Читать книгу Manni, kannst Du uns das mal erklären? - Jörg Müller - Страница 6
2 Krankenhaus
ОглавлениеUnser Thema des heutigen Abends:
Warum gibt es eigentlich Krankenhäuser?
Unterstellen wir, dass keiner von uns gerne krank ist.
Unterstellen wir weiterhin, dass uns unsere Gesundheit lieb und teuer ist.
Gestehen wir den Krankenhausbetreibern zu, dass sie schwarze Zahlen schreiben wollen (und müssen).
Mit diesen Unterstellungen und dem Zugeständnis ausgestattet, nähern wir uns dem heutigen Thema.
Fangen wir mit dem Begriff Krankenhaus an. Ein Krankenhaus ist ein Haus für Kranke. Das hört sich gut und logisch an.
Da ich voraussetze, dass ihr alle wisst, was ein Haus ist, wenden wir uns der schwierigeren Frage zu: Was ist ein Kranker?
Ein erster Definitionsversuch: Ein Kranker ist ein ehemals Gesunder, der jetzt nicht mehr gesund ist. Das klingt wieder logisch, reicht uns aber noch nicht. Wenden wir uns deshalb den Gesunden zu. Das Besondere an den Gesunden ist, dass sie über eine gute Gesundheit verfügen.
Gesundheit beschreibt den idealen Zustand optimalen Wohlbefindens. Dies bedeutet, dass gesunde Menschen jederzeit in der Lage sind, einen 100%igen Beitrag zum reibungslosen Funktionieren unseres Gemeinwesens zu leisten.
Im Gegensatz dazu beschreibt Krankheit den Zustand einer körperlichen, geistigen oder psychischen Störung bei einem ehemals gesunden Menschen.
Körperliche und geistige Störungen sind selbst für Laien relativ leicht zu erkennen. Bei den psychischen Störungen wird dies schon schwieriger. Aber unsere Ärzte haben ja im Gegensatz zu uns studiert.
Kranke Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie während des Zeitraums, in dem sie krank sind, ihre Aufgaben als Teil unserer Gesellschaft nicht oder nur eingeschränkt erfüllen (können). Es liegt deshalb in unser aller Interesse, dass diese kranken Menschen schnell wieder gesund werden und zu 100% ihren Beitrag für unsere Gesellschaft leisten können. Deshalb kommen diese kranken Menschen zur Pflege in ein Krankenhaus.
Aber es gibt kein Licht ohne Schatten. In den Krankenhäusern kommt es (unerwartet?) zu einem Interessenskonflikt. Auf der einen Seite stehen wir, die Patienten. Wir wollen gerne so gepflegt werden, dass wir schnellstmöglich gesunden und das Krankenhaus verlassen können, um einen 100%igen Beitrag zum reibungslosen Funktionieren unseres Gemeinwesens zu leisten. Dem gegenüber stehen die Betreiber der Krankenhäuser, die den größten Wert darauf legen, dass die Betten der Krankenhäuser möglichst zu 100%, besser noch zu 200% belegt werden.
200%? Wie geht das denn?
Ganz einfach. Der gesund gepflegte Exkranke wird nicht am Mittag oder Abend geheilt entlassen, sondern erst am nächsten Morgen gegen 7.30 Uhr, weil sich der Chefarzt persönlich während einer 15 Sekunden dauernden Visite noch einmal davon überzeugen will, dass der Exkranke sich nicht über Nacht eine neue körperliche, geistige oder psychische Störung zugezogen hat und somit zum Neukranken wird, was bekanntermaßen in den Krankenhäusern keine Seltenheit ist, vor allen Dingen, wenn das Krankenbett nicht sofort neu belegt werden kann. Während der Chefarzt nun scheinheilig dem Gesunden einen guten und sicheren Heimweg wünscht, berechnet die Verwaltung des Krankenhauses der Krankenkasse des Gesunden einen vollen Tag. Nachdem die Putzkolonne eines Subunternehmers die Spuren des Neu-Gesunden innerhalb von 3,5 Minuten beseitigt hat, wird das gerade freigewordene Bett um 8.00 Uhr von einem neuen Kranken belegt. Hierfür berechnet die Verwaltung des Krankenhauses der Krankenkasse des neuen Kranken ebenfalls einen vollen Tag.
Und das Beste daran ist: alle sind zufrieden.
Der Gesunde, weil er schon so früh nach Hause darf, für diesen Tag noch krankgeschrieben ist und somit einen zusätzlichen Urlaubstag auf Kosten seines Arbeitgebers genießen darf.
Der neue Kranke, weil er von diesem hervorragenden Krankenhaus schon so früh ein Bett zugewiesen bekommt (um 8.04 Uhr wird er schon an die ersten Geräte angeschlossen).
Der Betreiber des Krankenhauses, weil er gerade völlig legal den Umsatz für ein Krankenhausbett mit einem minimalen Aufwand (3,5 Minuten Putzkolonne) verdoppelt hat.
