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Vorspeise

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Der schwere Duft nach gedünstetem Fisch, Blumenkohl und Salzkartoffeln hüllte die Gäste des Speisesaals ein und machte sie träge. Mittagszeit, Kantinenzeit, die allermeisten der Anwesenden – Rentner aus dem Westen in Strickjacken, bunten Hemden, mit grauen Haaren und faltigen, müden Gesichtern – kannten die bleierne Schwere der von einer Stechuhr kontrollierten Pause, das kurze Atemholen zwischen den endlosen Stunden eintöniger Arbeit. Vielleicht war es das, was die Gäste so liebten, hier im Osten, wo alles noch bezahlbar und überschaubar war. Wie auch die Ureinwohner, die Ossis, wie sie sie abfällig nannten, die sie wie kleine Könige behandelten, die neidisch auf ihre Autos schielten, immer in der Hoffnung, bald selbst in den Genuss der blühenden Landschaften zu kommen, die ihnen Helmut Kohl versprochen hatte.

Anke hatte sich inzwischen umgezogen. Sie trug ein schwarzes Kellnerinnenkostüm mit einer weißen Schürze. Ihre große Brust hob und senkte sich rhythmisch, während sie den Gästen die Tageskarte brachte. Neben einem Kartoffelsalat gab es einen Müritzer Fischsalat nach Art des Hauses. Hervorragend, fand Duncan, der ihn bereits einmal genossen hatte. Es stand für ihn außer Frage, dass dies die beste Henkersmahlzeit sein würde, falls er den Abend nicht mehr erlebte. Miller schloss sich ihm an, Petersen wählte den Kartoffelsalat. Er bestellte sich einen Underberg als Entré, während Duncan eine Flasche Mineralwasser orderte. Miller entdeckte einen 95er-Kabinett, während er missbilligend auf Petersen starrte, der den Underberg bereits geknackt und das Gesöff in seinem Rachen gurgeln ließ. Schweigen senkte sich über den Tisch, unterbrochen nur von einem gelegentlichen Rülpser, den Petersen ausstieß.

Des Todes langer Schatten

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