Читать книгу Compliance-Handbuch Kartellrecht - Jörg-Martin Schultze - Страница 34
1.1 Vereinbarungen, abgestimmtes Verhalten, Beschlüsse
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Das deutsche und europäische Kartellverbot gehen von einem denkbar weiten Anwendungsbereich der kartellrechtswidrigen Abreden aus, der sowohl Vereinbarungen, abgestimmte Verhaltensweisen als auch Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen erfasst. Der Anwendungsbereich des Kartellverbots ist damit für alle Verhaltensweisen eröffnet, bei denen praktische Zusammenarbeit anstelle des autonomen Handelns eines Unternehmens tritt. Für eine Vereinbarung braucht es weder eine explizite schriftliche noch eine mündliche Vereinbarung; die Abrede muss auch keine Rechtsbindung anstreben. Auch das sog. gentlemen’s agreement ist vom Kartellverbot erfasst. Gleiches gilt für stillschweigende Abreden, die also letztlich nur eine irgendwann erfolgte Willensübereinstimmung voraussetzen. Der Übergang von einer Vereinbarung zur aufeinander abgestimmten Verhaltensweise ist fließend. In der Praxis wird zwischen beiden Tatbestandsalternativen folglich auch keine genaue Abgrenzung vorgenommen.
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Von den unzulässigen Formen des bewussten Zusammenwirkens ist das autonome Parallelverhalten eines Unternehmens abzugrenzen. Die Beobachtung des Wettbewerbs und ein (zeitversetztes) Gleichziehen mit diesem ist nicht verboten, sondern macht das Wesen von Wettbewerb aus. Oder mit den Worten des EuGH:
„[Das Kartellrecht] entzieht den Unternehmen nicht das Recht, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Konkurrenten mit wachem Sinn anzupassen. Es schließt jedoch jede unmittelbare oder mittelbare Fühlungnahme zwischen Wettbewerbern aus [...]“.134