Читать книгу The Rebound Effect - - Joshi - Страница 6
Оглавление6. Kapitel – 7 Taler
Sie kam zu ihrem Einkaufswagen zurück, den er kurz gegen seinen heißgeliebten Pappkarton eingetauscht hatte, peinlich, dachte er, so fängt es an, toller Tag. Du siehst aus wie ein Stück Scheiße, hast dich extra beim Losgehen nicht im Spiegel kontrolliert, weil‘s in dieser Verfassung sowieso keinen Sinn macht, und jetzt bereust du es, bloß weil da diese dahergelaufene Person ihren Einkaufswagen vollpackt, mit genau den Sachen die du immer gerne bei deiner eigenen Frau gesehen hättest. Aber Paula war stets diszipliniert wie eine Hochleistungssportlerin. Ganz anders Susan. Ihr erster Griff ging zum Metaxa 7 Taler, schwupp folgten jede Menge Süßigkeiten und Knabberzeug, all diese tödlichen Dinge, die eine Frau in der heutigen Zeit in ihrem Figurbewusstseinswahn noch höchstens von einem geheimen Boten beschaffen ließ und dann möglichst über drei verschiedene Schaltstellen, um die Verfolger abzuschütteln. „Dafür haben Sie aber eine ganz ansehnliche Figur“, entglitt es ihm erneut, als er staunend jeden Neuzugang im Einkaufswagen mit unterdrückten 'Uuhs' und 'Oohs' kommentieren musste. Schon wieder war es passiert, hoffentlich hat sie‘s nicht verstanden, dachte er, sonst stehe ich hier noch da wie einer dieser flirtenden VolIidioten, die sich Samstags im Supermarkt ihre Wochenendunterhaltung aufreißen, aber schon war es passiert. „Danke “, grinste sie zurück und als sie dann auch noch schwungvoll eine Tageszeitung, keines dieser üblichen Mistblätter, in den Wagen lancierte wie ein Hühnchen am Spieß, blieb ihm nur noch ein großäugiges Staunen. Um sich nicht mit noch einer blöden Bemerkung vollkommen lächerlich zu machen, wollte er lieber, konnte sich aber dann doch nicht zurückhalten: „So etwas lesen Sie?“ Und als hätte sie darauf gewartet: „Nein Sie Witzbold! Daraus mache ich eine Tüte und dann kommt all dieses Zeug da hinein“, ihr rechter Arm kreiste mehrmals magisch über den Inhalt des Einkaufswagens und wie der Blitz dachte Harry, dass er sich beim Bauen einer Tüte, so sie ihn jetzt dazu aufforderte, wohl ziemlich blamieren würde, ein Mann musste einfach eine Tüte bauen können.
7. Kapitel – Auto-Café
Susan hatte es verdient, dachte er, noch immer der Meinung den Überlegenen, Großzügigen mimen zu können, wo auch immer sie herkam, eine Bekanntschaft wie diese sollte zumindest mit einer erholsamen Pause, einem Milchkaffee oder ähnlichem besiegelt werden. Seine wenigen Einkaufsutensilien in ihrem Wagen zwischenzuparken, sie zu einem gemeinsamen, sofortigen Kaffeetrinken zu animieren und ein geübt kaschierter Blick in den Rückspiegel ihres Wagens waren bei Harry eins. Drei Minuten später schon saßen sie sich gegenüber in irgendeinem Café, gleich um die Ecke. So ein Zufall diese Person, dachte er. Wenn der wüsste, dass es Zufälle im Leben nicht gibt, dachte Susan. Fast im gleichen Moment hatte sie diesen Gedanken, aber noch war sie in der besseren Position, er hatte keinen Verdacht geschöpft, diesen Vorteil galt es zu nutzen. Männer sind doch alle gleich dumm, einmal gelernt, können sie aus ihrer antrainierten Führungs-und Beschützerrolle nicht mehr raus, zum Totlachen blöd. Schon beim Hinsetzen an den kleinen Fensterplatz erkannte sie an ihm die gleichen Bewegungen, wie vor zwei Wochen, bei diesem 20-Minuten-Gespräch, nur, dass er nun etwas anders gekleidet war, so man es so nennen konnte und sein Herrenparfum gegen verschwitzte Haare und ein unrasiertes Kinn eingetauscht hatte. Aber er erkannte sie wohl immer noch nicht, wie hätte er auch sollen, bei diesen vielen Vorstellungen und ihr Video, hatte er bestimmt gleich in den Orkus gekippt. Wenn diese ganze Showmasche überhaupt stimmte, aber Paula wusste davon. Susan hatte sie in ihrer Verzweiflung aufgesucht und sie war sehr nett und zuvorkommend gewesen, aber auch das konnte ein Trick sein, vielleicht wollte sie Susan nur ins offene Messer laufen lassen? Männer mochten etwas vertrottelt und eingebildet selbstbewusst sein, aber Frauen waren Killer, das stand mal fest. Nur weil beide getrennt lebten und sich wohl nur ab und zu trafen, für eine Frau war das Grund genug, jede Konkurrentin in die Wüste zu schicken. „Was machen Sie beruflich?