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KAPITEL 2

Ortstermin: Das Phantom von Pähl

Am Ortseingang das große Schild: „Die Thomas-Müller-Gemeinde Pähl heißt ihre Besucher willkommen.“ Nur 100 Meter weiter eine riesige Holzschnitzerarbeit mit den ineinander verschlungenen Wappen des TSV Pähl und des FC Bayern München: „Pähl, Heimat von Fußball-Weltmeister Thomas Müller“.

So stolz, so prahlerisch, so protzig … würde Pähl seine Gäste niemals begrüßen. Die Wahrheit schaut so aus: Die riesigen Anschlagtafeln am Ortseingang, auf denen zum Beispiel Wallgau lange Zeit seine Biathlon-Königin Magdalena Neuner hochleben ließ – in Pähl fehlen sie komplett, was überaus angenehm, bescheiden und zurückhaltend wirkt. Der Müller würde so ein Remmidemmi ohnehin nicht mögen und die Leute in Pähl erst recht nicht. Wenn Thomas Müller ungefähr einmal im Monat heimfährt, zu Mama Klaudia, zu Papa Gerhard, zu Bruder Simon, und dann jedes Mal an seinem eigenen Gesicht vorbeikäme, das ginge gar nicht. Es langt schon, dass überall die Rewe-Reklame mit dem Müller rumsteht.

Im Gegenteil: Wer durch Pähl schlendert, tut sich schwer, auch nur den kleinsten Hinweis darauf zu finden, dass hier ein Superstar des Weltfußballs seine Wurzeln hat. Thomas Müller ist das „Phantom von Pähl“, der große Unsichtbare in seinem Heimatdorf. Selbst am Tag vor dem EM-Finale 2016 in Frankreich ist Pähl praktisch fußballfrei. Hier müllert es nicht. Keine Autos mit Fahnderl brausen durch den Ort. Und die Gärten der alten Bauernhöfe und der neuen Einfamilienhäuser sind nicht schwarz-rot-gold beflaggt. Das mag daran liegen, dass Thomas Müller und Kollegen zwei Tage zuvor gegen den Gastgeber ausgeschieden sind. Und vielleicht auch daran, dass Null-Tore-Müller zwei Jahre nach dem WM-Titel eine für seine Verhältnisse recht bescheidene Europameisterschaft spielte. Aber man möchte beinahe wetten: So wie Pähl und seine Pähler ticken, wäre es hier genauso stad, genauso ruhig, wenn Thomas Müller tags darauf als triumphaler EM-Torschützenkönig im Finale gegen die Portugiesen, gegen Cristiano Ronaldo, um den Titel spielen würde.

Aber wie ticken sie eigentlich, die Pähler? Bürgermeister Werner Grünbauer, überraschend nicht von der CSU, die die Erfindung des prächtigen Freistaats Bayern und all seiner Herrlichkeiten für sich reklamiert, sondern von der Unabhängigen Bürgerliste, findet vor allem ein Wort: „Beschaulich“. Im Bayerischen Fernsehen regte er sich beinahe unbeschaulich auf, weil der Reporter sich erkundigte, warum in Pähl nicht mehr vom Thomas-Müller-Fieber zu spüren sei: „Ganz Pähl muss irgendwo ausflippen, weil der Thomas Müller halt jetzt da eine tragende Rolle spielt? Aber das ist natürlich nicht so. Das ist ein beschaulicher Ort, die Bürger sind beschaulich.“ Grünbauer denkt jetzt allerdings darüber nach, eine Turnhalle nach Thomas Müller zu benennen – für Pähler Verhältnisse beinahe schon eine kleine Revolution. Ein Müller-Denkmal würde er dagegen für übertrieben halten, zumindest vorerst: „So etwas bekommt man nach Lebzeiten für sein Lebenswerk, und nicht mit 24 oder 25 Jahren.“ Anatomisch wäre ein Müller-Denkmal auf jeden Fall interessant, auch wenn die Gefahr bestünde, dass die dürren Haxen und Ärmchen des spargelbeinigen Superstars beim leichtesten Windhauch vom Denkmal abbrechen. Denn nicht nur Bürgermeister Grünbauer weiß: „Der Müller hat ein Gestell, das ist unvergleichbar. Den erkennst du aus 200 Metern Entfernung.“

