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Kapitel 7

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Columbia


Zielstrebig marschierte ich zur Columbia. Namhafte Absolventen waren zum Beispiel: Alexander Hamilton, einer der Gründervater der Vereinigten Staaten, die Präsidenten Theodore und Franklin D. Roosevelt und Barack Obama. Mein großes Vorbild: Amelia Mary Earhart, eine US-amerikanische Flugpionierin und Frauenrechtlerin (was für eine Frau!). Und Alicia Keys.

Zuerst wollten sie mich abwimmeln, aber ich verließ das Gebäude nicht ohne Unterlagen zum Anmeldeverfahren, den Studiengängen und der Preisliste. Schock! Die Studiengebühren würde ich niemals aufbringen können!

*

Einen Job zu finden war echt schwer. Ich zog meine Kreise in immer mieseren Gegenden von Manhattan, aber was sollte ich machen? Schließlich landete ich in einer abgeranzten Kneipe. Jack, der Besitzer, wollte mich als Bedienung einstellen. „Hier darfst du aber nicht zart besaitet sein, Püppchen. Hier verkehren echte Kerle.“

„Kein Problem. Ich kann mit Raubeinen umgehen, aber wenn mich einer anlangt, knallt’s.“

Jack lachte laut. „Ich hab nix dagegen.“

Zu meiner größten Überraschung konnte ich sogar in einem Zimmer über der Kneipe unterkommen. Nix besonderes, aber o. k. Schrank, Bett, Tisch, Stuhl, reichte mir völlig. Klo und Dusche waren auf dem Flur. Und da es in der Kneipe auch Kleinigkeiten zu essen gab, hatte ich sozusagen Kost und Logis frei. Dafür bekam ich nur acht Dollar die Stunde, aber das war in Ordnung.

Nach meinem ersten Arbeitstag, der zum Glück ohne besondere Vorkommnisse verlaufen war, sagte ich zu Jack:

„Bei dir ist es ja nicht gerade besonders sauber. Sieh dir mal den Tresen an und die Ablagen. Der Fußboden könnte auch mal wieder gewischt werden.“

„Wenn es dir nicht passt, kannst du es ja machen.“

„Mach ich“, sagte ich, „wenn du mir das extra bezahlst. Ein Zehner pro Stunde.“

„Hm“, knurrte er, „zehn die Stunde. Vor oder nach den Öffnungszeiten, aber wehe, du bummelst.“

„Abgemacht“, sagte ich.

*

Nachdem ich vier Wochen lang schwer geschuftet hatte, fragte ich nach meinem Lohn. Er vertröstete mich von Tag zu Tag. Nachdem eine weitere Woche verstrichen war, wurde ich renitent. „Hör mal, Jack“, sagte ich, „entweder rückst du jetzt endlich meinen Lohn für fünf Wochen raus oder ich mache Zirkus.“

„Muss ich erst noch ausrechnen“, sagte er grummelig.

„Das haben wir ganz schnell erledigt.“ Ich nahm einen Bierdeckel und schrieb auf:

8,– Dollar x 10 Stunden x 37 Tage = 2.960,– Dollar + 10,– Dollar x 2 Stunden x 37 Tage = 740,– Dollar.

„So, das macht nach Adam Riese genau 3.700,– Dollar.“

„Du bist ja irre“, sagte er erbost und zerriss den Bierdeckel mit meiner Rechnung.

„Jack!“, ich berührte ihn am Ärmel. „Die Rechnung stimmt, wir haben kein Wochenende und keinen Ruhetag.“

„Ich geb dir gleich Ruhetag.“ Er packte mich grob am Arm und zog mich die Treppe hinauf. Ich wehrte mich natürlich, schrie wie am Spieß, versuchte nach ihm zu treten und schlug mit meinem freien Arm nach ihm, dabei verlor ich das Gleichgewicht und fiel hin. Blitzschnell zog er mich wieder auf die Füße, stieß mich in mein Zimmer, knallte die Tür zu und schob von außen den Riegel vor.

Ich rappelte mich sofort auf, trommelte mit meinen Fäusten an die Tür und schrie: „Jack! Jack! Lass mich hier raus! Mach sofort diese verdammte Tür auf.“ Ich trat mit meinem Fuß dagegen, aber es tat sich nichts.

