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DIE ENTSCHLACKUNGSWURZEL DES AYURVEDA

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Während China der größte Ingwer-Exporteur der Welt ist, werden in Indien insgesamt die größten Ingwer-Mengen produziert, nämlich fast 360 000 Tonnen pro Jahr. Das meiste davon geht jedoch in den einheimischen Markt. Denn in Indien hat Ingwer, genauso wie in China, nicht nur als Gewürz, sondern auch als Heilmittel eine lange Tradition.

So entwickelte sich im Land der Veden parallel zur Traditionellen Chinesischen Medizin die Ayurveda-Lehre. Einer ihrer geläufigen Sätze heißt bis heute: »There is no tincture without ginger – es gibt keine Tinktur ohne Ingwer.« Der Grund: Die meisten ayurvedischen Mittel enthalten Ingwer, da man schon in den Gründerzeiten der vermutlich über 4000 Jahre alten Gesundheitslehre glaubte, dass er die Wirkung anderer Heilpflanzen verstärken könne. Eine Hypothese, die mittlerweile wissenschaftlich gut abgesichert ist. 1981 veröffentlichte das renommierte Journal of Ethnopharmacology eine Studie, in der die positiven Effekte des Ingwers auf die Verwertung von Arzneistoffen bestätigt wurden. Demnach unterstützt er einerseits die Aufnahme der Arzneistoffe aus dem Darm; andererseits verhindert er aber auch, dass sie nach dem Verdauungsakt zu schnell zur Wirkungslosigkeit verstoffwechselt werden. Die traditionsreiche Heilwurzel sorgt also gleichzeitig dafür, dass Arzneimittel von unserem Körper aufgenommen und nicht direkt wieder von unserem übereifrigen Stoffwechsel zerlegt werden. Besser geht’s nicht.

Nichtsdestoweniger verbessert Ingwer nach dem Ayurveda nicht nur die Resorption von Arzneimitteln, er stärkt auch insgesamt die Verdauungskraft »Agni«. Dadurch verhindert er das Ansammeln schädlicher Substanzen in unserem Körper und erleichtert das Verbrennen und Ausscheiden von Giften. Man kann Ingwer daher getrost im ayurvedischen Sinne als »Entschlackungswurzel« bezeichnen.

Daneben hat Ingwer einen großen Einfluss auf die sogenannten Doshas. Das sind in der Ayurveda-Lehre feinste Steuerungseinheiten, die den Menschen nicht nur hervorbringen, sondern auch seine Funktionen kontrollieren. Es wäre allerdings falsch, sich die Doshas als äußere Kräfte vorzustellen, die den Menschen anstoßen wie ein Boot im Wasser, das sich daraufhin in Bewegung setzt. Die ayurvedischen Ureinheiten halten uns nicht nur in Bewegung, sondern sie bilden gleichsam unsere geistige und körperliche Substanz. Sie prägen unser gesamtes Dasein, neben unseren körperlichen und psychischen Aktionen also auch unsere Konstitution, unseren Charakter, unsere Leidensfähigkeit und vieles andere mehr.

Vata beinhaltet das gesamte Spektrum unserer Dynamik. Menschen mit stark ausgeprägtem Vata-Anteil sind lebhaft, begeisterungsfähig, gesprächig, spontan, flexibel und dennoch leicht zu ängstigen. Pitta bezeichnet hingegen das Hitze- und Stoffwechselprinzip, ist aber auch verantwortlich für das Kontrollbedürfnis eines Menschen – sowohl auf der körperlichen als auch auf der psychischen Ebene. Menschen mit stark ausgeprägtem Pitta-Anteil sind stark »verkopft«, neigen also dazu, alle Angelegenheiten des Lebens wohlüberlegt anzugehen, emotionale und spontane Entschlüsse sind ihnen eher unangenehm. Kapha schließlich ist das Prinzip der Form, es steht für Stabilität und Struktur. Kapha-Typen haben ein stark starkes Bedürfnis nach Frieden und Harmonie – ein Bedürfnis, das man ihnen oftmals schon rein äußerlich ansieht, denn Kapha-Menschen haben eine weiche und sanfte Haut, sie wirken insgesamt körperlich eher rund und ausgewogen, neigen dadurch aber auch zu Übergewicht.

Im Ayurveda zählt Ingwer neben schwarzem und langem Pfeffer zu den »trikatu«, den »drei Scharfen«. Was im Hinblick die drei Doshas bedeutet: Diese Gewürze wirken auf Vata und Kapha, auf Pitta sind sie jedoch ohne Einfluss. Ingwer hilft daher bei der Beseitigung stressbedingter Erregungen ebenso wie bei Antriebslosigkeit und Müdigkeit, er lässt uns einen klaren Kopf, den weder Hektik noch Passivität aus der Ruhe bringen. Er ist für den hageren und konfliktträchtigen Macher ebenso hilfreich wie für den rundlichharmoniesüchtigen Phlegmatiker. Nur wenige Heilmittel können solche unterschiedliche Indikationen abdecken.

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