Der Duden beschreibt die Pähler Beschaulichkeit, in der der kleine Müller groß wurde, ganz wunderbar als „in Wohlgefühl vermittelnder Weise geruhsam“. Zur Vertiefung gibt’s noch die synonymen Adjektive „besinnlich, betulich, friedlich, gemütlich, geruhsam, idyllisch“ mit auf den Weg. Und genauso fühlt es sich an, das Örtchen Pähl mit seinen knapp 2.400 Einwohnern im beschaulichen Pfaffenwinkel, das vom Ausflippen mindestens so weit entfernt ist wie Thomas Müller von einem Wechsel zu den Münchner Löwen (Gott behüte!). Wer verstehen will, warum der Müller Thomas zum Müller Thomas wurde, zum bodenständigsten, zum entspanntesten, zum schlitzohrigsten Kicker mindestens seit „Katsche“ Schwarzenbeck, der muss sich in Pähl umschauen. Ein Mann, ein Ort. Hier werden keine coolen Hip-Hopper wie Jérôme Boateng groß und wahrscheinlich auch keine Mario Götzes. Hier gedeihen Müllers mit spindeldürren Haxen.

Wobei man sagen muss: Es gibt tatsächlich einen Müller in Pähl, der unübersehbar mitten im Ortszentrum auf sich aufmerksam macht – allerdings keinen Thomas, sondern ein Wirtshaus. „Müllers Lust“ heißt das Restaurant mit deutschösterreichischer Küche, das erst seit Januar 2016 unter neuer Leitung in der über 400 Jahre alten Pähler Hofmarkmühle ansässig ist. Das „Müllers Lust“ ist Wirtshaus und Greißlerei gleichzeitig. (Wer sich erkundigt, was eine Greißlerei ist, der erfährt, dass der Österreicher, der sich sprachlich längst auch in Bayern ausgebreitet hat, ein kleines Geschäft, quasi einen Tante-Emma-Laden, als „Greißlerei“ bezeichnet. Und tatsächlich: Zum Wirtshaus gehört ein kleiner, feiner Hofladen, der allerlei Spezialitäten verkauft – Selbstgemachtes, Eingelegtes, Eingekochtes, Vergorenes und Gebranntes.) Dass „Müllers Lust“ ausgerechnet „Müllers Lust“ heißt, lässt sich mit der Geschichte der Hofmarkmühle allemal gut begründen. Und dass ein Müller-Wirtshaus mitten im Müller-Dorf steht, kann dem Umsatz bestimmt nicht schaden. Das Spekulieren auf den Müller-Tourismus sei den tüchtigen Wirtsleuten Annabelle und Josef Hohensinn verziehen, denn die Grammelknödel „von dahoam“, die der Josef zaubert, und die handgwuzelten Schupfnudeln als Nachspeise sind von wahrhaft Müller’scher Qualität, also weltmeisterlich. Ein Besuch wird dringend empfohlen.

Direkt gegenüber von „Müllers Lust“ war ein anderer Prominenter quasi daheim, nämlich der Sänger Peter Maffay, seit vielen Jahren ansässig in Tutzing am Starnberger See, nur elf Kilometer von Pähl entfernt. Weil es den Maffay ärgerte, dass der Traditionsgasthof „Alte Post zu Pähl“ mit seinem herrlich grünen Biergarten geschlossen war, kaufte er die „Post“ 2009 kurzerhand und ließ dort ein paar Jahre lang neben weiteren Köstlichkeiten den angeblich gschmackigsten Kaiserschmarrn des ganzen Pfaffenwinkels auftischen. Zum großen Hit hat es dennoch nicht gereicht, obwohl die Bild den Maffay-Gasthof als „Leberkäs-Paradies“ und „Bayern-Juwel“ feierte. Weil sich die Leut’ in und um Pähl bekanntlich von Prominenz nicht besonders beeindrucken lassen, lief der Laden offenbar nicht gut genug, und so hat die „Alte Post“ mittlerweile wieder geschlossen. Der prächtige Biergarten ist einmal mehr verwaist, Tische und Bänke sind in einer Ecke zusammengerückt und geben ein trauriges Bild ab. Wer Fragen hat, so ein Aushang, möge sich telefonisch im Büro von Peter Maffay melden. Ja, so gehen die Dinge in Pähl ihren Gang, beschaulich, gemächlich, unaufgeregt. Jeden dieser Orte, jede Straße, jede Gasse kennt Thomas Müller wie seine Westentasche. „Zu vielen Plätzen habe ich eine emotionale Beziehung, weil ich in der Kindheit oder Jugend hier bestimmte Dinge erlebt habe“, hat er der Welt verraten. „Im Hochschloss hat zum Beispiel ein Schulfreund von mir gewohnt, den ich öfter besucht habe. Darum ist es schön, irgendwo hinzukommen, wo man quasi jeden Stein kennt.“