“ fächerte sie den Smalltalk über das Kaffeetischchen und Harry schien jeder Satz von ihr recht zu sein. „Sie entschuldigen mich", entgegnete er kurz und verschwand auf der Toilette, um sich das Gesicht und die Hände zu erfrischen. Ah, er wurde langsam wieder klarer. „Rebound.“ sagte er bereitwillig, als er wieder zurückgekommen war und sich zur ihr an den Tisch setzte. „Oh!“ tat Susan begeistert. „Da habe ich mich schon zweimal beworben, aber jedes Mal haben sie meine Bewerbung wieder zurückgeschickt.“ Es hatte keinen Zweck, sie musste die Kurve kriegen. „Man hört einiges von dieser Firma, es würde mich interessieren was genau die ominösen Bedingungen sind, um dort zu arbeiten?“ Harry stutzte etwas, sie redete in einem anderen Tonfall und entschieden zu konzentriert. Er strich sich mit dem rechten Daumen mehrmals über die Innenfläche seines Mittelfingers, den linken Arm übertrieben lässig über die Lehne des anderen Stuhls gelegt, in bequemer Sitzhaltung, leicht nach vorne verrutscht, beobachtete er sie. Und noch etwas stimmte nicht bei ihr, sie redete zu lange. Harry nahm das Gespräch wieder auf. „Aber Sie können es doch jede Woche in der Zeitung lesen. Ständig versuchen vorlaute Journalisten die Firma zu denunzieren. Als wollten sie es nicht wahrhaben, dass es Leute gibt, die freiwillig so etwas tun. Es ist aber ein ganz gewöhnlicher Arbeitsvertrag, oftmals wissen nicht einmal die engsten Familienangehörigen davon.“ „Weiß es denn Ihre Frau?“ Harry nahm etwas kleinlaut eine weniger bequeme Sitzhaltung ein. „Ich bin geschieden. Meine Frau und ich, naja, sie wollte das nie, dass ich da arbeite. Ich habe sie von Anfang an eingeweiht, bin eben immer so ein dummer Esel, ein Prediger für offene Verhältnisse.“ Er lachte, hob beschwörend die Arme: „Offen, Offen: Öffnet Euch, Brüder und Schwestern!“ Er war im Begriff aufzustehen. „Und nun meine Lieben Schafe......“ doch sie hielt ihn am Ärmel zurück und lachte ebenfalls, es schien ihr zu gefallen. Jetzt aber genug mit dem Blödeln: „Hören Sie, es gibt doch kaum noch vernünftige Jobs“, wurde Harry ernst. „Ich kenne ‘zig Freunde die verdienen weniger mit Arbeit als ohne und dann was für eine Arbeit, das macht doch keinen Spaß mehr. Die Steuern, Versicherungen, inzwischen sind die Mietnebenkosten doch schon selbst fast eine Miete.“ Sie tat interessiert und stützte ihr Kinn auf ihre Hände. Mietnebenkosten, aha, wie spannend. „Kurz gesagt: Meine Frau Paula und ich hielten den Druck einfach nicht mehr aus. Wir verdrängten das alles. Am Anfang war es wunderbar, großartig, auch das Arbeitsklima. Viele Fortbildungen, Reisen, ich fing seit langem wieder an, nicht zur Arbeit zu gehen, sondern arbeiten zu gehen, verstehen Sie?“ Sie nickte ihm zu: „Ich verstehe!“ Harry schwärmte weiter: „Man konnte sich in allem, was einen interessierte, fortbilden. Design, Mode, Literatur, Qualitätsseminare, einfach alles. Ich war auch nie krank. Ich habe ja sogar weiter geraucht. Als ich dann das erste Mal doch erkrankte, veränderte sich schlagartig alles. Ich hätte das nie für möglich gehalten: Mit einem Mal veränderte sich alles. 30 Tage sind eine verdammt kurze Zeit, wenn’s einem an die Gurgel geht.“ „Dann stimmt das also was man sich erzählt?“ fragte sie gespannt. Harry nickte „Rebound ist eben anders, nach 30 Tagen ist Sense!