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f) Spätabbruch

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Als Spätabtreibungen gelten Schwangerschaftsabbrüche, welche in der Spätphase der Schwangerschaft vorgenommen werden, d.h. nach der 20. Schwangerschaftswoche.[213] Die große Problematik bei Spätabbrüchen stellt die extrauterine Lebensfähigkeit des Fötus dar.[214] Denn die extrakorporale Lebensfähigkeit eines Kindes tritt in der Regel ab der 22. Schwangerschaftswoche, teilweise auch früher, ein.[215] Die Hauptindikation für die Vornahme eines Spätabbruchs ist eine zu erwartende Behinderung des ungeborenen Kindes, womit die Schwangere ohne Erleiden eines Gesundheitsschadens nicht leben könnte.[216] Während früher zur Vornahme eines Spätabbruchs eine Frühgeburt eingeleitet wurde, wird das Ungeborene heutzutage meistens bereits im Mutterleib, sei es durch Injektion von Kalium-Chlorid in die Herzmuskulatur des Ungeborenen bzw. durch eine Injektion der genannten Substanz in die Nabelschnur, abgetötet (sog. Fetozid).[217] Wird im Rahmen eines Spätabbruchs ein mithilfe ärztlicher Maßnahmen überlebensfähiges Kind geboren, so stellt sich die Frage, ob ein Verzicht auf Hilfsmaßnahmen, welcher den Tod des Neugeborenen bewirkt, als Schwangerschaftsabbruch oder aber als Tötungshandlung zu qualifizieren sei.[218] In der Lehre wird diese Problematik wie folgt gelöst: Ein Schwangerschaftsabbruch wird angenommen, wenn die Abbruchshandlung zu einer Frühgeburt des Kindes führt, dieses jedoch aufgrund der mangelnden Ausreifung oder aber als unmittelbare Folge des Eingriffs nach der Geburt stirbt.[219] Ist das aufgrund eines Schwangerschaftsabbruchs zu früh geborene Kind jedoch lebensfähig und wird es nach der Geburt durch eine weitere Handlung, welche auch in einem Unterlassen bestehen kann, getötet, so liegt nebst einem versuchten Schwangerschaftsabbruch eine vollendete Tötungshandlung (durch Unterlassen) in Tatmehrheit vor.[220] Der den Abbruch durchführende Arzt ist gegenüber dem lebenden Frühgeborenen „zur Sicherstellung einer intensiv-neonatologischen Versorgung verpflichtet.“[221]

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