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BALSAM FÜR SEEFAHRER UND PHILOSOPHEN

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80 Prozent des in Deutschland erhältlichen Ingwer stammen aus China, das auch andere Länder mit der Gewürz- und Heilpflanze beliefert. Das sind insgesamt etwa 232 000 Tonnen pro Jahr, damit nimmt es auf der Liste der Ingwer-Exporteure den Spitzenplatz ein. Ob allerdings die ursprüngliche biologische Heimat der Pflanze in China liegt, ist bislang ungeklärt, und vermutlich kann es auch nicht mehr geklärt werden. Möglich, dass Ingwer erst durch Kaufleute von Indien ins Reich der Mitte kam. Am besten ist, dass man die Wiege der Ingwer-Kultur beiden Ländern zuspricht.

So wird Ingwer in China schon seit mehr als 2500 Jahren intensiv als Heil- und Nahrungsmittel genutzt. Medizinisch verwendete man ihn vor allem zur Anregung der Verdauung und zur Behandlung von Seekrankheit. Beide Probleme waren in China seinerzeit besonders akut. Denn die hygienischen Verhältnisse in den Küchen waren miserabel, sodass es durch Essen immer wieder zu Infektionen, Unverträglichkeiten und Durchfall kam. Und für die Reiseübelkeit gilt, dass sie – aus hormonellen Gründen – einen Chinesen um ein Vielfaches häufiger trifft als etwa einen Europäer, man aber damals zwischen Hongkong und Tsingtao noch weitaus häufiger zur See fuhr als heute. Ein Volk von Seefahrern also, das extrem sensibel für die Seekrankheit war! Eine ziemlich ungünstige Kombination. Doch sie erklärt, warum man in China zum »Sheng-Chiang«, wie der Ingwer in der Landessprache heißt, im Laufe der Jahrhunderte eine ganz spezielle Vorliebe entwickelte.

Der Denker Kung-Futse (551–479 v.Chr.) sagte einmal: »Es gibt niemanden, der nicht isst und trinkt, aber nur wenige, die den Geschmack zu schätzen wissen.« Ein wahres Wort, das gerade in der heutigen Zeit des Fastfood wieder sehr aktuell geworden ist. Für den chinesischen Philosophen stand aber auch fest, dass ein Gewürz niemals im Essen fehlen durfte: nämlich Ingwer. Keine Mahlzeit, in die Kung-Futse nicht etwas Ingwer hineinreiben ließ. Und für längere Reisen empfahl er die Mitnahme von kandierten Ingwerstücken. Einerseits, weil sie vor Seekrankheit schützen, und andererseits, weil sie den Körper kräftigen sollten, damit er die Reisestrapazen besser überstehen konnte.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gilt die Ingwerwurzel als »warm«. Das bedeutet, dass sie vor allem bei Krankheiten hilft, die mit Kälte zu tun haben, wie etwa Husten, Erkältungen und Rheuma. »Wenn die frische Wurzel zusammen mit den weißen, rankenähnlichen Würzelchen von frischen Schalotten und etwas Rohrzucker oder Honig gekocht wird, ergibt das ein wirksames Mittel gegen Erkältungen, die von Frostschauern begleitet sind«, schreibt der thailändische TCM-Experte Daniel Reid.

Das Wurzelhorn

Der Name »Ingwer« stammt vom mittelhochdeutschen »Engeber« oder »Ingewer«. Diese Wörter wiederum zeigen deutlich, dass sie dem lateinischen Gattungsnamen »Zingiber« (Ingwer heißt ja botanisch »Zingiber officinale«) entlehnt sind. Doch wer glaubt, dass damit alle etymologischen Hintergründe hinreichend aufgeklärt sind, ist – bei solch einer traditionsreichen Pflanze wie dem Ingwer – auf dem Holzweg. Denn auch der lateinische Name hat einen Ursprung, nämlich im arabischen »zindschabil«, das man am besten mit »Wurzel« übersetzt. Und über die Herkunft von »zindschabil« gibt es sogar gleich zwei Theorien. Die eine besagt, dass dieser Begriff aus dem indischen Sanskrit kommt: »sringavera« = hornförmig. Das ist noch heute das im Sanskrit gebräuchliche Wort für den Ingwer. Die andere, dass er nach einem Land namens »Gingi« benannt wurde, in dem die Pflanze angeblich wild vorkam. Beweisen freilich lässt sich weder die eine noch die andere Theorie.

Ingwer

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