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Erstes Shitstürmchen

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Die Kollegen der Onlineredaktionen aber kannten keine Gnade, spitzten ihre Griffel und stampften ihre Texte in die Computer, bis Blut an ihren Fingerkuppen klebte. Sie hatten kaum ein gutes Wort für uns übrig, dafür viel Unverständnis, womit ich die netteste Umschreibung gewählt habe. Es war ein medialer Shitstorm, der über uns hinwegfegte. Wooosh!

Gut war, dass sowohl Weber als auch Schmidt gelassen reagierten. Ihr Feedback lautete sinngemäß: Macht euch nichts draus, das legt sich schon. Sie mussten uns natürlich verteidigen, sonst hätten sie sich ins eigene Fleisch geschnitten. Aber ich glaube, sie waren wirklich überzeugt von uns. „Jootes Jefühl“, wie der Rheinländer sagt. Ja, damals hatte Sky noch starke, charismatische Führungskräfte …

Frank Buschmann begegnete dem Shitstorm sowieso gelassen. Er hatte schon so seine Erfahrungen mit sozialen Medien gesammelt. Ich in dieser Form allerdings überhaupt noch nicht. Sport1 sendete ja weitestgehend unter dem öffentlichen Radar. Also trat ich die Flucht nach vorne an und äußerte mich öffentlich: Ich sei bestürzt über die Vehemenz der Reaktionen, nehme die Kritik durchaus ernst und gelobe, meinen Stil zu hinterfragen. Leere Worte, Herr Dahlmann, wie sich später rausstellen sollte.

Burkhard Weber, der mich wie gesagt stützte, ging es alsbald an den Kragen. Er wurde als Redaktionschef geschasst. Etliche meiner Kollegen waren froh, weil Burkhard sehr streng und aus ihrer Sicht auch verletzend sein konnte. Ich selbst kann das nicht bestätigen. Unser Verhältnis war stets von gegenseitiger Achtung geprägt.

Weber hatte, als ich 2017 zu Sky zurückkam, ein internes Problem: Es gab einen Reporteraufstand. Der Sender forderte immer mehr von uns: Livekommentare, hier eine Zusammenfassung, dort noch eine Zusammenfassung und am Ende eine weitere, längere Zusammenfassung. Die Mehrarbeit wurde selbstredend nicht honoriert, die Kollegen fühlten sich ausgebeutet und organisierten sich. Auch ich wurde gefragt, ob ich mich dem Protest anschließen wolle. Aber ich war ja gerade erst zurückgekehrt und bat – ebenso wie Hansi Küpper – um Verständnis, an der Soli-Aktion nicht teilzunehmen. Der Protest hatte freilich andere als die erhofften Auswirkungen. Geschätzte und verdiente Kollegen wie Michael Born, Klaus Veltman, Holger Pfandt, Ulli Potofski und Martin Groß hatten in der Folgesaison unter einigen Strafmaßnahmen zu leiden und wurden wie Schuljungen abgestraft.

Und dann passierte dies: Burkhard Weber, nach seiner Entlassung sehr enttäuscht, die seelischen Wunden waren noch frisch, ging eine Woche nach Beginn seiner Zwangsarbeitslosigkeit in Unterföhring zum Bäcker Kistenpfennig, um Brötchen zu holen bzw. Semmeln, wie man ja in Bayern sagt. Er verließ die Bäckerei, als ihm plötzlich schwindelig wurde und er sich auf eine Mauer setzen musste, wo er verharrte. Das Ganze endete im Krankenhaus, wo er geröntgt wurde. Die Horrordiagnose: tennisballgroßer Tumor im Kopf.

Es folgte eine Operation, bei der der Tumor entfernt wurde, anschließend eine Chemotherapie. Ich besuchte Burkhard in seiner Wohnung in Unterföhring. Menschen, die mir mal geholfen haben, vergesse ich nie. Burkhard sah sehr schlecht aus, die Haare waren ihm weitestgehend ausgefallen. Ein beklemmender Anblick. Aber noch hatte er Hoffnung. Er schimpfte über Sky, bezeichnete die Männer, die seine Arbeit interimsmäßig übernommen hatten, als unfähig. Vor allem seinem Nachfolger Mario Nauen traute er die Rolle nicht zu. Wie recht er haben sollte!

Scheinbar auf dem Weg der Besserung brach bei einer Nachuntersuchung eine neuerliche Hiobsbotschaft über ihn herein. Der Tumor war nachgewachsen. Schlimmer noch: Die Ärzte hielten ihn für nicht mehr operabel. Burkhard hatte bald kein Gefühl mehr in der gesamten linken Körperhälfte und war schließlich halbseitig gelähmt. Er, den ich als so taffen Menschen kannte, weinte, sprach mir gegenüber offen von Suizid. Ich versuchte ihn zu motivieren, weitere Ärzte zu konsultieren, zur Not in den USA, die sich möglicherweise an eine weitere OP wagen würden.

Er tat es nicht und zog in seine alte Heimat nach Köln zurück, wo er zusammen mit Ulli Potofski lange Zeit bei RTL gewirkt hatte, unter anderem für Anpfiff. Nur wenige Tage nach dem Umzug erreichte mich die traurige Nachricht, dass Burkhard verstorben sei. Eine bittere, tieftraurige Geschichte.

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