießerisches Schlucken. Freundliches Nasenstupsen, Wimpernschläge, der langsame, stille Austausch von Atemzügen. Ein kleiner Kokon aus sinnlichem Entzücken – und vielleicht noch etwas mehr.

Aber schließlich pressten wir uns aneinander, Lust verknüpfte sich mit Hunger und Leidenschaft und dem Verlangen, das immer ganz nah an der Angst war. Ich legte die Arme um ihn, seinen breiten, muskulösen Rücken, wölbte mich ihm entgegen und spürte die harte Sonde seines Schwanzes an meinem Bauch. Keine Fragen mehr jetzt, die Antworten waren zu offensichtlich.

Jake murmelte in mein Ohr: „Mein Gott, ich …“

„Ich auch.“

Ich rutschte mit gespreizten Knien nach hinten, lächelnd trotz meiner Müdigkeit, und meine Fingerspitzen glitten über die flache harte Ebene seiner Brust und griffen wieder nach ihm.

Aber er drückte er mich ohne Grobheit nach hinten in die Kissen. „Nee. Entspann dich einfach.“

Nee? „Aber …“

„Halt … einfach die Klappe …“ Er beugte sich über mich, suchte meinen Mund und küsste den Worten den Stachel weg. „Und … entspann dich.“ Seine Lippen wanderten sacht mein nacktes Fleisch hinab, pressten winzige, schmelzende Küsse auf mein Kinn, meinen Hals, Schlüsselbein, Brustkorb, Bauch, die empfindliche Verbindung von Leiste und Oberschenkelinnenseite. Ich erschauerte. Er hatte noch nie … würde er …?

„Sehr hübsch, Adrien“, flüsterte er. „Jeder Zentimeter von dir.“ Und er küsste den Kopf meines Schwanzes, der sich peinlicher Weise ihm entgegen zu strecken schien.

Ich lachte zittrig, aber mein Lachen erstarb, als sein feuchter, heißer Mund sich um mich schloss. Meine Hände flatterten an meine Seiten – halb protestierend (obwohl: was gab es da verdammt noch mal zu protestieren?) – halb flehend, und umklammerten die Laken.

Jakes Zunge fuhr über den Schlitz, kostete. Ich schnappte nach Luft, überwältigt und ängstlich darauf bedacht, nichts zu sagen, was diesen Zauber zerstören würde. Seine Lippen verengten sich um meinen Schaft und ich versuchte, mich nicht aufzubäumen. Ich spürte sein Lächeln, spürte seine Finger, die sich um meine Eier schlossen und zudrückten.

Jetzt bäumte ich mich auf, schnappte nach Luft. „Jake!“

„Genau hier. Was brauchst du?“

Oh, ich wollte nicht, dass er redete. Konnte es nicht ertragen, geneckt zu werden. Konnte es nicht ertragen, dass er das fiebrige Auf- und Abgleiten unterbrach.

Ich stöhnte und wurde augenblicklich wieder von dieser glitschigen, saugenden Hitze umhüllt. Süßes Pulsieren der Lust, als sein Mund an meiner Länge sog und mich tiefer in sich zog … der Druck seiner Zunge auf der empfindsamen Unterseite meiner Eichel … Er nahm mich ganz in den Mund und saugte kräftig, und meine Hände legten sich wie von selbst auf seine Schultern, drückten und drängten ihn.

Aber Jake ließ sich Zeit, als hätten wir die ganze Nacht. Behutsam und unnachgiebig zugleich, und am Ende war die Intensität des Gefühls so stark, dass es mir die Tränen in die Augen treib. Der Höhepunkt war ein köstlicher Schock der Erleichterung, der mich hoch nach oben in seinen Mund trieb und sich in kräftigen, langen Schüben ergoss, und sich anfühlte, als würde ich den Saft des Lebens selbst verströmen.

Ich legte meinen Unterarm über das Gesicht, damit er die Tränen nicht sah, aber Jake zog mich in seine Arme und suchte meinen Mund. Er schmeckte wie ich und nach ihm selbst.

Alles, was ich wollte, war schlafen, aber ich zwang mich dazu, „Und was ist mit Dir, Jake?“ zu murmeln.

„Mir geht es gut. Schlaf jetzt“, sagte er und machte es uns gemütlich. Er schmiegte sein Gesicht in die Kuhle an meinem Hals und lag ganz still.

Adrien English: In Teufels Küche

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