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KAPITEL 3

Der Chef: Karl-Heinz Rummenigge über Thomas Müller

Was sagt eigentlich sein oberster Chef über Thomas Müller? Ist der Vorgesetzte zufrieden mit seinem Angestellten? Macht es Spaß, diesen bei der Arbeit zu beobachten? Und wie fällt das Arbeitszeugnis aus? Ein paar Fragen an Karl-Heinz Rummenigge, den Vorstandsvorsitzenden der FC Bayern München AG.

Hallo Herr Rummenigge, wann haben Sie Thomas Müller eigentlich zum ersten Mal bewusst erlebt?

Rummenigge: So richtig zum ersten Mal positiv aufgefallen ist er mir damals unter Louis van Gaal, zu Beginn der Saison 2009/10. Ich hatte Thomas zwar davor schon einige Male gesehen, in der U-19 und bei unserer Zweiten Mannschaft. Und er hatte ja auch schon ab 2008 ein paar Bundesliga-Einsätze bei uns. Aber es gibt natürlich überhaupt keinen Zweifel daran, wer ihn für die Profis entdeckt hat – das war Louis van Gaal. Er hat in seiner Amtszeit als Trainer ja nicht umsonst diesen Spruch geprägt, „Müller spielt immer“. Und das kam wirklich aus tiefster Überzeugung. Van Gaal fand diesen jungen Kerl und seinen Fußball vom ersten Tag an klasse. Und das haben wir ja auch im letzten Jahr gesehen, als er Thomas Müller quasi „für immer“ zu Manchester United holen wollte.

Was war Ihr erster Eindruck von diesem doch sehr besonderen Fußballer?

Rummenigge: Thomas ist natürlich ein Phänomen, das sehr schwierig zu beschreiben ist. Es ist ja so, dass jeder Weltklassefußballer irgendetwas Spezielles hat, das er besonders gut kann: Schnelligkeit, Technik, Dribbling, Abschluss. Thomas kann alles – aber alles nicht wirklich im Weltklassestil. Es ist dieser einzigartige Thomas-Müller-Stil, der ihn eben so erfolgreich macht. Er geht Wege, die kein anderer geht, und er hat eine unglaublich schnelle Reaktionszeit. Ich glaube, Thomas Müller hat die schnellste Reaktionszeit, die ich im Fußball je bei einem Spieler erlebt habe.

Er ist den meisten anderen im Kopf voraus?

Rummenigge: Absolut. Der Kerl ist unglaublich wach, unglaublich pfiffig. Und die Kombination all dieser Müller-Eigenschaften macht dann eben doch einen absoluten Weltklassefußballer aus.

Noch eine Qualität von Thomas Müller: Er ist so gut wie nie verletzt. Was soll er sich auch wehtun?

Rummenigge: Das ist auch etwas sehr Wichtiges. Er ist einer dieser Spieler, die so gut wie nie ausfallen. Damit ist Thomas für einen Trainer und für seinen Verein natürlich ein Goldstück. Wenn wir unseren Kader planen, müssen wir ja immer im Hinterkopf haben: Was passiert, wenn ein Spieler ausfällt? Wie können wir ihn adäquat ersetzen, wer hat ähnliche Qualitäten? Deshalb haben wir mittlerweile wegen der enorm hohen Belastung in der Bundesliga, im Pokal, in der Champions League jede Position doppelt besetzt. Aber bei Thomas können wir diesem Problem ganz entspannt entgegensehen. Der spielt und spielt und spielt.

Was macht seine Spielweise aus, dieses „Raumdeuten“, von dem immer wieder gesprochen wird? Sieht er tatsächlich Räume, die es noch gar nicht gibt – ahnt aber schon im Voraus, dass sie entstehen könnten?

Rummenigge: Carlo Ancelotti hat mir dazu etwas Interessantes erzählt. Carlo sagte mir, dass er Thomas gar nicht so dramatisch in unsere Taktik einbindet – weil er auf dem Platz ohnehin immer alles richtig macht. Stell’ ihn ungefähr dorthin, wo du ihn haben willst, und es funktioniert ganz von allein.

Was gefällt Ihnen ganz besonders an Thomas Müller?

Rummenigge: Dass er nicht diesen Egoismus hat. Er spielt immer den besser Postierten an. Er ist nicht derjenige, der am Ende des Tages auf Teufel komm raus aufs eigene Tor geht. Thomas spielt im Zweifelsfall auch ab, und das ist eine charakterliche Qualität, die mir bei ihm extrem gut gefällt. Er sagt ja gerne, dass es ihm im Endeffekt egal ist, wie viele Tore er selbst schießt. Und das ist nicht nur so dahingesagt. So tickt Thomas Müller tatsächlich.

Wie erleben Sie ihn im Alltag – dieses „Radio Müller“, das ständig auf Sendung ist?

Rummenigge: Er redet viel, das steht absolut fest. Aber ich muss sagen: Thomas redet keinen Blödsinn. Und das ist das Entscheidende. Was er sagt, hat Hand und Fuß. Und er erzählt es mit einer bayerischen Note, mit einem bayerischen Schmäh, mit einem Hintersinn, der ihn einzigartig macht. Manchmal ist es sogar hinterfotzig, was in Bayern übrigens kein Schimpfwort ist. Und der eine oder andere Spruch erinnert durchaus an Karl Valentin. Mir gefällt das, muss ich offen und ehrlich sagen.

Wenn wieder die Wahl zum Weltfußballer oder zu Europas Fußballer des Jahres ansteht, reden alle von Ronaldo und Messi und manchmal auch von Manuel Neuer. Von Thomas Müller sprechen dann die wenigsten. Wird er immer noch ein bisschen unterschätzt?

Rummenigge: Nein, gar nicht. Thomas Müller ist weltweit einer der bekanntesten Spieler, die Deutschland zu bieten hat, und wird mit höchstem Respekt angesehen. Er hat ja den großen Vorteil, dass er quasi der Namensnachfolger von Gerd Müller ist, der auch schon weltberühmt war. Den Namen Müller kennt man also überall, davor haben alle Respekt, das ist ein absolutes Markenzeichen. Ich weiß noch, als wir 2015 in China waren, sind die Menschen dort völlig ausgeflippt, als Thomas Müller aus dem Hotel rausgekommen oder als er auf den Platz gegangen ist. Er war dort ein bisschen der Kaiser von China.

Und daheim in Bayern ist er das personifizierte „Mia san mia“, die große Identifikationsfigur. Macht ihn das für den FC Bayern über das Sportliche hinaus noch wertvoller?

Rummenigge: Er verkörpert natürlich das Bayerische, den Parade-Bayern schlechthin in unserem Verein. Thomas ist in der Nähe von München geboren, er ist bei unserem Nachwuchs groß geworden, dann direkt in die Erste Mannschaft gekommen, in der er seit sieben, acht Jahren höchst erfolgreich spielt. Er ist ein Gaudibursche, und er ist auf dem Boden geblieben. Das kommt bei den Leuten natürlich extrem gut an. Sie kennen ja sicherlich diese Herrgottsschnitzer in Oberammergau. Wenn die einen bayerischen Fußballer schnitzen würden, dann käme Thomas Müller heraus.

Thomas Müller

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