Zwischen den Häusern von Pähl kirchturmspitzt die barocke Pfarrkirche St. Laurentius hervor, in der Thomas Müller ministriert hat. Gleich daneben die Volksschule für 85 Buben und Mädchen, an deren Fassade die Aufschrift „Schule“ nicht mehr in Graubraun geschrieben steht, wie zum Thomas seinen Grundschulzeiten, sondern bunt und weltoffen in Regenbogenfarben. Ein bisserl muss man ja doch mit der Zeit gehen. Und noch ein paar Meter weiter steht das Rathaus mit seinem Anschlagtaferl. Hier gibt es tatsächlich einen Hinweis auf Fußball – den einzigen weit und breit. Die Freiwillige Feuerwehr lädt zum EM-Public-Viewing ins Pfarr- und Gemeindezentrum (PGZ), allerdings mit Einschränkungen. Damit die Aufregung im Ort nicht überhandnimmt, werden Halbfinale und Finale nur „bei Qualifizierung der deutschen Nationalmannschaft“ öffentlich gezeigt. Sonst nicht. Somit musste das Endspiel im PGZ Pähl leider entfallen, so weit geht die Fußballliebe dann doch nicht.

Die Pähler haben – zumindest laut Anschlagtaferl – ohnehin genug andere Dinge zu tun. In Weilheim steigt die Hüttengaudi auf dem Volksfestplatz, mit Livemusik von „K-Zwoa“. Die nächste Landfrauenlehrfahrt der Ortsbäuerinnen führt ins Tiroler Lechtal und nach Elbigenalp, dem Geburtsort der „Geier-Wally“. Das Forstamt Weilheim veranstaltet einen Informationsabend zum Thema Borkenkäfer. Und die Ausländerbehörde Weilheim lädt zum Asylkonvent, auf dem Herr Helmut Hartl spricht, Sachgebietsleiter Ausländerwesen im Landratsamt Weilheim-Schongau. Ach ja, der Landesbund für Vogelschutz lädt auch ein, zum Storchenspaziergang. Und im Festzelt Hochstadt tritt die gschnapperte Kabarettistin Luise Kinseher auf, die „Mama Bavaria“ vom Münchner Nockherberg. Nachtflohmarkt in Weilheim ist auch, und der Pähler Maibaum reckt sich (ohne Wappen des FC Bayern und ohne Thomas-Müller-Taferl) stolz in die Höhe. Ein bodenständiges junges Paar ohne Kinder sucht ein Haus zu mieten. Und auf einem alten Bauernhof steht geschrieben: „Schätze den Bauern, weil Du von ihm lebst“.

Kann man in dieser wunderbar entschleunigten Pähler Beschaulichkeit überhaupt nach dem Haus fragen, in dem Thomas Müller aufgewachsen ist, in dem seine Eltern bis heute wohnen? In der Bäckerei Scholz in der Tutzinger Straße 4, die der Österreicher wahrscheinlich „Greißlerei“ nennen würde, weil es dort alles nur denkbar Essbare zu kaufen gibt, vom Zwetschgendatschi aus der eigenen Backstube bis zum Knödelbrot und zur Wassermelone, kann man schon mal nicht fragen. Denn der Kramerladen, in dem Thomas Müller als Bub seine „Asterix“-Heftln und seine Guatln (Süßigkeiten) bezogen hat, Toffifee und Haribo-Gummibärli, sperrt samstags schon um 12 Uhr zu.

Und, um ehrlich zu sein, man kann auch sonst niemanden fragen. Denn wo die Müllers wohnen – das ist das am besten und zugleich am schlechtesten gehütete Geheimnis von ganz Pähl. Die Einheimischen würden einen Teufel tun und die Touristen, die ganzen Neugierigen, zum Müller-Schauen schicken. Im Dorf, „in dem jeder jeden kennt“ (so Thomas Müller), weiß niemand, wo die Familie Müller wohnt. Beziehungsweise: Man weiß es natürlich ganz genau, aber man sagt es nicht, was auch völlig in Ordnung geht. Die Privatsphäre der Müllers zu schützen, ist dem ganzen Ort eine Herzensangelegenheit geworden. Aber weil die Neugiermaschine Google bekanntlich alles weiß und es auch sagt, ist das Geheimnis nach wenigen Klicks auf dem Smartphone kein Geheimnis mehr – auch wenn die Müllers schon lange nicht mehr im Telefonbuch stehen.

