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1.2.3 Neuroplastizität und Zweitspracherwerb

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Obwohl das Gehirn lange Zeit als feste Struktur gesehen wurde, die menschliches Verhalten einschränkt, wird heutzutage übereinstimmend davon ausgegangen, dass das Gehirn tatsächlich auf äußere Reize reagiert und sich ihnen anpasst. Daraus ergibt sich die Frage nach dem Ausmaß des Einflusses, den der Erwerb und die Verwendung einer Zweit-, Dritt-, Viertsprache auf funktionale und strukturelle Veränderungen im Gehirn ausüben.

Green, Crinion & Price (2006) beziehen sich auf eine Reihe von Untersuchungen, die zeigen, dass es ein Verhältnis zwischen der Struktur des menschlichen Gehirns und bestimmten Lernaufgaben gibt. Die bekannteste Studie ist vermutlich von Maguire, Spiers, Good, Hartley, Frackowiak & Burgess (2003), die sich mit Unterschieden in der Gehirnstruktur zwischen erfahrenen und unerfahrenen Taxifahrern und Taxifahrerinnen in London beschäftigte. Diese Querschnittsstudie kam zu dem Ergebnis, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Erfahrenheit des Taxifahrers oder der Taxifahrerin und der Dichte der grauen Substanz sowie der Größe bestimmter Areale gibt. Bestimmte Erfahrungen führten also zu strukturellen Veränderungen im Gehirn.

Harding, Paul & Mendl (2004) beobachteten das Verhältnis zwischen dem Erlernen des Jonglierens und der lernbedingten Formbarkeit (Plastizität) des Gehirns. Sie verglichen eine Gruppe, die dabei war, das Jonglieren zu lernen, mit einer Gruppe, die nicht jonglieren konnte. Ihre Gehirne wurden vor dem Jongliertraining, drei Monate nach dessen Beginn und nach drei weiteren Monaten untersucht. Bei der ersten Untersuchung gab es keinen Unterschied zwischen den Gruppen bezüglich der Dichte der grauen Substanz, bei der zweiten Untersuchung gab es bei der Jongliergruppe im Vergleich zur vorherigen Messung eine signifikante, bilaterale Expansion der grauen Substanz im mittleren Bereich des Temporallappens und im linken hinteren sulcus intraparietalis. Dieser Unterschied vergrößerte sich nochmals in der Zeit nach dem zweiten Scan. In dieser Zeit jonglierten beiden Gruppen nicht. Die Plastizität war in den visuellen Bereichen ausgeprägter als in den motorischen Arealen, was womöglich mit den spezifischen Anforderungen der geübten Drei-Ball-Kaskade zusammenhängt. Die Frage ist nun: Ist auch das Erlernen einer Sprache eine Aufgabe, die strukturelle und funktionale Veränderungen im Gehirn hervorrufen kann? Diese Frage wurde bisher nur teilweise beantwortet.

Die nächste Einheit beschäftigt sich mit den spezifischen neurologischen bildgebenden Verfahren, die verwendet werden, um zu erkennen, ob die Verwendung einer Zweit- oder Drittsprache zu Veränderungen im Gehirn führt.

Sprachenlernen und Kognition

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