Der Chefarzt, weil er eine Prämie bekommt, weil er dieses (miese und für uns Krankenversicherte sehr teure) Spiel mitmacht.
Das funktioniert auf Dauer natürlich nur, wenn jederzeit so viele Kranke zum Gesundwerden im Krankenhaus sind, dass die Kosten, die das Krankenhaus jeden Tag verursacht, mindestens gedeckt sind.
Um das sicherzustellen, bauen die Krankenhausbetreiber auf eine zwei-Säulen-Strategie:
1 Sie weisen uns Gesunde eindringlich darauf hin, dass wir nur dann eine optimale Versorgung als Kranke erwarten können, wenn es gute Krankenhäuser gibt. Und gute (und profitable) Krankenhäuser gibt es nur, wenn genügend Kranke zum Gesundmachen zur Verfügung stehen. Deshalb lautet die klare Botschaft der Krankenhäuser an die Gesunden:
Liebe Gesunde, wenn nicht genug Gesunde krank werden, müssen wir dicht machen. Und wenn wir dicht machen müssen, habt ihr ein Problem, wenn ihr mal krank seid und schnell wieder gesund gepflegt werden wollt. Also überprüft euch dauernd, ob ihr wirklich 100%ig gesund seid. Wenn ihr unsicher seid, kommt schnell zu uns.
1 Darauf aufbauend werden wir Gesunde täglich darauf hingewiesen, welches Krankheitspotenzial sich in unseren Körpern befindet, und welche tollen Geräte Tag für Tag entwickelt und teuer an die Krankenhäuser verkauft werden, um uns unsere bis dato nicht bekannten Zipperlein wegzuoperieren.
Da sind wir natürlich beruhigt und gehen neugierig gerne in das Krankenhaus unseres Vertrauens, um uns überraschen zu lassen, was uns unser Stammkrankenhaus an Neuigkeiten auf dem Gerätesektor zu bieten hat.
Und so gibt es in einem Krankenhaus nur Gewinner:
Die Hersteller der medizinischen Wundergeräte, die immer neue Maschinen für immer neue Krankheiten mit atemberaubenden Gewinnmargen auf den Markt schmeißen, und dann für viel Geld den Verantwortlichen (Krankenhausbetreiber und Ärzte) bei Seminaren auf den Seychellen den Kauf dieser Geräte schmackhaft machen.
Die Krankenhausbetreiber, weil sie mit der Angst von uns Gesunden vor dem Krankwerden spielen, uns zum Operieren mit supermodernen Geräten an bisher von uns unbeachteten Stellen unseres Körpers in ihre Häuser locken, und dann unsere Krankenkassen mit immer höheren Rechnungen überraschen. Hierbei werden sie tatkräftig von den Hausärzten unseres Vertrauens unterstützt, die immer wieder neue Krankheiten bei uns Gesunden entdecken, die unbedingt schnell operiert werden müssen, am besten im Krankenhaus, das das volle Vertrauen unseres Hausarztes genießt. Der finanzielle Dank des Krankenhausbetreibers ist dem Hausarzt gewiss.
Uns ehemals Gesunde und jetzt Dauerkranke, die wir das Gefühl haben, dass wir uns durch die vielen Operationen dem Idealzustand des optimalen Wohlbefindens immer mehr nähern, ohne ihn wegen der immer wieder neuen notwendigen Operationen jemals zu erreichen.
So weit, so gut.
Gibt es auch Verlierer bei diesem Gewinnspiel?
Die Antwort wird euch nicht wirklich überraschen.
Krank sein und im Krankenhaus gepflegt zu werden, kostet Geld, sehr viel Geld. Und da die Behandlungskosten zum Beispiel für Operationen im Krankenhaus die Krankenkassenbeiträge des Einzelnen um ein Vielfaches überschreiten, legen unsere Krankenkassen die in Richtung unendlich steigenden Krankenhausbehandlungskosten auf uns alle um. Wir alle, ob gesund oder krank, jung oder alt, sorgen heute und in Zukunft mit steigenden Krankenkassenbeiträgen dafür, dass wir für den Fall, dass wir vielleicht einmal im Leben Gast in dem Krankenhaus unseres Vertrauens sind, die vielfältigen Behandlungsmethoden ausprobieren dürfen.
Und welche Rolle bleibt uns in diesem Spiel?
1 Wenn wir gesund sind, sollten wir Gott täglich dankbar sein und die höheren Krankenkassenbeiträge zum Wohl der Krankenhausbetreiber weltmännisch schlucken und bezahlen, oder
2 Uns regelmäßig operieren zu lassen, um einen Großteil der hohen Krankenkassenbeiträge über moderne Ersatzteile für unseren Körper wieder reinzuholen.
Und die Moral von (in) der Geschicht‘?
Es gibt keine!
Uli, mach mal zehn Pils auf meinen Deckel.
Prost!