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5 Sommerloch

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Unser Thema des heutigen Abends:

Was genau ist eigentlich ein Sommerloch?

(Ein Manni aus 2012)


Unterstellen wir, dass sich die Sommerferien besonders gut für unseren Haupturlaub eignen.

Unterstellen wir weiterhin, dass die Zeitungsredakteure ein großes Interesse daran haben, zu jeder Jahreszeit ihre Zeitungen täglich vollschreiben und verkaufen zu können.

Gestehen wir vielen deutschen Sonnenhungrigen zu, dass sie ihren Sommerurlaub außerhalb Deutschlands in Ländern mit Sonnengarantie verbringen und auch vor Ort täglich ihre deutsche Lieblingszeitung lesen wollen.

Mit diesen Unterstellungen und dem Zugeständnis ausgestattet, nähern wir uns dem heutigen Thema.

Das Wort Sommerloch besteht aus den beiden Worten Sommer und Loch.

Fangen wir mit der Definition für Sommer an.

Unter Sommer verstehe ich Folgendes: In der Zeit von Anfang Mai bis Ende September zeigt das Thermometer tagsüber 24-26°C an, nachts sinken die Temperaturen selten unter 15°C. Um 0.30 Uhr regnet es circa 30 Minuten lang ziemlich heftig. Dieser Schauer geht dann gegen 01.00 Uhr in einen sanften Landregen über, der um 05.00 Uhr aufhört.

Wenden wir uns nun dem Begriff Loch zu:

Ein Loch ist zum Beispiel ein Stück Land, wo früher einmal Erde vorhanden war, die jetzt aus den unterschiedlichsten Gründen weg ist und man nun Gefahr läuft, dort reinzufallen.

Eine Kombination der beiden Definitionen ergibt keinen Sinn. Trotzdem ist uns das Wortgebilde Sommerloch geläufig. Im gängigen Sprachgebrauch beschreibt es einen ereignisarmen Zeitraum in den Sommerferien.

Wen stört das Sommerloch?

In erster Linie sind von diesem Phänomen die Zeitungsleute betroffen. Sie haben Probleme, ihre Seiten mit nicht vorhandenen Nachrichten vollzuschreiben. Also lassen sie sich etwas einfallen, damit wir, die Leser, gar nicht merken, dass es im Sommer kaum Nachrichten gibt.

Als Musterzeitung nehmen wir die uns allen bekannte Tageszeitung mit den acht Buchstaben. Ich spreche von der Zeitung des Turmverlages mit dem Titel Wahrheit und dem Untertitel Wir überlassen das Lügen den anderen.

Diese Zeitung ist erst seit wenigen Jahren auf dem Markt. Sie startete mit einer Auflage von 100 Exemplaren und versuchte, auf anfänglich zwei Seiten nur Wahres zu berichten. Ein sehr hoher Anspruch, der mittlerweile jeden Tag von Millionen Lesern mit dem Kauf dieser Zeitung honoriert wird.

Die Redaktion dieser Zeitung beherrscht die Überbrückung des Sommerloches besonders perfekt, was uns alle erstaunt, erhebt sie doch den Anspruch, nur die Wahrheit zu schreiben.

Dabei wendet sie zwei verschiedene journalistische Kniffe

an:

Erstens den „Aus-einem-überzeugend-verbreiteten-Gerücht-wird-auch-immer-eine-überzeugende-Wahrheit-Kniff“ und zweitens „Den Fehlerteufel-Kniff“.

Ich möchte diese beiden Techniken anhand von zwei Beispielen aus dem Fußballsport verdeutlichen.

Fangen wir mit dem ersten Kniff an:

Die Zeitung Wahrheit schreibt als „wahres Gerücht“, dass der ruhmreiche FC Schalke 04 beabsichtigt, in der Sommerpause eine brasilianische Granate zu verpflichten, um endlich wieder die Meisterschale nach Gelsenkirchen zu holen. Auf dem linken Bild ist ein strahlender Manager zu sehen, der die Meisterschale hochhält (eine der üblichen Fotomontagen), und auf dem rechten Bild erkennt man undeutlich das Brustbild eines muskulösen Mannes, der an einem schönen Sandstrand steht und aufs Wasser sieht. Weitere Details verspricht der Reporter der Wahrheit für die nächsten Ausgaben.

Dem Schalker Manager verschlägt es beim Aufschlagen der Zeitung die Sprache. Er will gerade zum Hörer greifen, um den ihm bestens bekannten Reporter zur Sau zu machen, als der ihm zuvorkommt und seinerseits den Manager anruft. Der Reporter schlägt vor, sich noch am selben Abend mit dem Manager zu treffen, um die weitere Vorgehensweise der Wahrheit zu besprechen.

