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VOM KEKS ZUR CURRYWURST

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Im 17. Jahrhundert erlebte der Ingwer vor allem in England einen großen Boom, er sorgte dort geradezu für eine Küchenrevolution. Kaum eine Speise, die nicht mit dem Wurzelgewürz verfeinert wurde, vom Chicken Curry über Kekse, Pudding, Kuchen und Schokolade bis zu Brot, Tee und Limonade oder Bier. Es ist schon erstaunlich, dass der Ingwer gerade auf der für ihre eher zurückhaltenden Würzgewohnheiten bekannten Insel solch spektakuläre Erfolge feiern konnte. Einer der Gründe dafür war sicherlich, dass die Engländer aufgrund ihrer asiatischen Kolonien keine Probleme hatten, an die Knollen heranzukommen. Ein anderer Grund war aber wohl auch, dass Ingwer kulinarisch ein besonders weites Einsatzspektrum hat: Mit ihm kann man irgendwie nichts falsch machen. Und das wirkte natürlich auf ein Volk mit eher risikoloser Küche beruhigend und ermutigend zugleich.

Demgegenüber verzeichnet man den geringsten Ingwer-Import unter den europäischen Ländern ausgerechnet in einer Hochburg der feinen Küche, nämlich Italien. Man kann lange spekulieren, woran das liegt. Am warmen Klima jedenfalls, das den scharfen Ingwer möglicherweise entbehrlich macht, kann es nicht liegen. Denn in Indien, wo mehr Ingwer gegessen wird als irgendwo sonst auf der Welt, kann es noch deutlich wärmer sein als in Sizilien oder Venedig. Möglicherweise liegt die Ingwer-Trägheit der Italiener ja auch daran, dass sie, ganz im Gegensatz zu England, traditionell gerne und viel würzen – und deswegen keine weiteren Gewürze mehr brauchen.

In Deutschland sollte es bis zu den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts dauern, eher sich der Ingwer als Gewürz etablierte. Einer seiner frühesten, eher noch zaghaften Erfolge war die Currywurst, die 1949 erstmals von Herta Heuwer an ihrem Imbiss in Berlin-Charlottenburg gereicht wurde. Sie wurde reichlich mit Currypulver bestreut. Das enthält zwar eine gewisse Portion Ingwer, doch den dominierenden Teil stellt Kurkuma, der hier auch als »Gelbwurz« bekannt wurde.

Den eigentlichen Durchbruch in Deutschland schaffte Ingwer in den 1970ern. Das war die Zeit, in der plötzlich der kulinarische Asia-Trend zwischen Flensburg und Konstanz einzog, überall eröffneten chinesische Restaurants. Dadurch bekam der mitteleuropäische Gaumen reichlich Gelegenheit, sich an Ingwer zu gewöhnen. Wer allerdings heute im China-Restaurant einkehrt, wird eher mit Glutamat aus dem Industrielabor konfrontiert als mit exotischen Gewürzen. Der Grund: Die chinesische Küche ist weniger deftig und fleischlastig als die deutsche – und dieses »Defizit« glaubt man unbedingt mit dem preiswerten Geschmacksverstärker korrigieren zu müssen.

Glücklicherweise lässt sich Ingwer auch durch Glutamat nicht mehr aus Deutschland verdrängen. Mittlerweile bekommt man ihn überall in Reformhäusern, Naturkostläden und asiatischen Lebensmittelfachgeschäften, auch Supermärkte haben ihn in ihren Regalen. Als Heilmittel hat er sich ebenfalls etabliert, allerdings meistens nur mit den Indikationen Reise- und Schwangerschaftsübelkeit. Was eigentlich schade ist. Denn wir werden sehen, dass Ingwer medizinisch weitaus mehr kann.


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