“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Das ist wie eine Zeitbombe, aber bei mir ging es gut, ich hatte die Frist nie überschritten, konnte immer wieder rechtzeitig arbeiten gehen, nur ...“, er suchte nach den richtigen Worten, „…im Unterbewusstsein blieb es haften. Gott, seitdem planten wir den Urlaub nur noch in bestimmte Gebiete, alles musste sicher sein, immer öfter sagte meine Frau Dinge zu mir wie: Pass‘ gut auf dich auf! Und schon wurde der ganze Tag für mich ein einziges Auf-mich-aufpassen. Im Winter zu Weihnachten bekam ich einen Schal geschenkt“, er schmunzelte. „Gottverdammt, einen Schal. Wir standen unter dem Weihnachtsbaum, ich hielt dieses Ding in der Hand, hielt es hoch und wir fingen an zu weinen, wir weinten beide, wegen eines Schals“, er schluckte. „Einfach lächerlich!“ Sie gönnte ihm eine kurze Bedenkzeit und versuchte ihn etwas aufzumuntern. „Aber es war doch auch bestimmt eine gute Zeit? Bewusster leben?“ Er empfand diese Frage, diesen kindischen Tonfall, als hätte sie ihm die Wahl zwischen einer Pampelmuse ins Gesicht oder Eiswürfeln in die Hose angeboten. Sie lehnte sich zurück und seufzte „Es tut mir leid, ich wollte das mit Ihrer Frau wirklich nicht.“ „Aber nein!“ versuchte er seine schmalen wutaufkeimenden Augenschlitze zu entschärfen. „Aber doch, es geht mich nichts an, meine Mutter hatte schon recht, sie sagte immer, meine dumme Neugier bringt mich noch mal in Teufels Küche, es ist fürchterlich, ich will immer alles wissen, dabei merke ich am Schluss, es wäre besser gewesen, ich hätte nicht gefragt!“ Kleine Tränen sammelten sich in ihren Augen und drohten jeden Moment als reißende Bäche ihren Weg ins Freie zu suchen. Also doch ein versauter Tag, schoss es Harry durch den Kopf. Sie atmete kräftig durch: „Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt gehe!“ sie stand auf, Harry saß regungslos da, dann kam sie doch zurück, und mit einer einladenden Armbewegung holte sie einen zerknitterten Schein aus ihrem Portemonnaie. „'tschuldigung - ganz vergessen!“ legte den Schein auf den Tisch und ging. Er saß immer noch regungslos da, machte sich nicht einmal die Mühe, nachzusehen, ob sie auf das angeknitterte Papier vielleicht nicht doch eine versteckte Nachricht gekritzelt hatte, so was gibt’s ja. Dann, ohne sich auch nur ein kleinstes Stück nach vorne zu beugen, nahm er den Schein, drehte ihn einmal um, aber er entdeckte nichts. Tja,..... so also geht das. Wie sollte es auch sonst gehen? Harrys Kopf war leer. Dieser Tag war Mist. Reden ist ohnehin Mist. Ich werde diesen Kurs über 'Gedankenumleitung' nächste Woche wohl doch belegen, vielleicht ist ja noch ein Platz frei und irgendjemand ist abgesprungen.
8. Kapitel - Die Straße
Plötzlich sprang Harry auf, seine Sachen, sie waren noch in ihrem Auto, der Whiskey, und was hatte sie noch gleich gesagt? Zweimal abgelehnt? Diese kleine Wichtigtuerin, die nehm ich mir vor. Hier stimmt etwas nicht. Er rannte auf die Straße. Leute vorbeischieben, drängeln, das konnte er selbst auch ganz gut, das aggressive Hupen überhörte er glatt, ihr Auto sah er schnell, nur nicht sie, als er sie dann fast umrannte und sie leicht aufschreiend die Arme hob, entfuhr ihm nur ein „Gottseidank, dass ich Sie noch antreffe. Bitte, so können wir doch nicht auseinander gehen, geben Sie mir noch eine Chance!“ Susan musste sich noch ein paarmal bitten lassen, aber seine Entschlossenheit zeigte ihr, dass sie ruhig ein wenig bockig und ärgerlich auf sich selbst sein durfte, bevor sie beide erneut im nächsten Café landeten - und richtig - als Harry schon glaubte, sein Bitten und Betteln würde nicht erhört, machte sie nur eine einzige Bewegung. Sie öffnete die Wagentür:
„Aber diesmal nehmen Sie Ihre Sachen lieber gleich mit!“