Am Treffpunkt ergreift der Manager sofort das Wort:

„Was soll der Blödsinn mit der brasilianischen Granate? Du weißt ganz genau, dass wir finanziell nicht auf Rosen gebettet sind. Und ich habe nie behauptet, dass wir schon in der kommenden Saison Meister werden. Wir warten jetzt schon über 50 Jahre auf die Schale, da kommt es auf ein Jahr mehr oder weniger auch nicht an. Was ist das überhaupt für ein Spieler? Ich habe von diesem Typen noch nie etwas gehört.“

Der Reporter lehnt sich entspannt zurück und entwickelt dem staunenden Manger sein Konzept:

„Wie du weißt, schreibt unsere Zeitung nur die Wahrheit. (Der Manager wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte.) Bei dem Spieler handelt es sich um ein uneheliches Kind, das ein gewisser Franz aus Bayern anlässlich eines Besuches in NRW vor 20 Jahren mit einer brasilianischen Sambatänzerin gezeugt hat. Der Franz weiß aber nichts davon. Die Mutter hat ihren Sohn auf den für einen Brasilianer ungewöhnlichen Namen Franz Xaver getauft. Er kostet 1.000€ Ablöse und verlangt kein Gehalt. Und das Gute an Franz Xaver ist, dass er aus bestimmten Gründen gar nicht Fußball spielen kann.“

Der Manger sah den Reporter an wie einen Irren.

„Was soll ich mit einem Spieler, der nicht Fußball spielen kann? Wenn ich nicht umgehend deinen Artikel dementiere, schmeißt mich unser Vorstand zu Recht fristlos raus.“

Der Reporter lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.

„Bei der nächsten Gelegenheit stellst du den Spieler als Neuzugang vor. Und dann kommt der DFB ins Spiel.“

Der Manager wird aufmerksam. Der Reporter fährt fort.

„Ich habe zu Anfang erwähnt, dass Franz Xaver nicht Fußball spielen kann. Und das hat seinen Grund. Er hat nämlich genau wie der südafrikanische 400 Meterläufer Oscar P. anstelle seiner Unterschenkel und Füße zwei Hightech-Sprungfedern.“

Der Manager ist kurz davor, den Verstand zu verlieren. Der Reporter spürt, dass er kurz davor ist, sein Ziel zu erreichen.

„Wenn die Spaßbremsen vom DFB sehen, dass Franz Xaver keine Füße hat, um Fußballschuhe anzuziehen, werden sie ihn sperren. Und dann kommt der europäische Gerichtshof für Menschenrechte ins Spiel. Die Anwälte von Franz Xaver haben schon eine Klage gegen den DFB vorbereitet. Sie wollen zehn Millionen Entschädigung vom DFB haben, nämlich genau die Summe, die Franz Xaver in den nächsten beiden Jahren beim S04 verdient hätte. Die Hälfte davon bekommt der S04.“

Mit einem Grunzen verschwindet der Manager unter dem Tisch. Nur mühsam findet er seine Fassung wieder und setzt sich zurück auf den Stuhl. Mit letzter Kraft wagt er es, dem Reporter die entscheidende Frage zu stellen.

„Was soll der ganze Mist?“

„Die Frage ist ganz einfach zu beantworten. Wir haben zurzeit ein großes Sommerloch, das heißt, es passiert nichts Aufregendes auf dieser Welt. Erschwerend kommt noch hinzu, dass unsere Zeitung aufgrund ihres Namens der Wahrheit verpflichtet ist. Also helfen wir etwas nach. Wir streuen ein Gerücht und sorgen dann dafür, dass aus dem Gerücht die Wahrheit wird. Auf dem Weg dorthin finden wir jede Menge Material für unsere Zeitung. Einige Beispiele:

Morgen lüften wir das Geheimnis der Herkunft von Franz Xaver. Das wird totsicher den Vater Franz auf den Plan rufen. Spannende Interviews stehen ins Haus. Wir werden alle Frauengeschichten von Vater Franz, die die Welt schon lange kennt, noch einmal aufwärmen. Weiterhin bringen wir an mehreren Tagen einen Bericht über alle brasilianischen Sambatänzerinnen, die in den letzten 40 Jahren irgendwo in Deutschland aufgetreten sind. Wir werden die Kindheit von Franz Xaver detailliert präsentieren, von seiner Geburt über seine Einschulung bis zu seiner Operation. Ich fürchte, die Sommerpause wird gar nicht ausreichen, um alle Artikel zu präsentieren. Und wir haben wie immer die Wahrheit gesagt. Der FC Schalke beabsichtigt, eine brasilianische Granate zu verpflichten.“

Der Manager nickt unbewusst und rennt dann kreidebleich aus dem Raum. Die fünf Millionen Gründe haben ihn überzeugt, bei diesem „Kniff“ der Wahrheit, wenn auch schweren Herzens, mitzuspielen. Der S04 war ab sofort an Franz Xaver, der brasilianischen Granate, interessiert.