Man kommt sich fast ein bisserl schäbig und allzu neugierig vor beim Müller-Schauen. Und man macht sich dann auch schnell wieder vom Acker, bevor die Nachbarn bös werden und schimpfen, was sich da schon wieder für ein lästiges Gschwerl aus der Großstadt rumtreibt. Deshalb nur so viel: Schön haben sie’s, die Müllers, mit Wintergarten, großen Fenstern und viel Grün, bloß vom Fußball ist nichts zu sehen. Aber man schaut ja auch nicht allzu genau hin, wegen der Zurückhaltung und der Diskretion. Mit diesem Gedanken verabschiedet man sich dann schnell wieder und lässt den Müllers ihre wohlverdiente Ruhe.

In dem Haus, das in Pähl jeder kennt und keiner kennt, arbeitet Thomas’ Mutter Klaudia Müller jedenfalls jetzt als Unternehmensberaterin, Coach und Mentaltrainerin – mit einschneidenden Konsequenzen für den Junior. Denn er musste sein Kinderzimmer räumen: „Das wurde umfunktioniert in einen Büro-Lounge-Bereich für meine Mama“, verriet er der Welt. „Ich wurde praktisch rausgeschmissen. Da habe ich natürlich die eine oder andere Träne verdrückt.“ Ganz ernst gemeint hat er das aber nicht, der ewige Lausbub aus Pähl.

Bereits 2009 ist Thomas hier ausgezogen – weg aus Pähl, weg auch vom kleinen Bruder Simon, der drei Jahre jünger ist und der es ebenfalls nachhaltig müllern lässt. Allerdings neun Klassen niedriger als der große Thomas, in der A-Klasse Kreis Zugspitze, immer noch für den heimischen TSV Pähl. 24 Saisontore sind für Müller jr. keine Seltenheit, in seiner Jugend hat er sogar ein Probetraining beim FC Bayern absolviert. Und TSV-Trainer Torsten Wechsler ist überzeugt: „Simon ist nicht nur ein supernetter Typ, er spielt auch überragend für unsere Klasse. Er ist eine Bereicherung, er könnte zwei bis drei Klassen höher spielen.“ Bürgermeister Grünbauer setzt noch einen drauf: „Simon könnte locker drei, vier Klassen höher spielen. Er ist nicht so weit weg von seinem Bruder, hat die gleichen Spielanlagen.“

Bloß – zum Fußballprofi fehlen dem kleinen Müller trotz Grundschnelligkeit und Kämpferqualitäten offenbar die Gene: „Ich habe meinen ganzen Talentanteil großzügig Thomas überlassen. Besser ein Vollprofi in der Familie als zwei Halbprofis.“ Lieber jubelt er seinem Bruder von der Tribüne aus zu, ausgestattet mit einer Dauerkarte für die Allianz Arena. Auch beim WM-Finale 2014 im Maracaña-Stadion war Simon vor Ort dabei, als Glücksbringer. Was denkt der Stürmerstar des TSV Pähl über den Stürmerstar des FC Bayern München? „Es ist nicht so, dass sich Thomas aufgrund seines Erfolges irgendwie verändert hätte. Von dem her ist er der gleiche Typ, der er schon immer war. Ich schätze seine direkte, lustige Art.“ Einziger gravierender Nachteil: „Thomas ist ein Typ, der nur sehr schwer verlieren kann. Und wenn man ihn dann mal beim Kartenspielen so weit hat, dass er verliert, dann ist er für einen kurzen Moment nicht so gut zu sprechen.“

Thomas Müller, der Mann, der nicht verlieren kann und das deshalb auch selten tut, ist mit seiner Lisa dem Landleben treu geblieben. Kein Wunder, wie der Fußballweltmeister 2014 verraten hat: „Ich bin gern ein Landei. Ich komme vom Land und habe mich hier immer sehr wohlgefühlt. Ich wüsste auch nicht genau, wo die Vorzüge liegen, in der Stadt aufzuwachsen. Oder welche Nachteile ich gehabt haben soll, weil ich in einem Dorf aufgewachsen bin. Ich habe jedenfalls nichts vermisst.“ Selbst im Urlaub, wie nach der EM 2016, zieht es Thomas und Lisa nicht wie andere Fußballkollegen an karibische Traumstrände. Sie bleiben daheim und genießen mit den Hunden „Micky“ und „Murmel“ die bayerische Heimat. Thomas Müller: „Wir haben Hunde und Pferde zu Hause, da sagt man nicht einfach: Die lassen wir jetzt mal schön links liegen und fliegen drei Wochen in den Urlaub. Mit ihnen Zeit zu verbringen, macht uns Spaß.“

Die letzten Jahre haben die Müllers in Straßlach-Dingharting im Süden Münchens verbracht, in der „FC-Bayern-Gemeinde“, in die es auch Franck Ribéry verschlagen hat. Der Schweizer „Kraftwürfel“ Xherdan Shaqiri wohnte während seiner Bayern-Zeit ebenfalls hier. Die Straßlach-Dinghartinger gehen nicht ganz so dezent mit ihrer orts ansässigen Prominenz um und feiern ihre Bayern-Stars schon mal per Transparent an den Ortseingängen, so wie 2013: „Die Gemeinde Straßlach-Dingharting gratuliert ihren Spielern vom FC Bayern München zum Gewinn des Triples“.

