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2. Ausnahmen vom Kartellverbot – Legalausnahme
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Nach beiden Rechtsordnungen liegt kein Verstoß gegen das Kartellverbot vor, sofern die Voraussetzungen für eine Freistellung vom Kartellverbot nach Art. 101 Abs. 3 AEUV bzw. § 2 GWB gegeben sind.
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Die gleichlautenden Legalausnahmen des Art. 101 Abs. 3 AEUV sowie § 2 GWB nehmen vom Art. 101 Abs. 1 AEUV bzw. § 1 GWB erfasste Wettbewerbsbeschränkungen dann vom Kartellverbot aus, wenn – wie die Kommission in ihren Leitlinien zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EGV105 (Art. 81 Abs. 3-Leitlinien; nunmehr Art. 101 Abs. 3 AEUV) vereinfacht zusammenfasst – die wettbewerbsfördernden Auswirkungen einer Beschränkung die negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb überwiegen.106 Dies ist der Fall, wenn die Parteien einer beschränkenden Vereinbarung nachweisen können, dass die folgenden vier Voraussetzungen vollständig erfüllt sind:
– Die Wettbewerbsbeschränkungen dienen der Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder der Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts;
– die Verbraucher werden am Gewinn angemessen beteiligt;
– die Wettbewerbsbeschränkungen sind für die Verwirklichung dieser Ziele unerlässlich;
– die Vereinbarung eröffnet den Parteien nicht die Möglichkeit, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.
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Bereits im Jahre 2004 hat die Kommission, im Jahre 2005 das Bundeskartellamt, die zuvor bestehende Anmeldemöglichkeit für wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen abgeschafft, nach der eine beschränkende Vereinbarung der Behörde zur Prüfung vorgelegt und von dieser freigegeben oder für unbedenklich erklärt werden konnte. Die Einschätzung, ob eine Vereinbarung die Voraussetzungen einer Freistellung vom Kartellverbot erfüllt, obliegt allein den Unternehmen.107 Nicht zuletzt aufgrund der sehr weit gefassten Legalausnahme ist diese Selbsteinschätzung mit vielen Unwägbarkeiten behaftet: Sie setzt regelmäßig eine umfassende ökonomische Analyse des jeweiligen Markt- und Wettbewerbsumfelds durch die an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen voraus. Entsprechend groß ist deshalb die praktische Bedeutung der Gruppenfreistellungsverordnungen (GVOen).