Nun zum zweiten Kniff: Der Fehlerteufel schleicht sich ein:

An einem heißen Sommertag kann man auf der Titelseite direkt unter dem Namen Wahrheit folgende Schlagzeile lesen:

„Präsident des FC B. bekräftig auf Nachfrage noch einmal: Lothar M. wird Trainer bei uns.“

Der Präsident liest diese Schlagzeile und schäumt vor Wut. Da klopft auch schon seine Sekretärin an die Tür:

„Herr Präsident, der Chefredakteur der Wahrheit wünscht Sie zu sprechen.“

Der Präsident holt instinktiv sein geladenes Jagdgewehr aus dem Schrank und setzt sich wieder vor seinen Präsidentenschreibtisch.

Der Chefredakteur betritt völlig entspannt das Büro des Präsidenten, nimmt unaufgefordert am Schreibtisch Platz und übernimmt sofort die Initiative:

„Präsident, das ist mir und der ganzen Redaktion der Wahrheit unendlich peinlich. Uns ist da ein Fehler unterlaufen. Wir haben heute bei der Schlagzeile auf unserem Titelblatt leider ein Wort vergessen, nämlich das Wort nie.“

Der Präsident schießt sich vor Empörung fast mit dem Jagdgewehr in seinen Fuß.

„Was soll das bedeuten Wir haben das Wort nie vergessen?

„Unser Aufmacher sollte lauten: Präsident des FC B bekräftigt auf Nachfrage noch einmal: Lothar M. wird nie Trainer bei uns.“

Der Präsident atmet erst einmal beruhigt durch. Fehler können überall passieren, selbst beim besten Klub der Welt, dem FC B.

„Dann könnt ihr das ja morgen in eurem Schmutzblatt klarstellen.“

Der Chefredakteur der Wahrheit lächelt undurchsichtig:

„Es stimmt, dass wir das können. Aber wir werden es nicht tun, und du willst es auch nicht.“

Der Präsident blickt den Chefredakteur ungläubig an.

„Habe ich einen Hörfehler oder hast du gerade gesagt, dass ich auch nicht will, dass eure Schwachsinnsmeldung morgen widerrufen wird?“

„Du kannst beruhigt sein, du hast richtig gehört.“

Der Präsident fand dies keinesfalls beruhigend.

„Dieses fehlende Wort hat nur Vorteile für dich und deinen Verein. Euer Trainer erhält auf seine alten Tage noch einmal einen richtigen Adrenalinstoß. Und euer neuer Sportdirektor, der dir jetzt schon auf dem Kopf rumtanzt, wird davon ausgehen (müssen), dass du ihm gemeinsam mit Lothar Paroli bieten willst. Du bist dank dieser Schlagzeile ohne das Wort nie auf einen Schlag wieder der Chef im Ring.“

Der Präsident blickt gedankenverloren auf sein Jagdgewehr. Der Chefredakteur lag nicht ganz falsch. Aber er hatte einen wichtigen Punkt übersehen.

„Was ist, wenn Lothar das liest und morgen auf der Matte

steht? Dann haben wir ein echtes Problem. Denn wir können hier jeden gebrauchen, nur nicht den Lothar, meinen Intimfeind.“

Der Chefredakteur lächelt entspannt.

„Dann kommt Plan B zur Ausführung. Wir stellen noch in der gleichen Stunde dem Lothar eine vollbusige 14-Jährige vor, die wie 25 aussieht. Wie ich unseren Lothar kenne, wird er sofort steil gehen und attackieren. Wir machen ein paar Fotos und schalten das Jugendamt ein. Der Lothar verschwindet dann 100%ig sofort wieder nach Bulgarien. So haben das doch die Franzosen auch mit eurem Frank R in Paris gemacht. Und wenn der Lothar von sich aus verschwindet und das nicht zur Disposition stehende Traineramt von sich aus nicht annimmt, kannst du nichts dafür, und wir haben mal wieder die Wahrheit gesagt. Und wir haben in diesem Sommer wieder viel Stoff für viele interessante Beitrage rund um euren Verein.“

Der Präsident musste dem Chefredakteur widerwillig zustimmen.

„Also gut, ich werde die nächsten Tage abtauchen und eure Schlagzeile nicht kommentieren.“

Und so hatte die Wahrheit wieder einmal die Wahrheit gesagt und das Sommerloch erfolgreich überbrückt.


Soweit die beiden Beispiele. Wir Leser müssen bei diesem Sommerlochthema nur auf eines aufpassen: Wir dürfen nicht reinfallen!


Und die Moral von (in) der Geschicht‘?

Es gibt keine!

Uli, mach mal zehn Pils auf meinen Deckel.

Prost!

Manni, kannst Du uns das mal erklären?

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