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7 Steuer-CD
ОглавлениеUnser Thema des heutigen Abends:
Was bedeutet eigentlich „Steuer-CD“?
Unterstellen wir, dass alle Männer und Frauen in Deutschland, die ein steuerpflichtiges Einkommen haben, auch ihre Steuern pünktlich und in voller Höhe zahlen (sollten).
Unterstellen wir weiterhin, dass viele Menschen in unserem Land der Meinung sind, dass vermögende Bürgerinnen und Bürger prozentual einen höheren Steuersatz zu zahlen haben.
Gestehen wir unseren Steuerbehörden zu, dass sie alle legalen Mittel ausreizen, um für eine 100%-ige Steuergerechtigkeit auf der Grundlage des in Deutschland geltenden Steuerrechts zu sorgen.
Mit diesen Unterstellungen und dem Zugeständnis ausgestattet, nähern wir uns dem heutigen Thema.
Steuer-CD setzt sich aus den beiden Begriffen Steuer und CD zusammen.
Was mit dem Wort Steuer gemeint ist, können wir kurz und knapp beschreiben:
Steuer ist eine mehr oder minder freiwillige Geldabgabe, die der steuerpflichtige Souverän, also wir alle, an die von uns gewählte Regierung abgeben müssen, damit sie uns (vielleicht) ein schönes und sorgloses Leben garantieren.
Die Abkürzung CD kommt aus dem Englischen und bedeutet Compact Disc, was auf Deutsch kompakte Scheibe bedeutet. Diese CD wurde Anfang der 80er Jahre als digitaler Speicher für Musik als Alternative zur Langspielplatte auf den Markt gebracht, mit dem Ziel, längere Musikpassagen ohne Unterbrechung hören zu können.
Was haben nun der Genuss und der Konsum von Musik mit Steuern zu tun?
Eines können wir vorab mit Sicherheit ausschließen:
Auf einer Steuer-CD ist Gott sei Dank nicht unser Finanzminister zu hören, der uns Steuerpflichtigen die einzelnen Steuergesetze musikalisch näherbringt.
Bevor wir uns nun der Wortschöpfung Steuer-CD nähern, müssen wir uns noch kurz mit einem anderen Begriff befassen:
Steuersünder.
Was Steuer bedeutet, wissen wir bereits. Was aber ist ein Sünder? Ein Sünder ist ein Mensch (m/w), der eine Sünde oder mehrere oder fortlaufend Sünden begeht. Sünde beschreibt nach unserem christlichen Selbstverständnis den Zustand, dass wir Menschen uns bewusst durch eine Lebensweise, die Gott nicht gefällt, immer mehr von ihm entfernen. Darauf aufsetzend ist ein Steuersünder ein Sünder, der bewusst vergisst, Steuern zu zahlen (Fachdeutsch: er hinterzieht Steuern), sich so immer mehr von den in Deutschland geltenden Steuergesetzten entfernt, und somit der Zuneigung des Finanzministers verlustig geht.
Nun zur Steuer-CD. Stellen wir uns einen sehr, sehr vermögenden Mann, also niemanden so wie ihr und ich, vor. Dieser Mann lehnt es empört ab, einen beträchtlichen Teil seines wie auch immer verdienten Geldes für diesen ganzen sozialen Schnickschnack, der nach seiner Überzeugung in Deutschland immer groteskere Formen annimmt, abzugeben. Wir können froh sein, dass er sein Vermögen nicht im Schweiße seines Angesichtes erworben hat, denn dann wäre seine Empörung noch größer. Im ersten Schritt schöpft er mit seinen Beratern alle legalen Mittel aus, um seine gesetzlich geschuldete Steuerzahlung zu minimieren. Das Ergebnis befriedigt ihn aber bei weitem nicht. Wenn er sieht, wie wenig ein normaler Facharbeiter im Vergleich zu ihm an Steuern zahlt, packt ihn die Wut. Er vergisst seine christliche Erziehung und seine Pflichten als Mitglied unseres Gemeinwesens und sucht jetzt ganz intensiv nach einer Lösung, wie er dem deutschen Fiskus mit all seinen geldsaugenden Vampiren ein Schnippchen schlagen kann. Und schnell wird er in unserem südlichen Nachbarland fündig. Dort haben sich vor vielen Jahren ein paar Genossen zusammengeschlossen und gemeinsam einen feierlichen Eid gesprochen:
„Wenn wir unseren ungeliebten und großkotzigen Nachbarn im Norden schon nicht militärisch oder im Fußball schlagen können, so versetzen wir ihm auf dem Finanzsektor viele kleine Nadelstiche, die ihn auf Dauer immer mehr schwächen, bis er eines Tages nur noch ein Papiertiger ist“.
Und so ersannen die Eidgenossen ein konkurrenzloses Steuersparmodell für die deutschen Staatsbürger, die einfach keine Lust mehr hatten, in Deutschland Steuern zu zahlen.
Die deutschen Behörden wurden zwar schon bald auf dieses konkurrenzlose Steuermodell aufmerksam, kriegten aber die deutschen Steuersünder nicht zu fassen. Denn die Eidgenossen hüteten ein großes Geheimnis, das ihnen seit Jahrhunderten einen bemerkenswerten Wohlstand garantierte, das Bankgeheimnis. Alle Reichen dieser Welt wussten, dass ihr Geld unter dem alles verdeckenden Mantel des Bankgeheimnisses bestens geschützt und vor den Augen der vielen Neidhammel auf dieser Welt sicher verborgen war. Und da unter den Nutznießern dieses Bankgeheimnisses der Eidgenossen auch fast alle Mächtigen dieser Welt zu finden waren, wurden die Eidgenossen vor allen Angriffen von eben diesen Mächtigen geschützt.
