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2. Strafrechtssanktionen gegen Mitarbeiter

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Ein Verstoß gegen das europäische Kartellrecht ist keine Straftat.75

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Auch nach dem deutschen GWB sind Kartellrechtsverstöße Ordnungswidrigkeiten, jedoch keine Straftaten. Dies gilt mit einer Ausnahme, nämlich für wettbewerbswidrige Abreden im Zusammenhang mit Ausschreibungen. Der bereits 1997 in das deutsche StGB eingeführte Sondertatbestand der Submissionsabsprache nach § 298 StGB sieht vor, dass sich strafbar macht, wer bei einer Ausschreibung über Waren oder gewerbliche Leistungen ein Angebot abgibt, das auf einer Absprache beruht, die den Ausschreibenden zur Annahme eines bestimmten Angebots veranlassen soll. Ein Verstoß kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldbuße geahndet werden.76 Anders als die Kartellrechtsverstöße nach dem GWB kann ein Verstoß gegen § 298 StGB nur vorsätzlich erfolgen. Er kann nur durch eine natürliche Person, nicht dagegen durch ein Unternehmen begangen werden; diese werden wegen Verstoßes gegen das Kartellverbot bebußt.77 Der kürzlich gescheiterte Regierungsentwurf des Verbandssanktionengesetzes sah auch die Möglichkeit vor, ein Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen § 298 StGB „strafrechtlich“ zur Verantwortung zu ziehen.78 Im Zusammenhang mit der Verwirklichung des § 298 StGB stellt sich zudem die Frage, ob auch der § 263 StGB in Form des Ausschreibungsbetrugs verletzt ist. Anders als die Verwirklichung des § 298 StGB, der als abstraktes Gefährdungsdelikt konzipiert ist, setzt dies jedoch voraus, dass ein Vermögensschaden nachweisbar ist.79

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Informationen zu konkreten Rechtsfolgen bei Submissionsabsprachen sind wegen ihrer uneinheitlichen statistischen Erfassung sporadisch.80 Die Rechtsfolgen selbst können dabei durchaus drastisch sein: So wurde im Jahr 2006 einer der Beteiligten im Fernwärmerohr-Kartell zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten sowie einer Gesamtgeldstrafe von EUR 100.000 verurteilt.81

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Seit Februar 2012 hat das Bundeskartellamt einen fortwährenden Austausch mit den Staatsanwaltschaften ins Leben gerufen, um dafür zu sorgen, dass die Behörden effektiver zusammenarbeiten. Kartellrechtswidrige Absprachen im Zusammenhang mit Ausschreibungen werden vom Bundeskartellamt automatisch an die zuständige Staatsanwaltschaft gemeldet. Diese verfolgt dann die handelnden Individualpersonen, während das Bundeskartellamt gemäß § 82 GWB für die Verfolgung und Ahndung der juristischen Person, sprich des Unternehmens zuständig bleibt, sofern das Bundeskartellamt gemäß § 82 S. 2 GWB das Verfahren nicht insgesamt an die Staatsanwaltschaft abgibt.

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Diese ausschließliche Zuständigkeit der Kartellbehörden zur Bebußung des Unternehmens wegen Verstoßes gegen das Kartellrecht sollte durch das geplante, jedoch vorerst gescheiterte Gesetzesvorhaben zur Einführung eines Verbandssanktionengesetzes (VerSanG-E) Änderungen unterliegen. Da bei Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes in den meisten Fällen nur eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, ermittelt grundsätzlich die Kartellbehörde gegen das Unternehmen und setzt ein Bußgeld fest. Ist aber mit dem Wettbewerbsverstoß gleichzeitig ein Straftatbestand erfüllt, sah der VerSanG-E die Möglichkeit vor, dass bei Untätigkeit der Kartellbehörde die Staatsanwaltschaft nicht nur gegen die Mitarbeiter, sondern auch gegen das Unternehmen ermittelt und es zur Festsetzung einer Verbandssanktion durch ein Strafgericht käme.82

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In Kartellrechtsordnungen vieler Länder innerhalb und außerhalb von Europa sind Kartellrechtsverstöße – anders als nach europäischem und grundsätzlich auch nach deutschem Kartellrecht – Straftatbestände. Das US-Kartellrecht stuft Verstöße gegen den Sherman Act als Verbrechen ein, die mit Haftstrafen von bis zu zehn Jahren sanktioniert werden können. Vertreter des amerikanischen Department of Justice werden dabei nicht müde zu betonen, dass sie Haftstrafen gegen persönlich Verantwortliche als die wirksamste Abschreckungsmaßnahme bei Kartellverstößen ansehen. Laut Statistik des Department of Justice betrug die durchschnittliche Haftdauer für Kartellrechtsverstöße in Jahren 2010 bis 2018 19 Monate.83 Bereits im März 2010 kam es zu einer ersten Auslieferung eines englischen Managers an die US-Verfolgungsbehörde.84 Insgesamt sitzt eine große Zahl ausländischer Unternehmensvertreter Haftstrafen in den USA wegen Kartellrechtsverstößen ab.

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Auch in einer Reihe von EU-Mitgliedstaaten85 sowie in Ländern außerhalb der EU86 sind Verstöße gegen das Kartellrecht Strafrechtstatbestände.

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