„Arschloch!“ Dann musste ich eben zum Fenster raus. Ich stürzte durch den Raum und riss das Fenster auf. – Zu hoch, ich konnte mir den Hals brechen, wenn ich da hinunterspringen würde. Kein Rankgitter, keine Dachrinne. Scheiße! Was hatte ich mir jetzt wieder eingebrockt? Ich musste die Polizei anrufen, fasste in meine rechte hintere Hosentasche, in der immer mein Handy steckte, aber es war weg. Panik! Mein Herz raste. Es musste mir in dem Handgemenge herausgerutscht sein. Ich schwitzte und schluckte hart. Mein Mund war ganz trocken. Und ich Dussel wusste nicht mal seinen Nachnamen! Vielleicht hieß er Ripper mit Nachnamen? War Jack the Ripper von London nach Manhattan gekommen? Vielleicht würde er mir etwas antun? Vielleicht würde er mich vergewaltigen? Ich hatte nicht die geringste Chance gegen ihn. Schluck! Kein Mensch würde mich vermissen, keiner nach mir suchen. Lieber Gott, ich war verloren. Nein, so hatte ich mir mein Ende nun doch nicht vorgestellt und vor allem nicht so jung. Ich wollte noch nicht sterben, ich war noch nicht fertig mit dieser Welt, es gab noch einiges zu erledigen und davon würde mich auch Jack the Ripper nicht abhalten.

Ein Seil, ich konnte mich abseilen. Das Betttuch war nicht lang genug, ich musste es in Streifen reißen, aber es ging nicht, der Saum war zu fest vernäht. Eine Schere! Ich durchwühlte die Schublade in dem alten Tisch – nichts. Mein Kulturbeutel, da musste wenigstens eine kleine Nagelschere drin sein. Es war fast ein Ding der Unmöglichkeit, mit dieser Minischere diesen dicken Wulst zu durchschneiden. Ich hatte schon Angst, ich würde sie auseinanderbrechen. Aber dann war ich endlich durch und konnte den Stoff in einer langen Bahn zerreißen. Fünf Mal wiederholte ich diese Prozedur, bis ich das Betttuch in brauchbare Streifen gerissen hatte. Ich knotete die Bahnen aneinander und hoffte, dass es reichen würde. Mittlerweile war es Abend geworden. Ich zählte mein restliches Geld. Ganze 103,65 Dollar und Jack hatte all meine Papiere. Gütiger Himmel! Aber was blieb mir anderes übrig? Ich musste fliehen, um mein Leben zu retten. Schnell stopfte ich meine Sachen in den großen Rucksack und schnallte ihn um. Dann verknotete ich ein Ende meines „Seils“ fest an der Heizung, die sich direkt unter dem Fenster befand, und ließ das andere Ende vorsichtig hinunter. Es war nicht lang genug, es fehlten bestimmt drei Meter, die musste ich halt springen. Mir blieb keine Zeit. Jack konnte jeden Moment zurückkommen. Ich versuchte ganz leise zu sein, stieg aus dem Fenster und setzte mich auf den Sims. Zuerst testete ich vorsichtig, ob das Tuch mein Gewicht wohl aushalten würde. „Also los, Penelope“, wisperte ich mir selber Mut zu. „Jetzt oder nie.“ Ich drehte mich um, stützte meine Füße an der Hauswand ab und ließ mich so Stück für Stück das Tuch hinab. Das Ende des Tuches war bald erreicht. Es kostete mich große Überwindung, die Füße von der Hauswand wegzunehmen. Jetzt hing ich nur noch mit meinen Händen an dem Tuch und es erschien mir so, als würden mehr als zehn Meter bis zum Boden fehlen. Ich musste loslassen, das wusste ich. Meine Kraft ließ schon nach, ich würde mich ohnehin nicht mehr lange halten können. Also, Abgang.

Unsanft landete ich auf dem Bürgersteig, knickte um und kippte nach hinten. Mein Rucksack ließ den Fall zu einer halbwegs sanften Landung werden. Aber ich zappelte hilflos wie ein dicker Käfer herum, bis ich es geschafft hatte, mich auf die Seite zu drehen und aufzustehen. Autsch! Beim Auftreten schmerzte mein Knöchel höllisch. „Bestimmt nur verstaucht“, redete ich mir ein. „Du musst weg hier.“ So schnell es mir möglich war, begab ich mich zur nächsten Bushaltestelle und fuhr erst einmal zum Busbahnhof. Dort hatte ich großes Glück. In gut zwanzig Minuten fuhr ein Bus nach Brookhaven. Das Ticket kostete mich 54,– Dollar.

Nach einer zweistündigen Fahrt stieg ich in Brookhaven aus. Wo sollte ich jetzt nur hin? Ich wollte unbedingt weg von hier. Raus aus der Stadt, weg von dem Gestank. Ich sehnte mich so sehr nach Weite und Freiheit, nach frischer Luft und dem Meer.

Per Anhalter kam ich bis Mastic Beach. An einem Supermarkt, der um diese Zeit noch geschlossen hatte, stieg ich aus.

* * *

Penelope! - Wirbelwind mit Herz

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