Der permanent steigende Geldbedarf in Deutschland bereitete unseren diversen Finanzministern schlaflose Nächte. Irgendwann kam einer von ihnen, ein Genosse von uns, auf den Gedanken, den Genossenkollegen südlich von Baden-Württemberg die Steueroase trockenzulegen.
Und da kamen ihm unerwartet gesetzlose und geldgierige Bewohner aus unserem südlichen Nachbarland zu Hilfe. Sie hatten die Namen vieler deutsche Steuersünder verschiedener Banken im Eidgenossenland trotz des Bankgeheimnisses geklaut, auf einer Steuer-CD digital gespeichert und boten nun diese Daten über Mittelsmänner den deutschen Finanzbehörden zum Kauf an. Der Kaufpreis war natürlich ohne Quittung und in Schweizer Franken zu zahlen. Der deutsche Finanzminister griff freudestrahlend und voller Erwartung zu. Die Buchstaben und Zahlen, die die Mitarbeiter des Genossen Finanzminister auf der CD vorfanden und diesem zur Kenntnis brachten, klangen wie Musik in seinen Ohren, was ja auch bei einer CD nicht wirklich überrascht.
Nun konnte man ans Werk gehen und diesen Steuerhinterziehern so richtig den Popo hochbinden. Im Finanzministerium wurde folgende Strategie entworfen:
„Zuerst versetzen wir die nun bekannten Steuerhinterzieher durch gezielte Indiskretionen in Panik. Dann bieten wir ihnen eine Strafbefreiung für den Fall an, dass sie sich selbst anzeigen. Sie müssen dann eine Strafsteuer von circa 20% zahlen und ihr bei den Eidgenossenen liegendes Geld in Deutschland nachversteuern.“
Die Begründung für die Wahl dieser Strategie war sehr
interessant:
„Wir wollen durch unsere Indiskretionen Kriminelle kriminalisieren, damit sie anschließend nicht mehr kriminell sind.“
Das verstand kein normaler Mensch/Wähler. Also sah sich das Finanzministerium veranlasst, mit einem Beispiel Klarheit zu schaffen:
„Man entjungfert eine Jungfrau, damit sie keine Jungfrau mehr ist. Das ist genau wie bei den Kriminellen“.
Wie zu erwarten, war nun die letzte Klarheit beseitigt und die Feministinnen protestierten lautstark gegen diesen Vergleich.
Die Eidgenossen fanden den Ankauf der gestohlenen Steuer-CDs, der ihr Geschäftsmodell Bankgeheimnis nachhaltig beschädigte, gar nicht lustig, was nicht weiter verwundert, da die Eidgenossen als Spaßbremsen bekannt sind. Sie beschuldigten die deutschen Behörden der Wirtschaftsspionage, da auf den CDs auch Daten und Informationen der entsprechenden Schweizer Banken vorhanden waren, die nichts mit den deutschen Steuerhinterziehern zu tun hatten. Als Beispiel nannten sie ein Protokoll, in dem minutiös beschrieben wurde, wie oft sich ein Bankdirektor mit seiner vollbusigen Sekretärin heimlich in einer Züricher Bar zum Gedankenaustausch getroffen hatte. Die Eidgenossen stellten Strafanzeige gegen die deutschen Beamten.
Der Finanzminister reagierte ganz entspannt. Seine handverlesenen Supersteuerfahnderbeamten (hSStFB), die mit der Auswertung der Steuer-CDs befasst waren, hatten von ihm höchstpersönlich den eindeutigen Auftrag erhalten, nur Daten und Informationen auszuwerten, die sich auf den Tatbestand der Steuerhinterziehung beziehen. Die hSStFB wurden allerdings mit einem unlösbaren Problem konfrontiert: Sie konnten logischerweise erst beim Lesen der Steuer-CDs feststellen, dass sie Daten und Informationen lasen, die mit der illegalen Steuerhinterziehung deutscher Staatsbürger nichts zu tun hatten. Sie wurden dadurch vom in Deutschland hochgeachteten Steuerfahnder zu Kriminellen nach dem Gesetz der Eidgenossen. Dieser Tatbestand, dass sie nun sowohl zu den Guten als auch zu den Bösen gehörten, belastete unsere bis dato unbescholtenen hSStFB so stark, dass sie krank wurden. Schon bald nannte man in Insiderkreisen diese Krankheit das Jekyll und Hyde-Syndrom.
Und die Eidgenossen wehrten sich weiter. Sie kauften einem deutschen Beamten, der sich aufgrund von hohen Steuernachzahlungen in permanenter Geldnot befand, eine CD ab, auf der die Namen und Adressen aller hSStFB verzeichnet waren, die an dem Jekyll und Hyde-Syndrom litten und somit zwangsläufig Kriminelle im Sinn der Gesetze der Eidgenossen waren, um sie vor ein Schweizer Gericht zu zerren. Dass der deutsche Beamte das Geld für die CD steuerfrei und in eidgenössischen Franken bekam, versteht sich von selbst.
Das ganze Finanzministerium und besonders unser Genosse Finanzminister befanden sich nun in heller Aufregung. Aber schon zeichnete sich am Horizont eine brillante Lösung ab, die die Eidgenossen vom Hocker hauen würde.
Der Genosse Finanzminister versetzte alle hSStFB, die auf der Jekyll und Hyde-Syndrom-CD verzeichnet waren, in den vorzeitigen Ruhestand, besorgte ihnen mit Hilfe des BND eine neue Identität in einer Steueroase in der Karibik und kaufte aus Steuermitteln die nächste Steuer-CD.
Und die Moral von (in) der Geschicht‘?
Es gibt keine!
Uli, mach mal zehn Pils auf meinen Deckel.
Prost!