Daran liegt’s allerdings nicht, dass es die Müllers jetzt gut zwanzig Kilometer weiter Richtung Südosten zieht, nach Otterfing, eine 4.700-Seelen-Gemeinde bei Holzkirchen. Typisch Thomas, typisch Lisa – kein Glamour, kein Pomp. Kein Grünwald, kein Tegernsee, wie Manuel Neuer oder Philipp Lahm, kein sündteures Penthouse in Schwabing oder Bogenhausen. Stattdessen das Oberland, der Landkreis Miesbach, dort, wo Bayern vielleicht so weiß-blau ist wie nirgendwo sonst, gut 30 Kilometer von München entfernt und mit dem Auto nur 25 Minuten vom Trainingsplatz an der Säbener Straße in München-Harlaching.

Gut, ein paar Extrawürste haben sich die Müllers dann doch braten lassen, wie der Holzkirchner Merkur erfahren hat. Eigentlich dürfen Zäune und Mauern in der oberbayerischen Gemeinde nur 1,20 Meter hoch sein. Damit niemand spechten kann, ob Thomas und Lisa daheim sind und ob die Dame des Hauses womöglich im Bikini im Garten liegt, hat der Otterfinger Gemeinderat laut Merkur ausnahmsweise eine 1,85 Meter hohe Mauer und einen 1,65 Meter hohen Zaun genehmigt. Bauamtsleiter Heinz Hirz hat Verständnis für die prominenten und schutzbedürftigen neuen Mitbürger: „Selbst mit Hilfe eines Teleobjektivs muss ja nicht jeder sehen können, ob die Leute im Grundstück gerade eine rote oder grüne Badehose tragen.“

Bereits 2012 hatte Lisa Müller hier einen Pferdehof auf unbestimmte Zeit gepachtet, seit 2014 laufen die Planungen für den Hausbau der Müllers, in unmittelbarer Nähe zu den Stallungen. Als einzige Extravaganz leisten sich Thomas und Lisa einen Swimmingpool. Ansonsten gilt die neue Heimat des Weltmeisters und seiner pferdenarrischen Gattin als durchaus bodenständig, zumal der Otterfinger Gemeinderat die Baupläne im Laufe des Genehmigungsverfahrens an anderen Stellen auch ein wenig zurechtgestutzt hat.

Ein bisserl was von den Pählern haben die Otterfinger jedenfalls schon gelernt. Denn wo genau die Müllers bauen, bleibt ein Geheimnis. Bürgermeister Jakob Eglseder von der CSU: „Wir wollen nicht, dass da ein Remmidemmi losgeht.“ Der Ortsvorsteher freut sich auf die Neuzugänge: „Sie sind sehr sympathisch und bodenständig und werden der Gemeinde guttun.“ Mit Prominenz kennt sich die Ortschaft ohnehin aus. Bereits seit gut 40 Jahren residiert in Otterfing-Wettlkam die Schlagersängerin Katja Ebstein, die 1970 beim Grand Prix Eurovision de la Chanson mit dem Hit „Wunder gibt es immer wieder“ berühmt wurde. Sie wird jetzt quasi Nachbarin von Thomas Müller – dem Mann, der keine Wunder braucht, sondern über den sich seit 2009 die ganze Fußballwelt wundert.

Bürgermeister Eglseder legt übrigens Wert darauf, dass nicht nur ein Sportstar nach Otterfing zieht, sondern gleich zwei. Er traut Lisa Müller im Dressursport viel zu: „Ich bin zuversichtlich, dass sie in die deutsche Elite vorrückt“, verriet er dem Holzkirchner Merkur. Thomas Müller, Fußball-Weltmeister 2014, und Lisa Müller, Dressur-Olympiasiegerin 2024, darauf könnten die Otterfinger mordsmäßig stolz sein. Mit dem Ruhm der prominenten Nachbarn würden die Menschen am Rande des Hofoldinger Forsts hoffentlich genauso entspannt und gelassen umgehen, wie es die Pähler seit vielen Jahren mustergültig vorleben.

Thomas Müller

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